Liveblog: ++ 7.000 Ausländer und Doppelstaatler wollen Gaza verlassen ++


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Stand: 02.11.2023 09:30 Uhr

Nach ägyptischen Angaben warten 7.000 Ausländer und Doppelstaatler im Gazastreifen auf die Ausreise. Wirtschaftsminister Habeck verurteilt in einer Videoansprache Antisemitismus scharf. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Nach Ägypten wollen auch die Vereinigten Arabischen Emirate Verletzte aus dem Gazastreifen behandeln. Präsident Mohammed bin Sajid habe die Behandlung von 1000 palästinensischen Kindern aus Gaza in Begleitung ihrer Familien verfügt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur WAM. Ziel sei die ärztliche Behandlung in emiratischen Krankenhäusern vor einer sicheren Heimkehr der Kinder zurück nach Gaza. Der Schritt folge auf ein Telefonat mit der Präsidentin des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric.

Die israelischen Einsätze im Gazastreifen gingen am Morgen weiter. Das Militär veröffentlichte Aufnahmen, die die Streitkräfte zeigen sollen.

Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen sind seit Beginn des israelischen Krieges gegen die Terrororganisation mehr als 3.600 Kinder und Jugendliche getötet worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Fast die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner des dicht besiedelten Gazastreifens sind unter 18 Jahre alt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Palästinensischen Angaben zufolge ist für heute die Ausreise von rund 600 weiteren Ausländern und Palästinensern mit doppelter Staatsbürgerschaft nach Ägypten geplant. Auf einer Liste der palästinensischen Behörde am Grenzübergang Rafah standen unter anderem 400 US-Amerikaner sowie Menschen aus der Schweiz, Italien, Griechenland, den Niederlanden, Belgien, Ungarn, Kroatien, Mexiko, Südkorea und weiteren Ländern. Die Grenzbehörde rief diese Ausreisenden dazu auf, früh am Grenzübergang zu warten.

Im Gazastreifen sind weitere 55 Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern eingetroffen. Sie hätten Wasser, Essen und Arzneimittel von Ägypten aus über die Grenze gebracht, teilte der Palästinensische Rote Halbmond mit. Damit seien seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikal-islamistischen Hamas insgesamt 272 Lastwagen in dem abgeriegelten Küstengebiet eingetroffen.

Im Norden des Gazastreifens ist es in der Nacht zu heftigen Gefechten zwischen israelischen Soldaten und Hamas-Terroristen gekommen. Der bewaffnete Arm radikal-islamistischen Organisation, die Kassam-Brigaden, berichteten von Konfrontationen im Nordwesten des Küstenstreifens. Die Kassam-Brigaden hätten Soldaten dort und südöstlich von der Stadt Gaza mit Panzerabwehrgranaten angegriffen.

Die israelische Armee teilte mit, im Verlauf der Nacht seien Soldaten auf Terrorzellen gestoßen, die mit Panzerabwehrraketen, Sprengsätzen und Handgranaten angegriffen hätten. Es kam demnach zu langen Kämpfen, bei denen die Soldaten Unterstützung durch Artillerie und Luftwaffe bekamen. “Dutzende Terroristen” seien dabei getötet worden. Es sei auch Infrastruktur der Hamas zerstört worden.

Im Gazastreifen warten nach Angaben Ägyptens rund 7.000 ausländische Staatsangehörige aus 60 Ländern auf die Ausreise. Das teilte das Außenministerium in Kairo mit. Das Ministerium lud Vertreter ausländischer Botschaften zu einem Treffen in Kairo ein, um über die benötigten Dokumente für die Ausreise sowie die Logistik zu informieren.

Ob es sich bei den 7.000 nur um ausländische Staatsangehörige oder auch um Palästinenser mit zweitem Pass handelt, blieb zunächst unklar. Offen ist auch, ob sich darüber hinaus weitere Ausländer in Gaza aufhalten, die nicht ausreisen wollen. Über welchen Zeitraum die Ausländer ausreisen sollten und ob es für die Öffnung des Grenzübergangs Rafah bereits eine Vereinbarung gebe, teilte das Ministerium nicht mit.

Israels Präsident Izchak Herzog hat sich nach dem Terror-Überfall der Hamas gegen jede Form des Rassismus sowie gegen Hass zwischen jüdischen und arabischen Bürgern ausgesprochen. “Denken Sie daran, dass es hier Dutzende arabische Bürger gibt, die bei dem schrecklichen Massaker sowie als Teil der Sicherheitskräfte und der IDF (der israelischen Armee) mit ihrem Leben bezahlt haben”, sagte Herzog in einer Ansprache an die Nation.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas übe auch “brutalen psychologischen Terror” aus und versuche Hass und Gewalt zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Israel zu schüren. Die arabische Minderheit macht in Israel rund 20 Prozent der knapp zehn Millionen Einwohner aus.

Sportdirektor Martin Schmidt vom 1. FSV Mainz 05 hat in der Debatte um propalästinensische Äußerungen seines Profis Anwar El Ghazi ein weiteres Statement des Fußball-Bundesligisten angekündigt. “Das wird jetzt auf Vorstandsebene besprochen. Wir werden in den nächsten ein, zwei Tagen ein Statement abgeben”, kündigte Schmidt nach dem 0:3 der Mainzer im DFB-Pokal bei Hertha BSC an.

Nur zwei Tage nach El Ghazis Begnadigung hatte es in den Stunden vor dem Hertha-Spiel erneut Probleme gegeben. Ausgangspunkt war ein Instagram-Post, in dem El Ghazi klarstellte, dass das am Montag veröffentliche Vereinsstatement nicht von ihm autorisiert war. Er bereue seinen Standpunkt überhaupt nicht. “Ich distanziere mich nicht von dem, was ich gesagt habe, und stehe bis zum letzten Tag, an dem ich atme, für Menschlichkeit und an der Seite der Unterdrückten”, schrieb El Ghazi. 

Die US-Regierung kündigt eine nationale Strategie gegen Islamophobie an. Der Start des Kampfes gegen Islam-Feindlichkeit wurde zwar schon seit Monaten erwartet. Die Bemühungen wurden aber durch den Gaza-Krieg beschleunigt. Hintergrund dürfte auch sein, dass Präsident Joe Biden bei vielen muslimischen Amerikanern auf Skepsis stößt, weil er die israelischen Angriffe im Gazastreifen als Reaktion auf den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober unterstützt.

Bei grenzüberschreitenden Kämpfen zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah gibt es widersprüchliche Berichte über den Abschuss einer israelischen Drohne. Die radikal-islamische Miliz teilt mit, sie habe eine israelische Drohne über dem Südlibanon mit einer Boden-Luft-Rakete zerstört.

Das israelische Militär bestätigt den Raketenstart, erklärt aber, die Drohne sei “nicht beschädigt”. Als Reaktion auf den versuchten Drohnenabschuss habe das Militär “die Terrorzelle, die die Rakete abgefeuert hatte, und die Abschussbasis angegriffen”, erklärt das Militär ohne Verantwortliche für den Raketenstart zu nennen. Beweise für ihre Behauptungen legt zunächst keine der beiden Seiten vor.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

In einem viel beachteten Video hat Vizekanzler Robert Habeck Antisemitismus in Deutschland scharf verurteilt und Solidarität mit Jüdinnen und Juden angemahnt. “Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren, in keiner. Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort”, sagte der Grünen-Politiker in einem Video, das sein Ministerium bei X (vormals Twitter) verbreitete.

Das Video kam bis zum späten Abend nach Angaben der Plattform auf zwei Millionen Ansichten und wurde tausendfach geteilt. Politiker auch der CDU lobten den Appell.

Angesichts zahlreicher ziviler Opfer und der angespannten Versorgungslage während der israelischen Angriffe auf Stellungen der islamistischen Hamas im Gazastreifen hat das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA erneut eine Feuerpause gefordert.

“Eine humanitäre Feuerpause ist längst überfällig2, sagte UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini nach seinem ersten Besuch im Gazastreifen seit Kriegsbeginn. “Ohne sie werden noch mehr Menschen getötet, die Lebenden werden weitere Verluste erleiden, und die einst pulsierende Gesellschaft wird für immer in Trauer versinken.”

Die derzeitige humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen sei bei weitem nicht genug. «Ich fordere erneut dringende Treibstofflieferungen. Seit fast einem Monat ist kein Treibstoff mehr gekommen und das hat verheerende Auswirkungen auf Krankenhäuser, Bäckereien und Wasserwerke», sagte Lazzarini.

Mehrere führende lateinamerikanische Staaten haben die israelischen Angriffe auf das Flüchtlingslager Dschabalia im Gazastreifen verurteilt. Kritik kam aus Argentinien, das die größte jüdische Gemeinde Lateinamerikas zählt, sowie aus Mexiko und Peru.

“Peru verurteilt die Gewalt, egal von wem sie ausgeht, und wird dies auch weiterhin tun”, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums des südamerikanischen Landes. Die mexikanische Diplomatin Alicia Buenrostro forderte Israel bei einer UN-Sondersitzung auf, seinen Anspruch auf die palästinensischen Gebiete aufzugeben und plädierte für eine Zweistaatenlösung. “Das muss aufhören”, sagte sie. Gleichzeitig kündigte sie an, dass Mexiko seine Hilfe für die palästinensischen Flüchtlinge erhöhen werde.

“Die humanitäre Situation im Gazastreifen wird von Tag zu Tag alarmierender”, erklärte auch das argentinische Außenministerium und forderte Israel auf, Hilfslieferungen in das besetzte Gebiet zuzulassen.

US-Präsident Joe Biden hat sich für eine “Pause” im Krieg zwischen Israel und der Hamas ausgesprochen. Dann hätte man mehr Zeit, “die Gefangenen herauszuholen”, sagte Biden bei einer Spendenveranstaltung für seine Wiederwahlkampagne 2024 in Minneapolis.

Er reagierte damit auf einen Zwischenruf eines Mannes, der eine Feuerpause in Nahost forderte. “Ich denke, wir brauchen eine Pause”, entgegnete Biden. “Eine Pause bedeutet, Zeit zu lassen, die Gefangenen herauszuholen.”

Der Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, hat angesichts des Kriegs im Nahen Osten vor einer wachsenden Gefahr antisemitischer Anschläge in Deutschland gewarnt und sieht die Ursache dafür auch in der Flüchtlingspolitik.

“Wir müssen davon ausgehen, dass auch hiesige Islamisten und Hamas-Sympathisanten es nicht bei Demonstrationen und verbalen Entgleisungen belassen, sondern konkret gewalttätig werden nicht nur in Neukölln, sondern landesweit”, sagte Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.  “Die Lage ist extrem emotionalisiert, es herrscht eine abstrakt hohe Gefährdung”, sagte der Verfassungsschützer, der früher Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland war.

Die jüdischen Gemeinden und Organisationen stünden “ganz besonders im Fokus”, sagte Kramer dem RND. Dabei gehe die größte Gefahr von radikalisierten Einzelpersonen aus.

Vizekanzler Robert Habeck hat die von der UN-Vollversammlung verabschiedete Resolution zur Eskalation der Gewalt zwischen Israel und Palästinensern kritisiert. Israels Partner wie Deutschland und die USA appellierten immer wieder an israelische Regierung, zivile Opfer zu vermeiden und das sei auch richtig, sagte der Grünen-Politiker in der ZDF-Sendung “Markus Lanz”.

Es sei aber völlig unsinnig, die Hamas zur Vermeidung ziviler Opfer aufzufordern. “Denn das Ziel der Hamas ist es, zivile Opfer zu produzieren.” Es sei schlimm, bei den Opfern zu unterscheiden. Aber es sei ein Unterschied auf der politischen Ebene, dass es der Hamas darum gegangen sei, “Menschen hinzuschlachten», sagte Habeck. “Und deshalb ist es keine gute Resolution, weil sie nicht politisch ist. Sie durchdringt und nennt das politische Problem nicht beim Namen.”

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei israelischen Angriffen auf das Flüchtlingslager Dschabalia im Gazastreifen am Dienstag und Mittwoch sind nach Angaben der radikalislamischen Hamas mindestens 195 Palästinenser getötet worden. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.

Rund 120 Menschen würden noch unter den Trümmern vermisst, mindestens 777 weitere seien verletzt, teilte die Pressestelle der von der Hamas geführten Verwaltung im Gazastreifen mit. Israel hat nach eigenen Angaben Hamas-Führer in dem Lager angegriffen und getötet.

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