Man darf nicht immer nur schimpfen! Besonders nicht über Berlin, das im Sommer eine reizende Stadt sein kann. Und auch nicht über den sogenannten Chaos-Flughafen Berlin-Brandenburg. Ja, er wurde halt mit neun Jährchen Verspätung eröffnet, mein Gott, das ist acqua passata. Und ja, es hat nicht gleich von Anfang an alles so reibungslos geklappt, nachdem er 2020 dann doch seine Türen aufsperrte. Und beim jüngsten Berlin-Marathon war man halt nicht auf so viele zusätzliche Passagiere eingestellt – so what.
Welcher Flughafenbetreiber ohne Fehler ist, werfe die erste Superkleber-Tube! Und unter Personalmangel leiden ja bekanntlich alle Airports. Mysteriöserweise sind die während der Pandemie Entlassenen nicht mehr zurückgekommen. Vielleicht arbeiten sie jetzt im Gastgewerbe. Aber nein, da fehlen sie ja auch. Egal!
Jedenfalls muss auch mal gelobt werden. Und da tut sich jetzt der viel gescholtene BER hervor, mit einer Kundenbindungsmaßnahme allererster Güte. Man könnte es auch eine Kundenberuhigungsmaßnahme nennen. Zum Beginn der ersten Sommer-Reisewelle, als an einem Tag bis zu 80 000 Passagiere abgefertigt werden mussten, waren am BER vierbeinige Beruhigungsmittel unterwegs.
Es handelte sich dabei um den Labrador Emi, den Mischling Pepper und die Dackel Addy und Benny. Als ausgebildete Besuchshunde waren sie mit ihren Frau- und Herrchen an den Check-ins, den Sicherheitsschleusen und den Gates unterwegs, also überall da, wo die Schlangen lang sind und die Zündschnur der Menschen kurz ist. Die Hunde durften gestreichelt werden, gaben Pfote und schauten so unschuldig treuherzig, wie das nur Hunde können.
Das soll dazu beitragen, Stress abzubauen, und generell für eine lockere Atmosphäre sorgen. Und wer könnte das nicht gebrauchen, am Beginn des Urlaubs! Schule aus, Koffer packen, Haus urlaubsfest machen, dann zum Flughafen hetzen, ewig an der Sicherheitskontrolle warten, Flug fast verpassen. Aber halt! Das passierte eben nicht. Nicht in Berlin-Brandenburg. Ein Flughafensprecher gab der Deutschen Presse-Agentur zu Protokoll: “Wir hatten einen sehr gut geplanten und entspannten Start in die Sommerferien, alle Passagiere waren gut vorbereitet und unsere Dienstleister am Flughafen gut aufgestellt.” Das hört man gern, so soll es sein. Gut vorbereitete Passagiere, vielleicht hat das ja auch ein bisschen an den Besuchshunden gelegen, die im Schichtdienst jeweils eine Stunde geknuddelt werden durften. Besonders Kinder oder Leute mit Flugangst würden sich dadurch entspannen, heißt es.
Nun sind die Berliner in Deutschland Pioniere mit den Beruhigungshunden, die von Ehrenamtlichen des Vereins Therapiehunde-Brandenburg e.V. gestellt werden. In Kalifornien, genauer am Flughafen von Los Angeles, gibt es die “Pets Unstressing Passengers” nun bereits seit zehn Jahren. Der BER plant, zum Ferienende auch wieder die Hunde auflaufen zu lassen.
Man könnte, nein, man muss das Konzept unbedingt auch auf deutsche Bahnhöfe und Züge ausweiten. Hier gibt es so viel Bedarf an Beruhigung, dass dafür wahrscheinlich alle Therapiehunde des Landes im 24/7-Dauereinsatz stehen würden. Dringend müssen also weitere Tierarten geschult werden. Denkbar wären neben den Hunden auch Katzen, Meerschweinchen, ja in Bayern vielleicht sogar die ein oder andere gutmütige Kuh oder wenigstens ein paar Schafe. Denn wenn es schon am Gleis nicht läuft und nicht ausreichend gutes Personal zu finden ist – auf die Tiere ist immer Verlass!