Ukraine-Konflikt: Biden plant weitere Sanktionen – Politik

Die US-Regierung will an diesem Dienstag neue Sanktionen gegen Russland ankündigen. “Wir werden morgen weitere Maßnahmen ergreifen, um Russland für diese eindeutige Verletzung des Völkerrechts und der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine (…) zur Rechenschaft zu ziehen”, sagte ein hoher Beamter des Weißen Hauses am Montag. Es werde sich wahrscheinlich um Sanktionen handeln. US-Präsident Joe Biden habe jedoch weiterhin nicht die Absicht, amerikanische Streitkräfte in die Ukraine zu schicken.

Putin hatte am Montag die “Volksrepubliken Luhansk und Donezk” als unabhängige Staaten anerkannt und dann die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine angeordnet. Mit Blick auf diese Anordnung hieß es aus dem Weißen Haus: “Seit acht Jahren gibt es russische Truppen im Donbass. Russland hat dies immer bestritten.” Jetzt sehe es so aus, als würde Russland in dieser Region offen operieren. Man werde entsprechend reagieren. Der Beamte wich der Frage aus, ob russische Truppen in dieser Region als Einmarsch in die Ukraine zu werten seien. “Wir werden auf jede Aktion Russlands in einer Weise reagieren, die unserer Meinung nach der Aktion angemessen ist”, hieß es.

Biden unterzeichnete am Montagabend wie angekündigt eine Exekutivanordnung mit Sanktionen. Diese sollen neue Investitionen, Handel und Finanzierung durch US-Personen in Donezk und Luhansk verbieten. US-Außenminister Antony Blinken hatte zuvor betont, dass diese Strafmaßnahmen sich nicht gegen die ukrainische Bevölkerung oder die ukrainische Regierung richteten, sondern gegen Russland.

Die grundsätzliche Zustimmung von Biden, sich mit Putin zu treffen, wankt Washingtoner Regierungskreisen zufolge. Die USA würden die Diplomatie so lange weiterverfolgen, “bis die Panzer rollen”, fügte er hinzu. (22.02.2022)

Milde Kritik von der Türkei an Russland

Die Türkei kritisiert Russlands Anerkennung der abtrünnigen Regionen in der Ost-Ukraine als inakzeptabel. Russlands verletze damit nicht nur das Minsker Abkommen, sondern auch die politische Einheit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, erklärt das Außenministerium in Ankara. Die Regierung fordert alle Konfliktparteien auf, internationales Recht zu respektieren.

Das Nato-Mitglied Türkei hat im Schwarzen Meer eine Seegrenze sowohl zu Russland als auch zur Ukraine, unterhält zu beiden Nachbarn gute Beziehungen und hat Vermittlungen angeboten. Die Türkei hat Russland vor einer Invasion der Ukraine gewarnt und zugleich Sanktionen gegen Russland abgelehnt. (22.02.2022)

Putin ordnet Entsendung von Truppen in die Ostukraine an

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Entsendung von Truppen in die Ostukraine angeordnet. Die Einheiten sollen laut der russischen Darstellung in den von Moskau nun als unabhängige Staaten anerkannten “Volksrepubliken Luhansk und Donezk” für Frieden sorgen, wie aus einem Dekret hervorgeht, das der Kremlchef am Montag in Moskau unterzeichnet hat.

Zudem wies Putin das Außenministerium an, diplomatische Beziehungen zu den beiden Regionen aufzunehmen, die völkerrechtlich zur Ukraine gehören. Zuvor hatte Putin die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt. (21.02.2022)

Hektische Telefondiplomatie nach Putin-Rede

Die EU wird mit Sanktionen auf Russlands Entscheidung reagieren, die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anzuerkennen. Die Strafmaßnahmen sollen diejenigen treffen, die an der Handlung beteiligt seien, erklärten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel. Mehrere EU-Länder fordern sofortige Strafmaßnahmen.

Auch US-Präsident Joe Biden wird nach Angaben des Washingtoner Präsidialamts in Kürze ein Dekret unterzeichnen, das Geschäfte in oder mit den beiden von Russland anerkannten Separatisten-Regionen in der Ost-Ukraine verbietet. Es würden weitere Maßnahmen folgen, sagte eine Sprecherin. Diese seien unabhängig von Sanktionen, die die USA mit ihren Verbündeten im Fall einer russischen Invasion in der Ukraine vorbereitet hätten.

Biden hat nach Angaben einer Sprecherin unterdessen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenskij telefoniert. Außerdem sprach er mit Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Steffen Hebestreit, der Sprecher der Bundesregierung, sagte anschließend, alle drei Gesprächspartner seien sich darüber einig gewesen, “dass dieser einseitige Schritt Russlands ein klarer Bruch des Minsker Abkommens ist”. Putins Handeln werde nicht unbeantwortet bleiben. Man werde nicht nachlassen, die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine zu garantieren. Zugleich werde man sich nach Kräften dafür engagieren, eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern. (21.02.2022)

Macron fordert Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilt Russlands Anerkennung der Separatisten-Regionen in der Ukraine. Es handele sich um einen Angriff auf die territoriale Souveränität der Ukraine, erklärt Macron laut dem Elysee-Palast. Der französische Staatschef spricht sich für gezielte Sanktionen Europas und eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats aus. (21.01.2022)

Ukraine: Sag mir, wo der Frieden ist (SZ Plus)

Putin hält Fernsehansprache und droht mit Krieg

In einer Rede an die Nation äußert sich der russische Präsident Wladimir Putin am Abend zu den beiden ukrainischen Provinzen Luhansk und Donezk, die von russischen Separatisten beherrscht werden. Die Separatisten hatten Putin am Montag aufgefordert, die beiden Gebiete als unabhängig anzuerkennen. Das hat er nun per Dekret getan – und für sich eine Legitimation geschaffen, um mit der russischen Armee in die Gebiete einzumarschieren.

Seine etwa einstündige Fernsehansprache, die das russische Staatsfernsehen überträgt und die Beobachter als entrückt bezeichnen, ist ein Rundumschlag, gegen die Ukraine, gegen die Nato und die EU, gegen den Westen als Ganzes. Oft bringt er historische Bezüge, etwa, als er der Ukraine das Existenzrecht als eigenständiger Staat abspricht. Die Ukraine habe nie eine eigene Staatstradition gehabt. Dem Land sei es nie gelungen, einen stabilen Staat zu schaffen, sagt Putin. Deshalb habe es sich auf andere Länder wie die USA verlassen müssen. Die ukrainischen Behörden seien von Nationalismus und Korruption verunreinigt, das Land befinde sich in den Händen von oligarchischen Clans.

Putin droht der Ukraine kaum verhohlen mit Gewalt. Wenn die “Kampfhandlungen” von Seiten der Regierung in Kiew im Osten des Landes nicht eingestellt würden, dann werde Russland sich verteidigen und zurückschießen. Er sei zuversichtlich, dass die russische Bevölkerung seine Entscheidung unterstütze, erklärt er.

Außerdem wirft Putin der Ukraine vor, nach Atomwaffen zu streben. Dies komme Vorbereitungen für einen Angriff auf Russland gleich und könne nicht ignoriert werden, sagt Putin. Die Ukraine habe das Atom-Know-How aus der Sowjetzeit. Wenn das Land in den Besitz von Massenvernichtungswaffen komme, werde sich die globale Lage drastisch ändern. Außerdem gehe in der Ostukraine ein Massenverbrechen am russischen Volk vor sich. Vier Millionen Menschen seien betroffen. “Die sogenannte zivilisierte Welt zieht es vor, den von Kiew begangenen Genozid im Donbass zu ignorieren”, sagt Putin.

Die Nato habe Russland jahrelang getäuscht, so Putin. Seinem Land sei zu Sowjetzeiten bei der Wiedervereinigung Deutschlands versprochen worden, dass die Nato sich kein bisschen nach Osten ausdehne, so der Kremlchef. “Sie haben uns betrogen”, sagt Putin und wirft dem westlichen Bündnis vor, bereits fünf Wellen der Ausdehnung nach Osten durchgezogen zu haben – und Russland wie einen Feind zu behandeln. Das westliche Militärbündnis habe es darauf angelegt, Russland als flächenmäßig größtes Land zu schwächen, und es habe sämtliche Warnungen ignoriert. Der westliche Verteidigungsblock habe seine militärische Infrastruktur immer weiter an die Grenzen Russlands heranbewegt und dabei auf Moskaus Sorgen “gespuckt”, so Putin. (21.02.2022)

Separatisten bitten Putin um Anerkennung

In einem sogenannten Hilferuf an den russischen Präsidenten Wladimir Putin haben die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk die Anerkennung als unabhängige Staaten verlangt. In Donezk forderte Separatistenführer Denis Puschilin den Kremlchef zudem auf, mit der “Volksrepublik” einen Vertrag über Freundschaft und militärischen Beistand abzuschließen. Damit könnte Russland wie in den von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien Tausende Soldaten dort stationieren. Nach einem Krieg gegen Georgien hatte Russland die Regionen 2008 als unabhängige Staaten anerkannt.

Der Inlandsgeheimdienst FSB, der auch für die Grenzsicherung zuständig ist, teilte in Moskau mit, dass eine Gruppe ukrainischer Saboteure auf das russische Staatsgebiet vorgedrungen und “vernichtet” worden sei. Es seien fünf Menschen getötet worden, auf russischer Seite habe es keine Verletzten gegeben. Diese Angaben des Geheimdienstes waren nicht überprüfbar. Die Separatisten machen eine Gruppe ukrainischer Agenten seit Tagen für Anschläge in dem Konfliktgebiet verantwortlich.

In Luhansk wandte sich der dortige Anführer Leonid Passetschnik über das russische Staatsfernsehen an Putin: “Verehrter Wladimir Wladimirowitsch, um kein massenhaftes Sterben der Menschen der Republik zuzulassen (…) bitte ich Sie, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Luhansker Volksrepublik anzuerkennen.” Auch das russische Parlament hatte in der vergangenen Woche eine Resolution an Putin verabschiedet mit der Bitte um Anerkennung der “Volksrepubliken”.

In dem Konfliktgebiet Donbass hat die Gewalt deutlich zugenommen. Es beschießen sich die Regierungstruppen und prorussische Separatisten. Nach UN-Schätzungen gibt es in dem seit acht Jahren währenden Konflikt bisher mehr als 14 000 Tote, die meisten auf dem von Separatisten kontrollierten Gebiet.

Separatisten in Ostukraine rufen zu den Waffen

Im Osten der Ukraine nehmen die Spannungen im Konfliktgebiet Donbass weiter massiv zu. In der selbst ernannten Volksrepublik Donezk rief Separatistenführer Denis Puschilin alle Männer zu den Waffen, um gegen ukrainische Regierungstruppen zu kämpfen. Die Ukraine hatte immer wieder betont, keine Offensive gegen die prorussischen Separatisten zu planen. Puschilin wiederum sprach von massivem Beschuss von ukrainischer Seite. Überprüfbar waren diese Angaben nicht. In Donezk seien zwei Schulen, ein Krankenhaus und ein Umspannwerk getroffen worden, teilten die Behörden dort mit.

Aus den von moskautreuen Separatisten kontrollierten Regionen wurden weiter vor allem Frauen und Kinder in Bussen und Zügen nach Russland gebracht. Zehntausende kamen in verschiedenen Teilen Russlands in Notunterkünfte. Die Männer mussten bleiben. “Ich rufe die männliche Bevölkerung auf, alle, die eine Waffe halten können, sich in den Kreiswehrkommandos einzufinden und aufzustehen für den Schutz ihrer Familien, Kinder, Frauen, Mütter und für unser Vaterland”, sagte Puschilin.

Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatten zuletzt Tausende Verstöße gegen den vereinbarten Waffenstillstand gemeldet. Die Ukraine betont, dass das Feuer allenfalls erwidert, aber nicht angegriffen werde. Überprüfbar ist das nicht. Offiziell weicht die Ukraine seit Herbst von einer Zusatzvereinbarung zur geltenden Waffenruhe ab. “Wir haben kein Verbot, das Feuer zu eröffnen. Jeder Kommandeur trifft vor Ort selbst die Entscheidung”, hatte der Befehlshaber der Regierungstruppen, Olexander Pawljuk, im Oktober gesagt.

Der für den russischen Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB teilte unterdessen mit, einer seiner Posten im Gebiet Rostow sei beschossen und zerstört worden. Dazu wurden Bilder gezeigt. Russische Behörden hatten auch zuvor von solchen Einschlägen von ukrainischer Seite berichtet. Das war nicht überprüfbar. (21.02.2022)

Deutschland will OSZE-Mission in der Ukraine mit Beobachtern stärken

Die Bundesregierung will die Reihen der entsandten internationalen Beobachter im Ukraine-Konflikt verstärken. Darüber liefen Gespräche mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und Partnern, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Die OSZE-Mission in dem Land beobachtet die Lage in den Spannungsgebieten.

Es gehe darum, wie die Arbeitsfähigkeit “in dieser extrem kritischen Phase aufrechterhalten und gestärkt werden kann”, auch nachdem einige Staaten ihr Personal aus Sicherheitsbedenken abgezogen haben. “Deutschland hat das nicht getan”, sagte der Sprecher. Er erklärte, in der jetzigen Phase, wo Desinformation, Operationen unter falscher Flagge und Täuschungsversuche vor Ort Teil einer Eskalation werden könnten, sei der Einsatz der OSZE-Beobachter besonders wichtig. Deutschland werde seine Beteiligung “noch einmal verstärken”.

Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat für diesen Montag eine Sondersitzung einberufen. Die OSZE versucht seit Langem, im Ukraine-Konflikt zu vermitteln. Russland hat dies bisher aber strikt abgelehnt und zuletzt an einigen Sitzungen gar nicht mehr teilgenommen. (21.02.2022)

Deutschland bereitet humanitäre Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge vor

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) rechnet im Fall eines Krieges in der Ukraine mit starken Fluchtbewegungen in Nachbarländer. Deshalb bereite sich Deutschland derzeit vor allem darauf vor, den Ländern um die Ukraine mit humanitärer Unterstützung zu helfen, sagte Faeser in Wien am Rande einer europäischen Migrationskonferenz. “Und wenn Flüchtlinge in unser Land kommen, denen natürlich auch”, fügte die SPD-Politikerin hinzu.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz das direkt an die Ukraine grenzende Polen als vermutlich wichtigstes Fluchtziel genannt, daneben aber auch Italien, Deutschland und Frankreich. Polen selbst rechnet im Fall eines Krieges mit bis zu einer Million Menschen. (21.02.2022)

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