Liveblog: ++ Hamas feuert laut Israel Raketen aus “humanitärer Zone” ++


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Stand: 07.12.2023 15:46 Uhr

Die Hamas hat laut Israels Armee Raketen aus einer “humanitären Zone” heraus abgefeuert. Israel erlaubt die Einfuhr von mehr Treibstoff in den Gazastreifen. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Belgien will gewalttätigen israelischen Siedler im Westjordanland die Einreise verweigern. Das kündigt die Vize-Ministerpräsidentin Petra De Sutter auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, an. Sie werde zudem vorschlagen, dass sich Belgien für ein EU-weites Einreiseverbot einsetze.

Israel arbeitet nach eigenen Angaben daran, die Zahl der Lastwagen zu steigern, die Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen dürfen. Die für zivile Angelegenheiten in den Palästinensergebieten zuständige israelische Militärbehörde Cogat teilte mit, sie plane die Öffnung des Grenzübergangs Kerem Schalom zwischen Israel und dem Gazastreifen für Inspektionen in den kommenden Tagen. Geliefert werden sollen die Hilfen jedoch weiterhin über den Grenzübergang Rafah, der das abgeriegelte Küstengebiet mit Ägypten verbindet.

Oberst Elad Goren von der Behörde Cogat erklärte, Israel könne derzeit bis zu 250 Lastwagen täglich am Grenzübergang Nitsana zwischen Israel und Ägypten inspizieren. Mit der Öffnung von Kerem Schalom zu Inspektionszwecken könne diese Zahl auf 400 ausgeweitet werden. Goren zweifelte jedoch daran, dass internationale Hilfsorganisationen größere Hilfslieferungen in den Gazastreifen bringen könnten. Die UN-Nothilfeorganisation OCHA hatte erklärt, ihre Fähigkeiten, der Bevölkerung im Gazastreifen Hilfen zukommen zu lassen, seien durch die Kämpfe und Straßensperrungen im Zuge der Ausweitung der israelischen Offensive gegen die Hamas schwer beeinträchtigt. Einige Lastwagen seien im Zentrum des Gazastreifens gestrandet. Hilfsorganisationen seien seit vier Tagen nicht mehr in der Lage, Hilfsgüter nördlich von Rafah ganz im Süden auszuliefern.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Beginn des Gaza-Kriegs nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums auf 17.177 gestiegen. 46.000 Menschen seien verletzt worden, teilte das Ministerium mit. Die Opferzahlen lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Als Folge der Eskalation in Nahost sind in Deutschland innerhalb von zwei Monaten mehr als 4.300 Straftaten verübt worden. Neben Sachbeschädigungen und Volksverhetzungsdelikten zählten dazu auch 470 Gewalttaten, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Herbstkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern in Berlin. Seit dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober seien bundesweit 130 Polizeikräfte bei Einsätzen mit Nahost-Zusammenhang verletzt worden. Ein Schwerpunkt dabei war Berlin.

Die US-Regierung lehnt eine dauerhafte israelische Besetzung des Gazastreifens entschieden ab. Das erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, israelischen Medien zufolge. “Wir unterstützen keine Verkleinerung der territorialen Grenzen Gazas, wir unterstützen keine dauerhafte Vertreibung der Bevölkerung Gazas außerhalb des Gazastreifens”, hob er hervor.

Unterdessen konferierte der Sicherheitsberater von US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Phil Gordon, bei einem Besuch in Ramallah mit palästinensischen Repräsentanten über die politische Zukunft des Gazastreifens und des Westjordanlands. Die US-Regierung unterstütze das Recht des palästinensischen Volkes auf Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung sowie die Wiederbelebung der Palästinensischen Autonomiebehörde, zitieren israelische Medien das Weiße Haus.

Menschenrechtler werfen Israel vor, im Libanon offensichtlich gezielt Journalisten angegriffen zu haben. Untersuchungen der Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International haben einem Bericht zufolge ergeben, dass es sich bei israelischen Angriffen auf eine Gruppe Journalisten am 13. Oktober wahrscheinlich um “absichtliche” und “direkte Angriffe auf Zivilisten” gehandelt habe. Beide Organisationen forderten, dass die Angriffe als Kriegsverbrechen untersucht werden. Die israelische Armee äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen.

Nach der Ausweitung der Angriffe auf den südlichen Gazastreifen hat die israelische Armee das Haus von Hamas-Anführer Jahia Sinwar umstellt. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte in einer Videobotschaft, die Armee habe das Gebäude in Chan Junis umzingelt. Dieser versteckt sich laut Armee-Sprecher Daniel Hagari in einem der Tunnel unter der Erde.

Der 61-jährige Sinwar gilt als einer der Drahtzieher des Terror-Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Seit nunmehr zwölf Jahren ist er der zweitmächtigste Anführer nach Hamas-Oberhaupt Ismail Hanija. 23 Jahre seines Lebens verbrachte er bereits in israelischen Gefängnissen unter anderem wegen der Ermordung von zwölf Palästinensern. Er kam jedoch vorzeitig frei, weil ihn Israel mit mehr als 1.000 Gefangenen gegen den israelischen Soldaten Gilad Shalit austauschte.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant hatte nach dem Terrorangriff erklärt: “Wir werden Jahia Sinwar kriegen und wir werden ihn töten.”

Die Regierung Ägyptens fordert die Beschleunigung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Das berichtet der staatliche Informationsdienst. Seit dem Ende der Feuerpause am 1. Dezember sind die Hilfslieferungen stark zurückgegangen. Die Regierung in Kairo werde es nicht zulassen, dass die Bevölkerung aus dem Gazastreifen verdrängt werde, heißt es in dem Informationsdienst weiter.

Die militant-islamistische Hamas hat nach Angaben der israelischen Armee aus einer als “humanitäre Zone” ausgewiesenen Gegend im Süden des Gazastreifens mehrere Raketen Richtung Israel abgefeuert. In der Nähe der Orte, von denen aus die Angriffe der Terrororganisation ausgingen, befänden sich Zelte geflüchteter Zivilisten, teilte das Militär mit. In dem Gebiet namens Al-Mawasi am Mittelmeer unweit der Grenze zu Ägypten gebe es zudem Einrichtungen der Vereinten Nationen.

Die Hamas habe von Al-Mawasi aus am Mittwochnachmittag unter anderem zwölf Raketen auf die südisraelische Stadt Beerscheba abgeschossen. Israelische Medien meldeten einen Raketeneinschlag dort auf einem Parkplatz. Berichte über Verletzte gab es nicht.

Nach Angaben der Armee landete ein fehlgeleitetes Geschoss aus Al-Mawasi am Mittwoch auch im Gazastreifen selbst. Es habe dort Zivilisten gefährdet.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat anlässlich der in Berlin tagenden Innenministerkonferenz weitere Maßnahmen gegen Antisemitismus gefordert. Was seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober auf den Straßen in Deutschland zu erleben sei, habe er sich “nicht mehr vorstellen können”, sagte Schuster der “tageszeitung”.

Der Präsident des Zentralrats sprach sich zudem für ein strikteres Vorgehen gegen Demonstrationen mit antisemitischen Parolen aus. “Da, wo es begründete Sorgen vor antisemitischen Handlungen gibt, muss es möglich sein, diese Aufzüge zu verbieten”, mahnte er. In diesen Fällen sei aus seiner Sicht das Demonstrationsrecht verwirkt.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat dazu aufgerufen, Journalisten über den Grenzübergang Rafah die Einreise in den Gazastreifen zu ermöglichen. Die NGO forderte die israelischen und ägyptischen Behörden auf, die Grenze für Medienschaffende zu öffnen, damit diese den Übergang in beide Richtungen passieren können. Reporter internationaler Medien würden an der Einreise in den Gazastreifen gehindert. Die Berichterstattung über den Konflikt werde dadurch erschwert. 

Die jordanische Luftwaffe hat in der Nacht zum Donnerstag medizinische Hilfsgüter über der umkämpften Stadt Chan Yunis im Gazastreifen abgeworfen. Wie die Streitkräfte in dem arabischen Land mitteilten, handelte es sich bereits um den vierten Abwurf. Es war jedoch der erste, der an das vor rund zwei Wochen eingerichtete jordanische Feldkrankenhaus in der Stadt im südlichen Gazastreifen ging. Die ersten drei Lieferungen waren an eine Einrichtung im Norden gegangen.

Die jordanische Luftwaffe bereitet den Abwurf von medizinischen Hilfsgütern über dem Gazastreifen vor.

In Chan Yunis im Süden des Gazastreifens vermutet die israelische Arme hochrangige Mitglieder der militant-islamistischen Terrororganisation Hamas. Wie ARD-Korrespondentin Nadja Armbrust berichtet, konzentrieren sich die Kämpfe nun besonders auf die zweitgrößte Stadt des abgeriegelten Küstengebiets. “Das ist der neue Kriegsschauplatz. Gleichzeitig laufen auch weiterhin Kämpfe im Norden”, so die Korrespondentin.

Zudem sei die Situation für die Zivilbevölkerung katastrophal. “Die humanitäre Lage im Gazastreifen verschlechtert sich immer mehr. Es fehlt grundsätzlich an allem”, erklärt Armbrust. Die Menschen, die zuvor wie von der israelischen Armee angeordnet aus dem Norden in südliche Regionen des Gazastreifens geflohen waren, müssten nun erneut fliehen und Schutz suchen.

Israels Militär setzt seine Kämpfe gegen die militant-islamistische Hamas in Chan Yunis, der größten Stadt des südlichen Gazastreifens, fort. Dutzende Stellungen der Terroristen seien angegriffen worden, teilte die Armee mit. Auch im Norden des Küstengebiets gebe es weiter Kämpfe. In Dschabalia hätten Soldaten ein Militärgelände der Hamas angegriffen und dabei ebenfalls mehrere Terroristen getötet. Auf dem Areal fand das Militär eigenen Angaben nach Tunnel und Waffen. Auch Israels Marine habe wieder Stellungen der Hamas im Gazastreifen beschossen.

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben im UN-Sicherheitsrat einen neuen Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem Waffenstillstand vorgelegt. “Die Vereinigten Arabischen Emirate rufen zur dringenden Annahme einer Resolution für einen humanitären Waffenstillstand und haben eben einen Entwurf beim UN-Sicherheitsrat eingereicht”, teilte die Ständige Vertretung des Golfstaats per Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, mit.

Die Situation im Gazastreifen sei katastrophal und beinahe unumkehrbar. “Wir können nicht warten. Der Rat muss entschlossen handeln mit der Forderung nach einem humanitären Waffenstillstand”, so die Mitteilung weiter. Ähnliche Vorstöße waren bislang am Widerstand der USA gescheitert.

Israels Armee hat die größte Stadt im Süden des Gazastreifens, Chan Yunis, nach eigenen Angaben in der Nacht eingekesselt und das Haus des Gaza-Chefs der militant-islamistischen Hamas umstellt. Jihia al-Sinwar konnte offenbar fliehen, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Mittwochabend, “aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn finden”.

Der israelische Außenminister Eli Cohen hat UN-Generalsekretär António Guterres für dessen außergewöhnlichen Aufruf an den UN-Sicherheitsrat zu einem entschiedenen Handeln im Krieg in Nahost scharf kritisiert. Guterres Amtszeit sei “eine Gefahr für den Weltfrieden”, schrieb Cohen auf der ehemals als Twitter bekannten Online-Plattform X.

Zuvor hatte der Generalsekretär das mächtigste UN-Gremium in einem Schreiben gedrängt, sich sofort für die Abwendung einer “humanitären Katastrophe” im Gazastreifen einzusetzen. Guterres wandte dabei erstmals seit seinem Amtsantritt 2017 den Artikel 99 der UN-Charta an. Dieser ermöglicht es dem Generalsekretär, den Sicherheitsrat auf jegliche Angelegenheiten aufmerksam zu machen, die aus seiner Sicht den internationalen Frieden und die Sicherheit bedrohen.

Tim Aßmann, ARD Berlin, zzt. Tel Aviv, tagesschau, 07.12.2023 05:24 Uhr

Israel erlaubt die Einfuhr von mehr Treibstoff in den Süden des Gazastreifens. Das Sicherheitskabinett habe am Abend einer entsprechenden Empfehlung des Kriegskabinetts zugestimmt, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit. Eine Erhöhung der erlaubten Mindestmenge sei erforderlich, “um einen humanitären Zusammenbruch und den Ausbruch von Epidemien zu verhindern”, hieß es weiter. Unklar ist bislang, um wie viel die Treibstoffmenge, die täglich in den Gazastreifen gebracht werden darf, konkret erhöht werden soll. Die USA hatten zuvor von Israel gefordert, mehr Hilfsgüter für den Gazastreifen zuzulassen. Nach israelischen Medienberichten will Washington, dass die tägliche Lieferung von 60.000 Litern Treibstoff verdoppelt oder gar verdreifacht werde.

Die Europäische Union berät einem Entwurf zufolge über eine Verschärfung der Sanktionen gegen die militant-islamistische Hamas und gewalttätige israelische Siedler im Westjordanland. Das Papier des diplomatischen Dienstes für die EU-Außenminister, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, enthält Optionen für ein Treffen am Montag in Brüssel über weitere Reaktionen auf den Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Maßnahmen sollten stärker auf Finanzen und Desinformation abzielen, heißt es in dem Papier.

Die EU solle ein spezielles Sanktionsprogramm gegen die Hamas auflegen. Die radikal-islamistische Palästinensergruppe ist von der EU bereits als Terrororganisation eingestuft, was das Einfrieren aller Gelder oder Vermögenswerte in der EU ermöglicht. EU-Sanktionsbeschlüsse bedürfen in der Regel der Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten. Im aktuellen Konflikt fällt es den Staaten jedoch schwer, sich auf eine gemeinsame Position zu einigen, da sie den israelisch-palästinensischen Konflikt unterschiedlich bewerten.

UN-Generalsekretär Guterres hat den Sicherheitsrat dringlich dazu aufgerufen, die zivile Bevölkerung im Gazastreifen zu schützen. Mehrere deutsche Hilfsorganisationen verteilen Lebensmittelpakete in Gaza. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

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