Elon Musk und Twitter: Rücksichtslosigkeit hat einen Namen – Wirtschaft

Einige Bewohner von San Francisco hatten in den vergangenen zwei Tagen einen unruhigen Schlaf. Schuld daran ist Elon Musk. Der Twitter-Chef ließ am Wochenende das alte Logo der Firma vom Hauptquartier des Unternehmens entfernen und stattdessen ein ziemlich stattliches “X”- Symbol auf das Dach des Gebäudes montieren. Entscheidend für die schlafraubenden Qualitäten der Reklametafel ist jedoch nicht seine Größe, sondern seine Leuchtfähigkeit. Auf Twitter sieht man in Videos einen Buchstaben, der stroboskopartig derart gleißendes Licht versprüht, dass sofort erblindet, wer im falschen Moment nachts nach oben schaut.

Aus Marketing-Gesichtspunkten mag das ein geschickter Zug sein, dem Nachbarschaftsfrieden ist er jedoch ganz und gar nicht zuträglich.

Überraschend ist diese Vorgehensweise nicht: Der Tesla-, Twitter- und Space-X-Chef hat in den vergangenen Jahren wieder und wieder bewiesen, dass es nur eine Person gibt, deren Wohlergehen ihm wirklich am Herzen liegt: Elon Musk selbst. Die Liste der Rücksichtslosigkeiten ist lang. So beschloss Musk nach der Twitter-Übernahme, keine Miete mehr für viele Standorte des Unternehmens zu zahlen. Im Fall von San Francisco war die Begründung: Die Stadt sei heruntergekommen, dafür könne man doch keine Miete verlangen. Das ist genauso unhaltbar wie unverschämt. Doch die Weigerung hilft Twitter, kurzfristig Geld einzusparen – und das ist, was zählt. Auch in Deutschland strapazierte Musk die Geduld, als er bei seinem Tesla-Werk in Brandenburg mehrfach ohne Genehmigung baute.

Musk ist bekannt dafür, dass er sich nicht sonderlich um das Wohlergehen seiner Mitarbeiter sorgt. Vor allem bei Tesla haben sich diese immer wieder über Sexismus und Rassismus beschwert. Als ein Werk in Kalifornien sich 2020 nicht an lokale Corona-Regeln hielt, infizierten sich 450 Mitarbeiter mit dem Virus. Und als Mitarbeiter darüber nachdachten, eine Gewerkschaft zu gründen, sinnierte Musk öffentlich darüber, warum in aller Welt sie für eine Gewerkschaft ihre Aktienoptionen aufgeben wollen würden – eine Drohung, wie ein Gericht später feststellte.

Zuletzt stellte er Twitter-Mitarbeiter vor die Wahl, seine “Hardcore-Culture”, die vor allem aus unbezahlten Überstunden besteht, zu verinnerlichen – oder das Unternehmen zu verlassen. Musk-Fans – von denen es dennoch Millionen gibt – behaupten stets, dass der Unternehmer eben tut, was erfolgreiche Unternehmer tun müssen: nämlich die Regeln so auszulegen, dass es ihnen wirtschaftlich nützt. Klar, Arbeitsschutz und Gewerkschaften sind teuer, eine inklusive Firmenkultur ist schwer zu erreichen, und Baugenehmigungen nerven.

Musk kann aber noch unangenehmer, wie ein Prozess offenbarte, den ein britischer Höhlentaucher 2019 gegen ihn führte. Ein Jahr zuvor waren zwölf Mitglieder einer thailändischen Kinderfußballmannschaft in einer Höhle verschüttet worden. Der britische Taucher Vernon Unsworth half, sie herauszuholen. Auch Elon Musk mischte dabei mit, vor allem auf Twitter. Er hatte für die Rettungsmission öffentlichkeitswirksam ein Mini-U-Boot zu der Höhle in Thailand gebracht. Unsworth bezeichnete damals das U-Boot als unpraktisch und Musks Aktion als PR-Stunt. Daraufhin nannte Musk Unsworth auf Twitter einen “Pädo-Typen” – seine Leute bezahlten außerdem einen Privatermittler, um diese völlig aus der Luft gegriffene These zu untermauern. Den anschließenden Verleumdungsprozess in den USA gewann Musk zwar, aber nur, weil Beleidigungen dort als freie Meinungsäußerungen gelten.

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