Polizei verbietet Demo auf Autobahnbrücke – Protestzug am Nachmittag

Nahe dem Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin gehen die Proteste gegen den US-Elektroautobauer am Samstag weiter. „Wir sind sensibilisiert“, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. Ein Bürgerbündnis plant für den Nachmittag einen Protestzug vom Bahnhof Fangschleuse zur Tesla-Fabrik. Man hoffe auf einen friedlichen Verlauf, teilte die Brandenburger Polizei auf den Plattform X mit.

Auf der Autobahn 10 wurde die Anschlussstelle Freienbrink wegen der Proteste nach Angaben der Polizei in beide Fahrtrichtungen gesperrt. Die Behörde riet dazu, den Bereich weiträumig zu umfahren. Zudem sei eine angemeldete Demonstration auf der Autobahnbrücke an der A10-Anschlussstelle Freienbrink aus „gefahrenabwehrenden Gründen“ verboten worden, teilte die Polizei mit. Zunächst war die Lage in der Nacht und am Samstagmorgen laut Polizeiangaben ruhig geblieben.

Um 12 Uhr startete am Samstag im Camp der Gruppierung „Disrupt Tesla“ eine Pressekonferenz. Aus Berlin Kommenden wurde die Anreise erschwert: Alle zum Tesla-Gelände führenden A10-Ausfahrten wurden weiträumig gesperrt, der Schleichweg über Rüdersdorf, Waltersdorf und Erkner blieb aber offen.

Pressekonferenz im Protestcamp von „Disrupt Tesla“.

© Alexander Conrad.

Schon am ländlichen Bahnhof Fangschleuse waren vereinzelt Diskussionen zwischen Polizisten und Demonstranten zu hören. Auf dem Weg zum Protestcamp waren viele junge Protestteilnehmer zu sehen, aber auch einige höheren Alters, die ihren Campingrucksack umgeschnallt und sich der Bewegung angeschlossen haben. Ein wenig wirkte es, als wäre heute Wandertag.

„Was ist denn eigentlich für heute geplant?“, fragte ein Medienvertreter bei der Pressekonferenz. Der Fokus beim heutigen Protestzug liege auf „Musik und Redebeiträgen“, versicherte eine Sprecherin von „Disrupt Tesla“.

Das sind junge Menschen, die sich noch richtig für etwas einsetzen. Schön, dass es so etwas noch gibt.

94-jährige Anwohnerin über die Proteste gegen Tesla

„Habt Verständnis füreinander. Dieses Camp ist ein Gewinn für die gesamte Region“, beschwichtigte ein weiterer Sprecher und zielte damit auf Bahnverbindungen, die durch vorangegangene Demonstrationen aufgefallen waren. Am Ende der Pressekonferenz wurde ein etwa 50 Meter langes und drei Meter hohes Banner aufgezogen. Eine Campbewohnerin rief über den Platz, dass die Polizei bei den Toiletten Vermummte aus der Menge ziehe und ihre Personalien aufnehme.

Ein riesiges Banner wurde im Protestcamp aufgezogen.

© Alexander Conrad

„Ich finde es herrlich, was hier passiert, es erinnert mich an meine Jugend“, schwärmte eine 94-jährige Anwohnerin, als sie das Protestcamp mit ihrem Rollator passierte. „Das sind junge Menschen, die sich noch richtig für etwas einsetzen. Schön, dass es so etwas noch gibt.“

Chaotische Szenen am Freitag

Zuvor hatten Aktivisten am Freitag versucht, auf das Werksgelände von Tesla vorzudringen. Einsatzkräfte verhinderten das, hieß es von der Polizei am Freitagnachmittag. Die Protestlage rund um das Werk in Grünheide in der Nähe von Berlin schilderten die Einsatzkräfte zwischenzeitlich als sehr dynamisch.

Bis zum Abend waren 16 Personen in Gewahrsam genommen worden. Anzeigen wurden unter anderem wegen Widerstandshandlungen, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz sowie Hausfriedensbruch aufgenommen. Die Polizisten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Laut der Polizei Brandenburg wurden mehrere Personen verletzt, davon 21 Einsatzkräfte der Polizei.

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Es waren mehrere Kleingruppen von Demonstranten rund um das Gelände unterwegs, sagte ein Polizeisprecher am Vormittag. Auf dem Parkplatz vor dem Tesla-Werk standen laut Polizei mehrere Wasserwerfer sowie ein Räumpanzer. Diese seien zunächst aber nicht eingesetzt worden. Die Polizei war mit zahlreichen Kräften vor Ort.

Die aktivistische Plattform „The Brake“ veröffentlichte am frühen Nachmittag ein Video, auf dem eine größere Menschenmenge zu erkennen ist, die teils vermummt in Richtung des Tesla-Werks rennt. Es sind in der Menge auch Einsatzkräfte der Polizei mit Schutzhelmen und Schlagstöcken zu sehen. In einem weiteren Video sind Polizisten zu erkennen, die mit Tränengas gegen einzelne Aktivistinnen und Aktivisten vorgehen.

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Eine Sprecherin sowie ein Sprecher verschiedener beteiligter Protestgruppen kritisierten ein „unverhältnismäßig rabiates“ Vorgehen der Polizei. Diese war mit einem Großaufgebot im Einsatz, darunter Hundertschaften aus mehreren Bundesländern.

Ein Polizeisprecher wollte am Nachmittag zunächst keine genaueren Angaben zu der Zahl von Demonstranten machen. Es habe Festnahmen gegeben und strafrechtliche Ermittlungen würden eingeleitet, so der Sprecher, ohne Genaueres mitzuteilen. Eine Blockade der Landstraße 23 nahe Fangschleuse war als Spontanversammlung zugelassen worden. Rund 70 Personen blockierten dort die Fahrbahn sowie die Abfahrt der Autobahn A10, teilte die Polizei mit. Einige Aktivistinnen und Aktivisten klebten sich auf der Straße fest, andere legten Baumstämme als Hindernisse auf die Straße. 

Auch eine Aktion am Flugplatz Neuhardenberg östlich von Berlin, die laut des Sprechers als Spontanversammlung gewertet wurde, wurde von der Polizei begleitet. Dort waren zuvor Vermummte erschienen und hatten Pyrotechnik gezündet. Laut Polizeiangaben überstiegen mehrere, teils vermummte Personen den Zaun zum Flugplatz und beschädigten 24 Tesla-Fahrzeuge mit Farbe. Es kam dort im Anschluss zu einer Sitzblockade. Ferat Koçak, Abgeordneter der Linke im Berliner Parlament, veröffentlichte auf X ein Video, auf dem eine am Boden sitzende Gruppe vor Einsatzkräften der Polizei ein Banner mit der Aufschrift „Tesla Zerschlagen!“ in die Luft hält.

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Am Nachmittag beruhigte sich die Lage vorerst. Eine große Zahl der Aktivistinnen und Aktivisten habe den Rückweg auf der Landstraße ins Protestcamp angetreten, sagte ein Polizeisprecher. Dabei kam es einem dpa-Reporter zufolge immer wieder zu Rangeleien mit der Polizei und vereinzelten Festsetzungen.

Eine Sprecherin sowie ein Sprecher verschiedener beteiligter Protestgruppen schilderten auf Anfrage ebenfalls, dass Demonstranten den Wald am Gelände wieder verlassen hätten. Von dort aus hatten sie zuvor versucht, auf das Firmengelände vorzudringen. Die Polizei konnte dies eigenen Angaben zufolge verhindern.

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Um 13.50 Uhr teilte die Brandenburger Polizei auf X mit, dass die Bahnstrecke am Bahnhof Fangschleuse wieder frei sei. Die Strecke zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) war zuvor gesperrt worden, weil sich Aktivisten auf Gleise gesetzt hatten.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) kritisierte die Vorgänge in Grünheide am Freitag. „Gegen friedlichen Protest ist nichts einzuwenden und die Bürgerinnen und Bürger müssen ihrer Meinung Ausdruck verleihen können“, teilte er mit. „Das ist zentraler Bestandteil unserer Demokratie.“ Wenn die Versammlungsfreiheit von radikalen Gruppen missbraucht werde und die Proteste eskalierten, schade das hingegen der Demokratie und beschädige nicht zuletzt das Ansehen der Menschen, die friedlich und gewaltfrei demonstrierten. 

Auch in Berlin Proteste gegen Tesla

Die Polizei hatte im Vorfeld versucht, das Gelände des einzigen Tesla-Werks in Europa weiträumig abzuschirmen, mehrere Autobahnausfahrten waren gesperrt.

In Berlin demonstrierten ebenfalls am Freitag Aktivistinnen und Aktivisten der Bewegung Robin Wood vor dem Einkaufszentrum Mall of Berlin gegen den US-Autobauer. „Saubere Autos sind eine dreckige Lüge!“ stand auf dem Banner, das die Protestierenden am Freitagmorgen dort hochhielten. In der Mall of Berlin befindet sich ein Tesla-Ausstellungsgeschäft. Die Aktivisten stellten vor dem Einkaufszentrum zudem ein Dreibein – ein großes Stativ – auf, an dem sich ein Kletterer festmachte.

Seit Mittwoch haben Tesla-Gegner zu Aktionstagen gegen den Autobauer im brandenburgischen Grünheide aufgerufen. Hintergrund ist die geplante Erweiterung des Werks.

FDP-Landeschef Zyon Braun verurteilte die Aktionen der Aktivisten. „Unser Rechtsstaat muss friedliche Demonstranten schützen, aber entschieden gegen den Krawall-Tourismus vorgehen. Wer Polizisten angreift, Pyrotechnik zündet, Gleise besetzt oder versucht, auf das Werksgelände zu kommen, muss daran gehindert und zur Verantwortung gezogen werden“, teilte Braun mit. Er forderte alle friedlichen Demonstranten dazu auf, sich von den gewaltbereiten Aktivisten zu distanzieren. 

Tesla-Beschäftigte im Homeoffice

Tesla wollte am Freitag die Beschäftigten im Werk Grünheide bei Berlin inmitten der Proteste nur von zu Hause aus arbeiten lassen. Der Elektroauto-Hersteller betonte zugleich, der freie Brückentag nach Himmelfahrt sei bereits im Januar der Belegschaft angekündigt worden.

„Dass am Brückentag also nicht produziert wird, hat nichts mit den Protesten zu tun“, sagte eine Sprecherin am Dienstag. Man habe aber mit Blick darauf beschlossen, „dass die übrige Belegschaft im Homeoffice arbeitet“. Zum Verlauf der Proteste äußerte sich das Unternehmen am Freitag auf Anfrage zunächst nicht.

Der US-Autohersteller hatte im März nach einem Brandanschlag auf einen Strommast die Produktion in seiner Fabrik im brandenburgischen Grünheide einige Tage stoppen müssen. Zu der Tat hatte sich eine linksextremistische Gruppe bekannt. Zudem waren in der Vergangenheit an verschiedenen Orten immer wieder geparkte Teslas in Flammen aufgegangen.

Ganz in der Nähe des Autowerks in Grünheide protestieren seit Ende Februar Klimaaktivisten in einem Camp mit Baumhäusern gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes und die Rodung von Wald. Die Polizei will erreichen, dass die Baumhäuser abgebaut werden. Derzeit läuft deshalb noch ein Rechtsstreit. (mit dpa)


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