iPad Air 5 im Test: Das günstigste Apple-Notebook ist jetzt ein Tablet

Mit dem neuen iPad Air bringt Apple seinen M1-Chip nun auch in die Tablet-Mittelklasse – und lässt so die Grenze zwischen Tablet und Notebook immer weiter verschwinden. Wie gut das funktioniert und welche Funktionen das iPad Apples Notebooks sogar voraus hat, verrät der Test.

Eigentlich ist es ein Routine-Text, den ich hier gerade verfasse. Ein neues Tablet ist auf dem Markt, ein vorab erhaltenes Test-Modell soll mir einen Eindruck erlauben, was es taugt. Doch eines ist anders als sonst: Statt auf dem Desktop-Rechner schreibe ich den kompletten Test auf dem Tablet selbst. Am großen Bildschirm – und trotzdem mit Maus und Tastatur.

Denn mit dem neuen iPad Air 5 hat Apple die Grenzen zwischen seinen Produktkategorien noch einmal kräftig verschoben. Den ersten Schritt machte der Konzern, als er im Herbst 2020 ankündigte, seine extrem potenten Mobilchips nun auch für seine klassischen Computer optimiert zu haben – und seitdem nahezu sein gesamtes Portfolio auf die eigenen M1-Chips gebracht hat. Dann verkündete man letzten Frühjahr, auch das iPad Pro mit dem M1 anzubieten. Mit dem neuen iPad Air kommt nun der dritte Schritt: Selbst Apples Mittelklasse-Tablets sind ab jetzt mit dem extrem potenten Chip ausgestattet. Und werden damit plötzlich leistungsfähiger als die meisten Notebooks auf dem Markt. Aber kann dieses neue iPad ein Notebook ersetzen?

Was taugt das iPad Air als Notebook-Ersatz?

Das wollte ich im ausführlichen Test herausfinden. Denn: Das neue iPad Air mag dem Vorgänger mit dem bekannten Look und seinem 10,9-Zoll-Display zum Verwechseln ähnlich sehen. Durch die Ausstattung mit dem M1 wird es mit seinem Preis von 679 Euro aber zum günstigsten Apple-Gerät mit einem Desktop-Chip im Herzen. Selbst, wenn man eine Tastaturhülle dazu kauft, bleibt man deutlich unter den knapp 900 Euro, die man für ein M1-MacBook-Air aktuell mindestens zahlt. 

Die Neuerungen des iPad Air 5 im Überblick:

Bekanntes Design mit 10,9-Zoll-Display und TouchID im Einschaltknopf

Vollwertiger Desktop-Prozessor M1 mit acht Rechen- und acht Grafik-Kernen

Smarte Facetime-Kamera Center Stage

5G-Unterstützung

Dass iPads klassische Desktop-Rechner in vielen Situationen ersetzen können – diese These verkündet Apple schon seit einigen Jahren. Für Alltagsnutzung wie Internetsurfen oder eine Mail stimmte das natürlich schon immer. Tatsächlich haben die Tablets in den letzten Jahren immer mehr Fähigkeiten gelernt, die man einem weitreichenderen Einsatz als Alltagsrechner braucht. Das iPad Air, auf dem dieser Text entsteht, ist etwa mit der Docking-Station verbunden, die sonst mein Notebook mit einem großen Monitor sowie Maus und Tastatur verbindet. Wüsste man nicht, dass ich gerade am Tablet schreibe, würde man bei einem schnellen Blick nie darauf kommen.

Dazu bräuchte man allerdings noch nicht das neue iPad Air. Die Fähigkeit zum Anschluss von Peripherie haben auch die Vorgänger schon vor einer Weile erhalten, seit Apple das iPadOS als eigenes Betriebssystem vom iPhone abgetrennt hat, dürfen die Tablets den zusätzlichen Bildschirmplatz auch endlich effektiver nutzen und etwa mehrere Programme gleichzeitig anzeigen.

Das Design mit dem Fingerabdruck-Sensor TouchID im Einschaltknopf hat Apple vom vorherigen iPad Air übernommen. Den schicken Blauton gibt es aber nur für das neue Modell

Das Design mit dem Fingerabdruck-Sensor TouchID im Einschaltknopf hat Apple vom vorherigen iPad Air übernommen. Den schicken Blauton gibt es aber nur für das neue Modell

© Malte Mansholt / stern

Die Grenze zwischen Computer und Tablet verschwimmt immer weiter

Mit dem Umstieg auf den M1-Chip könnte sich das noch einmal deutlich ändern. Denn eines muss man klar sagen: Die Leistung, die Apple da ins iPad Air gepackt hat, kann derzeit keine einzige App in Ansätzen ausschöpfen. Das iPad Air ist sogar potenter als das Einsteigermodell des MacBook Air: Während dessen Grafikchip nur sieben Kerne mitbringt, besitzt das günstigere iPad bereits die acht Kerne, die man sonst nur in teureren MacBook-Varianten bekommt.

Das neue iPad ist also nicht nur für die jetzige Nutzung gedacht – sondern mit zukünftigen Programmen im Hinterkopf entworfen worden, die von der zusätzlichen Leistung auch profitieren können. Oder ein Betriebssystem, dass die Grenzen zwischen Notebook und Tablet noch einmal deutlicher verschwinden lässt.

Noch kein echter Ersatz

In der Praxis stoße ich nämlich bei meinem Experiment doch schnell an Grenzen. Apples Tablet-System ist nach wie vor beschränkter als das Desktop-System MacOS, erlaubt es etwa nicht, Programme frei und in mehreren Fenstern desselben Programmes anzuzeigen. Das erfordert bei einem Ultramultitasker wie mir mit oft Dutzenden offenen Fenstern erstmal eine erhebliche Umstellung. Konzentriert man sich auf wenige offene Programme, funktioniert das Arbeiten aber bereits jetzt schon gut. Solange die benutzte Software verfügbar ist. Das ist mittlerweile aber in immer mehr Feldern der Fall, die Office-Programme Microsofts gibt es genauso selbstverständlich für das iPad wie Adobes Creative Suite.

Nervig wird es aber, wenn man nur mal eben ein drittes oder gar viertes Programm öffnen müsste. Während ich Teams oder Outlook am Desktop immer in einer Ecke geöffnet haben kann, erfordert ein kurzer Chat-Abstecher auf dem iPad einen kompletten Umbau meines eigentlich mit Recherchen und dem geöffneten Text-Dokument schon gut gefüllten Screens. Die schnelle Folge: Chats und Mails werden aufs iPhone umgelagert. Der Third Screen rettet den Tag.

Als reines Tablet kann das iPad Air voll überzeugen.

Als reines Tablet kann das iPad Air voll überzeugen.

© Malte Mansholt / stern

Das iPad ist flexibler

Der Stress ist allerdings schnell vergessen, als ich das Tablet zum Feierabend aus dem Dock nehme und zur Couch herüber trage. Anders als mein Arbeitsrechner verwandelt sich das iPad Air mit dem Ende des Arbeitstages plötzlich zur reinen Entertainment-Maschine. Statt Maus und Tastatur zu nutzen, steige ich auf den Touchscreen um. Innerhalb von Minuten habe ich vergessen, dass ich eben noch auf demselben Gerät gearbeitet habe. Und widme mich lieber Netflix und zeichne dabei mit dem Apple Pencil.

Dabei kann natürlich auch das neue iPad voll überzeugen. Das Display ist mit seiner Auflösung von 2360 x 1640 Pixeln gewohnt scharf, mit einer Helligkeit bis 600 Nit lässt es sich in Innenräumen stets hervorragend ablesen. Bei hellem Außenlicht gerät es im Vergleich zum deutlich helleren iPad Pro allerdings ab und an an seine Grenzen. Auch die verbesserte Lichtverteilung durch MiniLED und die höhere Bildwiederholungsrate ProMotion haben es noch nicht vom Profimodell ins Mittelklasse-Gerät geschafft. Das dürfte aber nur Nutzer stören, die bereits eines der teureren Modelle gewöhnt sind.

Dasselbe gilt für die fehlende Gesichtserkennung FaceID. Weil Apple wieder auf seinen gut funktionierenden Fingerabdruck-Sensor im Einschaltkopf setzt, stört das in der Alltagsnutzung kaum, schließlich entsperrt man das Tablet in der Regel seltener als ein iPhone. Das iPad Air fühlt sich im Alltag genauso rund an wie der Vorgänger.

Diese zwei Dinge hat das iPad Air einem Notebook voraus

Zwei der wichtigsten Neuerungen gegenüber dem Vorgänger-Modell dürften allerdings auch Besitzer von M1-Notebooks neidisch machen. Zum einen ist da das Videocall-Feature Center Stage. Die überarbeite Frontkamera erhöht nämlich nicht nur die Bildauflösung für Facetime und Co. von sieben auf 12 Megapixel und lässt einen bei Videotelefonaten deutlich besser aussehen.

Mit Center Stage wird die Kamera auch noch deutlich cleverer. Steht man während eines Gesprächs auf, um mal die Beine zu strecken, folgt einem der Blick durch den Raum. Kommt eine weitere Person hinzu, erweitert sich automatisch das Bild auch auf das zweite Gesicht.

Ein kleines Manko bei der Umsetzung im iPad bleibt die Position der Kamera: Während sich die Webcam eines Notebooks in der Mitte des oberen Bildschirmrandes befindet, orientiert sich Apple bei den Tablets an seinem iPhone – und packt die Kamera in die kurze Seite. Wer das Tablet also in einer Tastaturhülle für Calls benutzt, schaut immer seitlich an seinem Gegenüber vorbei. 

Wer viel Zeit in Videomeetings verbringt oder den Kontakt mit Freunden oder Angehörigen per Videocall pflegt, wird diese Funktion trotzdem schnell zu lieben lernen. Doch während Apple sie bereits in iPad Pro und iPad Mini und sogar dem letztes Jahr präsentierten iMac verbaute, ist sie in Apples Notebooks bislang noch nicht zu finden.

Aber noch eine weitere Neuerung des iPad Air gibt es nicht für die MacBook-Besitzer: die 5G-Unterstützung. Während es schon seit Jahren Rufe von Fans nach einem MacBook mit Mobilfunk-Verbindung gibt, unterstützt mit dem iPad Air nun schon die dritte iPad-Variante den modernen Mobilfunk-Standard. Im Test funktionierte die Verbindung bei vorhandenem 5G sehr gut, das Netz wird aktuell rasant ausgebaut. Wer öfter unterwegs beim Tablet eine eigene Datenverbindung nutzen möchte, sollte daher über die 5G-Version nachdenken. Sie kostet allerdings 170 Euro extra.

Kein Akkuwunder wie beim MacBook Air

Bei der Akkulaufzeit des iPad Air werden die Besitzer eines M1-MacBook-Air allerdings nicht neidisch werden. Während die Umstellung auf den Apple-Chip bei Notebooks einen gigantischen Boost bei der Laufzeit bedeutete, gibt Apple beim iPad Air die gleichen neun Stunden Akkuleistung beim Internetsurfen an. Das dürfte nach meiner Test-Erfahrung sehr gut hinkommen. Ein Grund dürfte das nicht veränderte Design mit dem baugleichen Akku sein.

Das schicke Magic Keyboard des Vorgängers lässt sich auch am iPad Air der fünften Generation weiter benutzen

Das schicke Magic Keyboard des Vorgängers lässt sich auch am iPad Air der fünften Generation weiter benutzen

© Malte Mansholt / stern

Ein großes Plus hat Apples Entscheidung für das etablierte Design des Vorgängers übrigens beim Zubehör: Das iPad Air der fünften Generation unterstützt die bereits erhältlichen Varianten der Tastatur-Hülle, des schicken Magic Keyboards und den Apple Pencil der ersten Generation. Wer also bereits eines der Zubehör-Teile besitzt, kann es problemlos weiter nutzen. 

Das passt gut zu Apples Umwelt-Bemühungen: Das Gehäuse des neuen iPad Air besteht vollständig aus recyceltem Aluminium, die seltenen Erden in den Magneten sind ebenso vollständig aus älteren Geräten wieder aufbereitet. Und auch die Verpackung ist laut Apple komplett recycelt worden.

Fazit: Ein tolles Tablet – das noch besser werden könnte

Mit dem iPad Air der fünften Generation ist Apple eine rundum gelungene Weiterentwicklung seines Mittelklasse-iPads gelungen – ganz unabhängig vom verbauten M1. Das iPad Air setzt zurecht auf das gelungene Design des Vorgängers und erweitert es mit Center Stage und 5G-Unterstützung um sinnvolle Features. Das iPad Air ist in der Alltagsnutzung ein sehr rund funktionierendes Tablet und dürfte Privatanwendern extrem viel Spass machen. 

Hätte Apple statt des M1 nur den A15 des iPhones verbaut – die meisten Kunden wären trotzdem sehr zufrieden gewesen. Mit der Entscheidung für den Profi-Chip erhöht der Konzern das Zukunftspotenzial des Mittelklasse-iPads aber enorm. Mit der wachsenden Zahl von Apps, die für den Chip angepasst werden – angekündigt sind etwa zahlreiche Spiele und Profi-Programme -, erweitern sich auch die Möglichkeiten des iPad Air immer weiter. Sollte Apple in Zukunft Notebooks und Tablets noch weiter verschmelzen, wäre auch das iPad Air bei dem Schritt ganz vorne dabei. Zu verlieren haben die Kunden bis dahin – nichts.

Das iPad Air ist ab dem 18. März erhältlich. Die Variante mit 64 GB Speicher und WLAN gibt es ab 679 Euro.

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