Ukraine-News: Biden kündigt tausende Soldaten zusätzlich für Europa an

Russland will laut Ukraine Lyssytschansk einkesseln +++ Baerbock sieht Schweden und Finnland als Nato-Stärkung +++ Litauens Präsident würdigt Deutschlands Ukraine-Politik +++ Die Nachrichten zu Russlands Krieg in der Ukraine im stern-Ticker.

Tag 125 des Ukraine-Krieges: Russland setzt seine Angriffe vor allem im Süden und Osten unvermindert fort. Laut ukrainischen Angaben versucht die Armee von Präsident Wladimir Putin, die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk einzukesseln. Derweil wollen die Staats- und Regierungschefs der Nato heute in Madrid über die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine beraten.

Die wichtigsten Entwicklungen im stern-Ticker.

12.05 Uhr: Russland: Viele Tote bei Kämpfen auf ukrainischer Seite

Bei Kämpfen im Süden der Stadt Lyssytschansk in der Ostukraine erleiden regierungstreue Truppen nach Darstellung Moskaus deutliche Verluste. Von den 350 Mann einer Gebirgsjägerbrigade seien lediglich noch 30 Soldaten am Leben geblieben, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau mit und bezog sich dabei auf Kämpfe an einer Ölraffinerie. Das lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Zudem sei eine Ausbildungsbasis für ausländische Söldner in der Nähe der Stadt Mykolajiw im Süden sowie vier Kommandoposten zerstört worden.

11.23 Uhr: Biden kündigt tausende Zusatz-Soldaten für Europa an

Die USA kündigen beim Nato-Gipfel in Madrid tausende zusätzliche Soldaten für Europa an. US-Präsident Joe Biden sagt zum Auftakt des zweitägigen Treffens, angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine werde die Militärallianz “in jedem Bereich verstärkt – zu Land, in der Luft und auf See”. Die Nato werde “jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen”, unterstreicht er unter Anspielung auf die östlichen Mitgliedsländer. 

In Deutschland und Italien sollen nach Bidens Angaben zusätzliche Luftwaffenkräfte stationiert werden. Details nennt Biden nicht. Die größte US-Luftwaffenbasis in Deutschland befindet sich im rheinland-pfälzischen Ramstein. Eine Brigade mit 3000 US-Soldaten sowie 2000 weiteren Militärangehörigen ist demnach in Rumänien geplant, das eine mehr als 600 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine hat. Auch in Polen und im Baltikum wollen die USA ihre Kräfte aufstocken. Derzeit haben die USA in Europa rund 100.000 Soldaten stationiert.

10.13 Uhr: Prorussische Separatisten werfen Ukraine Tod von sechs Arbeitern vor

Die prorussischen Separatisten im Gebiet Luhansk in der Ostukraine machen die ukrainische Armee für den Tod von sechs Arbeitern verantwortlich. Sie seien während Reparaturarbeiten unter Beschuss geraten, schreibt die Generalstaatsanwaltschaft der international nicht anerkannten Region auf Telegram. Vier Mitarbeiter seien verletzt worden, eine Person werde noch vermisst. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden. Popasna liegt südlich der zuletzt von Russland eingenommenen Stadt Sjewjerodonezk. Die Stadt war erst im Mai von russischen Truppen erobert worden.

10.01 Uhr: Scholz will Ukraine weitere Waffen liefern

Bundeskanzler Olaf Scholz stellt der Ukraine weitere Waffenlieferungen in Aussicht. Neben der humanitären und finanziellen Hilfe werde man auch “Waffen zur Verfügung stellen, die die Ukraine dringend braucht”, kündigt der SPD-Politiker beim Nato-Gipfel in Madrid an. “Die Botschaft ist: Das werden wir so lange fortsetzen und auch so intensiv fortsetzen wie es notwendig ist, damit die Ukraine sich verteidigen kann.”

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte gestern in Madrid erklärt, dass Deutschland drei weitere Panzerhaubitzen 2000 in die Ukraine liefern werde. Sieben dieser schweren Artilleriegeschütze mit einer Reichweite bis zu 40 Kilometern aus Beständen der Bundeswehr sind bereits in der Ukraine angekommen.

9.50 Uhr: Ukraine verklagt Russland vor Menschenrechtsgericht

Die Ukraine beschuldigt Russland in einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schwerer Menschenrechtsverletzungen. Konkret wirft die ukrainische Regierung Russland etwa gezielte und unverhältnismäßige Angriffe auf Zivilisten vor, heißt es in einer Mitteilung des Gerichtshofes. Demnach moniert die Ukraine unter anderem Verstöße gegen das Recht auf Leben und den Schutz vor Folter.

Das Gericht informierte Russland über die vergangene Woche eingereichte Beschwerde seines Nachbarlandes. Ob sie zulässig ist, wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Russland will sich an Urteile des Straßburger Gerichtshof allerdings nicht mehr halten.

9.40 Uhr: Brite legt offenbar Berufung gegen Todesstrafe in Ostukraine ein

Ein von prorussischen Separatisten in der Ostukraine zum Tode verurteilter Brite geht einem Medienbericht zufolge gegen die Verurteilung vor. Es sei Berufung eingelegt worden, sagte seine Anwältin der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Sollte sie abgelehnt werden, werde ein Gnadengesuch eingereicht. Ihr Mandant habe sie darum gebeten.

Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik hatte vor drei Wochen drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Darunter waren zwei Briten und ein Marokkaner. Die beiden Briten waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kräften gefangen genommen worden. Beide hatten laut Medienberichten schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet.

9.36 Uhr: Cherson soll in Referendum über Russland-Beitritt entscheiden

Die Militärverwaltung von Cherson bereitet ein Referendum des von Russland besetzten ukrainischen Gebietes über einen Beitritt zu Russland vor. Das erklrte der Vizechef der Militär- und Zivilverwaltung, Kirill Stremoussow, in einem auf Telegram veröffentlichten Video. “Ja, wir bereiten uns auf ein Referendum vor und wir werden es abhalten.” Cherson solle “ein vollwertiges Mitglied” Russlands werden. Nach früheren Angaben sollte es im Herbst stattfinden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gibt es immer wieder Berichte darüber, dass Moskau Referenden über einen Beitritt besetzter Gebiete an die Russische Föderation anstrebt.

8.53 Uhr:  Beschuss von Einkaufszentrum könnte laut britischen Geheimdiensten Versehen gewesen sein

Der russische Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in Krementschuk mit mindestens 20 Toten könnte nach Einschätzung britischer Geheimdienste unabsichtlich geschehen sein. Es sei durchaus realistisch, dass die Attacke am Montag ein nahe gelegenes Infrastrukturziel habe treffen sollen, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Moskaus Angriffe mit Langstreckenraketen seien auch schon in der Vergangenheit ungenau gewesen, was zu einer hohen Zahl an zivilen Opfern geführt habe — etwa beim Beschuss des Bahnhofs in der Stadt Kramatorsk im April. Moskau sei bereit, “hohe Kollateralschäden” in Kauf zu nehmen, so das Ministerium. Da Russland einen Mangel an moderneren Präzisionswaffen und deutliche Schwächen bei der Planung seiner Ziele habe, müsse man durch weitere Angriffe mit weiteren zivilen Opfern rechnen.

Üblicherweise teilt London mit scharfen Worten gegen Russland aus. Diesmal steht die Einschätzung der Briten im Kontrast zu der des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Dieser warf Russland in seiner täglichen Videobotschaft vor, der Angriff gegen das Einkaufszentrum sei gezielt gewesen, um möglichst viele Menschen zu töten.

8.43 Uhr: Indonesiens Präsident Widodo reist in Friedensmission nach Kiew

Der indonesische Präsident Joko Widodo ist in seiner weitgehend selbst ernannten Rolle als Friedensvermittler zwischen Russland und der Ukraine zu einer Reise in die Ukraine aufgebrochen. Widodo reiste nach seiner Teilnahme am G7-Gipfel in den bayerischen Alpen nach Polen, von wo er geestern Abend mit dem Zug in die ukrainische Hauptstadt Kiew weiterfuhr, wie er auf Twitter schreibt. Er werde an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj appellieren, Friedensgesprächen zuzustimmen, hatte Widodo zuvor gesagt.

Am Donnerstag will Widodo nach Russland zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin reisen und diesen auffordern, den Krieg zu beenden, um eine weltweite Nahrungsmittelkrise abzuwenden. Indonesien wird im November Gastgeber des G20-Gipfels auf der Urlaubsinsel Bali sein. Widodo hatte dazu auch Putin eingeladen, der Kreml bestätigte mittlerweile seine Teilnahme — offen ist, ob in Präsenz oder per Videoschalte.

8.15 Uhr: Ukraine meldet Tote und Verletzte bei Angriff auf Stadt Mykolajiw

Mindestens drei Tote und fünf Verletzte hat es nach ukrainischen Angaben bei einem russischen Angriff am Morgen auf die Stadt Mykolajiw im Süden der Ukraine gegeben. Das schreibt der Militärgouverneur des Gebiets Mykolajiw, Witali Kim, auf Telegram. “Die russischen Besatzer flogen einen Raketenangriff auf Mykolajiw.” Eine Rakete habe ein Hochhaus getroffen. Die lokalen Behörden riefen die Menschen auf, während des Luftalarms an einem sicheren Ort zu bleiben und keine Bilder vom Ort des Angriffs zu veröffentlichen.

8.10 Uhr: Baerbock sieht Schweden und Finnland als Stärkung der Nato

Außenministerin Annalena Baerbock ist erleichtert über das Ende der türkischen Blockade eines Nato-Beitritts von Schweden und Finnland. Damit werde der Plan des russischen Präsidenten Wladimir Putin durchkreuzt, das Militärbündnis zu spalten, sagt die Grünen-Politikerin im ZDF-“Morgenmagazin” vor Beginn des Nato-Gipfels in Madrid. “Jetzt ist das Wichtigste, dass wir deutlich machen: Wir stehen beieinander, wir stehen miteinander.”

Beide nordischen Staaten seien starke liberale Demokratien und hätten auch starke eigene Armeen, daher werde ihr Beitritt die Nato deutlich stärken, so Baerbock. Zugleich seien sie in dieser Zeit aber “verwundbar” und fürchteten angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine um ihre Sicherheit. Daher setze sich Deutschland dafür ein, dass es keine lange Übergangszeit bis zum Beitritt gebe.

7.47 Uhr: Ukraine meldet zwei Tote bei Raketenangriff auf Dnipro

Nach einem Angriff auf die ostukrainische Großstadt Dnipro sind am Morgen die Leichen zweier Menschen gefunden worden. Unter den Trümmern eines von einer feindlichen Rakete zerstörten Unternehmens hätten Retter zwei Tote entdeckt, einen Mann und eine Frau, schreibt der Gouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, im Nachrichtendienst Telegram. Sechs Raketen seien gestern auf die Stadt abgefeuert worden. Sie hätten ein friedliches Unternehmen getroffen, das nichts mit dem Militär zu tun habe. In Medienberichten ist von einer Autowerkstatt die Rede.

7.29 Uhr: Russische Truppen wollen laut Ukraine Lyssytschansk einkesseln

Im Osten der Ukraine versuchen russische Truppen nach Einschätzung des ukrainischen Militärs, die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk einzukesseln. Das sei eine der Hauptanstrengungen des Feindes, teilt der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Die Offensive in Richtung der Stadt werde fortgesetzt. Details werde nicht genannt. Russische Truppen stehen bereits am Südrand der Stadt. Vertreter prorussischer Separatisten hatten zudem berichtet, es gebe schon Kämpfe im Stadtgebiet.

Angriffe Russlands gebe es außerdem in Richtung der westlich von Lyssytschansk gelegenen Stadt Bachmut, heißt es in dem Bericht weiter. Um das Tempo aufrechtzuerhalten, hätten die Besatzer ihre Bataillonsgruppe verstärkt. Beim russischen Vormarsch auf den Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk gebe es wenig Bewegung. Dort konzentriere sich der Feind darauf, Bedingungen für weitere Angriffe zu schaffen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

5.30 Uhr: Nato-Gipfel berät über Folgen des Ukraine-Krieges

Die Staats- und Regierungschefs der Nato beraten heute ab 10 Uhr in Madrid über die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Auf dem zweitägigen Gipfel werden eine deutliche Aufstockung der schnellen Nato-Einsatzkräfte erwartet sowie weitere Hilfszusagen für die Ukraine. Darüber hinaus wollen die 30 Nato-Länder eine neue Strategie verabschieden, in der Russland als “Bedrohung” bezeichnet wird. Präsident Wolodymyr Selenskyj soll als Gast zu dem Gipfel zugeschaltet werden.

4.10 Uhr: Wehrbeauftragte beklagt Belastung durch Aufstockung der Nato-Einsatztruppe

Die von der Nato angekündigte drastische Aufstockung der schnellen Einsatztruppe wird die Bundeswehr nach Einschätzung der Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl, schwer belasten. “Absehbar ist, dass die Anforderungen an Deutschland steigen werden. Für die Bundeswehr bedeutet das eine enorme Herausforderung und erfordert große Anstrengungen hinsichtlich Personal, Material, Ausrüstung und Infrastruktur”, zitiert die “Augsburger Allgemeine” Högl.

Högl hatte zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine kritisiert, dass den Bundeswehrsoldaten, die in Litauen auf dem Militärstützpunkt Rukla die russische Armee abschrecken sollen, einfache Ausrüstung bis hin zu Unterwäsche fehle.

1.37 Uhr: Litauens Präsident würdigt Deutschlands Ukraine-Politik

Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda lobt die Bundesregierung für die von ihr ausgerufene Zeitenwende und die Waffenlieferungen an die Ukraine. “Wir sehen wirklich, wie groß diese, ich würde sagen, tektonischen Veränderungen in Deutschland sind. Vor allem seit Kriegsbeginn”, sagt Nauseda der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview in Vilnius. “Wir sehen Dinge, die man sich vor einigen Monaten noch nicht vorstellen konnte.” Besonders deutlich zeige sich dies bei der Beurteilung der Lage, die “sehr ernsthaft, sehr verantwortungsvoll” sei. “Ich denke, die Illusionen sind nun verschwunden. Ich sehe dieses Gerede über ein erneutes Engagement mit Russland nicht, weil jeder versteht, jeder aufgewacht ist und jeder begreift, wie groß diese Bedrohung ist.” Auch habe es Änderungen in der Politik Deutschlands gegeben. 

Angesichts der russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hatte die Bundesregierung zuletzt mehrere politische Kehrtwenden vollzogen und etwa beschlossen, schwere Waffen an Kiew zu liefern und die Bundeswehr massiv aufzurüsten.

0.06 Uhr: Selenskyj wirft Moskau gezielten Angriff auf Einkaufszentrum vor

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirft Russland nach dem Raketeneinschlag in einem Einkaufszentrum den gezielten Angriff auf das zivile Objekt vor. “Die russische Rakete hat genau dieses Objekt getroffen. Zielgerichtet. Offensichtlich gab es so einen Befehl”, sagt Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache und untermauert seine Vorwürfe mit Videoaufnahmen des Einschlags in der Stadt Krementschuk. Ziel sei es gewesen, so viele Menschen wie möglich zu töten. Der Präsident sieht den Angriff als Teil einer Gesamtstrategie Moskaus, die sich gegen das ukrainische Volk richte. “Stand heute Abend liegt die Gesamtzahl der russischen Raketen, die in unseren Städten eingeschlagen sind, schon bei 2811”, dazu kämen noch Fliegerbomben und Artilleriegeschosse, so Selenskyj.

Russland bestreitet einen gezielten Beschuss des Einkaufszentrums. Die von Moskau abgefeuerten “Hochpräzisionsraketen” hätten Fabrikhallen in Krementschuk getroffen, in der westliche Waffen und Munition lagerten. Deren Explosion habe das Feuer in dem “nicht mehr betriebenen Einkaufszentrum” ausgelöst.

mad
DPA
AFP

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