München: 12-Jährige von Mitschülern gequält – Taten mit Handy gefilmt

München
12-Jährige von Mitschülern zwei Stunden gequält und verletzt – Taten mit Handy gefilmt

In München ist eine Zwölfjährige von Mitschülerinnen und Mitschülern über mehrere Stunden gequält und verletzt worden. Bei diesem Foto handelt es sich um eine gestellte Szene. Die Personen auf diesem Bild stehen nicht im Zusammenhang mit der Tat. 

© Thomas Koehler/ / Picture Alliance

In München ist eine Zwölfjährige am letzten Schultag von etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen und Mitschülern geschlagen und verletzt worden. Die Taten wurden mit einem Handy gefilmt. Die Polizei ermittelt, das Bildungsreferat der Stadt spricht von einer Tat, die “fassungslos” macht.

Es war der letzte Tag vor den Sommerferien, für viele Schülerinnen und Schüler ein Tag voller Vorfreude auf die Auszeit. Ein 12 Jahre altes Mädchen einer Münchner Realschule erlebte an diesem Tag aber Furchtbares.

Am vergangenen Freitag ging die 12-Jährige am Vormittag mit sieben weiteren Personen nach Ende der Schule in einen Hinterhof, im Bereich des Heimeranplatzes im Münchner Westend. So schildert die Polizei den Vorfall. Dort sollte eine Streitigkeit zwischen der 12-Jährigen und einigen Mädchen geklärt werden.

“Im weiteren Verlauf kam es dann vor allem durch zwei weibliche Tatverdächtige zu körperlichen Übergriffen gegenüber der 12-Jährigen. Die 12-Jährige wurde dadurch leicht verletzt”, teilt die Polizei dem stern mit.

Taten mit Handy gefilmt

Die Taten hätten sich schätzungsweise über einen Zeitraum von zwei Stunden ereignet. Es sei zu verbalen Beleidigungen und einzelnen Schlägen gekommen, hauptsächlich durch zwei Täterinnen. “Das Opfer musste sich zudem hinknien und sich entschuldigen, wurde aber nicht zusammengeschlagen.” Anschließend konnte das Opfer wieder gehen.

Besonders perfide: Die Taten wurden nach Polizeiangaben teilweise mit Handys gefilmt.

“Die Videos wurden von der Polizei gesichtet”, sagte ein Polizeisprecher dem stern. Die darin zu sehenden Taten seien definitiv strafrechtlich relevant. “Die Videos wurden nach unseren Erkenntnissen bislang nicht im Internet verbreitet und wir konnten sie bislang auch nicht in sozialen Netzwerken finden.”

Medien berichteten, es seien Zigaretten auf dem Opfer ausgedrückt worden. “Dass Zigaretten auf dem Mädchen ausgedrückt wurden, können wir anhand der Verletzungen des Opfers nicht bestätigen.”

Noch am Nachmittag wurde Anzeige bei der Polizei in München erstattet. “Es handelt sich um eine menschenunwürdige Tat”, so der Polizeisprecher. 

Bildungsreferat München: Tat “in seiner Art und Weise einzigartig”

Es wird nun gegen sieben Tatverdächtige ermittelt. Es handelt sich laut Polizei um drei männliche Personen sowie vier weiblichen Personen im Alter von 13 und 14 Jahren. Gegen sie wird wegen Beleidigung, Bedrohung, Nötigung, Diebstahl und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. “Gefährlich deshalb, weil mehrere Personen beteiligt waren.”

Der Vater des Opfers sagte der Zeitung “tz”: “Unsere ganze Familie steht unter Schock. Meine Tochter wurde drei Stunden lang geschlagen und misshandelt.”

Die Schule des Opfers und der mutmaßlichen Täterinnen und Täter wurde eingeschaltet, wie ein Sprecher des Bildungsreferats der Stadt München dem stern erklärte. “Das Opfer wurde über längere Zeit auf eine Art und Weise drangsaliert, die sehr betroffen und fassungslos macht”, hieß es. Dieser Vorfall sei “in seiner Art und Weise einzigartig”, etwas Vergleichbares habe sich noch nie ereignet. Die betroffene Schule selbst wollte sich nicht äußern.


Fall Luise in Freudenberg: Tötung heizt Mobbing-Debatte an Schulen an

Mutmaßliche Täter haben Hausverbot an Schule

Der Vater des Opfers habe die Schulleitung über die Taten in Kenntnis gesetzt. Das Bildungsreferat betont, dass sich der Vorfall außerhalb des Schulgeländes nach Schulschluss ereignet habe. Die Schulleitung sei am Montag vor Ort gewesen, habe notwendige Gespräche geführt und auch Schulsozialarbeiter eingeschaltet. Die Schulpsychologin habe ihren Urlaub unterbrochen, um sich um das 12 Jahre alte Opfer zu kümmern.

Auch die Tatverdächtigen seien mit ihren Eltern in der Schule gewesen und hätten mit der Schulleitung gesprochen, so der Sprecher des Bildungsreferats. Bei ihnen herrsche “große Betroffenheit”. Die Schule informierte die Polizei nach Meldung der Taten.

Ob die mutmaßlichen Täterinnen und Täter der Schule verwiesen werden, sei noch in Überlegung, so der Sprecher. “Darüber entscheidet aber ein Disziplinarausschuss. Nach den Sommerferien wird das Gremium sich dazu zusammensetzen und beraten.” Bis dahin hätten sie Hausverbot.

Ähnliche Tat im Februar in Schleswig-Holstein

“An jeder Schule gibt es immer mal wieder Auseinandersetzungen zwischen Schülerinnen und Schülern und natürlich generell Auseinandersetzungen von Jugendlichen, vor allem außerhalb der Schule”, erklärte der Sprecher weiter. Die Ursachen für Konflikte seien aus Sicht des Referats vielschichtig und beträfen Jugendliche aller sozialer Schichten. Die Ursachen dafür lägen sehr häufig in sozialen Netzwerken, in Ausgrenzung und Kränkungen, “wie auch in diesem Fall”. Meistens würden die entstehenden Konflikte schnell geregelt.

Trotz andauernder und guter Aufklärungsarbeit sei es daher “wirklich schrecklich”, dass es zu solchen Taten gekommen ist, erklärte der Sprecher.

Der Schulleiter sagte der “Süddeutschen Zeitung”: “Das ist so grausam und brutal, so etwas habe ich in 25 Jahren Schule nicht erlebt.” Einige der mutmaßlichen Täterinnen kämen aus “schwierigen Verhältnissen”, seien aber bisher nicht durch Gewaltbereitschaft aufgefallen. Nach Angaben des Schulleiters will das 12-jährige Opfer weiter an der Schule bleiben.

Der Vorfall in München erinnert an eine Tat im schleswig-holsteinischen Heide, die sich im Februar dieses Jahres ereignete, der stern berichtete. Damals wurde eine 13-Jährige von Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren geschlagen und gedemütigt. Die Taten wurden ebenfalls mit dem Handy gefilmt und im Internet verbreitet. Das Geschehen sorgte deutschlandweit für Entsetzen. Die Täterinnen wurden im Juni von einem Gericht verwarnt und zu gemeinnütziger Arbeit sowie einem Anti-Gewalttraining verurteilt.

source site-1