Ist der „Alligator“ Putins letzte Hoffnung vor Melitopol?

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Die ukrainischen Streitkräfte starten im Süden den lange erwarteten Großangriff. Ein Helikopter aus Wladimir Putins Armee wird zur großen Gefahr.

Saporischschja/Tokmak – Der viel zitierte US-General a.D. Ben Hodges und andere Militärexperten hatten eine Großangriff im Süden der Ukraine lange erwartet. Am Donnerstag (27. Juli) soll dieser breitflächige Vorstoß der ukrainischen Streitkräfte gegen die russische Armee in der Oblast Saporischschja zwischen den Dörfern Robotyne und Werbowe losgetreten worden sein.

Ukraine-Offensive im Süden: Russische Armee setzt auf Ka-52 „Alligator“

Ziel soll, von den Russen stark befestigt, der Verkehrsknotenpunkt Tokmak sein. Von dort aus soll es dann weitergehen in Richtung ukrainisches „Widerstandsnest“ Melitopol und Berdjansk, um einen Keil zwischen die im Süden operierenden Truppen der 49., der 58. sowie der 68. Armeen Russlands zu schlagen und das Asowsche Meer zu erreichen, um schließlich die Schwarzmeer-Halbinsel Krim ins Visier zu nehmen.

Am Donnerstag soll die ukrainische Armee bei ihren Bemühungen laut Angaben aus Kiew östlich von Robotyne 2,5 Kilometer vorgerückt sein, was nach der Stagnation der vergangenen Wochen ein erheblicher Fortschritt wäre. Kreml-Chef Wladimir Putin und seine Militärs dürften jetzt vor allem auf einen Kampfhubschrauber vertrauen: Den Ka-52 „Alligator“.

Der Ka-52 „Alligator“: Russlands Kampfhubschrauber bereitet den Ukrainern bei deren Offensive gehörige Probleme. (Symbolfoto) © IMAGO / YAY Images

Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums hat Moskau seit dem völkerrechtswidrigen Einmarsch ins westliche Nachbarland zwar Dutzende Kampfhubschrauber verloren, mit ihnen allerdings auch erhebliche Schäden angerichtet. „Russland hat seit der Invasion höchstwahrscheinlich etwa 40 Ka-52 verloren, aber dieser Typ hat der Ukraine auch einen hohen Preis abverlangt“, schrieben die Briten am Donnerstag in ihrem täglichen Update bei Twitter.

Ka-52-Kampfhubschrauber: Russlands „Alligator“ macht Ukraine Probleme

In den vergangenen Monaten habe Russland seine Streitkräfte im Süden sehr wahrscheinlich zumindest mit einer kleinen Anzahl brandneuer Ka-52M-Varianten erweitert, einem stark modifizierten Fluggerät, das auf den Erfahrungen der Russen in Syrien beruhe, hieß es aus London. Die Einschätzung beruht demnach auf Fotos in sozialen Medien, auf denen Besatzungen neben den neuen Hubschraubern posieren. Damit nicht genug: Eine weitere wichtige Erweiterung der Ka-52-Flotte sei die Ausrüstung mit einer neuen panzerbrechenden Luft-Boden-Rakete (LMUR) gewesen, die eine Reichweite von ungefähr 15 Kilometern habe. Die Crews hätten schnell die Gelegenheit genutzt, diese Waffen außerhalb der Reichweite der ukrainischen Luftabwehr einzusetzen.

Wohl mit Erfolg. Die russische Lufthoheit und dichte Minenfelder seien die größten Probleme für die ukrainischen Truppen am Anfang ihrer Gegenoffensive gewesen, hatte Kiews Außenminister Dmytro Kuleba Anfang Juli den Tageszeitungen Bild und Welt sowie der Website Politico erklärt. Die ukrainische Armee leide sehr darunter, „dass uns Anti-Luft-, Anti-Hubschrauber- und Anti-Flugzeug-Waffen am Boden fehlen“, erzählte der 42-jährige Diplomat damals. Die Russen seien dagegen in der Lage, mit Kampfhubschraubern und Kampfflugzeugen „unsere Gegenoffensivkräfte zu treffen“. Damit meinte der Minister mutmaßlich auch den Ka-52, wegen seiner Form „Alligator“ genannt. Ein im Süden bislang unüberwindbares Hindernis und damit ein Hoffnungsträger Putins?

Russischer Ka-52: Leopard-2-Panzer können sich gegen „Alligator“ nicht verteidigen

Allein beim Dorf Mala Tokmatschka wenige Kilometer nördlich von Robotyne soll die ukrainische Armee in einem großen Minenfeld am 8. Juni insgesamt 25 Minenräumer und Panzer verloren haben, einschließlich sieben gelieferter Leopard-2-Panzer, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ). Im Kampf gegen die Minen forderte Walerij Saluschnyj, der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, im Interview mit der Washington Post (WP) deshalb mehr M58 Mine Clearing Line Charge (MICLIC)-Systeme. Verantwortlich für das beschriebene militärische Fiasko der Ukrainer soll aber auch der Ka-52 gewesen sein, behaupteten russische Militärblogger. Die Ukrainer hatten bei ihrem damaligen Versuch offenbar keine schultergestützte Flugabwehr integriert

Name:Kamow Ka-52 Alligator
Erstflug:1997
Länge:16 Meter (mit Rotor)
Höchstgeschwindigkeit:310 km/h
max. Flughöhe:5500 m
Bewaffnung fest:1 × 30-mm-Maschinenkanone Schipunow 2A42
Bewaffnung je nach Munitionierung:Luft-Luft-Lenkflugkörper, Luft-Boden-Lenkflugkörper (Panzerabwehrraketen), ungelenkte Luft-Boden-Raketen

Ukraine-Offensive im Süden: Findet Kiew ein Mittel gegen den russischen Ka-52?

Mit genau einem solchen tragbaren Flugabwehrsystem will die ukrainische Marine am 25. Juli einen Ka-52 zum Absturz gebracht haben, was sich nicht unabhängig überprüfen lässt. Insbesondere die deutschen „Leos“ sollen sich auf freiem Feld dagegen als anfällig für die Luft-Boden-Raketen der Helikopter erwiesen haben. Zur Einordnung: Zur Luftabwehr haben die Leopard-2-Panzer schlicht ein Maschinengewehr auf Basis des deutschen MG3 im Bereich der Kommandanten-Luke montiert – damit lassen sich Hubschrauber in Kilometer weiter Entfernung freilich nicht bekämpfen. Die Frage wird nun sein, ob die Ukraine eine bessere Luftabwehr bei ihren Vorstößen integrieren kann. Oder ob der „Alligator“ weiter die große Gefahr der Bodentruppen bleibt. (pm)

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