Polar Ignite 3 im Test: Stärken und Schwächen der GPS-Fitnesswatch

Wohin führt der Weg der Laufuhr-Pioniere von Polar? Mit ihrer Ignite 3 wollen die Finnen auf dem boomenden Fitnessmarkt Fuß fassen und verlorenen Boden gutmachen. Ein kniffliges Unterfangen. Der stern hat die neue GPS Smart- und Wellness Watch getestet.

Sie waren Vordenker und Vorreiter auf ihrem Terrain. In den 1980er und 90er Jahren machte der finnischen Sportuhren-Marke Polar im Bereich von Wearables für Ausdauerathleten wie Läufer oder Radfahrer keiner etwas vor. Heute, mehr als 30 Jahre später, findet sich Polar in der Rolle des Verfolgers wieder, um im Bild des Laufsports zu bleiben. Die Smartwatch-Giganten aus den USA und Asien haben die Skandinavier überrannt und abgehängt. Abgesehen von kleinen, sehr spezifischen Funktionen können Apple Watch, Galaxy Watch & Co. alles, was die Flaggschiffe aus dem Hause Polar können. Und mehr.

Seit Jahren tüftelt man im hohen Norden schon an innovativen Ideen und Produkten, um den verlorenen Boden nach und nach wieder gut zu machen. Bisher mit überschaubarem Erfolg. Die Ignite 3 ist der nächste Versuch, auf dem hart umkämpften Markt rund um Fitnesstools, GPS-Tracking und Gesundheits-Monitoring einen Zeh in die Tür zu bekommen. Wie schlägt sich die Fitness- und Wellness Watch im Alltag, beim Sport, des Nachts und im Vergleich zur enteilten Konkurrenz? 

Fun Fact: 2013 stellte Polar mit der RC3 GPS seine erste Uhr mit integriertem GPS vor. Erst drei Jahre später kam die Apple Watch der zweiten Generation auf den Markt, die erste mit integriertem GPS. Als “bis ins Kleinste durchdachten Trainingsbegleiter” adelten Fachzeitschriften den beliebten RC3 damals. 

Display, Armband, Gehäuse: Das Auge trainiert mit

Kommen wir zunächst zum ersten und äußeren Eindruck der Ignite 3. Unser Testmodell kam in einem schlichten, ja fast schon eleganten Night Black. Die von Polar als Fitness- und Wellness Smartwatch vermarktete Uhr ist bemerkenswert flach und erinnert nicht nur an dieser Stelle etwas an die ebenfalls 2022 vorgestellte Google Pixel Watch. Eher lieblos (dafür bei Nichtgefallen aber im Handumdrehen austauschbar) kommt das Armband daher, das die Uhr am Handgelenk hält. Das Anlegen empfanden wir auch im zehnten Anlauf als unnötig umständlich. Statt es wie üblich mit kleinen Schlaufen zu fixieren, fädelt man das Ende des Silikonbands hinter der Schnalle nach unten durch und fummelt es dort so zurecht, dass es beim Sport nicht stört.

Doch zurück zum Gehäuse. Hier findet man an der linken Seite mittig einen schwarzen Button, den einzigen Bedienknopf an der Ignite 3. Alles Weitere kann über das 43 x 43 Millimeter kleine Touch-Display gelöst werden. Der dezent gerahmte AMOLED Screen kommt im Durchmesser auf 1,28 Inch, was einer Anzeigegröße von etwa 3,25 Zentimetern entspricht und für den Alltagsgebrauch aus unserer Sicht völlig okay ist. Und das AMOLED-Display ist zweifellos eins der Highlights dieser Uhr. Es löst mit 416 x 416 Pixeln auf. Und das ist – mindestens in der Polarwelt – ein Quantensprung. Die Vantage V2, eins der Flaggschiffe der Finnen, kommt mit seinem MIP-Display nur auf 240 x 240 Pixel. Auch sonst muss sich die dritte Generation der Ignite mit diesem Display vor keinem Mitbewerber verstecken. Intensiv und gestochen scharf leuchten die kleinen Dioden. So war unser Lauftest bei trübem Dezemberwetter für die Uhr ein Kinderspiel. Doch auch bei direkter Sonneneinstrahlung dürften die Zahlen und Infos auf dem durch Corning-Gorilla-Glas geschützten Display jederzeit gut zu erkennen sein.

Nichts Neues gibt’s auf der Rückseite: Wie bei den beiden im Sommer vorgestellten Pacer-Modellen erfassen zehn LEDs und vier optische Sensoren über die Haut unter anderem Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung, die später über die Polar Flow App ausgespuckt und ausgewertet werden können. Lobenswert: Auch die Aufnahme für das Ladekabel ist identisch mit der Pacer-Serie. Und zu guter Letzt müssen wir noch über das Gewicht sprechen. Auf schlanke 35 Gramm haben die Entwickler die Ignite 3 getrimmt. Damit liegt die “kleine Schwarze” (die auch in den Kombis Kupfer/braun, Gold/beige und Violett erhältlich ist) auf dem Niveau des Vorgängermodells und zumindest in dieser Kategorie auf Augenhöhe mit Samsungs Galaxy Watch 5 (44 mm) und der Apple Watch Series 7 (41 mm). Das geht allerdings zu Lasten des Akkus. Mit aktivem GPS und permanenter HF-Überwachung geht dem nach knapp zwei Tagen die Puste aus.

Polar Ignite 3: Die technischen Daten (laut Hersteller)

Polar Ignite 3

Gewicht

35 g

Akku-Laufzeit

Trainingsmodus (GPS + HF): max. 30 Stunden

Uhrenmodus: bis zu 5 Tage

Displaygröße

43 mm Durchmesser

Auflösung: 416 x 416 px

Akku

220 mAh (Lithium-Polymer)

Armband/Verschluss

Silikon/Edelstahl

Größe S-L (135-210 mm Handgelenksumfang)

kompatible Apps

z.B. Polar Flow, Strava, Training Peaks, Straava, Komoot

Farben

Black, Copper-Brown, Gold-Greige, Lilac-Purple

UVP

329 Euro

Die Bedienung: Navigieren durch Probieren

Wie bereits angedeutet, geht ohne Tippen und Wischen bei der Ignite 3 nichts. Oder zumindest nicht viel. Der Button auf der linken Seite ist eher eine Art Notausgang, um zurück ins Hauptmenü oder zumindest einen Menüschritt zurück zu kommen, wenn das Touchdisplay mal seinen Dienst versagt. Erstaunt waren wir darüber, dass sämtliche Trainingseinheiten weiter ausschließlich über diesen Button am Gehäuse beendet und gespeichert werden können oder besser: müssen. Starten muss man das Work-out dagegen mit einem beherzten Klaps aufs gekrümmte Gorilla Glas. Zu guter Letzt braucht man den Knopf an der Seite noch, um die Uhr mit der Polar Flow App zu koppelt und die Daten zu synchronisieren. Auch das kennt der geneigte Polar-User schon.

Und leider erfordert das Display abseits von Läufen, Radausfahrten und einer anderen der mehr als 100 möglichen Aktivitäten nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern immer wieder auch zu viel Geduld. Trotz des laut Polar im Vergleich zum Vorgänger doppelt so schnellen Prozessors und sieben Mal mehr internem Speicher vergehen beim Swipen nicht selten locker zwei Sekunden Rechenzeit bis der gewünschte Screen angezeigt wird. Ähnlich verzögert reagierte die Ignite 3 in unserem Test beim Drücken des Stopp- und Zurück-Buttons. Auch die Navigation bleibt bei den Touchscreen-Modellen von Polar schwierig. Rechts, links, hoch oder runter? Navigieren durch Probieren. Hier ist noch viel Luft nach oben. Kleine optische Hilfen in welche Richtung es weitergeht, könnten hier schon helfen. 

Schlafen und Trainieren mit der Polar Ignite 3

Wir haben uns im Test der Ignite 3 auf zwei Kernfunktionen konzentriert. Polar hat das Schlaftracking um eine sogenannte Sleep-Wise-Funktion erweitert. Damit soll ermittelt werden, welchen konkreten Einfluss der Nachtschlaf und alle anderen im Tagesverlauf aufgezeichneten Messwerte auf das Energielevel des Trägers haben. An sich eine geniale Idee. Doch wie konkret und vor allem alltagstauglich sind die (Trainings-)Empfehlungen, die die Ignite 3 via Polar Flow App auf dem Smartphone ausspuckt? Und wo wir gerade bei Training sind: Was kann das überarbeitete Dual-Frequenz GPS der Ignite 3? Auch hier verspricht Polar eine höhere Genauigkeit und weniger Störungen durch Gebäude oder natürliche Hindernisse wie Bäume. Der durchschnittliche Positionsfehler soll um den Faktor 2 verringert worden sein. 

Polar Ignite 3 im Test: Display mit Anzeige zum Schlafstatus

Na, wie haben wir denn heute Nacht geschlafen? Wer die Ignite 3 in der Nacht trägt, bekommt das direkt nach dem Aufstehen weiß auf schwarz angezeigt.

© stern.de / Jan Sägert

Schlaftracking

Im Test wurde die Ignite 3 knapp drei Wochen lang auch über Nacht am Handgelenk getragen. Im Vergleich zu Mitbewerbern wie der robusten T-Rex 2 von Amazfit verhält sich das Polar Wearable beim Schlafen erfreulich unauffällig. Das geringe Gewicht und der flache Aufbau machen sich hier positiv bemerkbar. Wie andere Modelle erkennt auch die Ignite 3 automatisch, wann sich der Träger zur Ruhe begibt. Beim Aufstehen kann man ihr ein wenig auf die Sprünge helfen und per Touch bestätigen, dass man sich aus den Kissen gehievt hat. Ansonsten schafft sie auch das recht zuverlässig selbst. Und spuckt sogleich die ersten Analysen aus. Hier unterscheidet sie sich noch nicht wirklich vom Pacer Pro und anderen smarten Wearables.

Auf einer Skala von -10 bis +10 können Schlaf- und ANS-Status abgelesen werden. Aus diesen beiden Werten ermittelt der Mini-Computer den Nightly Recharge, also einen Wert, der angeben soll, wie gut oder schlecht sich das Nervensystem und der Körper im Allgemeinen von den psychischen und physischen Belastungen am Vortag erholt haben. In unserem Test korrelierte dieser Wert im Wesentlichen mit dem subjektiven Gefühl des Testers. So bewertete die Uhr am Morgen nach einem harten Wettkampf den Nightly Recharge als “sehr gering”. Wer hätte das gedacht? Auch bei vergleichsweise kurzer Schlafdauer (fünf Stunden oder weniger) attestierte die Ignite 3 morgens eine virtuelle Akkuladung im tiefroten Bereich. Das alles ist nicht neu und auch nicht überraschend.

Polar Ignite 3 im Test: Polar Flow App SleepWise Screenshot

In diesem Diagramm zeigt die Polar Flow App unter anderem auf, zu welcher Tageszeit der Energieschub durch den Schlaf am größten ist.

© stern.de /Jan Sägert

Doch was ist mit der geheimnisvollen SleepWise-Funktion, die Polar der Ignite 3 spendiert hat? Die macht im Grunde nichts anderes als aus Nightly Recharge und dem individuellen Schlaf- Wach-Rhythmus einen sogenannten Boost-Wert zu kreieren. In einem Balkendiagramm bekommt man es dann hell- oder dunkelgrün auf weiß. In unserem Fall signalisierte die App an einem der Testtage, dass zwischen 17 und 19 Uhr kognitive und physische Höchstleistungen am wahrscheinlichsten seien (siehe Grafik oben). Wirklich überprüfen konnten wir das nicht. Vermutlich hätte sich das Training gut angefühlt. Dass viele Menschen zwischen 16 und 19 Uhr am leistungsfähigsten sind, ist nämlich keine neue Erkenntnis. Das zweite kleine Zeitfenster öffnet sich Sportwissenschaftlern zufolge ab etwa elf Uhr vormittags. Irgendwie vorhersehbar errechnete die Ignite 3 im Testzeitraum wiederholt auch für diese Tageszeit ein vergleichsweise hohes Energielevel. Dummerweise kollidieren die beiden Peaks im Biorhythmus allzu häufig mit dem Joballtag. Daran können auch das Schlaftracking einer Sportuhr und die damit verknüpften Algorithmen nichts ändern.

Immerhin wies die Ignite 3 unterschiedliche Boost-Level aus, die je nach Schlafmenge und der Analyse einiger anderer Parameter durchaus variierten. Am grundsätzlichen Problem des Schlaftrackings per Smartwatch ändert das aber nichts. Per App oder Uhr zu erfahren, dass man besonders gut oder außerordentlich schlecht geschlafen hat, ist zwar nett – in den allermeisten Fällen aber wenig hilfreich. Oder besser: Um die Schlafqualität zu verbessern oder die im Schlaf gesammelten Energie-Boosts möglichst effizient zu nutzen (denn darum geht es doch eigentlich), reicht selbst der cleverste Schlaftracker am Handgelenk nicht aus. Und so ist die SleepWise-Funktion der Ignite 3 zwar smart und datenreich – die ganz große neue Erkenntnis konnten wir in unserem Test daraus aber nicht gewinnen. 

Polar Ignite 3 im stern-Test: Screenshot aus der Polar Flow App

Ein Blick auf das GPS-Tracking der Polar Ignite 3 zeigt die gelaufene Strecke. Es fällt auf, dass die roten Linien trotz identischem Hin- und Rückweg immer wieder auseinanderdriften.

© Polar Flow App (Screenshot)

GPS-Tracking mit der Polar Ignite 3

Nun ist die Ignite 3 nicht nur als Bodyguard für die Nacht konzipiert. Daneben (oder hauptsächlich?) soll sie ein Auge auf die Fitness des Trägers haben. Die kleine Schwarze dokumentiert jeden Schritt, zählt jede Stufe und misst permanent die Herzfrequenz am Handgelenk, wenn man das wünscht. Und wie immer gilt: Bewegung ist der Schlüssel fürs nächste Fitnesslevel. Bei unserem Lauftest (knapp 90 Minuten bei etwa fünf Grad minus) schlug sich die Ignite 3 wacker. Die eisigen Temperaturen steckte sie locker weg. Die wichtigsten Parameter zeichnete sie sicher auf. Auch die Bluetooth-Verbindung zu Smartphone und Kopfhörern war stabil. Vor allem im Winter hilfreich: Je nach Voreinstellung bekommt man während des Work-outs die wichtigsten Parameter, also zum Beispiel die Herzfrequenz oder die Zeit für den letzten gelaufenen Kilometer, bequem aufs Ohr. Weniger begeistert hat uns das GPS-Tracking, ohnehin ein Sorgenkind von Polar.

Trotz der präziseren Multiband-Technologie an Bord spuckte die Flow App teils deutlich von der Route abweichende Streckenabschnitte aus. Besonders auffällig war das in unserem Test bei einem kurzen Lollipop-Lauf, der aus einem Hinweg, einer kurzen Wendeschleife und dem identischen Rückweg bestand. Das Gelände war überwiegend offen, eigentlich also ein Elfmeter für den Dual-Band-Chipsatz aus dem Hause Sony, der in der Ignite 3 verbaut wurde. Trotzdem führte die dargestellte Route teils auf der gegenüberliegenden Straßenseite entlang. Zudem wichen die Linien von Hin- und Rückweg an einigen Stellen deutlich voneinander ab. Gegen den Polar Pacer Pro (kein Multiband GPS) hatte die Ignite 3 im direkten Vergleich aber die Nase vorn.

Fazit

Die Polar Ignite 3 lässt uns ein wenig ratlos zurück. Überzeugt haben uns die elegante Optik und das schnörkellose Design des Leichtgewichts. Auch beim AMOLED-Touch-Display hat Polar voll ins Schwarze getroffen. Dazu ist das Wearable bis knapp unters robuste Gorilla-Glas mit fast allen Funktionen ausgerüstet, die eine GPS-Sportuhr heutzutage mitbringen muss. Von den Mitbewerbern abheben, will sich Polar mit der sogenannten SleepWise-Funktion. Auf ein neues Level hebt man das Schlaftracking damit aus unserer Sicht nicht. Noch nicht. Ein von Polar angekündigtes Update soll folgen und mit ihm noch konkretere Trainingsempfehlungen.

Das GPS-Tracking der Ignite 3 ist solide. Für Hobbyläufer:innen und Fitness affine Athlet:innen sind die Abweichungen irrelevant. Größter Schwachpunkt ist aus unserer Sicht aber der rätselhaft behäbige Prozessor, der die Freude an der insgesamt smarten Fitnesswatch trübt. Dass man beim Navigieren durch die Menüs teils zwei Sekunden Däumchen drehen kann, ist indiskutabel. Zu guter Letzt grübeln wir noch, wem die Ignite 3 auf dem Sprung in nächste Fitnesslevel tatsächlich helfen kann. Und es fällt uns auch nach einigen Nächten Bedenkzeit schwer, eine Zielgruppe zu definieren.

Die Polar Ignite 3 ist ein schlanker, eleganter und unauffälliger Bodyguard für aktive Menschen, die gern mehr über ihre Work-Life-Balance erfahren möchten. Wer sich auf die Trainingsempfehlungen einlassen kann und Spaß an umfangreichen Schlaf- und Work-out-Analysen hat, bekommt bei Polar ein zuverlässiges Produkt ans Handgelenk.

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