Titanic: Wie es im U-Boot aussieht – und was über die Vermissten bekannt ist

Die Küstenwachen Kanadas und der USA haben am Dienstag weiter fieberhaft nach dem verschollenen Mini-U-Boot „Titan“ des Unternehmens OceanGate Expeditions gesucht, das am Sonntagmorgen zu einem Tauchgang zum Wrack der „Titanic“ gestartet war. Allerdings gibt es bisher keine Spur. „Heute haben diese Suchbemühungen keine Ergebnisse erbracht“, sagte ein Sprecher der US-Küstenwache am Dienstag in Boston.

An Bord des Tauchboots befinden sich fünf Menschen. Die Suche ist ein Wettlauf gegen die Zeit – das U-Boot hatte bei seinem Aufbruch Sauerstoff für etwa vier Tage, hieß es. „Basierend auf diesem ersten Bericht wissen wir, dass noch etwa 40 Stunden Atemluft übrig sind“, sagte der Koordinator der US-Küstenwache für die Operation, Jamie Frederick, am Dienstagabend..

Die Bostoner Küstenwache leitet die Suchaktion und veröffentlichte auf Twitter, dass die fünfköpfige Besatzung „am Sonntagmorgen abgetaucht ist und die Besatzung der Polar Prince etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs den Kontakt zu ihnen verloren hat“. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das U-Boot etwa 900 Meilen (1450 km) vor der Küste von Cape Cod.

Erfahrungsbericht von der „Titan“

Suche bei der „Titanic“

Die US-Küstenwache wurde laut des Koordinators des Einsatzes, John Mauger, am Sonntagnachmittag darüber informiert. Sie schickte zwei C-130-Flugzeuge, um die Meeresoberfläche abzusuchen. Die kanadische Küstenwache entsandte ein Flugzeug sowie ein mit Sonar-Technologie für Bojen ausgerüstetes Schiff. Mittlerweile werde die Suche unter Wasser verstärkt, in der Hoffnung, das Tauchboot lokalisieren zu können, wie Mauger dem US-Sender CNN sagte.

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„Eine Suche in diesem entlegenen Gebiet ist eine Herausforderung, aber wir schicken alles, was wir haben, um sicherzustellen, dass wir das Boot orten und die Menschen an Bord retten können“, sagte Mauger am Montag vor Journalisten in Boston (US-Bundesstaat Massachusetts). Bei Einbruch der Dunkelheit am Montagabend wurden die Suchflüge unterbrochen, während eine Einheit der US-Nationalgarde sowie „Titan“-Betreiber OceanGate Expeditions, die Suche auf dem Wasser fortsetzten.

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Frankreich schickte unterdessen ein Spezialschiff samt Tauchroboter in die Region. Das Forschungsschiff „Atalante“ des Meeresforschungsinstituts Ifremer, das sich bereits auf einer Mission befindet, werde am Mittwochabend vor Ort eintreffen, sagte Frankreichs Meeresstaatssekretär Hervé Berville, wie der Sender BFMTV berichtete. Der Roboter „Victor 6000“ wird von dem Forschungsschiff über eine bis zu acht Kilometer lange Schnur ferngesteuert und wird von Ifremer als „Vorzeigegerät für Unterwassereinsätze“ bezeichnet, wie BFMTV berichtete. Der Roboter kann in Tiefen bis zu 6000 Metern eingesetzt werden.

Die US-Marine hilft mit einem Tiefsee-Bergungssystem mit Kürzel „Fadoss“. Die US Navy beschreibt „Fadoss“ als „tragbares Schiffshebesystem, das eine zuverlässige Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer, sperriger und schwerer versunkener Objekte wie Flugzeuge oder kleine Schiffe bietet.“ Es sollte in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) in der kanadischen Stadt St. Johns in Neufundland ankommen. Wann es das Suchgebiet Hunderte Kilometer weiter südlich erreichen könnte, blieb zunächst unklar.

Die US Navy beschreibt „Fadoss“ als „tragbares Schiffshebesystem, das eine zuverlässige Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer, sperriger und schwerer versunkener Objekte wie Flugzeuge oder kleine Schiffe bietet“. Winde und Seil des Geräts gebe es dabei in verschiedenen Größen je nach Art und Gewicht des zu hebenden Objekts. „Fadoss“ könnte aber erst dann zum Einsatz kommen, wenn das Tauchboot gefunden wurde.

Was ist über die fünf Vermissten bekannt?

Im U-Boot befinden sich fünf Passagiere, darunter der 58-jährige britische Milliardär, Pilot und Weltraumtourist Hamish Harding. Am Sonntag hatte er auf seinem Instagram-Profil mitgeteilt, er sei „stolz endlich ankündigen zu können“, dass er sich der Mission zum Wrack der „Titanic“ anschließen werde. „Es hat sich ein Wetterfenster geöffnet und wir werden einen Tauchgang versuchen“, schrieb er weiter.

Harding ist Vorsitzender der Flugzeugfirma Action Aviation in Dubai, laut englischen Medienberichten ist er selbst ausgebildeter Pilot, Taucher und Fallschirmspringer.

Der Geschäftsführer von Hardings Unternehmen Action Aviation, Mark Butler, sagte, die Gruppe sei am Freitag aufgebrochen. „Wir alle hoffen und beten, dass er gesund und munter zurückkommt.“ Hardings Sohn Brian Szasz hatte das Verschwinden seines Vaters auf Social Media bestätigt. Inzwischen wurde der Beitrag auf Facebook gelöscht.

An Bord des vermissten U-Boots befindet sich auch der britische Unternehmer Hamish Harding, der hier nach einem erfolgreichen Flug ins All seine Astronauten-Nadel erhält

An Bord des vermissten U-Boots befindet sich auch der britische Unternehmer Hamish Harding, der hier nach einem erfolgreichen Flug ins All seine Astronauten-Nadel erhält

Quelle: pa/dpa/Blue Origin/AP/Felix Kunze

Weitere Passagiere an Bord des vermissten „Titanic“-Tauchbootes sollen der pakistanische Geschäftsmann Shahzada Dawood sowie dessen 19-jähriger Sohn sein, wie am Dienstag bekannt wurde. „Unser Sohn Shahzada Dawood und sein Sohn Suleman hatten sich auf eine Reise begeben, um die Überreste der Titanic im Atlantischen Ozean zu besichtigen“, zitierten britische Medien aus einer Mitteilung der Familie.

Shahzada Dawood lebt in Großbritannien und ist stellvertretender Vorsitzender des in Karachi ansässigen Mischkonzerns Engro. Daneben engagiert er sich für die 1960 gegründeten Stiftung seiner Familie, die sich für Bildung einsetzt. Laut „Daily Mail“ ist der 48-Jährige einer der reichsten Männer Pakistans.

Weiter soll laut britischen Medien der französische Titanic-Experte Paul Henry Nargeolet an Bord sein. Er soll bereits zahlreiche Tauchgänge am „Titanic“-Wrack durchgeführt und einst in der französischen Marine gedient haben. Ein Sprecher der Familie bestätigte dies der BBC am Dienstag. „Mr Titanic“, wie er genannt wird, ist ehemaliger Marinetaucher und war Teil der ersten Expedition, die 1987 das berühmte Wrack untersuchte. Berichten zufolge hat er mehr Zeit als jeder andere dort verbracht. Der Sprecher hoffe, dass Nargeolets Gelassenheit und seine militärische Karriere die Besatzung beruhigen würden, auch wenn der Ausgang des Rettungseinsatzes nicht von ihm abhängen.

Rund 600 Kilometer vor der Küste von Neufundland liegt die Titanic

Rund 600 Kilometer vor der Küste von Neufundland liegt die Titanic

Quelle: Infografik WELT

Dies deckt sich auch mit der Aussage Hardings auf Instagram: „Zur Besatzung des U-Boots gehören auch legendäre Forscher, von denen einige seit den 80er-Jahren mehr als 30 Tauchgänge zur ‚Titanic‘ unternommen haben.“

Der fünfte Passagier ist der Chef von OceanGate Expedition, Stockton Rush. Das bestätigte die Firma am Dienstag.

OceanGate Expeditions hatte am Montag erklärt, es werde alles dafür tun, „um die fünf Besatzungsmitglieder sicher zurückzubringen“. Das Unternehmen sei „zutiefst dankbar für die umfangreiche Hilfe, die wir von mehreren Regierungsbehörden und Tiefsee-Unternehmen erhalten haben bei unseren Bemühungen, den Kontakt zu dem Tauchboot wiederherzustellen“.

Was könnte mit dem U-Boot passiert sein?

Die BBC hat mit einem U-Boot-Experten gesprochen, der diverse Szenarien für den Verbleib des U-Boots aufgezeigt hatte. So könnte es sein, dass nach einem Notfall ein „Fallgewicht“ abgeworfen wurde, um das Boot an die Oberfläche zu bringen, erklärte Prof. Alistair Greig vom University College London.

Greig sagte weiter: „Wenn es einen Stromausfall und/oder ein Kommunikationsversagen gab, könnte dies geschehen sein, und das Tauchboot würde dann an der Oberfläche treiben und darauf warten, gefunden zu werden.“ Denkbar sei auch, dass der Rumpf beschädigt wurde und es daraufhin zu einem Leck gekommen sei, oder das Boot etwa eingeklemmt sei. Dann sei die Prognose „nicht gut.“ Der ehemalige U-Boot-Offizier Frank Owen sagte der BBC, die größte Herausforderung für die Eingeschlossenen sei es, ruhig zu bleiben und nicht zu viel Sauerstoff zu verbrauchen.

Sollte das U-Boot wiederum auf den Meeresboden gesunken und nicht in der Lage sein, aus eigener Kraft wieder aufzutauchen, seien die Möglichkeiten laut Greig stark begrenzt. „Das U-Boot könnte zwar noch intakt sein, aber wenn es mehr als 200 m tief ist, gibt es nur sehr wenige Schiffe, die so tief vordringen können, und schon gar keine Taucher. Die Fahrzeuge, die für die Rettung von U-Booten der Marine entwickelt wurden, können nicht annähernd so tief hinabfahren wie die Titanic“, so der Experte.

„Es wird heiß sein, es wird beengt sein“

In dem Tauchboot herrschen nach Angaben eines Experten äußerst schwierige Bedingungen. „Es wird heiß sein, es wird beengt sein“, sagte der Ozeanologe Simon Boxall von der Universität Southampton der BBC. „Es gibt keine Rettungskapsel.“ In dieser Tiefe herrsche ein enormer Druck, ein Ausstieg sei unmöglich. „Also sind sie völlig darauf angewiesen, dass das Tauchboot gefunden wird.“ Boxall betonte: „Es ist eine enorme Herausforderung, die wir noch nie zuvor bewältigen mussten.“ Die Zeit für eine Rettung sei sehr knapp.

Der Meeresforscher David Mearns erklärte weiter, mittlerweile sei ein kommerzielles Rohrverlegungsschiff in der Gegend angekommen. Das Schiff sei sehr leistungsfähig und es bestehe die Hoffnung, dass es die Fähigkeit habe, die nötige Tiefe zu erreichen, um nach dem Tauchboot zu suchen.

Der Reporter David Pogue vom US-Sender CBS, der die Fahrt im vergangenen Jahr mitgemacht hatte, sagte der BBC, das Gefährt habe auf ihn einen improvisierten Eindruck gemacht. „Man steuert dieses U-Boot mit einem Xbox-Gamecontroller“, sagte Pogue. Ein Teil des Ballasts bestehe aus Baurohren.

Beheizte Wände und ein Klo – die Einrichtung der „Titan“

Die „Titan“ ist speziell für Touristen gebaut, doch wirklich bequem ist es nicht. Die Reisenden müssen auf dem Boden sitzen. Raum für Bewegung lassen die Maße nicht zu, wie die BBC am Dienstag berichtete.

Das gewölbte Bullauge an der Vorderseite soll den Blick auf die „Titanic“ ermöglichen. Vom „größten Aussichtspunkt aller bemannten Tiefsee-Tauchboote“ schwärmt das Unternehmen laut BBC. Starke Scheinwerfer an der Außenseite durchbrechen das pechschwarze Wasser in rund 3800 Metern Tiefe und beleuchten das Wrack. In der Tiefe des Atlantiks kann es sehr kalt werden. Deshalb sind die Wände beheizt.

Das Tauchboot

Das Tauchboot

Quelle: dpa/OceanGate Expeditions

Touristen-Tauchboot wird nahe «Titanic»-Wrack vermisst

Dieses von American Photo Archive zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Innenraum des vermissten Tauchboots „Titan“ mit den damals reisenden Passagieren

Quelle: dpa/American Photo Archive

Eine Besonderheit: Es gibt eine Toilette im vorderen Bereich. Wer mal muss, zieht einen Vorhang vor – und der Pilot dreht die Musik auf. Allerdings empfiehlt das Unternehmen, die „Ernährung vor und während des Tauchgangs einzuschränken, um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Sie die Einrichtungen nutzen müssen“.

Faszination „Titanic“ – für 229.000 Euro

OceanGate Expeditions begann 2021 damit, jährliche Expeditionen zum Wrack der „Titanic“ zu organisieren, um den Zerfall des Ozeanriesen zu dokumentieren. Die erste Gruppe von Touristen – sogenannte Missionsspezialisten – finanzierte die Expedition mit 100.000 bis 150.000 Dollar pro Person. Aktuell kostet ein Platz als Passagier in dem Tauchboot laut der Internetseite der Firma 250.000 Dollar (rund 229.000 Euro).

Die „Titanic“, die als unsinkbar galt, war am 10. April 1912 vom englischen Hafen Southampton zu ihrer Jungfernfahrt nach New York aufgebrochen. Fünf Tage später ging das damals größte Kreuzfahrtschiff der Welt unter, nachdem es einen Eisberg gerammt hatte. Fast 1500 der 2224 Menschen an Bord kamen ums Leben.

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Neue 3D-Aufnahmen der Titanic

Das in zwei Teile zerbrochene Wrack des britischen Riesenschiffs wurde erst 1985 etwa 650 Kilometer vor der kanadischen Küste gefunden. Es liegt in internationalen Gewässern im Atlantik in etwa 4000 Metern Tiefe.


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