Russland kündigt Feuerpause an – Selenskyj glaubt nicht an „schöne Phrasen“

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Von: Tobias Utz, Lukas Zigo, Daniel Dillmann

Die militärische und humanitäre Lage im Ukraine-Krieg ist noch immer bedrohlich – der News-Ticker am Donnerstag.

  • Vor mehr als einem Monat überfiel Russland* die Ukraine* und startete so den Ukraine-Krieg*.
  • Die Armee von Kreml-Chef Wladimir Putin* kommt vor der Hauptstadt Kiew* nicht voran. Die Verluste steigen. Die Geheimdienste der USA* und der Nato* rechnen mit bereits mit bis zu 15.000 gefallenen russischen Soldaten.
  • Lenkt Moskau* ein? Ein Treffen in der Türkei* könnte dem Frieden im Ukraine-Konflikt* zum Durchbruch verhelfen. Alle Informationen in unserem News-Ticker.

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Update vom Donnerstag, 31.03.2022, 03.45 Uhr: Russland hat eine Feuerpause für die schwer zerstörte südukrainische Hafenstadt Mariupol angekündigt. Die Maßnahme werde am Donnerstag (31.03.2022) um 10.00 Uhr in Kraft treten und solle die Möglichkeit schaffen, Zivilisten über einen humanitären Korridor herauszuholen, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verwarf indessen russische Zusagen einer Reduktion der Angriffe in der Nordukraine und warf ihnen vor, eine neue Offensive im Osten vorzubereiten.

„Damit diese humanitäre Operation erfolgreich ist, schlagen wir eine direkte Beteiligung von Vertretern des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) vor“, hieß es in der russischen Erklärung. Der humanitäre Korridor soll demnach über die unter russischer Kontrolle stehende Stadt Berdjansk ins 250 Kilometer entfernte Saporischschja führen.

Zivilisten sollen über einen humanitären Korridor Mariupol verlassen können. © Evgeniy Maloletka/dpa

Das Ministerium forderte die Regierung in Kiew auf, die „bedingungslose Einhaltung“ der Feuerpause durch eine schriftliche Mitteilung an die russische Seite sowie das UNHCR und das IKRK zu bestätigen. Die ukrainische Armee müsse sich außerdem für die Sicherheit der Buskonvois, in denen die Zivilisten transportiert werden sollen, einsetzen.

Der ukrainische Staatschef Selenskyj sagte jedoch in seiner abendlichen Ansprache: „Wir glauben niemandem, keiner einzigen schönen Phrase“.

Ukraine-Krieg: „Weiteres Kriegsverbrechen“ – Russland bombardiert Lagerhaus des Roten Kreuzes

+++ 22.45 Uhr: Angaben der US-Regierung zufolge hat das russische Militär einen kleinen Teil seiner Truppen rund um die ukrainische Hauptstadt Kiew abgezogen. „Wir haben in den letzten 24 Stunden gesehen, dass ein kleiner Prozentsatz der Truppen, die (…) Russland gegen Kiew in Stellung gebracht hatte, verlegt wurde, wahrscheinlich etwa 20 Prozent der Truppen“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby in Washington. Einige dieser Soldaten seien nach Belarus verlegt worden.

Die ukrainische Hauptstadt sei jedoch weiterhin von Luftangriffen bedroht, sagte Kirby. Er verwies darauf, dass die Bodentruppen rund um Kiew zuletzt ohnehin kaum noch Fortschritte gemacht hätten. Man beobachte, dass das russische Militär nun im Donbass und in der Ostukraine viel aktiver sei. Vonseiten der US-Regierung wird davon ausgegangen, dass die private russische Sicherheitsfirma „Wagner-Gruppe“ sich aktuell mit rund 1000 Söldnern auf die Region konzentriere. Dort setze Russland nun verstärkt auf Luftangriffe.

Ukraine-Krieg: Feuerpause in Mariupol?

+++ 21.30 Uhr: Mariupol ist die ukrainische Stadt, die seit Kriegsbeginn die härtesten Kämpfe sieht. Längst gilt sie als Symbol des ukrainischen Widerstands gegen den russischen Angriffskrieg. Eigenen Angaben zufolge hat Russland für Donnerstag (31.03.2022) eine Feuerpause in der umkämpften Stadt am Asowschen Meer angeboten. Sie soll der Evakuierung von Zivilisten dienen.

„Russlands Streitkräfte erklären – ausschließlich zu humanitären Zwecken – am 31. März ab 10.00 Uhr (09.00 Uhr MESZ) eine Feuerpause“, sagte Generalmajor Michail Misinzew am Abend der Agentur Interfax zufolge. Der vorübergehende Waffenstillstand soll dazu dienen, Zivilisten aus der Hafenstadt erst ins westlich gelegene Berdjansk und dann weiter nach Saporischschja fliehen zu lassen.

Die ukrainische Seite habe bis um 06.00 Uhr am Donnerstagmorgen (05.00 Uhr MESZ) Zeit, um ihrerseits eine Feuerpause zu erklären und darüber Russland sowie die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz schriftlich zu informieren. Russland und die Ukraine hatten sich immer wieder gegenseitig beschuldigt, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren.

Ukraine-Krieg: Russland greift Tschernihiw an

+++ 19.35 Uhr: Russland hat mit neuen Angriffen auf die Stadt Tschernihiw in der Nord-Ukraine Hoffnungen auf eine Entspannung der aktuellen Lage in der Ukraine zunichtegemacht. Entgegen der russischen Zusicherung vom Vortag, die Militäraktivitäten im Norden der Ukraine „radikal“ zu verringern, wurde nach ukrainischen Angaben die Stadt Tschernihiw am Mittwoch (30.03.2022) weiter beschossen.

„Im Moment kann man leider nicht feststellen, dass die Russen die Intensität der Feindseligkeiten in Richtung Kiew und Tschernihiw verringern“, sagte Wadym Denysenko, Berater des ukrainischen Innenministers. Auch der ukrainische Generalstab zeigte sich angesichts der russischen Ankündigungen vom Dienstag zu geringeren Militäraktivitäten bei Kiew und Tschernihiw sehr skeptisch. „Der sogenannte ‚Truppenabzug‘ ist wahrscheinlich eine Rotation einzelner Einheiten, die darauf abzielt, die militärische Führung der ukrainischen Streitkräfte zu täuschen“, erklärte er.

Ukraine-Krieg: Rot-Kreuz-Gebäude getroffen

+++ 19.00 Uhr: Das Lagerhaus des Roten Kreuzes im Zentrum von Mariupol wurde von mindestens zwei Militärschlägen getroffen. Dies bestätigen neue Satellitenbilder von Maxar Technologies. Das Asow-Bataillon – eine Einheit, die als ultranationalistische Miliz begann, inzwischen aber in die ukrainischen Streitkräfte eingegliedert wurde – hatte den Angriff auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlicht.

Als Beweis posteten sie ein Bild des Komplexes. Ein Satellitenbild von Maxar Technologies, welches CNN vorliegt, bestätigt diese Behauptung. Unter Berufung auf zusätzliches Bildmaterial sagte Maxar, das nördliche Ende des Lagerhauses sei irgendwann zwischen dem 19. und 22. März getroffen worden. Ein zweiter Militärschlag auf das südliche Ende des Gebäudes erfolgte zwischen dem 23. und 26. März.

Ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Jason Straziuso, erklärte gegenüber CNN, dass es sich um ein Lager des Roten Kreuzes handelt. „Wir haben kein Team vor Ort, daher haben wir keine weiteren Informationen, auch nicht über mögliche Opfer oder das Ausmaß des Schadens“, sagte Straziuso. Liudmyla Denisova, die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, forderte die Weltgemeinschaft auf, den Beschuss des Gebäudes zu verurteilen. „Dies ist ein weiteres Kriegsverbrechen der russischen Armee in Übereinstimmung mit dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und eine grobe Verletzung der Genfer Konventionen von 1949“, sagte sie.  

Ukraine-Krieg: Russland gruppiert Truppen um

+++ 18.05 Uhr: Russlands Verteidigungsministerium hat eine „Umgruppierung“ seiner Truppen bei den ukrainischen Städten Kiew und Tschernihiw bestätigt. „In den Gebieten Kiew und Tschernihiw findet eine geplante Umgruppierung von Truppen statt“, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Abend in Moskau. Russlands Soldaten hätten dort ihre Hauptaufgaben erfüllt. Das Ziel der Truppenverlegung sei „vor allem der Abschluss der Operation zur vollständigen Befreiung des Donbass“.

Ukraine-Krieg: Russische Soldatenmütter glauben ukrainischen Opferzahlen

+++ 15.45 Uhr: Die Zahlen beider Kriegsparteien zu Opfern im Ukraine-Krieg sind konträr. Während die Ukraine mittlerweile von mehr als 17.000 getöteten russischen Soldaten spricht, erklärt der Kreml, dass es lediglich zwischen 1000 und 1500 seien. In der russischen Öffentlichkeit trauen sich nur wenige den offiziellen Angaben zu widersprechen. Nun hat sich allerdings das Komitee der Soldatenmütter geäußert. Die Vorsitzende Valentina Melnikowa sagte, dass sie die ukrainischen Zahlen für glaubwürdig halte. Quelle von Melnikowas Aussage ist ein Video, das auf Twitter kursiert. Dessen Echtheit wurde von ntv verifiziert. Im Video sagte die Vorsitzende des Komitees der Soldatenmütter unter anderem, dass man sich vor Repressionen in Russland fürchte und deshalb nicht nach den möglicherweise gefallenen Söhnen suchen wolle.

+++ 15.00 Uhr: Neuesten Berichten zufolge soll die russische Armee die Leichen zahlreicher Soldaten in ukrainischen Dörfern zurücklassen. Die zu beklagenden Verluste im Ukraine-Krieg sind demnach sehr hoch.

+++ 14.30 Uhr: Nachdem Russland am Dienstag angekündigt hatte die Regionen um Tschernihiw und Kiew deutlich weniger zu bombardieren, haben sich in der Nacht auf Mittwoch abermals Attacken ereignet. Der Bürgermeister der Stadt Tschernihiw erklärte auf Telegram, dass enorme Schäden verursacht worden seien. Gegenüber CNN sprach er von einem „kolossalen Angriff“. „Sie haben die Intensität der Angriffe tatsächlich erhöht.“

+++ 13.45 Uhr: Die russische Luftwaffe hat mit Bombardierungen offenbar ein Gebäude des Roten Kreuzes in der Hafenstadt Mariupol getroffen. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Informationen zuständiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „In Mariupol zielten die Besatzer auf das Gebäude des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz“, erklärte die ukrainische Ombudsfrau Lyudmyla Denisova in einer Erklärung.

+++ 13.15 Uhr: Russische Streitkräfte haben nahe des stillgelegten Atomkraftwerks Tschernobyl offenbar ein Munitionslager errichtet. Das erklärte die ukrainische Vizepräsidentin Iryna Wereschtschuk laut einem Bericht des Nachrichtenportals Kyiv Independent am Mittwoch. Die ukrainische Regierung befürchtet Explosionen am stillgelten AKW (s. Update v. 09.30 Uhr).

+++ 12.45 Uhr: Mindestens vier Millionen Menschen sind laut UN-Angaben seit dem 24. Februar aus der Ukraine geflohen. 2,3 Millionen davon befinden sich mittlerweile in Polen. Auch in Deutschland kommen zahlreiche Geflüchtete aus der Ukraine an. Dabei kommt es unter anderem zu Diskriminierung geflüchteter Roma, wie ein Fall aus Mannheim zeigt.

Ukraine-Krieg: 64 Militärobjekte laut Kreml zerstört

+++ 11.30 Uhr: Laut Informationen aus Moskau sollen 64 militärische Objekte der ukrainischen Armee innerhalb von 24 Stunden zerstört worden sein. Davon sollen unter anderem zwei Munitionslager in der Region Donezk betroffen sein. Das berichtet ein Sprecher des russischen Verteidigungsministerium. Die Ukraine hätte zudem mehrere Flugabwehrsysteme der Typen „S-300“ verloren.

+++ 11.15 Uhr: In der Hafenstadt Mariupol, welche seit Wochen durch russische Truppen belagert werden, sollen 70 Menschen gewaltsam aus einer Klinik verschleppt worden sein. Sie lagen und befanden sich laut einem Bericht der Stadtverwaltung auf der Entbindungsstation. Das berichtet die Verwaltung auf Telegram. „Mehr als 70 Personen, darunter Frauen und medizinisches Personal, wurden von den Besatzern der Entbindungsstation Nr. 2 gewaltsam abtransportiert“, heißt es im Statement. Insgesamt seien bereits mehr als 20.000 Menschen aus Mariupol gewaltsam nach Russland gebracht worden.

Ukraine-Krieg: Russland fährt wohl Einkesselungstaktik in Ostukraine

+++ 10.45 Uhr: Russland verlegt offenbar weitere Truppen in die Ostukraine. Das erklärte Olexij Arestowytsch, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, im ukrainischen TV. Laut Arestowytsch solle das verhindern, dass die Ukraine ihrerseits die Streitkräfte im Osten des Landes stärken könne. Dahinter stecke eine Einkesselungstaktik, so der Selenskyj-Berater. Die Aussage lässt sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ 10.15 Uhr: Entgegen der angekündigten Reduktion der militärischen Aktivitäten in der Nordukraine ist die Stadt Tschernihiw nach ukrainischen Angaben die Nacht über weiterhin von russischen Streitkräften angegriffen worden. „Tschernihiw wurde die ganze Nacht bombardiert“, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Tschaus am Mittwoch im Onlinedienst Telegram mit. Die Angriffe erfolgten demnach mit Artillerie und Flugzeugen. In Tschernihiw sei zivile Infrastruktur zerstört worden und die Stadt sei noch immer ohne Wasser und Strom, erklärte Tschaus. Die russische Armee habe auch die nahegelegene Stadt Nischyn angegriffen. Tschernihiw und die gleichnamige Region liegen nordöstlich der Hauptstadt Kiew.

Ukraine-Krieg: Drei neue Fluchtkorridore im Südosten

+++ 10.00 Uhr: Im Südosten der Ukraine sollen heute drei neue Fluchtkorridore geöffnet werden. Das erklärte Iryna Wereschtschuk, stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes. Dabei handle es sich um Routen aus den Städten Berdjansk und Melitopol. Hinzu kommt demnach ein Korridor aus Enerhodar.

+++ 08.45 Uhr: Einer Einschätzung des britischen Geheimdienstes zufolge sollen russische Streitkräfte in Belarus neu ausgestattet werden. Der Geheimdienst geht offenbar davon aus, dass auf diese Weise die schweren Verluste Russlands kompensiert werden sollen. „Das erhöht den Druck auf Russlands ohnehin angeschlagene Logistik und zeigt die Schwierigkeiten, die Russland bei der Neuorganisation seiner Einheiten in Kampfgebieten in der Ukraine hat“, heißt es in einem Lagebericht.

Ukraine-Krieg: Kämpfe gehen weiter

+++ 08.00 Uhr: Die Kämpfe in Teilen der Ukraine gehen weiter. Bei einem russischen Angriff auf die Regionalverwaltung in der südukrainischen Stadt Mykolajiw am Dienstag (29.03.2022) sind nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mindestens sieben Menschen getötet und 22 weitere Menschen verletzt worden. Derzeit werden die Trümmer noch auf der Suche nach weiteren Opfern durchkämmt, sagte Selenskyj am Dienstag in einer Videobotschaft vor dem dänischen Parlament. Mykolajiw liegt im Süden der Ukraine zwischen Odessa und Cherson und steht seit Wochen unter russischem Beschuss, zuletzt hatten die Angriffe auf die Stadt jedoch nachgelassen.

Erstmeldung vom Mittwoch, 30.03.2022, 04.15 Uhr: Die ukrainische Militärführung betrachtet den Abzug russischer Truppen aus den Fronten nördlich von Kiew nur als Umgruppierung. Der „sogenannte Truppenabzug“ sei eher eine Rotation von Einheiten, mit der die ukrainische Militärführung werden solle, teilte der ukrainische Generalstab in der Nacht zum Mittwoch mit. Auch solle damit ein falsches Bild von dem angeblich eingestellten Plan zur Einkesselung Kiews geschaffen werden.

(dil/tu/lz mit AFP/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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