Neues Antibiotikum tötet gefährliche und resistente Bakterien

Die Forschung ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung neuer wirksamer Medikamente.

Ein neues Antibiotikum, das resistente Bakterien bekämpfen kann.

Antibiotika galten lange Zeit als Wundermittel gegen bakterielle Infektionen. Viele Krankheitserreger haben sich jedoch entwickelt, um Antibiotika im Laufe der Zeit zu widerstehen, und daher wird die Suche nach neuen Medikamenten immer dringender. Forschende der Universität Basel waren Teil eines internationalen Teams, das mithilfe von Computeranalysen ein neues Antibiotikum identifizierte und seine Wirkungsweise entschlüsselte. Ihre Forschung ist ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung neuer, wirksamer Medikamente.

Als „stille Pandemie“ bezeichnet die WHO die stetig steigende Zahl antibiotikaresistenter Bakterien. Erschwerend kommt hinzu, dass in den letzten Jahrzehnten nicht viele neue Medikamente auf den Markt gebracht wurden. Selbst jetzt können nicht alle Infektionen richtig behandelt werden, und Patienten laufen immer noch Gefahr, durch Routineeingriffe geschädigt zu werden.

Neue Wirkstoffe werden dringend benötigt, um die Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien zu stoppen. Eine bedeutsame Entdeckung hat kürzlich ein Team unter der Leitung von Forschenden der Northeastern University in Boston und Professor Sebastian Hiller vom Biozentrum der Universität Basel gemacht. Die Ergebnisse dieser Forschung, die Teil des Projekts «AntiResist» des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) war, wurden kürzlich in veröffentlicht Naturmikrobiologie.

Harte Gegner

Die Forscher entdeckten das neue Antibiotikum Dynobactin durch einen computergestützten Screening-Ansatz. Diese Verbindung tötet gramnegative Bakterien ab, zu denen viele gefährliche und resistente Krankheitserreger gehören. „Die Suche nach Antibiotika gegen diese Bakteriengruppe ist alles andere als trivial“, sagt Hiller. „Sie sind durch ihre Doppelmembran gut geschützt und bieten daher kaum Angriffsmöglichkeiten. Und die Bakterien haben in den Jahrmillionen ihrer Evolution zahlreiche Wege gefunden, um Antibiotika unschädlich zu machen.“

Erst im vergangenen Jahr entschlüsselte Hillers Team die Wirkungsweise des kürzlich entdeckten Peptid-Antibiotikums Darobactin. Die gewonnenen Erkenntnisse flossen in den Screening-Prozess für neue Wirkstoffe ein. Die Forscher nutzten die Tatsache, dass viele Bakterien antibiotische Peptide produzieren, um sich gegenseitig zu bekämpfen. Und dass diese Peptide im Gegensatz zu Naturstoffen im Bakteriengenom kodiert sind.

Fataler Effekt

„Die Gene für solche Peptid-Antibiotika haben ein charakteristisches Merkmal gemeinsam“, erklärt Co-Erstautor Dr. Seyed M. Modaresi. „Nach dieser Funktion durchsuchte der Computer systematisch das gesamte Genom jener Bakterien, die solche Peptide produzieren. So haben wir Dynobactin identifiziert.“ Die Autoren haben in ihrer Studie gezeigt, dass diese neue Verbindung äußerst wirksam ist. Mäuse mit lebensbedrohlicher Sepsis durch resistente Bakterien überlebten die schwere Infektion durch die Gabe von Dynobactin.

Durch die Kombination verschiedener Methoden konnten die Forscher sowohl die Struktur als auch den Wirkmechanismus von Dynobactin aufklären. Dieses Peptid blockiert das bakterielle Membranprotein BamA, das eine wichtige Rolle bei der Bildung und Aufrechterhaltung der äußeren schützenden Bakterienhülle spielt. „Dynobactin steckt von außen wie ein Pfropfen in BamA und hindert es daran, seine Aufgabe zu erfüllen. Die Bakterien sterben also“, sagt Modaresi. „Obwohl Dynobactin mit dem bereits bekannten Darobactin chemisch kaum Ähnlichkeiten aufweist, hat es dennoch denselben Angriffspunkt auf der Bakterienoberfläche. Damit haben wir am Anfang nicht gerechnet.“

Ein Schub für die Antibiotika-Forschung

Auf molekularer Ebene haben die Wissenschaftler jedoch herausgefunden, dass Dynobactin anders mit BamA interagiert als Darobactin. Durch die Kombination bestimmter chemischer Eigenschaften der beiden könnten potenzielle Medikamente weiter verbessert und optimiert werden. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem wirksamen Medikament. „Das computergestützte Screening wird der Identifizierung dringend benötigter Antibiotika einen neuen Schub verleihen“, sagt Hiller. „In Zukunft wollen wir unsere Suche ausweiten und weitere Peptide auf ihre Eignung als antimikrobielle Wirkstoffe untersuchen.“

Referenz: „Computergestützte Identifizierung eines systemischen Antibiotikums für gramnegative Bakterien“ von Ryan D. Miller, Akira Iinishi, Seyed Majed Modaresi, Byung-Kuk Yoo, Thomas D. Curtis, Patrick J. Lariviere, Libang Liang, Sangkeun Son, Samantha Nicolau, Rachel Bargabos, Madeleine Morrissette, Michael F. Gates, Norman Pitt, Roman P. Jakob, Parthasarathi Rath, Timm Maier, Andrey G. Malyutin, Jens T. Kaiser, Samantha Niles, Blake Karavas, Meghan Ghiglieri, Sarah EJ Bowman, Douglas C. Rees, Sebastian Hiller und Kim Lewis, 26. September 2022, Naturmikrobiologie.
DOI: 10.1038/s41564-022-01227-4


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