Hamburg: „Krasser Fehler“ – Scharfe Kritik an Hafen-Plänen des Kanzleramts

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) setzt sich weiter für eine Beteiligung des chinesischen Terminalbetreibers Cosco an einem Containerterminal im Hafen der Hansestadt ein. „In der Sache hat sich nichts verändert“, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Donnerstag mit Blick auf den Streit in der Berliner Ampelkoalition um die Genehmigung des chinesischen Einstiegs. Die Befürchtungen, dass China durch eine Minderheitsbeteiligung am HHLA-Containerterminal Tollerort Zugriff auf die kritische Infrastruktur erhalten könnte, teile der Bürgermeister nicht.

Tschentscher hatte bereits in der Vergangenheit betont, dass weder China noch andere Länder Zugriff auf die kritische Infrastruktur in Deutschland haben dürften. Grund und Boden im Hamburger Hafen blieben daher vollständig in öffentlicher Hand. Auch der Betrieb des Hafens insgesamt liege weiterhin zu 100 Prozent bei der städtischen Hamburg Port Authority. Insgesamt gibt es in Hamburg vier Containerterminals.

„Mit der geplanten 35-Prozent-Minderheitsbeteiligung von Cosco an der Betreibergesellschaft für den Containerterminal Tollerort CTT ist kein strategischer Einfluss oder Zugriff auf die Hafen-Infrastruktur verbunden. Die Betreibergesellschaft ist selbst nur Mieterin der Terminalflächen, die vollständig im Eigentum der Stadt verbleiben“, hatte der Bürgermeister betont.

Streit in der Regierung um China-Einstieg bei Hafenterminal

Ein Medienbericht über den möglichen Verkauf von Teilen des Hamburger Hafens an einen chinesischen Staatskonzern hat für Empörung gesorgt. Laut einer Recherche von NDR und WDR will das Kanzleramt den chinesischen Einstieg durchsetzen – trotz Warnungen der beteiligten Fachministerien.

„Nach Informationen von NDR und WDR haben alle sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, das Geschäft abgelehnt“, berichteten die Sender am Donnerstag. „Das Kanzleramt drängt der Recherche zufolge jedoch darauf, dass der Einstieg zustande kommen soll.“ Auch der „Spiegel“ bestätigt, dass es Streit zwischen Kanzleramt und Ministerien über die Genehmigung des Deals gibt.

Hintergrund ist eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco über eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am Hamburger HHLA-Terminal Tollerort (CTT).

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Den Informationen von NDR und WDR zufolge soll das federführende Wirtschaftsministerium das Thema bereits zur endgültigen Ablehnung im Bundeskabinett angemeldet haben, weil es sich um kritische Infrastruktur handele. Für Besorgnis sorgt demnach, dass durch die geplante Beteiligung ein „Erpressungspotenzial“ entstehen könne.

Eine Regierungssprecherin teilte WELT mit, dass sich das Bundeskanzleramt „mit Blick auf die Betroffenheit von Geschäfts- und Betriebsgeheimissen der beteiligten Unternehmen“ zu laufenden Investitionsprüfungsverfahren nicht äußerte. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wollte den Bericht nicht kommentieren. Auch ein HHLA-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa zu dem Bericht: „Kein Kommentar“.

China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner im drittgrößten europäischen Seehafen. Der Cosco-Konzern, der auch eine der weltweit größten Containerreedereien betreibt, lässt seine Schiffe seit Jahrzehnten am CTT festmachen. CTT mit vier Liegeplätzen und 14 Containerbrücken ist eines von drei Containerterminals, die die HHLA im Hamburger Hafen betreibt. Cosco will im Gegenzug zum Einstieg dort seine Ladungsströme in der Hansestadt konzentrieren, CTT soll zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa werden.

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Dem Bericht zufolge drängt die Zeit: „Wenn das Bundeskabinett keinen Beschluss fasst und keine Fristverlängerung mehr vereinbart wird, würde das Geschäft laut Gesetz automatisch zustande kommen“, schreiben NDR und WDR. „Das wäre nach aktuellem Stand Ende Oktober der Fall – kurz vor einem geplanten China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)“.

Ampel-Fraktionen laufen Sturm gegen mögliche Kanzleramtsentscheidung

Der Bericht sorgte in der Ampel-Koalition für Entrüstung in allen Fraktionen. Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Konstantin von Notz kritisierte beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Ich halte es für hochproblematisch und falsch, wenn jetzt Teile unserer kritischen Struktur Hamburger Hafen an eine digitale Diktatur wie China verkauft werden soll.“ Er ergänzte: „Wir sollten wenigstens irgendwas aus dem Gasabhängigkeits-Desaster lernen.“

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Marcel Emmerich, Grünen-Obmann im Innenausschuss, teilte mit: „Unsere kritische Infrastruktur darf nicht zum Spielball geopolitischer Interessen anderer werden. Europa ist ein starker Handels- und Wirtschaftsraum und auch unsere Häfen zählen zu besonders schützenswerten Einrichtungen.“ Und ergänzte: „Wie Sigmar Gabriel damals Gasspeicher an Russland vertickte, will Olaf Scholz jetzt unbedingt Teile des Hamburger Hafen an China verhökern. Offenbar hat die SPD nichts gelernt.“

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisierte den geplanten Deal ebenfalls scharf. „Die KP Chinas darf keinen Zugang zur kritischen Infrastruktur unseres Landes haben. Das wäre ein großer Fehler und auch ein Risiko“, sagte Djir-Sarai der Nachrichtenagentur dpa. Er warnte davor, naiv gegenüber den chinesischen Machthabern zu sein. Djir-Sarai: „Die knallharten Machtinteressen, die sie verfolgen, sind nicht in unserem Interesse. Es bleibt dabei: China ist ein wichtiger Handelspartner, aber auch systemischer Rivale. Danach sollten wir handeln.“

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann befand: „Ein Verkauf von kritischer Infrastruktur an China ist ein krasser Fehler. Wer berät eigentlich den Bundeskanzler?“ Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, nannte einen chinesischen Einstieg einen Fehler und schrieb: Die Kommunistische Partei hätte dann Einfluss auf alle großen europäische Häfen. „So dumm sollten wir nicht sein – sondern lernfähig!“

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Auch in der eigenen Fraktion wurde der Bericht über die Pläne des Kanzlers heftig kritisiert. Detlef Müller, stellvertretender Bundestagsfraktionsvize der SPD, teilte bei Twitter mit: „Kritische Infrastruktur, großes Thema der letzten Tage, gehört in die öffentliche Hand!“

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Mehrere Bundestagsabgeordnete der Ampel-Fraktionen, aber auch der Union verwiesen auf Äußerungen der deutschen Sicherheitsbehörden am Montag in einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags. Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries (CDU) hatte dort gefragt, wie die Nachrichtendienste die chinesische Beteiligung an kritischer Infrastruktur sähen. Explizit erwähnte er dabei auch die geplante Beteiligung von Cosco in Hamburg.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, antwortete: Ausländische Partner sagten ihm, „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel“. Die Sicherheitsbehörden warnten daher seit geraumer Zeit vor Abhängigkeiten. Es dürfe keine Situation zugelassen werden, „wo vielleicht über kritische Infrastrukturen der chinesische Staat Einfluss auf das politische Geschehen in Deutschland nehmen kann“.

BND-Chef Bruno Kahl erklärte: „Ich will mich nicht in die Hamburger Innenpolitik einmischen. Aber natürlich gehört auch ein Hafen zu den kritischen Infrastrukturen, die man sehr sorgfältig prüfen muss, bevor man da Engagements eingeht.“

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Viele der Tweets der Bundestagsabgeordneten wurden während der Regierungserklärung des Bundeskanzlers am Donnerstagmorgen abgesetzt – in der Scholz auch den besseren Schutz der kritischen Infrastruktur ankündigte.

Kritik auch aus der Opposition

Kritik kam auch aus der Opposition. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte WELT: „Der Einstieg des chinesischen Staatsunternehmens Cosco beim Hamburger Hafen mag den wirtschaftlichen Interessen des Landes Hamburg als Eigentümer des Hafens dienen. Das kann aber nicht entscheidend sein.“ Beim Hamburger Hafen handele es sich um kritische Infrastruktur von nationaler und europäischer Bedeutung. Die Absicht des Bundeskanzlers dem chinesischen Staat über das Staatsunternehmen Cosco erheblichen und wachsenden Einfluss auf diese Infrastruktur zu geben, „wäre eine strategische Fehlentscheidung“, sagte der Außenpolitiker.

„Weil Cosco ein Staatsunternehmen ist, wäre der chinesische Staat direkt beteiligt. Zu ignorieren, dass China damit natürlich Einfluss zugunsten der eigenen Interessen ausüben würde, wäre naiv“, warnte Röttgen. In den vergangenen Jahren habe China systematisch Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen an Häfen in Europa erworben. „Dieser Einfluss auf kritische Infrastruktur vermittelt politische Macht, die China bewusst anstrebt und die es im Konfliktfall nutzen kann, um Druck auf uns auszuüben“. Deutschland müsse aus den schwerwiegenden Fehlern der Russlandpolitik der vergangenen Jahre endlich lernen. „Wir müssen die Abhängigkeit von diktatorischen Staaten und vor allem von China abbauen und nicht immer weiter steigern“, sagte Röttgen.

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Auch CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt warnte vor einem Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco. „Solange China nicht zulässt, dass wir dort in logistische Infrastruktur investieren, sollten wir das auch bei uns nicht zulassen“, sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Hardt WELT. „Die Beteiligung eines chinesischen Staatskonzerns würde bedeuten, dass China sensible, interne Einblicke über die Strategie der Hamburger Hafen und Logistik AG erhält. Genau das sollten wir den Chinesen nicht auch noch auf dem Silbertablett servieren!“

Auch Unionsfraktionsvize Jens Spahn sprach sich gegen einen chinesischen Einstieg aus. Spahn sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Eine Lehre aus Pandemie und Energiekrise ist: Wir müssen unabhängiger von China werden.“ Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wolle die Abhängigkeit offenbar noch vergrößern. „Das wäre ein fataler Fehler.“ Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe Recht. „Deutsche Häfen gehören nicht in chinesische Hand. Zumal Europäer sich in China nicht an Häfen beteiligen können.“

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