Marktbericht: Anleger hoffen auf Zinspause


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Stand: 27.07.2023 09:39 Uhr

Der DAX startet mit zwar leichten Gewinnen in den Handel, allerdings wagen sich die Anleger vor dem EZB-Zinsentscheid nicht besonders weit aus der Deckung. Ob der Traum vom Zinsgipfel bald erfüllt wird, ist ungewiss.  

Der DAX startet mit einem Plus von rund 0,2 Prozent auf knapp 16.160 Punkten in den Handel. Damit setzt sich das jüngste Auf und Ab des DAX zwischen 16.000 und 16.200 Zählern fort. Gestern war der deutsche Leitindex um 0,5 Prozent auf 16.131 Punkte gefallen.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hatte den Leitzins am Mittwoch um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben. Damit liegt er nun in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Es ist der höchste Stand seit 22 Jahren. Viele Anlegerinnen und Anleger hoffen jetzt auf ein Ende des Zinserhöhungen in den USA: “Die Finanzmärkte preisen nach der gestrigen Sitzung mit rund 80 Prozent Wahrscheinlichkeit ein, dass die Fed gestern Abend den Zinserhöhungszyklus beendet hat”, schreibt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. “Wir erwarten in den nächsten Monaten schwächere Konjunktur- und Inflationsdaten und sehen daher den Zinsgipfel als erreicht an”, schreiben die Ökonomen der Commerzbank in einem Kurzkommentar.

Für die Aktienmärkte bedeuten steigende Zinsen, dass die Investoren am Anleihemarkt renditeträchtige Alternativen finden. Außerdem belasten hohe Zinsen, etwa wegen steigender Kreditkosten, Unternehmen und Konjunktur. Das kann sich wiederum negativ auf die Gewinnsituation der Firmen auswirken. Unternehmensgewinne blieben ein wichtiger Treiber für die Kursentwicklung.

Nach der Zinserhöhung in den USA ist heute die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem Zinsentscheid an der Reihe. Deshalb dürften sich die Investoren zunächst zurückhalten. Sie stellen sich längst die Frage, ob und wie weit die Zinsen noch steigen sollen, zumal die Konjunktur im Währungsraum bereits schwächelt. Der Zinsentscheid wird um 14:15 Uhr publiziert.

Der Markt rechnet damit, dass sie den Leitzins zum neunten Mal in Folge anhebt. “Vertreter der Zentralbank inklusive Präsidentin Christine Lagarde haben einen solchen Schritt in Aussicht gestellt. Ähnlich wie bei der Fed bleibt jedoch die Frage, ob dann das Ende der Fahnenstange erreicht ist, oder ob es weitere Erhöhungen geben wird”, schreiben die Fachleute der Helaba in ihrem Tageskommentar. Die EZB werde sich vermutlich alle Optionen offen halten, um notfalls nochmals an der Zinsschraube drehen zu können, so das Fazit.

Auf die erneute Leitzinsanhebung in den USA hatten die New Yorker Börsen gestern kaum reagiert. Der Leitindex Dow Jones schloss 0,2 Prozent höher bei 35.520 Punkten. Der marktbreite S&P 500 trat bei 4566 Zählern etwa auf der Stelle. Mit minus 0,4 Prozent schloss der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 beim Stand von 15.499 Punkten.

Die asiatischen Aktienmärkte haben heute zugelegt. Dabei blieben die Gewinne allerdings überschaubar. Der japanische Leitindex Nikkei 225 schloss 0,7 Prozent höher bei 32.891 Punkten. Damit setzte der Markt seine kurzfristig eher verhaltene Entwicklung fort. Anlagestratege Stephan von der Deutschen Bank verwies auf die anstehende Sitzung der japanischen Notenbank. Aber auch die Gewinnerwartungen für die börsennotierten japanischen Unternehmen im zweiten Quartal hätten den Optimismus etwas gedämpft.

Auch die Veränderungen an den chinesischen Börsen blieben im Rahmen. Der Hang-Seng-Index der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong gewann zuletzt rund ein Prozent auf 19.568 Punkte. Der CSI 300, der die Aktienkurse der größten Unternehmen an den Börsen Shanghai und Shenzen abbildet, tendierte dagegen kaum verändert.

Volkswagen hat das operative Ergebnis im zweiten Quartal dank abnehmender Lieferengpässe kräftig gesteigert, ist wegen der unsicheren Konjunktur bei seiner Absatzprognose aber vorsichtiger geworden. Das operative Ergebnis legte um fast ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro zu. Der Umsatz kletterte um 15,2 Prozent auf gut 80 Milliarden Euro. Weltweit lieferte der Konzern im Zeitraum April bis Juni 2,3 Millionen Fahrzeuge aus, 18 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Beim Absatz geht das Management für das Gesamtjahr nun aber von einer Spanne zwischen neun und 9,5 Millionen Fahrzeugen aus statt der bisher in Aussicht gestellten 9,5 Millionen Einheiten.

Das Werbegeschäft beim Facebook-Konzern Meta kommt wieder deutlich in Schwung. Der Umsatz wuchs im vergangenen Quartal um elf Prozent auf knapp 32 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 28,8 Milliarden Euro). Der Gewinn stieg um 16 Prozent auf rund 7,8 Milliarden Dollar. Damit ist der Konzern wieder in Richtung des gewohnten Wachstums unterwegs. Im vergangenen Jahr hatten Konjunktursorgen nach Russlands Angriff auf die Ukraine den Online-Werbemarkt gebremst. Das traf auch den Facebook-Konzern: Der Umsatz schrumpfte drei Quartale in Folge.

Der Windturbinenbauer Nordex hat im zweiten Quartal im Tagesgeschäft schwarze Zahlen geschrieben. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stand ein Ergebnis von 0,6 Millionen Euro. Nach sechs Monaten stehen damit nun minus 114,3 Millionen Euro zu Buche und damit rund ein Drittel weniger Verlust als noch vor einem Jahr. Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum von 2,1 auf 2,8 Milliarden Euro. Dabei strich Nordex zwar weniger Aufträge ein, konnte aber das wertmäßige Neuauftragsvolumen stabil halten. Die Hamburger kamen allerdings nur schleppend beim Abarbeiten ihres Auftragsbuchs voran, der Auftragsbestand schwoll weiter an.

Der südkoreanische Elektronikriese Samsung hat im zweiten Quartal trotz Produktionskürzungen bei Speicherchips einen Gewinneinbruch erlitten. Wie der Marktführer bei Speicherchips und Smartphones bekannt gab, schmolz der Betriebsgewinn um 95 Prozent auf 668,5 Milliarden Won (473,2 Millionen Euro). Ein Jahr zuvor hatte der Konzern noch einen Gewinn von 14,1 Billionen Won ausweisen können. Ein Überangebot in der Chipbranche bei schleppender Nachfrage machen Samsung schwer zu schaffen.

Der Autobauer Mercedes-Benz hat dank des guten Laufs bei Lieferwagen und Pkw im vergangenen Quartal auch unter dem Strich mehr Gewinn gemacht. Das Konzernergebnis stieg im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum um 14 Prozent auf 3,64 Milliarden Euro. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern legte im zweiten Quartal um 6 Prozent auf 5,21 Milliarden Euro zu. Den Umsatz steigerte der Autobauer dank eines besseren Absatzes um 5 Prozent auf 38,2 Milliarden Euro.

Nestlé ist im ersten Halbjahr erneut deutlich gewachsen. Organisch ging der Umsatz des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns um knapp neun Prozent auf 46,3 Milliarden Schweizer Franken hoch. Mit 9,5 Prozent geht das Wachstum vollständig auf Preiserhöhungen zurück. Mengenmäßig hat das Unternehmen, das zum Beispiel Kitkat-Schokolade, Purina-Hundefutter oder Nespresso-Kaffee herstellt, hingegen 0,8 Prozent weniger verkauft.

Prall gefüllte Orderbücher haben den Chip-Anlagenbauer Aixtron zuversichtlicher gestimmt. Der Vorstand hob seine Prognose für 2023 an und erwartet nun einen Umsatz zwischen 600 und 660 Millionen Euro statt 580 bis 640 Millionen. Beim Auftragseingang rechnet die Firma mit 620 bis 700 Millionen Euro statt mit 600 bis 680 Millionen. Die operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) soll indes unverändert 25 bis 27 Prozent erreichen. Im ersten Halbjahr stiegen die Bestellungen um zwölf Prozent auf 317,7 Millionen Euro und der Umsatz um 31 Prozent auf 250,7 Millionen Euro. Das Ebit schnellte um 53 Prozent auf 48,1 Millionen Euro.

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