Wie Frankreich und Deutschland Sicherheitslücken in der EU bei EM und Olympia schließen wollen – Euractiv

Lückenhafter polizeilicher Informationsaustausch innerhalb der EU erschwert den Schutz der internationalen Sportturniere im Sommer, sodass Frankreich und Deutschland auf die bilaterale Zusammenarbeit angewiesen sind, um die Lücken zu schließen.

Im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und der Olympischen Spiele in Paris hat sich die Sicherheitslage verschärft. Die Bedrohungen reichen von Hooliganismus über islamistischen Terrorismus bis hin zur hybriden Kriegsführung Russlands.

Schon in der ersten Woche der EM kam es zu einigen Zwischenfällen, etwa zu einem versuchten Hammerangriff in Hamburg und Schlägereien in Gelsenkirchen vor dem Spiel Serbien-England.

Angesichts dieser angespannten Lage hatten die Gastgeberländer Frankreich und Deutschland im Voraus vereinbart, sich gegenseitig vor Ort bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu unterstützen.

Was wie eine bloße Symbolmaßnahme aussieht, ist in Wirklichkeit eine Maßnahme zur Schließung wichtiger Sicherheitslücken, da die EU-Polizei noch immer keinen direkten Zugriff auf polizeiliche Einschätzungen und Informationen ihrer europäischen Nachbarn hat.

„Allgemeine polizeiliche Beurteilungen abgesehen vom Strafregister sind in Europa aufgrund der Rechtsunsicherheit schwer zugänglich – es gibt keine standardisierten Regeln und Datengrundlagen dafür, warum jemand als gefährlich gilt“, sagte Raphael Bossong, EU-Innenexperte bei der SWP-Denkfabrik, gegenüber Euractiv.

Informationen, die in einem Land nach nationalen Rechtsnormen gesammelt werden – etwa darüber, wer als potenzielle Bedrohung für die öffentliche Sicherheit gilt – könnten in einem anderen Land problematisch sein. Dann fehlt die Rechtsgrundlage, um polizeiliche Informationen in großem Umfang zentral verfügbar zu machen, erklärte er.

Bei internationalen Sportturnieren, bei denen es zu grenzüberschreitendem Verkehr und Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit kommt, ist ein schneller Zugang zu Informationen jedoch im polizeilichen Alltag von entscheidender Bedeutung.

Wenn ausländische Hooligans in einer Stadt randalieren und ihre Mannschaft anschließend in einer anderen Stadt spielt, „ist es sehr wichtig, genau zu wissen, wer sich wo aufhält“, sagte Herbert Reul (CDU/EVP), Innenminister des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, in dem sich vier Europastadien befinden.

Die Verbesserung des Informationsaustauschs innerhalb der EU sei „der Schlüssel“, um solche Veranstaltungen besser zu schützen, sagte der ehemalige Europaabgeordnete vor dem Turnier gegenüber Journalisten.

„Eine langwierige Angelegenheit“

„Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann wäre es, dass wir den Informationsaustausch zwischen den Polizeikräften in Europa verbessern. Das ist immer noch eine langwierige Angelegenheit“, fügte er hinzu.

Derzeit seien einige Daten in zentralen Datenbanken wie dem Schengener Informationssystem (SIS) verfügbar, und auch der Informationsaustausch über terroristische Bedrohungen funktioniere reibungslos, sagte Bossong.

Anderenfalls ist die Beschaffung schwieriger und dauert zu lange, trotz der Versuche in den 2000er Jahren, die Prozesse durch eine Reihe von Verträgen zu beschleunigen, die nach der deutschen Stadt, in der sie unterzeichnet wurden, „Prüm“ genannt wurden.

„Wenn französische Beamte ihre Informationen nicht weitergeben wollen oder keine Zeit haben, können deutsche Beamte nicht darauf zugreifen und umgekehrt“, sagte Bossong.

Um solche Engpässe zu minimieren, vereinbarten die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD/S&D) und ihr französischer Amtskollege Gerald Darmanin (Renaissance/Renew) im März, sich gegenseitig Beamte zur Verfügung zu stellen, die sich im Sommer in den jeweiligen Polizeidienst integrieren sollen.

Auf diese Weise können Personen mit Zugriff auf nationale Informationen diese sofort weitergeben, wenn sie am dringendsten benötigt werden. Dies gilt insbesondere bei Veranstaltungen, an denen wahrscheinlich Bürger aus allen Ländern beteiligt sind, wie etwa den französischen Europameisterschaftsspielen.

Bestehende gemeinsame Einheiten, die bereits als regelmäßige „menschliche Zugangspunkte“ für Informationen dienen, sollen außerdem zur Überwachung des deutsch-französischen Grenzverkehrs eingesetzt werden, da Deutschland die Euro-Kontrollen wieder eingeführt hat.

„Tricks“ und Behelfslösungen

Deutschland habe zudem ein „Internationales Zentrum für polizeiliche Zusammenarbeit“ (IPCC) eingerichtet, in dem Beamte aus mehreren europäischen Ländern auf Grundlage bilateraler Verträge Informationen austauschen, teilte das Innenministerium Euractiv mit.

„Das hat es noch nie gegeben und (…) hat ein Vermögen gekostet“, sagte Reul.

Er fügte jedoch hinzu: „Wenn es bereits gemeinsame Polizeistationen gibt, wäre es großartig, wenn die Franzosen einen Einblick in das deutsche System und die Deutschen einen Einblick in das französische System erhalten könnten, anstatt Tricks anzuwenden.“

Auf EU-Ebene verliefen die legislativen Fortschritte schleppend. Ende der letzten Legislaturperiode verabschiedeten die EU-Institutionen eine Aktualisierung des Prümer Abkommens, das den Datenaustausch auf weitere Kategorien ausweitet und ein zentrales IT-System einführt, um Informationsanfragen zu vereinfachen.

Dieses geht allerdings auf ein Pilotprojekt aus dem Jahr 2020 zurück und soll erst 2027 in Kraft treten.

Das größte Hindernis – eine stärkere Harmonisierung der Standards – bestehe jedoch weiterhin, so Bossong abschließend.

[Edited by Aurélie Pugnet/Zoran Radosavljevic]

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