Langweid bei Augsburg galt als sicherer Ort. Dann wurde geschossen

Landkreis Augsburg
Langweid galt als sicherer Ort. Dann erschoss ein Mann seine Nachbarn. Die Bewohner sind entsetzt


Das Entsetzen in Langweid bei Augsburg ist groß: Dass ein Nachbarschaftsstreit so eskalieren kann, hat dort niemand erwartet. Ein Ort in Schockstarre.

Fassungslos zeigen sich die Menschen in dem beschaulichen Dorf Langweid am Tag nach den tödlichen Schüssen eines 64-Jährigen auf drei Nachbarn. Der Verdächtige sollte im Laufe des Samstags vor einen Ermittlungsrichter kommen. Der Deutsche soll die zwei Frauen und einen Mann in einem Mehrfamilienhaus getötet haben, in dem alle zusammen wohnten. Danach soll er in einem anderen Haus zwei weitere Menschen verletzt haben. Das mögliche Motiv: ein Streit unter Nachbarn.

Der Verdächtige war nach Angaben der Polizei Sportschütze. Er besaß demnach mehrere verschiedene Waffen und eine entsprechende waffenrechtliche Erlaubnis. “BR24” hatte zunächst darüber berichtet. In seinem Auto und in seiner Wohnung stellten Polizeikräfte nach der Tat am Freitagabend mehrere Waffen sicher. Ob der 64-Jährige bisher polizeilich in Erscheinung getreten sei, sei derzeit noch in der Klärung, sagt Polizeisprecher Markus Trieb.

Zahlreiche Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst waren in dem Wohngebiet in Langweid am Lech bei Augsburg bis in die frühen Morgenstunden im Einsatz. Sie sperrten den Tatort mit Flatterband ab, sicherten Spuren und befragten Zeugen.

Feuerwehr sagt Party wegen Schüssen in Langwied ab

Am Samstagvormittag ist von dem Verbrechen dann nichts mehr zu sehen: Kein Flatterband, keine Polizeiwagen, nur wenige Menschen sind in dem gut 8900 Einwohner zählenden Ort in Schwaben auf der Straße unterwegs. Eine Anwohnerin berichtet, wie sie in der Nacht von dem Lärm der Hubschrauber geweckt wurde und die Spurensicherung im Garten beobachtete. Sie wirkt ungläubig und entsetzt, dass so etwas hier passieren konnte.

“Das ist ein ganz unauffälliger, ruhiger Vorort – und auch ein sicherer Ort”, erzählte Polizeisprecher Trieb. Die Freiwillige Feuerwehr hatte für den Samstag eigentlich zu einer Party geladen. Doch nun ist niemandem nach feiern zumute. “Aufgrund der gestrigen Vorfälle in Langweid haben wir die Entscheidung getroffen, unsere heutige Brandlöschparty abzusagen”, heißt es auf der Homepage.

Zwei Opfer außer Lebensgefahr

Langweid ist ein Ort mit vielen Einfamilienhäusern und Reihenhäusern. Mehrfamilienhäuser wie in der Schubertstraße gibt es eher wenige. Nach den bisherigen Ermittlungen der Polizei erschoss der 64-Jährige am Freitagabend im Flur eines Hauses eine 49-Jährige und ihren 52 Jahre alten Mann. Eine 72-Jährige tötete er demnach mit einem Schuss durch die Wohnungstür. Anschließend verletzte er in einem Haus in der Hochvogelstraße eine 32-jährige Frau und einen 44-jährigen Mann ebenfalls mit einem Schuss durch die Wohnungstür schwer.

Die beiden Opfer kamen ins Krankenhaus, schwebten aber nach Angaben der Polizei nicht in Lebensgefahr. Zwischen dem ersten Tatort und dem zweiten liegen mehrere Hundert Meter. Unmittelbare Nachbarn waren die zweiten Opfer also nicht. Nach den derzeitigen Erkenntnissen ist der 44-Jährige aber mit einem der Todesopfer aus der Schubertstraße verwandt.

Der Verdächtige floh nach der Tat mit seinem Auto. Kurz danach konnte die Polizei ihn stellen und festnehmen. Er leistete dabei nach Angaben der Polizei keinen Widerstand. Wieso der Streit zwischen den Nachbarn derart eskalierte, blieb zunächst unklar. “Die Hintergründe der Tat sind aktuell Gegenstand der Ermittlungen”, sagt Trieb.

Initiative fordert verschärftes Waffenrecht

Die Initiative “Keine Mordwaffen als Sportwaffen” forderte mit Blick auf die Gewalttat erneut ein Verbot tödlicher Sportwaffen. “Das Risiko tödlicher Sportwaffen ist nicht beherrschbar”, teilte der Sprecher der Initiative, Roman Grafe, mit. Das deutsche Waffenrecht sei zu lasch. Die gleichen Waffen wie bei den Attentaten in Erfurt (2002), Winnenden (2009), Hanau (2020) und Hamburg (2023) seien grundsätzlich für jeden Sportschützen problemlos zu erwerben.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wies die Forderung zurück: “Eine weitere Verschärfung des Waffenrechts steht momentan nicht zur Debatte”, erklärte er. Zunächst gelte es, die Hintergründe der Tat aufzuklären und “zu ermitteln, wieso der Täter derart ausgerastet ist”. Deutschland habe bereits eines der schärfsten Waffengesetze in Europa. “Die allermeisten Straftaten, bei denen Schusswaffen verwendet werden, werden ohnehin nicht mit legalen, sondern mit illegalen Waffen begangen”, betonte Herrmann.

Irena Güttel / Stefan Puchner / cl
DPA

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