Schäuble eröffnet Bundestag, AfD protestiert

Der bisherige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat die erste Sitzung des 20. Bundestages eröffnet. Er übernimmt den Vorsitz bis zur Wahl der neuen Bundestagspräsidentin. Die AfD protestierte dagegen postwendend mit einem Antrag, forderte, der älteste Abgeordnete des Parlaments solle als Alterspräsident agieren – dies sei Alexander Gauland.

Der AfD-Abgeordnete Bernd Baumann beklagte eine absichtliche Benachteiligung der AfD. Der SPD-Abgeordnete Carsten Schneider entgegnete in einer Rede, es solle vielmehr der dienstälteste, aber der am längsten im Parlament sitzende Abgeordnete als Alterspräsident agieren: Dies ist Wolfgang Schäuble, der seit 1972 Mitglied des Parlaments ist.

Der CDU-Abgeordnete Michael Grosse-Brömer ergänzte, jemand wie Gauland, der die Zeit des Nationalsozialismus als „Fliegenschiss“ in der deutschen Geschichte bezeichnete hatte, disqualifiziere sich von vornherein für dieses Amt. Die AfD verbesserte Grosse-Brömer: Es sei „Vogelschiss“ gewesen. Der betonte wiederum: „Das macht es nicht besser“.

Im Anschluss kam es zu einer Abstimmung: Der Antrag der AfD wurde mit Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt. Schäuble leitet damit als Alterspräsident die Sitzung des Bundestages. Bis 2017 hatte immer der älteste Abgeordnete die konstituierende Sitzung als Alterspräsident eröffnet. Die Geschäftsordnung wurde damals aber mit Mehrheit der Abgeordneten geändert, um zu verhindern, dass ein AfD-Politiker die erste Sitzung eröffnet.

Alle Entwicklungen im Liveticker

11:40 – Schäuble betont Wert der Repräsentation

In seiner Eröffnungsrede vor dem Bundestag betonte Wolfgang Schäuble den Wert der repräsentativen Demokratie. Diese könne Vielfalt fördern und stärken, ohne sie zwingend 1:1 abbilden zu müssen. Ein Rentner müsse beispielsweise nicht zwingend nur von einem Rentner vertreten werden. „Jeder einzelne Abgeordnete bildet nicht einfach einen Teil des Volkes ab. Jeder Abgeordnete ist Repräsentant des gesamten Volkes“. Ein Parlament, dass alle Bevölkerungsgruppen abbilde, sei womöglich kaum mehrheitsfähig. Er hob hervor, dass fast vierzig Prozent der Abgeordneten, in Zahlen 279, in dieser Legislaturperiode zum ersten Mal im Bundestag sitzen. Selbst Teile der AfD gaben Schäuble am Ende von dessen Rede, neben allen anderen Fraktionen, Standing Ovations. Schäuble sagte daraufhin: „Bitte bringen Sie mich nicht zu sehr in Rührung“.

11:27 – Steinmeier beauftragt Merkel mit Fortführung der Regierungsgeschäfte

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag formal darum gebeten, die Regierungsgeschäfte bis zur Ernennung ihres Nachfolgers fortzuführen. Das teilte das Präsidialamt mit. Laut Grundgesetz endet die Amtszeit der bisherigen Regierung mit der konstituierenden Sitzung des Bundestags, die am Vormittag begann.

Die geschäftsführende Regierung kann rein rechtlich gesehen so agieren wie eine normale. So kann sie Gesetze oder sogar einen neuen Haushalt in den Bundestag einbringen. Auch die Minister behalten ihre Befugnisse. Sie können Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften erlassen. Traditionsgemäß übt sich die geschäftsführende Bundesregierung aber in Zurückhaltung, um den Handlungsspielraum des künftigen Kabinetts nicht einzuschränken. Die Entlassungsurkunden überreicht Steinmeier Merkel sowie den Ministerinnen und Ministern am späten Dienstagnachmittag.

11:18 – AfD-Abgeordnete verweigern 3G – und müssen auf die Tribüne

Mehrere Abgeordnete der AfD haben sich geweigert, einen Nachweis über eines der 3G zu erbringen. Damit müssen sie laut mehrheitlich beschlossener Parlamentsordnung während der Sitzung mit Abstand auf der Besuchertribüne Platz nehmen.

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11:00 – Union legt in Insa-Umfrage zu – FDP und AfD verlieren

Nach dem Absturz in der Wählergunst hat die Union einer Umfrage zufolge wieder etwas an Boden gewonnen. Im am Dienstag veröffentlichten Insa-Meinungstrend für „Bild“ verbessern sich CDU/CSU um eineinhalb Punkte auf 20 Prozent. Die FDP verliert demnach einen Punkt auf 14 Prozent, die AfD einen halben Punkt auf elf Prozent.

SPD (28 Prozent), Grüne (16 Prozent) und Linke (fünf Prozent) bleiben den Angaben zufolge gegenüber der Vorwoche unverändert. Die sonstigen Parteien kommen zusammen erneut auf sechs Prozent.

10:55 – Merkel und Steinmeier nehmen in Bundestag auf Tribüne Platz

Vor Beginn der konstituierenden Sitzung des neuen, 20. Bundestages, haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Besuchertribüne des Parlaments Platz genommen. Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nahm dort Platz. Alle gehören dem neuen Bundestag nicht mehr an.

09:40 – Drogenbeauftragte warnt vor Cannabis-Freigabe

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, hat die Nachfolger-Regierung vor einer Legalisierung von Cannabis gewarnt. „Zugunsten eines vermeintlichen Zeitgeistes die Gesundheit der Bevölkerung zu riskieren, kann und sollte nicht Ziel der neuen Bundesregierung sein“, sagte die CSU-Politikerin der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.

Regelmäßiger Konsum könne zu schweren psychischen Störungen führen – insbesondere bei Jugendlichen, die sich noch in der körperlichen Entwicklung befänden. „Kiffen ab 18 ist alles andere als harmlos und gibt außerdem keine Antwort auf die Frage nach besserem Jugendschutz“, sagte Ludwig.

9:16 – Ifo-Ökonom warnt vor schnellerem Kohleausstieg

Ein Dresdner Ökonom hat vor den möglichen Folgen eines vorgezogenen Kohleausstiegs im Jahr 2030 gewarnt. „Ich sehe darin einen massiven Vertrauensbruch gegenüber den Menschen in den betroffenen Regionen“, sagte der stellvertretende Leiter des Ifo-Instituts in der sächsischen Landeshauptstadt, Joachim Ragnitz, der „Leipziger Volkszeitung“. In den verbleibenden acht Jahren ließen sich die notwendigen Infrastrukturen nicht errichten, dementsprechend werde es bis dahin nicht die benötigten Ersatzarbeitsplätze geben. Außerdem brauche man den Kohlestrom noch „für geraume Zeit“.

Der Kohleausstieg war bislang auf das Jahr 2038 terminiert. Die möglichen Ampel-Koalitionspartner im Bund – SPD, Grüne und FDP – haben in ihrem Sondierungspapier vereinbart, dass ein beschleunigter Ausstieg „idealerweise“ bis zum Jahr 2030 gelingen soll.

Ragnitz nannte es „richtig und wichtig“, dass die davon betroffenen Bundesländer Widerstand angekündigt hätten. Er gehe davon aus, dass die wegbrechenden Arbeitsplätze in der Kohleindustrie eher im Mitteldeutschen Revier kompensiert werden könnten, da es dort mit Leipzig und Halle zwei „Wachstumspole“ gebe, wo sich Firmen ansiedeln könnten. Schwieriger sehe es hingegen in der Lausitz aus.

09:02 – FDP-Politiker Buschmann rechnet mit schnellem Abschluss der Koalitionsgespräche

Der Parlamentsgeschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, erwartet schnelle Fortschritte bei den Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen. Anders als bei den letztlich gescheiterten Gesprächen zur Bildung eines Jamaika-Bündnisses nach der Wahl 2017 sei diesmal ein „sehr klarer Prozess“ zur Klärung der offenen Fragen vereinbart worden, sagte Buschmann im „Morgenmagazin“ der ARD.

08:22 Uhr – Pau: Weibliche Bundestags-Spitze „sehr gutes Signal“

Die Linke-Politikerin Petra Pau begrüßt es, dass künftig voraussichtlich eine Frau an der Spitze des Bundestags stehen wird. Sie finde es ein „ein sehr gutes Signal, dass es höchstwahrscheinlich eine Präsidentin geben werde und wahrscheinlich tatsächlich Vizepräsidentinnen bis auf eine Ausnahme“, sagte Pau vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags im ARD-„Morgenmagazin.

08:13 Uhr – CDU-Europapolitiker Caspary verteidigt Landeschef Strobl gegen Kritik

Der CDU-Europapolitiker Daniel Caspary aus Karlsruhe hat Unions-Landeschef Thomas Strobl gegen parteiinterne Kritik verteidigt. „Ich will, dass Thomas Strobl Landesvorsitzender und Bundesvize der CDU bleibt“, sagte Caspary den „Badischen Neuesten Nachrichten“. Man habe mit den Grünen als Regierungspartner noch einiges vor, Strobl sei ein Garant für Stabilität in der Landesregierung, so der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. In der Landes-CDU mehrte sich zuletzt Kritik an Landeschef Strobl angesichts der Abwahl im Bund und der Pleite bei der Landtagswahl.

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04:40 Uhr – EU-Energieminister besprechen langfristige Maßnahmen zu Energiepreisen

Die Energieminister der EU-Staaten beraten am Dienstag (9.00 Uhr) bei einem Sondertreffen in Luxemburg über Maßnahmen gegen die drastisch gestiegenen Energiepreise. Das Thema wurde bereits beim EU-Gipfel vergangene Woche diskutiert und ist der einzige Punkt auf der Tagesordnung. Unter anderem wollen die Minister Vorschläge für langfristige Mittel gegen die Preisschwankungen besprechen.

Die EU-Kommission hatte vor zwei Wochen einen Werkzeugkasten mit Maßnahmen vorgelegt, die Staaten national gegen die hohen Preise einsetzen können – zum Beispiel Steuersenkungen oder Subventionen für kleine Unternehmen. Darüber sind sich die Länder weitgehend einig, mehrere haben solche Maßnahmen bereits umgesetzt.

Eine Gruppe von Staaten – unter anderem Frankreich und Spanien – will jedoch zusätzlich tiefgreifende Maßnahmen auf EU-Ebene, um auch in Zukunft hohe Preise zu vermeiden. Sie haben unter anderem vorgeschlagen, den Großhandelsmarkt für Strom zu reformieren, gemeinsame Gasreserven anzulegen und zusammen Gas einzukaufen.

04:36 Uhr – Drogenbeauftragte der Bundesregierung warnt vor Cannabis-Legalisierung

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, hat die Nachfolger-Regierung vor einer Legalisierung von Cannabis gewarnt. „Zugunsten eines vermeintlichen Zeitgeistes die Gesundheit der Bevölkerung zu riskieren, kann und sollte nicht Ziel der neuen Bundesregierung sein“, sagte die CSU-Politikerin der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag). Regelmäßiger Konsum könne zu schweren psychischen Störungen führen – insbesondere bei Jugendlichen, die sich noch in der körperlichen Entwicklung befänden. „Kiffen ab 18 ist alles andere als harmlos und gibt außerdem keine Antwort auf die Frage nach besserem Jugendschutz“, sagte Ludwig.

Eine Legalisierung von Cannabis ist bei den Parteien umstritten. Im Sondierungspapier einer möglichen Koalition aus SPD, Grünen und FDP gab es dazu keine Angaben. FDP und Grüne sind für einen „Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften“. Die SPD hingegen befürwortet eine „regulierte Abgabe“ an Erwachsene zunächst in Modellprojekten, die von Präventions- und Beratungsangeboten begleitet werden.

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04:01 Uhr – Bundestag konstituiert sich, Steinmeier entlässt Merkel und die Minister

Der am 26. September neu gewählte Bundestag kommt heute zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Traditionell wird sie vom Alterspräsidenten eröffnet. In der ersten Sitzung des Parlaments wird das Bundestagspräsidium gewählt. Als Bundestagspräsidentin vorgeschlagen ist aus der SPD, der stärksten Fraktion, die Abgeordnete Bärbel Bas. Zudem beschließt der Bundestag seine Geschäftsordnung.

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Autorenfoto NEU Johannes Boie Chefredakteur WamS WELT am Sonntag Autorenfoto

Bilanz einer Kanzlerschaft

Vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags findet in der St. Marienkirche in Berlin ein ökumenischer Gottesdienst für die Abgeordneten und Vertreter anderer Verfassungsorgane statt. Am Nachmittag will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den weiteren Mitgliedern der Bundesregierung ihre Entlassungsurkunden übergeben, weil ihre reguläre Amtszeit mit der ersten Sitzung des Bundestags endet. Sie können bis zur Bildung einer neuen Regierung auf Ersuchen des Bundespräsidenten geschäftsführend im Amt bleiben.

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02:00 Uhr – Landes-SPD sieht in Ampelkoalition auch ein Modell für NRW

Thomas Kutschaty, SPD-Chef in Nordrhein-Westfalen und Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl, sieht im Berliner-Ampel-Bündnis weiterhin auch ein Modell für NRW. „Was in Berlin funktioniert, kann auch in NRW klappen. Aber wer weiß, vielleicht reicht es am Ende ja auch für ein Zweierbündnis“, sagte Kutschaty der „Rheinischen Post“. Allerdings sollte man aus seiner Sicht zu solch einem frühen Zeitpunkt „noch nicht so viel über Koalitionen sprechen“. „Wir sind drei verschiedene Parteien“, fügte er hinzu. Schon bei früheren Ampel-Verhandlungen anderer Bundesländer hatte Kutschaty sich offen für ein solches Dreierbündnis auch in NRW gezeigt.

Im Interview hob er Schnittmengen mit beiden Parteien hervor: „Viele Themen, die wir gerade im Bund mit den Grünen und der FDP besprechen, spielen auch in NRW eine Rolle – und wir kommen in Berlin da gerade zu guten Ergebnissen.“ Etwa in der Bildungspolitik vertrete die NRW-FDP mit der Einführung eines Sozialindex und den Talentschulen in benachteiligten Vierteln sozialdemokratische Ansätze.

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