Nach der Rekordjagd dürfte der Dax erstmal verschnaufen.


marktbericht

Stand: 31.07.2023 08:00 Uhr

Der Dax ist trotz erneuter Zinsanhebungen durch die Notenbanken auf ein neues Rekordhoch geklettert. Beflügelt durch Aussichten auf ein baldiges Ende des Zinszyklus. Doch drücken Konjunkturdaten.

Der Dax hat am Freitag mit etwas Schwung sein altes Rekordhoch von Mitte Juni übertrumpft. Der deutsche Leitindex war im Handelsverlauf bis auf gut 16.490 Punkte geklettert und schloss 0,39 Prozent im Plus bei 16.469,75 Punkten. Auf Wochensicht ergibt sich für den Dax ein Anstieg von 1,81 Prozent. Allerdings trüben sich die Konjunktur-Aussichten für die deutsche Wirtschaft weiter ein. Der Dax dürfte etwas schwächer in die neue Woche starten. Knapp zwei Stunden vor dem Xetra-Start taxierte der Broker IG den deutschen Leitindex 0,25 Prozent niedriger bei 16.429 Punkten.

Auch die US-Börsen haben die vergangene Woche mit Gewinnen beendet. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss 0,5 Prozent höher auf 35.459,29 Punkten. Der marktbreite S&P 500 gewann 1 Prozent auf 4582,23 Punkte. Aktien aus dem Technologiesektor legten besonders stark zu, der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg um 1,9 Prozent auf 15.750,93 Zähler. Auf Wochensicht verbuchten alle drei Indizes Gewinne, dabei schnitt der Nasdaq 100 mit plus 2,1 Prozent am besten ab. Die Aussicht auf ein Ende der Zinserhöhungen in der Eurozone und den USA befeuerte die Börsen dies- und jenseits des Atlantiks. So schreiben die Experten der Helaba: “Fed und EZB haben die Tür für eine Pause im Zinserhöhungszyklus weit geöffnet und Marktteilnehmer spekulieren zunehmend darauf, dass das Ende der Fahnenstange womöglich schon erreicht ist.”

Hoffnungen auf Konjunkturmaßnahmen in China treiben Asien-Börsen an

Konjunkturdaten aus China fielen zum Wochenauftakt schwach aus, jedoch schlossen die asiatischen Börsen positiv. Dahinter könnte die Hoffnungen auf weitere Ankurbelungsmaßnahmen der Wirtschaft durch die Regierung des Landes stecken. Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigten, dass die Produktion in China im Juli aufgrund der schwachen globalen Nachfrage den vierten Monat in Folge geschrumpft ist. Auch der Dienstleistungssektor enttäuschte, was die Notwendigkeit weiterer politischer Unterstützung zur Ankurbelung der Binnennachfrage unterstrich. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index lag im Verlauf 1,5 Prozent höher bei 33.263 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index stieg um 1,4 Prozent und lag bei 2322 Punkten. Die Börse in Shanghai lag 0,6 Prozent im Plus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen gewann 0,9 Prozent.

Aktienmärkte trotzen schwierigem gesamtwirtschaftlichem Umfeld

Am deutschen Aktienmarkt könnten auch in der neuen Woche die Optimisten am Ruder bleiben. Der Leitindex Dax bewegt sich aktuell auf Rekordniveau, muss jedoch durch ein schwieriges gesamtwirtschaftliches Umfeld manövrieren. “Die Aktienmärkte bekommen derzeit Rückenwind von den Signalen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank, dass die Phase steigender Leitzinsen nun auslaufen könnte”, schrieb Analyst Andreas Hürkamp von der Commerzbank. So hatten erst jüngst die Euro-Währungshüter nach der neunten Zinserhöhung in Folge erstmals eine Pause nicht ausgeschlossen. “Wir könnten die Zinsen anheben, wir könnten eine Pause machen”, sagte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde.

“Die Zentralbankentscheidungen hauen niemanden mehr vom Hocker, höhere Inflation und Zinsen für eine längere Zeit werden akzeptiert”, zeigte sich Analyst Sven Streibel von der DZ Bank überzeugt. Die Zinswende habe ihren Schrecken verloren. Die zuletzt deutlich gestiegenen Zinsen hemmen zwar Investitionspläne und verteuern Kredite. Eine dadurch verursachte Verlangsamung der globalen Konjunktur sei auch nicht zu verleugnen, fuhr Streibel fort. Allerdings werde weiterhin deutlich, dass das Wirtschaftsumfeld nur einen begrenzten negativen Einfluss auf die Ergebnisse der großen gelisteten Aktiengesellschaften hat.

Zahlreiche Dax-Unternehmen öffnen ihre Bücher

In der neuen Woche können sich die Anleger dann ein Bild davon machen, ob die Unternehmen die wirtschaftliche Abschwächung weiterhin unter dem Strich gut wegstecken. Am Dienstag etwa richtet sich die Aufmerksamkeit unter anderem auf die Geschäftszahlen des Nutzfahrzeugherstellers Daimler Truck und der Deutsche Post, die sich kürzlich in DHL Group umgewandelt habe. Zur Wochenmitte berichtet der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers über seine Aktivitäten im abgelaufenen Quartal. Am Donnerstag setzt sich der Reigen mit dem Chiphersteller Infineon und dem Spezialchemie- und Pharmakonzern Merck KGaA fort. Die Commerzbank und der Spezialchemiekonzern Lanxess legen am Freitag ihre Geschäftszahlen vor.

Doch Anleger sollten in der neuen Woche auch den Blick fürs große Ganze nicht verlieren. Denn “konjunkturell läuft es derzeit in den USA besser als in der Eurozone”, schrieb Analyst Christian Apelt von der Landesbank Hessen-Thüringen. Und die deutsche Wirtschaft habe im zweiten Quartal nur stagniert, wie eine Schnellschätzung des Statistischen Bundesamts von Freitag zeigte. Hinzu komme, dass europäische Stimmungsindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes oder das Ifo-Geschäftsklima enttäuscht hätten. Damit seien die kurzfristigen Aussichten alles andere als rosig.

Wichtige US-Arbeitsmarktdaten zum Ende der Woche

In der neuen Woche stehen Apelt zufolge aus den USA mit dem monatlichen Arbeitsmarktbericht am Freitag und den ISM-Einkaufsmanagerindizes am Dienstag sowie am Donnerstag wichtige Daten an, die zeigen können, wie robust die Konjunktur wirklich ist. Das noch ausstehende Bruttoinlandsprodukt aus der gesamten Eurozone wird bereits am Montag veröffentlicht. Dazu gibt es einige deutsche Daten wie unter anderem die Auftragseingänge. Im Fokus – nicht nur der EZB – stehen dem Fachmann zufolge zu Wochenbeginn die europäischen Inflationsdaten, die wohl erneut leicht zurückgegangen sind.

Inflationsdaten der Euro-Zone im Blick

Heute legt das EU-Statistikamt vorläufige Verbraucherpreisdaten der Euro-Zone für Juli vor. Experten erwarten, dass die Inflationswelle weiter abebbt und auf 5,2 Prozent fällt. Im Juni waren die Verbraucherpreise um 5,5 Prozent gestiegen. Ebenfalls zum Wochenauftakt steht eine Schätzung zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Euroraum im zweiten Quartal an. Von Reuters befragte Ökonomen erwarten, dass es ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gegeben hat und die Talfahrt der Wirtschaft damit beendet wurde.

Banken schneiden im Stresstest gemischt ab

Am Freitag hatte die European Banking Authority im sogenannten Banken-Stesstest 70 Institute mit Blick auf ihre Krisenfestigkeit unter die Lupe genommen. Europas Banken sind in Summe besser durch den jüngsten Stresstest der Bankenaufseher gekommen als vor zwei Jahren. Deutsche Banken hinkten aber wieder einmal hinterher. Vor allem die genossenschaftliche DZ Bank und mehrere Landesbanken waren unter den schwächsten Instituten im Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht (EBA). Deutsche Bank und Commerzbank schlugen sich besser als vor zwei Jahren, doch erstere liegt im Ranking weiterhin recht weit hinten. Das Szenario des Tests sah eine Verschärfung der geopolitischen Spannungen vor, begleitet von einem Wiederaufleben der Corona-Pandemie. Ein Einbruch der Wirtschaft, wachsende Arbeitslosigkeit, eine hohe Inflation und ein Einknicken der Aktienmärkte wären die Folgen.

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