Möglicher Putschversuch in Niger – Politik

Im Sahel-Staat Niger versuchen Militärs offenbar die Regierung zu stürzen. Nach ersten Berichten haben die Wachen von Staatsoberhaupt Mohamed Bazoum den Zugang zum Präsidentenpalast gesperrt und halten Bazoum in dem Gebäude fest. Auch der Zugang zu weiteren umliegenden Ministerien wurde den Berichten zufolge gesperrt. Zudem soll die Garde, Eliteeinheit der Armee, das Gebäude des nationalen Rundfunksenders umstellt haben. Präsident Bazoum verhandele wohl mit Vertretern des Militärs.

Die genauen Hintergründe des mutmaßlichen Putschversuchs blieben bis zum Nachmittag unklar. Das Präsidialamt erklärte zunächst auf Twitter, Bazoum sei wohlauf. Die Präsidentengarde habe vergeblich eine antirepublikanische Bewegung gestartet. Die nationale Armee sei bereit, die präsidiale Wache anzugreifen, sollte diese sich nicht zurückziehen.

Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichteten, die sonstigen Bereiche der Hauptstadt Niamey erschienen ruhig, der Verkehr fließe normal, die Kommunikation über das Internet sei nicht eingeschränkt. Zwischenzeitlich sei am Mittwoch nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa auch der Betrieb auf dem Flughafen in Niamey eingestellt, dann aber wieder aufgenommen worden. Am Nachmittag lief die Abfertigung wieder.

Die Europäische Union zeigt sich besorgt über die Situation in Niger. Der Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, alle Versuche die Demokratie in Niger zu destabilisieren würden verurteilt. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte “jede Anstrengung, Macht mit Gewalt zu ergreifen und Regierungsführung, Frieden und Stabilität im Niger zu untergraben auf das Schärfste”.

Der wichtigste westafrikanische Regional- und Wirtschaftsblock ECOWAS sprach von einem Putschversuch und forderte die Verschwörer auf, Bazoum freizulassen. Die Afrikanische Union appellierte ebenfalls an “verräterische” Soldaten, den Umsturzversuch zu beenden.

Niger als wichtiger EU-Verbündeter

Ein erfolgreicher Militärputsch in Niger wäre ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen europäischer Staaten in der Region. Das Land ist ein entscheidender Verbündeter im Kampf gegen islamistische Extremisten in der Sahelzone. In den Nachbarländern Mali und Burkina Faso gerieten die Beziehungen zum Westen nach Militärputschen in tiefe Krisen. Damit wuchs die Bedeutung Nigers als Basis für die militärischen Einsätze gegen die Extremisten.

Niger ist zudem ein wichtiger Verbündeter der EU im Kampf gegen die irreguläre Migration aus den Ländern südlich der Sahara. Vor zwei Jahren wurde ein Putschversuch in Niger vereitelt, als Militärs wenige Tage vor der Vereidigung von Bazoum versuchten, den Präsidentenpalast zu stürmen. Bazoums Wahl war der erste demokratische Machtwechsel in dem bitterarmen Land, in dem seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 das Militär vier mal geputscht hat.

Die Bundeswehr unterhält in Niamey einen Lufttransportstützpunkt für das militärische Engagement in Westafrika, auf dem rund 100 deutsche Soldaten arbeiten. Dieser Stützpunkt ist auch für den laufenden Abzug der Bundeswehr aus dem benachbarten Mali wichtig. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin sagte, es sei zu früh, um die Lage zu bewerten. Die in dem Land eingesetzten deutschen Soldaten seien “erst mal in Sicherheit”. Wie es weitergehe, müsse in den kommenden Tagen bewertet werden.

Erst Ende vergangenen Jahres hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Die Bundeswehr stellt für diese EU-Mission bisher nur einige wenige Soldaten, die in Niamey sind. Das Auswärtige Amt hat nach den ersten Berichten über den möglichen Putschversuch zunächst kein genaues Lagebild. “Wir stehen sowohl mit unserer Botschaft vor Ort als auch mit internationalen Partnern dazu in Kontakt”, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. “Und wenn es erforderlich ist, ergreifen wir natürlich auch entsprechende Maßnahmen.”


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