Österreich schlafwandelt einem rechtsextremen Sieg entgegen – POLITICO

Der letzte Aufschwung der Partei kam dann durch das Wiederaufleben der irregulären Migration als politisches Thema sowie durch die Energie- und Inflationskrisen in Europa, die durch den Russland-Ukraine-Krieg ausgelöst wurden. Im Jahr 2022 wurden in Österreich 112.272 Asylanträge gestellt – das sind mehr als auf dem Höhepunkt der Migrationskrise im Jahr 2015. Die Inflation im Jahresvergleich erreichte im Jänner 2023 mit 11,2 Prozent ihren Höhepunkt und liegt weiterhin über dem Durchschnitt der Eurozone. Und die Erdgaspreise stiegen im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 103 Prozent.

Für die FPÖ-Gegner besteht die größte Sorge darin, dass die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen kaum Anzeichen einer Verbesserung zeigen. Die Wirtschaft bleibt schleppend. Das BIP ist im Jahr 2023 um 0,5 Prozent gesunken und soll in diesem Jahr nur noch um 1 Prozent wachsen. Unterdessen haben die Bemühungen der Regierung, die Inflation durch einmalige Barzahlungen und eine Obergrenze für die Energiepreise für Haushalte einzudämmen, bei den Wählern keinen Durchbruch gefunden.

Damit befindet sich Nehammers konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP) nun in einer Zwickmühle. Belastet wird es durch das Erbe der Amtszeit von Ex-Kanzler Sebastian Kurz als Parteichef: Eine Reihe von Korruptionsvorwürfen, die derzeit untersucht werden. Aber gleichzeitig hat die Partei ohne Kurz genau das verloren, was ihr zwei Wahlsiege in Folge beschert hat. Ihre Versuche, die FPÖ nachzuahmen, insbesondere in der Einwanderungspolitik, funktionieren an der Wahlurne nicht mehr.

FPÖ-Chef Herbert Kickl wurde triumphal als „zukünftiger Volkskanzler“ Österreichs gefeiert | Alex Halada/AFP über Getty Images

Am anderen Ende des politischen Spektrums scheint sich die Lage der SPÖ unter dem neuen Vorsitzenden Andreas Babler stabilisiert zu haben, doch die Umfragewerte der Partei sind jetzt nicht besser als vor dem Nabelschauprozess, bei dem ein Führungswettbewerb abgehalten wurde – der mit 1:1 endete Es war peinlich, als aufgrund einer Fehlzählung der falsche Gewinner bekannt gegeben wurde.

Darüber hinaus ist Bablers Traumkoalition – eine linksliberale Allianz aus den österreichischen Grünen und der liberalen NEOS-Partei – eine Fantasie. Außerdem könnte der linke Block dank der Scherzbierpartei noch weiter gespalten sein. Auf einer Pressekonferenz am 18. Januar kündigte ihr Vorsitzender Dominik Wlazny – besser bekannt unter dem Künstlernamen Marco Pogo – die Absicht seiner Partei an, anzutreten, falls die Partei genügend neue Mitglieder und finanzielle Unterstützung gewinnen sollte. SPÖ und Grüne haben mit der Kommunistischen Partei bereits einen Herausforderer – einen weiteren brauchen sie sicher nicht.

Kurz gesagt: Die Regierung ist unpopulär und die Opposition hat keine Zeit mehr, Fuß zu fassen. Die Wirtschaft ist schwach und die unmittelbaren Aussichten des Landes düster. Damit nähert sich Österreich einem rechtsextremen Sieg bei den bevorstehenden Parlamentswahlen. Und wenn die ÖVP – wie 2000 und 2017 – einer Koalition mit der FPÖ zustimmt, wird die Partei wieder an die Macht zurückkehren.

Bei den letzten beiden Wahlen in Österreich war es ein einziges Ereignis, das die Dynamik beider Rennen radikal veränderte. Kurz‘ Putsch im Jahr 2017 führte dazu, dass er die ÖVP übernahm und deren Koalition mit der SPÖ sprengte. Im Jahr 2019 war es die Ibiza-Affäre, als der damalige FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache auf Tonband dabei erwischt wurde, wie er einer Frau, die er für eine Verwandte eines russischen Oligarchen hielt, Regierungsaufträge anbot.

Um ein tragisches Wahlergebnis zu vermeiden, braucht Österreich jetzt dringend ein weiteres Deus ex machina.


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