Netanjahu plant Evakuierung von Rafah

  1. Startseite
  2. Politik

Die Kämpfe im Gazastreifen spitzen sich zu. IDF könnte bei Krankenhaus-Tötung im Westjordanland Kriegsverbrechen begangen haben. Der News-Ticker zum Krieg in Israel.

  • Hamas fordert 1000 Lastwagen pro Tag: Rufe nach humanitäre Hilfe für den Gazastreifen
  • Angriffe der Hisbollah: Terror-Miliz kündigt weitere Attacken auf Israel an
  • Biden kritisiert Israel: „Vorgehen im Gazastreifen ist überzogen“
  • Die hier verarbeiteten Informationen zum Krieg in Israel und dem Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen stammen von lokalen und internationalen Medien sowie von Nachrichtenagenturen. Unabhängig überprüfen lassen sich viele Angaben nicht.

Update vom 9. Februar, 19.57 Uhr: Die Tötung von drei palästinensischen Männern in einem Krankenhaus im Westjordanland im Januar durch israelische Kommandos, die als medizinisches Personal und muslimische Frauen getarnt waren, könnte Kriegsverbrechen darstellen, erklärte eine Gruppe von UN-Experten am Freitag. Die drei Kämpfer wurden am 29. Januar bei einer gemeinsamen verdeckten Operation der Armee, des Sicherheitsdienstes Shin Bet und der Grenzpolizei im Ibn-Sina-Krankenhaus in Dschenin getötet, teilte das israelische Militär mit.

„Nach dem humanitären Völkerrecht stellt die Tötung eines wehrlosen, verletzten Patienten, der in einem Krankenhaus behandelt wird, ein Kriegsverbrechen dar“, erklärten die UN-Experten in einer Erklärung, in der sie sich auf Basel Al-Ghazzawi bezogen, der wegen Verletzungen behandelt wurde, die angeblich durch einen israelischen Luftangriff verursacht wurden.

Soldaten „als scheinbar harmloses, geschütztes medizinisches Personal und Zivilisten“ getarnt

„Indem sie sich als scheinbar harmloses, geschütztes medizinisches Personal und Zivilisten tarnten, begingen die israelischen Streitkräfte prima facie auch das Kriegsverbrechen der Perfidie, das unter allen Umständen verboten ist“, fügten sie hinzu und forderten Israel auf, eine Untersuchung durchzuführen.

Nach Angaben des israelischen Militärs war einer der im Krankenhaus getöteten Männer Mitglied der militanten Palästinensergruppe Hamas, die den Gazastreifen regiert, während die anderen für die Jenin-Brigade und den bewaffneten Flügel des Islamischen Dschihad arbeiteten.

 Das Ibn-Sina-Krankenhaus im Westjordanland. © IMAGO/Nasser Ishtayeh

Update vom 9. Februar, 19.55: Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat die von Israel erwogenen Pläne einer Militäroffensive in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen scharf verurteilt. Abbas erklärte am Freitagabend an seinem Amtssitz in Ramallah im Westjordanland, diese würden ein „gefährliches Vorspiel“ zu einer Politik der Vertreibung darstellen, die von den Palästinensern befürchtet wird.

Abbas warf Israel und dem Verbündeten USA eine „destruktive Politik“ vor. Er rief den UN-Sicherheitsrat dazu auf, tätig zu werden. „Diese [von Israel erwogenen] Schritte gefährden die Sicherheit und den Frieden in der Region, sie überschreiten alle roten Linien“, fügte er hinzu.

Israel bereitet Offensive auf Rafah vor

Update vom 9. Februar, 19.00: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat der Armee des Landes den Befehl erteilt, eine Offensive auf die südliche Stadt Rafah im Gazastreifen vorzubereiten. „Es ist unmöglich, das Kriegsziel der Eliminierung der Hamas zu erreichen, wenn vier Hamas-Bataillone in Rafah verbleiben“, ließ er am Freitag über das Büro des Ministerpräsidenten mitteilen. Die Pläne, die die Militärführung der Regierung vorlegen soll, müssten auch die Evakuierung der Zivilisten in Rafah beinhalten, hieß es in der Mitteilung. 

Eine Militäroffensive in Rafah, das ganz im Süden des Gazastreifens liegt und an Ägypten grenzt, gilt als hochproblematisch. In dem Ort, der vor dem Krieg rund 300.000 Einwohner hatte, sollen sich derzeit 1,3 Millionen Menschen aufhalten. Die meisten von ihnen flohen vor dem Krieg aus anderen Teilen des Gazastreifens dorthin, zum Teil auf Anordnung des israelischen Militärs. 

„Kombinierter Plan“ für Evakuierung und Zerstörung – Warnungen vor humanitärer Katastrophe

„Es ist klar, dass intensive (militärische) Aktivitäten in Rafah es erfordern, dass die Zivilisten die Kampfzone räumen“, ließ Netanjahu am Freitag mitteilen. Deshalb habe er die Militärführung angewiesen, der Regierung einen „kombinierten Plan“ für die Evakuierung der Bevölkerung und die Zerstörung der Hamas-Bataillone vorzulegen. 

UN-Generalsekretär António Guterres hatte bereits zuvor vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region gewarnt. Die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens sei in Rafah zusammengepfercht und könne nirgendwo anders hin, schrieb er auf der Nachrichtenplattform X, vormals Twitter. Auch die US-Regierung und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatten sich in den letzten Tagen deutlich gegen ein militärisches Vorgehen in Rafah ausgesprochen. 

Ein Lager von geflohenen Palästinensern in Rafah.
Ein Lager von geflohenen Palästinensern in Rafah. © IMAGO/Bashar Taleb\ apaimages

Israelische Soldaten stürmen Krankenhaus in Chan Junis

Update vom 9. Februar, 17.45: Israelische Soldaten haben nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmondes ein Krankenhaus in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens gestürmt. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Die israelischen Streitkräfte hätten das Krankenhaus Al-Amal gestürmt und mit einer Durchsuchung begonnen, erklärte die Organisation am Freitag. Das israelische Militär habe zunächst nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur reagiert.

Anfang der Woche hatte der Rote Halbmond mitgeteilt, dass rund 8000 Menschen, die in dem Krankenhaus Schutz gesucht hätten, evakuiert worden seien. Rund 40 Vertriebene, 80 Patienten und 100 Mitarbeiter seien nach der Evakuierung im Krankenhaus verblieben. Israel hat sein militärisches Vorgehen zuletzt auf Chan Junis im Süden des Gazastreifens konzentriert. Die Armee vermutet in der Stadt Verstecke hochrangiger Funktionäre der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas sowie von ihr verschleppte Geiseln.

Netanjahu lässt Rafah evakuieren

Update vom 9. Februar, 16.32: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat seine Streitkräfte dazu angewiesen, Pläne für die Evakuierung der Zivilbevölkerung der Stadt Rafah zu erstellen. Das Militär solle der Regierung einen „kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone“ der radikalislamischen Hamas in Rafah vorlegen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten am Freitag mit.

Rafah liegt im Süden des Gazastreifens nahe der Grenze zu Ägypten. Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hamas haben mehr als eine Million palästinensische Binnenflüchtlinge in der Stadt Zuflucht gesucht.

Rauch steigt über der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen auf.
Rauch steigt über der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen auf. © Ismael Mohamad/imago-images

Update vom 9. Februar, 15.40 Uhr: Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA hat den Abschuss von zwei israelischen Drohnen nahe der Hauptstadt Damaskus gemeldet. Die Drohnen wären von den Golan Höhen aus in syrischen Luftraum eingedrungen. Die Meldung lässt sich aktuell nicht unabhängig überprüfen. Israels Streitkräfte haben die Vorwürfe bislang nicht kommentiert.

Krieg in Israel: Humanitäre Lage im Gazastreifen – jedes zehnte Kind unterernährt

Update vom 9. Februar, 15.22 Uhr: Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist weiterhin katastrophal. Angaben der Vereinten Nationen zufolge ist fast jedes zehnte Kind unter fünf Jahren im Gazastreifen unterernährt. Dies hätten Messungen des Armumfangs von Tausenden von Kleinkindern und Säuglingen ergeben, wie es in einer am Freitag verbreiteten Mitteilung des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) hieß. Insgesamt seien 9,6 Prozent unterernährt, im nördlichen Gazastreifen allein sogar 16,2 Prozent.

Der Wohltätigkeitsorganisation ActionAid zufolge würden einige Bewohner des Gazastreifens Gras essen. „Jeder Einzelne in Gaza ist jetzt hungrig“, hieß es. Auch die Versorgung mit sauberem Trinkwasser sei ein Problem. Die Hilfsorganisation Islamic Relief zitierte einen ihrer Mitarbeiter in Gaza mit den Worten: „Meine Kinder und ich haben seit Monaten kein Obst oder Gemüse mehr gegessen. Menschen werden getötet, wenn sie versuchen, zu den Wagen der Vereinten Nationen mit Hilfslieferungen zu gelangen.“

Hamas fordert 1000 Lastwagen humanitäre Hilfe pro Tag für den Gazastreifen

Update vom 9. Februar, 13.23 Uhr: Die Hamas fordert offenbar, dass täglich 1000 Lastwagen mit humanitärer Hilfe in den nördlichen Gazastreifen gefahren werden, um die Auswirkungen des Kriegs zu mildern. Das berichtet mehrere arabische Medien. Auch die Times of Israel berichtet unter Berufung auf das von der Hamas geleitete Medienbüro in Gaza von der Forderung.

Die Hungersnot im Gazastreifen habe sich „infolge der amerikanischen und israelischen Aktionen verschlimmert“, wird ein Hamas-Sprecher zitiert. „Wir fordern die sofortige Einfahrt von 1000 Lastwagen täglich in den nördlichen Gazastreifen, bis er sich von der Hungersnot und ihren Auswirkungen erholt hat“, hieß es weiter. Schätzungsweise leben aktuell noch 300.000 bis 400.000 palästinensische Menschen im nördlichen Gazastreifen, den Israels Armee zu Beginn des Krieges evakuieren ließ.

Sorge in Israel: Erkennen die USA schon bald einen palästinensischen Staat an?

Update vom 9. Februar, 10.30 Uhr: Israel hat laut einem Zeitungsbericht die Sorge, die USA könnten im Rahmen der Bemühungen um eine Zweistaatenlösung einen palästinensischen Staat auch ohne Zustimmung Israels anerkennen. Die israelische Zeitung Maariv schrieb am Freitag, Israel sehe „intensive Aktivitäten“ der US-Regierung mit dem Ziel einer Einigung des Westjordanlands und des Gazastreifens unter einer palästinensischen Regierung. 

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt eine Zweistaatenlösung ab. Damit ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Bemühungen darum kamen zuletzt aber jahrelang nicht mehr voran. Auch die islamistische Palästinenserorganisation Hamas, die 2007 ein Jahr nach ihrem Wahlsieg gewaltsam die alleinige Macht im Gazastreifen an sich gerissen hatte, lehnt dies ab. 

Krieg in Israel: Hisbollah kündigt Angriffe an – „Sirenen werden ertönen“

Update vom 9. Februar, 7.48 Uhr: Als Reaktion auf einen israelischen Drohnenangriff auf das Fahrzeug eines hochrangigen Hisbollah-Mitglieds, hat die libanesische Terror-Miliz eine neue Angriffsserie gegen den Norden Israels gestartet. Die israelische Armee hatte sich zuvor nicht zu dem Angriff in der südlibanesischen Stadt Nabatäa bekannt. Sowohl arabische als auch israelische Medien berichteten jedoch von dem Vorfall und identifizierten das Hisbollah-Mitglied als Abbas al-Debs.

Ein Hisbollah-Sprecher wollte die Identität der Zielperson weder bestätigen noch dementieren und erklärte gegenüber Newsweek, „Debs‘ Name sei von Israel genannt worden, nicht von uns“. Weiter behauptete er, dass niemand getötet wurde, und es „nur Verletzte“ gebe. Anschließend drohte er, dass in „in einer Reihe von Siedlungen“ in Israel Sirenen ertönen werden.

Biden kritisiert Israel: „Vorgehen im Gazastreifen ist überzogen“

Erstmeldung: Tel Aviv/Gaza – Während es in Israel und im Gazastreifen in der Nacht zum Freitag (9. Februar) verhältnismäßig ruhig blieb, hat US-Präsident Joe Biden seine Tonart gegenüber Premierminister Benjamin Netanjahu verschärft und das Vorgehen gegen die Terror-Miliz Hamas als unverhältnismäßig bezeichnet. „Ich bin der Ansicht, dass das Vorgehen bei der Reaktion im Gazastreifen überzogen ist“, sagte Biden. Es gebe viele unschuldige Menschen, die hungerten, in Not seien oder gar ums Leben kämen. „Das muss aufhören.“ Der Demokrat hatte sich bei seinem Auftritt vor der Presse eigentlich zu einem innenpolitischen Thema geäußert, beantwortete zum Schluss aber eine Frage zur Krise im Nahen Osten. 

Die USA drängen Israel schon länger dazu, den Schutz der Zivilbevölkerung zu verstärken und mehr Hilfe für die Bevölkerung in Gaza zu ermöglichen. Die jüngsten Äußerungen der US-Regierung lassen jedoch zunehmenden Unmut erkennen, was den Widerhall ihrer Appelle bei der israelischen Führung angeht.

Luftangriffe auf Rafah: Offenbar mehrere Menschen getötet

In der Nacht kam es Medienberichten zufolge zu israelischen Luftangriffen auf Rafah, der südlichsten Stadt des Gazastreifens. Laut dem von Katar betriebenen Sender Al Jazeera fielen dem Angriff auf Wohngebiete mehrere Menschen zum Opfer.

Israel hat die Luftangriffe auf Rafah in den letzten Tagen verstärkt, nachdem Premier Netanjahu versprochen hatte, die Militäroffensive auf die Stadt auszuweiten, um im Krieg gegen die Hamas voranzuschreiten. Auch in diesem Fall warnten die Vereinigten Staaten eindringlich vor katastrophalen Folgen für die Zivilbevölkerung, falls die Operation auf die Stadt ausgedehnt werden würde.

Erst am Mittwoch (7. Februar) hatte US-Außenminister Antony Blinken bei einem Israel-Besuch auffallend deutliche Töne angeschlagen und die Militärführung ermahnt, im Gaza-Krieg mehr für den Schutz von Zivilisten zu tun. Die Entmenschlichung, die Israel bei dem Massaker durch die Hamas im Oktober erlebt habe, könne „kein Freibrief“ sein, um selbst andere zu entmenschlichen, sagte Blinken in Tel Aviv. (red mit Agenturen)

source site