Nawalnys Tod „eine Botschaft für die Konferenz in München“

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Die Nachricht über den Tod des Putin-Kritikers Alexej Nawalny sorgt international für Entsetzen. Die Reaktionen zeigen Wut, Trauer. Putin greift gegen Trauernde durch.

Update vom 18. Februar, 11.38 Uhr: Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili hält den Zeitpunkt der Todesmeldung des Kremlgegners Alexej Nawalny nicht für einen Zufall, sondern für eine Botschaft Russlands. „Ich denke, es war kein Zufall, dass der Tod von Nawalny wenige Stunden oder Minuten vor Beginn der Münchner Konferenz bekannt gegeben wurde“, sagte die 71-Jährige am Sonntag am Rande der Sicherheitskonferenz in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Es sei typisch für das russische Vorgehen, damit beeindrucken zu wollen, „dass Russland tut, was es will, wo es will. Und das war, denke ich, eine Botschaft für die Konferenz in München“, sagte sie.

Update vom 17. Februar, 07.28 Uhr: In Russland trauern viele Anhänger um den nach Behördenangaben verstorbenen Alexej Nawalny. Russlands Polizei geht hart gegen die Trauernden vor. In mehreren russischen Städten wurden bis zum späten Freitagabend mehr als 100 Menschen bei Gedenkveranstaltungen festgenommen, wie die Bürgerrechtsorganisation Ovd-Info mitteilte. Festnahmen wurden unter anderem aus der Hauptstadt Moskau, aus der Ostsee-Metropole St. Petersburg und sechs weiteren Städten gemeldet. Die Menschen waren gekommen, um Blumen abzulegen im Gedenken an Nawalny, der offiziellen Angaben zufolge im Alter von 47 Jahren in einem Straflager im äußersten Norden Russlands ums Leben gekommen ist. Unter den Festgenommenen waren laut Medienberichten auch Journalisten.

In Moskau war bis in die Nacht hinein ein großes Polizeiaufgebot im Stadtzentrum, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur von vor Ort berichtete. Zwischenzeitlich hatten Menschen dort in einer langen Schlange gewartet, um Blumen abzulegen am sogenannten Solowezki-Stein, der Opfern politischer Repressionen gewidmet ist. Viele wurden zwar zu dem Stein durchgelassen, jedoch von Polizisten eingeschüchtert und ständig ermahnt, den Ort schnell wieder zu verlassen.

Insbesondere seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor rund zwei Jahren geht Russlands Machtapparat im eigenen Land hart und repressiv gegen Andersdenkende vor. Größere Proteste gibt es deshalb kaum noch. 

Wladimir Putin geht in Russland hart gegen trauernde Nawalny-Anhänger vor. © IMAGO / SOPA Images

Biden zu Nawalnys Tod: „Putin ist verantwortlich“

Update vom 16. Februar, 22.27 Uhr: „Es bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen und unseren Blick auf Putin als das was er ist“, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius im heute-journal zum Tod von Alexej Nawalny. Seinen Schritt zurück nach Russland habe der Kreml-Kritiker erst mit Gefängnis, dann mit seinem Leben bezahlt, erklärt der SPD-Politiker im ZDF-Gespräch – und ergänzt noch: „Man muss kein Kriminalist sein, um einen dringenden Tatverdacht zu haben“.

Update vom 16. Februar, 19.12 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat Kremlchef Wladimir Putin für den Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny verantwortlich gemacht. Man wisse zwar nicht genau, was passiert sei, aber es gebe keinen Zweifel daran, dass der Tod Nawalnys eine Folge von Putins Handeln und dem seiner Verbrecher sei, sagte Biden am Freitag im Weißen Haus. «Putin ist verantwortlich.» Biden sagte weiter, er sei angesichts der Nachricht von Nawalnys Tod schockiert, aber nicht überrascht. 

Nach Bericht über Tod von Alexej Nawalny: Gedenkminuten in deutschen Städten

Update vom 16. Februar, 16.45 Uhr: In mehreren deutschen Städten, darunter Hamburg und Berlin, entstehen provisorische Gedenkstätten. Währenddessen berichtet die unabhängige russische Nachrichtenagentur Sota.vision mehrfach von der Unterbindung von Gedenkaktionen in Russland. Gedenkstätten werden teils polizeilich abgesperrt und das Ablegen von Rosen verboten.

Update vom 16. Februar 2024, 16:32 Uhr: Amnesty International kritisierte anlässlich des mutmaßlichen Todes von Alexej Nawalny die Konditionen im russischen Strafvollzug. „Mehrfach schwebte Nawalny aufgrund der menschenrechtswidrigen Behandlung in russischen Straflagern in Lebensgefahr“, so Julia Duchrow, die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland. Sie sieht den Tod als weitere „traurige Aufforderung an die Bundesregierung, die russische Zivilgesellschaft weiter zu unterstützen“.

Update vom 16. Februar 2024, 16:12 Uhr: Der Verteidigungsminister Boris Pistorius beschäftigte sich bei seiner Mitteilung auf der Münchener Sicherheitskonferenz bereits mit möglichen Reaktionen. „Es gibt nur eine Antwort auf diese Nachricht, nämlich die Geschlossenheit des Westens im Abwehrkampf der Ukraine. Das ist das stärkste Signal und das einzige Signal, was Wladimir Putin versteht.“, so Pistorius laut der Deutschen Presse-Agentur. Pistorius will ebenfalls prüfen lassen, ob weitere Wirtschaftssanktionen nötig seien.

Stimmen aus Russland geben Westen Schuld – Anschuldigungen als „Selbstentlarvung“

Mittlerweile werden auch erste Stimmen aus Russland bekannt. Der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, gab laut der Tass Washington und Brüssel die Schuld für Nawalnys Tod. Demnach sei Nawalnys Tod von Vorteil für westliche Politiker, die eine Menge fehlgeschlagener Entscheidungen gemacht hätten.

„Die unmittelbare Reaktion der Führer der NATO-Staaten auf Nawalnys Tod in Form direkter Anschuldigungen gegen Russland ist eine Selbstentlarvung. Es gibt noch keine forensische Untersuchung, aber die Schlussfolgerungen des Westens liegen bereits vor“, erklärte die Sprecherin für das russische Außenministerium, Maria Zakharowa.

Nawalnys Mutter äußert sich zu Todesmeldung: „Er war lebendig, gesund und lebenslustig.“

Update vom 16. Februar 2024, 15:52 Uhr: Nun hat sich auch die Mutter des Kremlgegners Alexej Nawalny zu den Todesberichten geäußert: „Ich möchte keine Beileidsbekundungen hören“, so Ljudmila Nawalnaja gegenüber der kremlkritischen Zeitung Nowaja Gaseta. „Er war lebendig, gesund und lebenslustig.“ Bisher weiß auch die Familie Nawalnys nicht mehr als das, was aus dem Strafvollzug allgemein mitgeteilt wurde.

„Das ist jetzt nicht das erste Mal, dass der Beginn einer Münchener Sicherheitskonferenz durch eine Überraschung von Putin beeinflusst wurde. Vor zwei Jahren war es der Angriff auf die Ukraine“, so Mark Malloch-Brown, der Präsident der Open Society Foundations. „Im heutigen Russland werden freie Geister in den Gulag gesteckt und dort zum Tode verurteilt“, schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf X und äußerte „Zorn und Empörung“ über die Neuigkeiten.

Nawalny tot? Ehefrau Julija Nawalny redet vor Münchener Sicherheitskonferenz

Update vom 16.02.2024, 15:28 Uhr: Julija Nawalny, die Ehefrau des angeblich toten Alexej Nawalny, ergriff auf der Münchener Sicherheitskonferenz das Wort. Sie sei nicht sicher gewesen, ob sie in München reden solle. „Dann habe ich überlegt, was Alexej getan hätte.“ Sie wisse noch nicht, ob sie den Nachrichten Glauben schenken könne. „Sie lügen unaufhörlich.“, so die Ehefrau von Alexej Nawalny. „Sie werden bestraft werden“, erklärte Julija Nawalny und forderte die internationale Gemeinschaft zu Reaktionen auf.

„Alexej Nawalny hat für ein demokratisches Russland gekämpft. Putin hat ihn dafür zu Tode gequält“, schrieb Finanzminister Christian Lindner auf X. Es sei ein neuer Beleg für „den verbrecherischen Charakter dieses Regimes“. Auch die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grünen) meldete sich zu Wort: „Wie kaum ein anderer war Alexej Nawalny Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland. Genau deswegen musste er sterben.“

Update vom 16. Februar 2024, 15:13 Uhr: Kurz nach der Bekanntgabe des angeblichen Todes von Nawalny startete die Münchener Sicherheitskonferenz. Der SiKo-Chef Christoph Heusgen eröffnete die Veranstaltung mit Worten der Trauer. Nawalny sei ein „sehr besonderer Mensch gewesen“, so Heusgen. „Wenn sich die Berichte bestätigen, ist das ein weiterer Beleg für Wladimir Putins Brutalität“, erklärte US-Vizepräsidentin Kamala Harris auf dem Podium der Veranstaltung.

Nicht alle glauben an die Beweiskraft des Nawalny-Videos, das angeblich bei einer gestrigen Gerichtsverhandlung aufgenommen worden sein soll und auf der Plattform X kursiert. Einige gehen von einem früheren Aufnahmedatum aus. Leonid Wolkow, einer der engsten Mitarbeiter Nawalnys, ist sich jedoch sicher: Wenn die Nachricht vom Tod Nawalnys wahr sei, dann „starb Nawalny“ nicht einfach, sondern Kremlchef Wladimir Putin „tötete Nawalny und nur so“, so Wolkow. Der US-Außenminister Antony Blinken erklärte laut der Deutschen Presse-Agentur, der angebliche Tod Nawalnys belege die „Schwäche und Fäulnis“ von Putins System.

Demonstranten in Berlin solidarisieren sich mit Alexej Nawalny. Der Kreml-Kritiker wurde am 16. Februar für tot erklärt.
Demonstranten in Berlin solidarisieren sich mit Alexej Nawalny. Der Kreml-Kritiker wurde am 16. Februar für tot erklärt. © IMAGO/snapshot-photography/K.M.Krause

Merkel und Habeck bestürzt: Regime Putins Schuld – Nawalny ein Patriot für Demokratie und Rechtsstaat

Update vom 16. Februar 2024, 14:36 Uhr: Auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich gegenüber der Bild: „Er wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands. Es ist furchtbar, dass mit ihm eine mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht wurde.“

Der Vizekanzler Robert Habeck (Grünen) reagierte ebenfalls bestürzt: „Alexander Nawalnys Tod erschüttert mich bis ins Mark“, so der Wirtschafts- und Klimaschutzminister gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Das Regime Putin hat ihn auf dem Gewissen“, erklärte Habeck weiter. „Er war ein Patriot, der sich für Demokratie und den Rechtsstaat einsetzte und sein Land und die Menschen dort liebte. Mehr als sein eigenes Leben.“

CSU-Politiker vermutet: „Ermordet vom feigen Diktator Putin“ – Nawalny-Team auf dem Weg zur Strafkolonie

Jürgen Hardt, der CSU-Bundestagsabgeordnete und Obmann im Auswärtigen Ausschuss, schrieb IPPEN.MEDIA: „Alexei Nawalnys Tod ist eine Tragödie und ein Verlust für die Demokratiebewegung und die Menschenrechte in Russland. Alexei Nawalny wurde ermordet vom feigen Diktator Putin.“ Hardt äußerte eine klare Vermutung, warum Nawalny nun tot sein soll: „Nawalny war so eine große Gefahr für Putin, weil er die andere Seite Russlands zeigte: Von Verantwortung statt von Größenwahn beseelt. Für Nawalny hatte das Individuum immer einen Wert und weiter kann man sich kaum entfernen von Putins Regime.“

Alexej Nawalnys deutscher Anwalt Nikolaos Gazeas zeigte sich, wie auch der Journalist Francis Scarr, gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger überrascht über den vermuteten Tod Nawalnys. Vor der gestrigen Videoschalte (Donnerstag, 15. Februar), wurde der Kreml-Kritiker am Mittwoch noch von einem russischen Anwalt besucht. „Da ging es ihm den Umständen entsprechend gut.“, so Gazeas. Der deutsche Anwalt gab an, dass ein russischer Anwaltskollege auf dem Weg ins Gefängnis sei, um sich vor Ort zu informieren. Er ließ jedoch bereits anklingen, dass Details zu den Hintergründen aus Rücksicht auf die Familie zunächst zurückgestellt würden.

Hashtag Nawalny trendet auf Twitter – die Reaktionen reichen von Trauer bis Wut

Erstmeldung vom 16.02.2024, 14:18 Uhr: Moskau – Der Kremlgegner Alexej Nawalny soll im Gefängnis gestorben sein, behaupten russische Behörden. International reagieren nun Stimmen auf den angeblichen Tod des wohl bekanntesten Kreml-Kritikers. Nawalnys Team konnte den Tod noch nicht bestätigen, so die Sprecherin Kira Jarmysch auf X, ehemals Twitter.

Die Reaktionen reichen von Skepsis bis hin zu Bedauern und Wut. Innerhalb nicht einmal einer Stunde trendete der Hashtag #Nawalny auf Twitter. Einige machen den russischen Machthaber Wladimir Putin persönlich für den Tod Nawalnys verantwortlich. Teilweise werden Konsequenzen für die Verantwortlichen gefordert.

Bedauern in Deutschland und Europa: Nawalny ein „Held“

Deutschlands Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) bezeichnete den angeblichen Tod des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny auf X als „Verbrechen“. Er habe großen Mut bewiesen, indem er sich gegen Wladimir Putin stellte und für Freiheit und Menschenrechte kämpfte. „Heute ist ein schwarzer Tag“, so die FDPlerin.

„Heute spricht man nicht mehr von Helden. Aber für mich war #Nawalny ein Held“, schrieb Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Niemand darf sich über Putins mörderisches System täuschen“, forderte die Grünen-Chefin Ricarda Lang.

Olaf Scholz, der sich am Freitag mit Wolodymyr Selenskyj zur Unterstützung der Ukraine traf, ging auch in der nachfolgenden Pressekonferenz anfänglich auf den Tod des Kreml-Kritikers ein. Er habe mit dem russischen Oppositionellen bei einem Besuch über den „großen Mut, den es erfordert, um wieder zurückzugehen in das Land“ geredet. „Wahrscheinlich hat er diesen Mut jetzt bezahlt, mit seinem Leben“, sagte der Bundeskanzler. Russland sei „längst keine Demokratie mehr“.

„Als schärfster Verfechter der russischen Demokratie hat Alexej Nawalny sein Leben lang unglaublichen Mut bewiesen“, schrieb auch der britische Premierminister Rishi Sunak auf X. „Meine Gedanken sind bei seiner Frau und dem russischen Volk, für das dies eine gewaltige Tragödie ist.“ Der französische Außenminister Stéphane Sejourne teilte laut der dpa ebenfalls sein Bedauern mit: „Sein Widerstand gegen ein System der Unterdrückung hat ihn das Leben gekostet.“ Der Tod Nawalnys erinnere laut Sejourne an die Realität des Regimes.

Kritische Stimmen hinterfragen Nawalnys angeblichen Tod: Putin verantwortlich?

Der ehemalige stellvertretende Innenminister der Ukraine und jetzige Berater des Amtes, Anton Geraschchenko schrieb auf X: „Zu sagen ‚Nawalny starb‘ ist falsch. ‚Nawalny wurde von Putin ermordet‘, ist der richtige Weg.“ Auch der BBC-Journalist Francis Scarr zeigte sich skeptisch und schrieb, inklusive Videomaterial: „Gestern schien es Nawalny bei einer Gerichtsverhandlung gutzugehen.“ Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow bezeichnete den Tod des Oppositionellen ebenfalls als Mord.

EU-Ratspräsident Charles Michel sagte laut der Deutschen Presse-Agentur, die EU halte das „russische Regime für alleinverantwortlich“ für den vermeintlichen Tod des Kreml-Kritikers. Nawalny habe „für seine Ideale das ultimative Opfer“ gebracht. „Es ist für mich offensichtlich, er wurde getötet“, erklärte auch der ukrainische Präsident Selenskyj in der mit Scholz abgehaltenen Pressekonferenz.

Nawalny in Russland für tot erklärt: Forderung nach Konsequenzen

Nun wurden auch erste Forderungen nach Konsequenzen groß, zum Beispiel von dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda. Er schrieb laut der dpa, die Verantwortlichen müssten „vor Gericht gestellt werden“. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte: „Wir müssen alle Fakten klären.“

Auf dem russischen Finanzmarkt zeigen sich als Reaktion auf den angeblichen Tod Nawalnys bereits erste Veränderungen. Die Landeswährung Rubel fiel nach Bekanntwerden des vermeintlichen Todes drastisch ab, auf 93 Rubel zum Dollar. (lismah/dpa)


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