Liveblog zu Nahost: ++ Scholz reist laut Medienberichten morgen nach Israel ++


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Stand: 16.10.2023 11:50 Uhr

Bundeskanzler Scholz wird Medienberichten zufolge morgen nach Israel reisen. Nach wiederholten Angriffen aus dem Südlibanon evakuiert Israel zahlreiche Orte im Grenzgebiet. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Israel verhindert dem ägyptischen Außenminister Samih Schukri zufolge die Öffnung des Grenzübergangs Rafah zum Gazastreifen. Israel habe bislang noch keine Stellung dazu bezogen, sagte Schukri. Ägypten habe sich seit der Eskalation des Konflikts darum bemüht, den Übergang offen zu halten. Man solle sich derzeit um eine Deeskalation bemühen. Die Lage für die Palästinenser im Gazastreifen sei gefährlich.

US-Finanzministerin Janet Yellen hält es für zu früh, um über die wirtschaftlichen Folgen des israelisch-palästinensischen Konflikts zu spekulieren. Die Auswirkungen hingen davon ab, ob sich der Konflikt auf die Region ausbreite, sagte sie dem Sender Sky News. Dies müsse verhindert werden.

Auf die Frage, ob sich die USA und der Westen jetzt einen weiteren Krieg leisten könnten, sagte Yellen: “Ich denke, die Antwort ist: absolut.” Amerika könne es sich sicher leisten, Israel beizustehen und Israels militärische Bedürfnisse zu unterstützen. “Und wir können und müssen auch die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland unterstützen.”

Das Bundesamt für Verfassungsschutz will das Betätigungsverbot gegen die militant-islamistische Hamas und das Verbot des pro-palästinensischen Netzwerks Samidoun rasch und entschlossen durchsetzen. “Wir arbeiten mit allen zur Verfügung stehenden Kapazitäten, um die Umsetzung der Maßnahmen schnellstmöglich zu gewährleisten”, sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang. Er bezeichnete die nach dem Großangriff der Hamas auf Israel angekündigten Verbote als “logische Konsequenz unserer Erkenntnislage”.

Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari hat die libanesische Hisbollah-Miliz vor weiteren Angriffen an der gemeinsamen Grenze gewarnt. “Wenn die Hisbollah den Fehler macht, uns auf die Probe zu stellen, wird die Reaktion tödlich sein”, sagte Hagari. “Israel ist bereit, an zwei Fronten zu operieren, sogar an mehr.”

Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) sieht sich nicht in der Lage, die zunehmende Anzahl von Flüchtlingen im Süden des Gazastreifens ausreichend zu versorgen. Von den etwa 600.000 Binnenvertriebenen befänden sich etwa fast 400.000 in UNRWA-Einrichtungen. “Das übersteigt bei weitem unsere Kapazitäten, auf sinnvolle Weise zu helfen”, teilte das Hilfswerk mit.

Es mangele an Platz in den Unterkünften, Wasser und psychologischer Unterstützung. Eine unbekannte Zahl an Menschen befinde sich zudem noch in UNRWA-Schulen im Norden des Gazastreifens. Man sei nicht mehr in der Lage, ihnen zu helfen oder sie zu schützen. Das israelische Militär hatte angesichts einer wahrscheinlich bevorstehenden Bodenoffensive mehr als eine Millionen Palästinenser im Norden des Küstenstreifens zur Evakuierung in den Süden aufgefordert.

Die militant-islamistische Hamas hat bei ihrem Großangriff auf Israel vor über einer Woche 199 Menschen als Geisel genommen und in den Gazastreifen verschleppt. “Wir haben die Familien von 199 Geiseln informiert”, sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari vor Journalisten. Am Sonntag hatte Israel die Zahl der verschleppten Geiseln noch mit 155 angegeben.

US-Präsident Joe Biden würde es für einen “großen Fehler” halten, wenn Israel den Gazastreifen wieder besetzen sollte. “Die extremen Elemente der Hamas repräsentieren nicht das gesamte palästinensische Volk. Und ich denke, es wäre ein Fehler von Israel, Gaza erneut zu besetzen”, sagte Biden in einem Interview der CBS-Nachrichtensendung “60 Minutes”.

Die Frage, ob die Hamas seiner Ansicht nach komplett vernichtet werden müsse, bejahte der US-Präsident. “Aber es muss eine palästinensische Autorität geben. Es muss einen Pfad zu einem palästinensischem Staat geben.”

Israel hat Berichte über eine angeblich geplante Feuerpause mit der im Gazastreifen herrschenden militant-islamistischen Hamas dementiert. “Es gibt keine Waffenruhe”, teilte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu mit. Zuvor hatte es Berichte gegeben, eine mehrstündige Feuerpause solle die Ausreise ausländischer Staatsbürger nach Ägypten sowie die Einfuhr von Hilfsgütern über den Rafah-Grenzübergang ermöglichen.

Bei israelischen Luftangriffen sind im Gazastreifen seit dem 7. Oktober nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mindestens 2.750 Palästinenser getötet und 9.700 verletzt worden.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, befürchtet, dass der erwartete israelische Militärschlag im Gaza-Streifen die politische Stimmung hierzulande zulasten von Jüdinnen und Juden verändern könnte. “Bilder sprechen eine laute Sprache”, sagte Schuster im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF angesichts der Fotos und Filmaufnahmen, die über den Einsatz verbreiten werden. Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, dass Israel gegen die Terrororganisation Hamas vorgehe.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat vor pro-palästinensischen Netzwerken gewarnt. “Samidoun und die anderen sind ein trojanisches Pferd”, sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. “Sie missbrauchen die deutsche Demokratie.” Wenn man nicht gegen sie vorgehe, “dann werden Sie hier leider Gaza in Deutschland sehen”.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in der vergangenen Woche ein Betätigungsverbot für Samidoun angekündigt, nachdem Anhänger des Netzwerkes den Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel in Berlin offen gefeiert hatten. Samidoun gehört nach Einschätzung von Verfassungsschützern zur radikalen Palästinenserorganisation PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) und ist israelfeindlich.

Bundeskanzler Olaf Scholz will Medienberichten zufolge morgen zu Gesprächen nach Israel reisen. Das melden unter anderem “Bild” und n-tv unter Berufung auf Regierungskreise. Eine Bestätigung der Bundesregierung gibt es bislang nicht. Scholz’ Besuch folgt auf den von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die bereits vergangene Woche als Zeichen der Solidarität in das von den militant-islamistischen Hamas angegriffene Land gereist war.

Nach wiederholten Angriffen der proiranischen Hisbollah-Miliz aus dem Südlibanon auf Israel sollen Orte in bis zu zwei Kilometer Entfernung zum Grenzgebiet evakuiert werden. Das Büro des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant teilte mit, dies betreffe 28 Ortschaften an Israels Nordgrenze. Die Einwohner sollten auf Staatskosten in Sicherheit gebracht und in Gästehäusern untergebracht werden. Am Sonntag hatte die Armee bereits einen vier Kilometer breiten Streifen im Grenzgebiet zu einer Sperrzone erklärt.

Seit den Terrorattacken der islamistischen Hamas auf Israel und den Gegenschlägen der israelischen Armee auf den Gazastreifen kam es in den vergangenen Tagen zu immer heftigeren Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Diese schüren Sorgen vor einer weiteren Eskalation. Dabei gab es bereits mehrere Tote.

US-Präsident Joe Biden erwägt Regierungskreisen zufolge in den kommenden Tagen einen Israel-Besuch. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, teilte ein ranghohes Regierungsmitglied der Nachrichtenagentur AP mit. Eine Reise nach Israel wäre aus Sicht von Beobachtern für Biden eine Chance, nach den brutalen Großattacken der militant-islamistischen Hamas vor Ort die Solidarität der USA mit dem israelischen Volk zu bekräftigen.

Sein möglicher Besuch würde indes in eine Zeit wachsender Sorgen fallen, dass eine erwartete israelische Bodenoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen eine Ausweitung des Konflikts und verheerende humanitäre Folgen nach sich ziehen könnte. So könnte der Iran, der Hauptunterstützer der Hamas, Bidens Visite als Provokation auffassen. Arabische Länder könnten angesichts der steigenden zivilen Opfer im Gazastreifen ebenfalls Anstoß an einer möglichen Israel-Reise des US-Präsidenten nehmen.

Die Zahl der bisher im Nahost-Konflikt getöteten amerikanischen Staatsbürger ist auf 30 gestiegen. Dies teilte das Außenministerium in Washington mit. Es sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Zudem gelten den Angaben zufolge 13 US-Bürger als vermisst. Extremisten der Hamas verschleppten mehr als 150 Menschen in den Gazastreifen. Die Angehörigen haben eindringlich um die Freilassung der Menschen gebeten. Die US-Regierung arbeite gemeinsam mit der israelischen Führung rund um die Uhr daran, den Aufenthaltsort der Geiseln herauszufinden, hieß es in der Mitteilung des US-Außenministeriums. Die USA und Israel tauschten zudem geheimdienstliche Informationen aus. Washington habe zudem Experten entsandt, die die israelische Regierung in Taktiken rund um Geiselbefreiungen berieten.

Eine weitere Bundeswehrmaschine mit 60 deutschen Passagieren aus Israel ist auf dem Militärflugplatz im niedersächsischen Wunstorf gelandet. Der Militärtransporter vom Typ A400M sei aus Tel Aviv kommend gelandet, teilte das Einsatzführungskommando auf X mit. Bisher habe man 222 Personen aus Israel nach Deutschland ausgeflogen, hieß es.

Es ist die vierte Bundeswehr-Maschine, die Deutsche aus Israel holte. Im Falle einer Verschlechterung der Lage stehe die Bundeswehr auch für eine militärische Evakuierung bereit, hatten das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium am Vortag erklärt. Man treffe weitere Vorbereitungen. Der Krisenstab habe außerdem beschlossen, die in die Region entsandten Krisenunterstützungsteams zu verstärken.

US-Außenminister Antony Blinken eine mögliche Ausweisung von Palästinensern aus dem Gazastreifen nachdrücklich abgelehnt. Eine solche Idee sei “zum Scheitern verurteilt”, sagte Blinken in einem Interview mit dem saudiarabischen Nachrichtensender Al-Arabija. Er habe von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sowie “praktisch allen anderen” Spitzenvertretern in der Region “direkt gehört, dass diese Idee keine Chance hat und wir sie daher nicht unterstützen”.

Blinken war nach dem Großangriff der Hamas zu einem Solidaritätsbesuch nach Israel gereist und hatte in den vergangenen Tagen außerdem mehrere weitere Länder in der Region besucht, darunter Jordanien, Saudi-Arabien, Katar und Ägypten.  “Wir glauben, dass die Menschen in Gaza, ihrer Heimat, bleiben können sollten. Aber wir wollen auch sicherstellen, dass sie nicht in Gefahr sind und dass sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen”, sagte Blinken. 

Eine Entsendung von US-Truppen nach Israel ist nach Ansicht von US-Präsident Joe Biden nicht notwendig. Israel habe “eine der besten Kampftruppen”, sagt Biden in einem Fernsehinterview mit “60 Minutes”. Es wäre aber ein Fehler, wenn Israel den Gazastreifen besetzen würde. Er sei zwar der Meinung, dass die Hamas vollständig eliminiert werden müsse, aber es müsse auch einen Weg zur Bildung eines palästinensischen Staates geben. Biden zeigt sich zuversichtlich, dass sich Israel an die Regeln des Krieges halten werde.

Nach heftiger Kritik des kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro an den Angriffen der israelischen Armee im Gazastreifen will Israel seine Exporte an Kolumbien im Sicherheitsbereich einstellen. Dies habe Israel als erste Maßnahme in Reaktion auf Petros Äußerungen entschieden, schrieb ein Sprecher des israelischen Außenministeriums, Lior Haiat, auf der Plattform X.

Petro brachte daraufhin einen Abbruch der Beziehungen zwischen den beiden Staaten ins Spiel. “Wenn wir die Außenbeziehungen mit Israel abbrechen müssen, brechen wir sie ab”, schrieb er. Zuvor hatte Petro mehrmals bei X die israelischen Angriffe im Gazastreifen nach den Attacken der palästinensischen Terrorgruppe Hamas in Israel verurteilt. Der Linkspolitiker hatte dabei das Vorgehen der israelischen Armee mit den Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten und den Gazastreifen mit dem Vernichtungslager Auschwitz und dem Warschauer Ghetto verglichen.

Die Treibstoffreserven aller Krankenhäuser im Gazastreifen dürften nur noch für etwa 24 Stunden reichen, teilt das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) mit. “Ein Ausfall der Notstromaggregate würde das Leben tausender Patienten gefährden”, heißt es auf der offiziellen Website.

UN-Generalsekretär António Guterres hat von der Hamas eine Freilassung aller Geiseln und von Israel die Zulassung von Hilfslieferungen in den Gazastreifen verlangt. Der Nahe Osten stehe “am Rande des Abgrunds”, warnte Guterres. Dem Gazastreifen gingen “Wasser, Strom und andere lebenswichtige Güter aus”.

Die UN verfügten über Vorräte an Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischen Hilfsgütern und Treibstoff in Ägypten, Jordanien, im Westjordanland und in Israel, die “innerhalb weniger Stunden” verschickt werden könnten. Das UN-Personal müsse aber “in der Lage sein”, diese Vorräte sicher und ohne Beeinträchtigung in den Gazastreifen zu bringen und in dem gesamten Palästinensergebiet zu verteilen.

Die radikalislamische Hamas rief Guterres auf, alle Geiseln “sofort” und “ohne Bedingungen” freizulassen. Jedes dieser beiden Ziele – die Freilassung der Geiseln und die Lieferung von Hilfsgütern – stehe für sich und dürfe nicht als “Verhandlungsmasse” missbraucht werden, betonte der UN-Generalsekretär.

Die Taten und die Politik der radikal-islamischen Hamas repräsentieren nach Darstellung von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas nicht alle Palästinenser. In einem Telefonat mit dem venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro habe Abbas zudem erklärt, die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) sei die “einzig legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes”, meldet die offizielle Nachrichtenagentur Wafa. Die Hamas kontrolliert den Gazastreifen seit 2007. Sie und die Fatah von Abbas mit Sitz im Westjordanland sind erbitterte Rivalen.

Die UN-Friedensmission im Südlibanon meldet, ihr Hauptquartier sei von einer Rakete getroffen worden. SPD-Chef Klingbeil fordert “maximale Offenheit”, sollte Israel um weitere Militärhilfe bitten. Die Entwicklungen im Nahen Osten vom Sonntag zum Nachlesen.

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