Niger: Putsch bereitet der Bundeswehr Sorgen – Politik

Für die Bundeswehr kommt der Putschversuch in Niger zur Unzeit. Der Lufttransportstützpunkt Niamey im Südwesten des Landes, 240 Kilometer von der Grenze zu Mali entfernt, ist bisher die logistische Drehscheibe für die Versorgung und den Rückzug der Soldaten, die im Rahmen der Minusma-Mission im Nachbarland Mali stationiert sind.

Da Malis Militärregierung den Abzug aller rund 12 000 UN-Friedenssoldaten bis spätestens Frühjahr 2024 fordert, laufen längst die Abzugsvorbereitungen – von Gao per Luftweg über den Stützpunkt Niamey. Das Personal der Deutschen Botschaft in Niger wurde nach Schüssen in der Nähe aus Sicherheitsgründen an den Bundeswehrstützpunkt in Niamey verlegt und arbeitet von dort weiter. Dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam zufolge befinden sich derzeit rund 100 Bundeswehrsoldaten im nigrischen Niamey und rund 1000 in Mali.

Waffen und Material der Bundeswehr müssen schnell aus Mali raus

In Niger beteiligt sich die Bundeswehr zudem an der neuen militärischen EU-Partnerschaftsmission EUMPM. Das westafrikanische Land wurde bisher als Schlüsselpartner in der Region angesehen, auch um Fluchtbewegungen Richtung Europa zu verringern. Bisher galt vor allem Mali nach dem dortigen Militärputsch vor zwei Jahren zunehmend als großes Problem. Nun aber hat sich das Militär Nigers gegen die rechtmäßige politische Führung gewandt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits Mittwochabend mit Nigers Staatspräsident Mohamed Bazoum telefoniert. Er habe sich über seine persönliche Lage informiert, die Situation vor Ort in Niamey und ihm Deutschlands Solidarität mit der ersten demokratisch gewählten Regierung in Niger übermittelt, hieß es in Regierungskreisen. Da die Einsätze in den Nachbarländern Niger und Mali zusammenhängen, ist die Besorgnis in Berlin spürbar.

Über Niamey soll etwa mit Militärtransportern vom Typ A400 M auch das Militärmaterial zurückgebracht werden, Soldaten können notfalls auch direkt aus Mali nach Deutschland ausgeflogen werden. Da vermieden werden soll, dass dem malischen Militär Waffen- und anderes Militärmaterial der Bundeswehr in die Hände fällt, wird in Bundestagskreisen betont, dass es zerstört werden könnte, wenn man es nicht schnell genug außer Landes bringen kann.

Noch am Dienstag gab es eine Unterrichtung des Verteidigungsausschusses über die derzeitigen Einsätze der Bundeswehr. Das Dokument liegt der Süddeutschen Zeitung vor. In der Analyse des Verteidigungsministeriums hieß es, dass in Mali eine beschleunigte Rückverlegung von Personal und Material laufe, mit dem Ziel, diese für alle deutschen Kräfte bis zum 31. Dezember 2023 abzuschließen. “Seit dem 01.07.23 finden, im Einklang mit dem gültigen VN-Mandat, nur noch Patrouillen im Nahbereich und zur Sicherung des Camp Castor statt”, wird in der Unterrichtung betont.

Die Lage in Niger sei unübersichtlich, heißt in einer Analyse

Zur Lage in Niger hieß es da noch: “In Niamey wird die Sicherheitslage mit überwiegend kontrollierbar und in Tillia mit ausreichend kontrollierbar bewertet.” Zwei Tage später ist die Lage eine andere. Nun betont das Einsatzführungskommando: “Der nigrische Luftraum ist nach derzeitigem Kenntnisstand zur Zeit gesperrt”. Dadurch sind auch keine Flüge von Mali nach Niamey bis auf Weiteres möglich. Die Lage sei unübersichtlich, aber “alle Angehörigen des deutschen Einsatzkontingents Minusma und EUMPM mit Standort Niamey befinden sich in Sicherheit”. Inwieweit dies dauerhaft Auswirkungen auf Personal- und Materialtransporte aus Mali haben könnte, sei noch nicht absehbar.

In Niger geht es aus Sicht der Bundesregierung eigentlich darum, die Instabilität in der Sahel-Region einzudämmen. Die bisherige Regierung habe die EU darum gebeten, beim Aufbau der Streitkräfte zu helfen, um den Terrorismus einzuschränken, die Bevölkerung zu schützen und für ein sicheres Umfeld zu sorgen. So hofft man auch, Fluchtursachen nach Europa zu bekämpfen. Doch nun droht auch der wichtigste Partner in der Region für die EU wegzubrechen.

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