Kritik zu „Thelma“: June Squibb entfesselt ihren inneren Eastwood

Im Januar spielte Jason Statham in dem Actionthriller „The Beekeeper“ einen ehemaligen Spezialagenten, der Rache an einer Gruppe von Menschen sucht, die es mit Telefonbetrügereien auf ältere Menschen abgesehen haben. Doch in Josh Margolins Regiedebüt „Thelma“ sind es die älteren Menschen selbst, die sich gegen die Telefonbetrüger zur Wehr setzen. Die 93-jährige Großmutter Thelma (June Squibb) braucht keinen verdammten Jason Statham. Sie braucht nur eine Mitfahrgelegenheit.

„Thelma“ spielt im Laufe eines Tages und ist ein Liebesbrief an knallharte Großmütter und Tom Cruise sowie eine Hommage an das kalifornische San Fernando Valley, von Encino bis Van Nuys. Und während „Thelma“ bemerkenswert ist, weil es die allererste Hauptrolle für den mittlerweile 94-jährigen Squibb ist, der seit mehr als sechzig Jahren als Schauspieler auftritt, ist der Film auch eine Visitenkarte für den Drehbuchautor, Regisseur und Editor Margolin, der in dieser hochdramatischen Dramedy sein Können in Sachen Leinwandstil und Spannung unter Beweis stellt.

Margolin macht in „Thelma“ aus wenig viel. Der Film ist von seiner eigenen Beziehung zu seiner Großmutter inspiriert, die ebenfalls Thelma heißt. Obwohl die Kulisse bescheiden ist, fängt Margolin die unwahrscheinliche Schönheit des Tals ein und verleiht dieser Geschichte spannende Spannung, die alltägliche Dramen – wie das ungeschützte Linksabbiegen oder das Schließen von Pop-up-Werbung auf einer Webseite – in nervenaufreibende Actionsequenzen verwandelt.

Sein Stellvertreter in „Thelma“ ist Daniel (Fred Hechinger), ein 24-jähriger sensibler Taugenichts, dessen beste Freundin seine Großmutter Thelma ist. Sie verbringen Zeit in ihrem gemütlichen Zuhause, das von der Abwesenheit ihres kürzlich verstorbenen Mannes heimgesucht wird. Zusammen schauen sie sich Filme der Serie „Mission: Impossible“ an, wobei Daniel Thelma mit ihrem Computer hilft und sich um ihre Sicherheit sorgt. Als Thelma einen panischen Anruf mit der Nachricht erhält, dass Daniel einen Unfall hatte und sie 10.000 Dollar in bar schicken muss, zögert sie nicht, einen Termin bei der Post in Encino zu vereinbaren, um das Geld in den Briefkasten zu werfen.

Als sie herausfindet, dass sie Opfer eines Betrugs geworden ist, nimmt die Handlung Fahrt auf. Daniel ist unverletzt, aber die Polizei ist keine große Hilfe und ihre Familie (Parker Posey als ihre Tochter, Clark Gregg als ihr Schwiegersohn) gibt sich geschlagen. Aber Thelma lässt sich das nicht gefallen. Sie lässt es sich jedoch gefallen, hinter dem Steuer eines zweisitzigen Motorrollers, den sie sich von einem alten Freund namens Ben (Richard Roundtree in seiner letzten Rolle) „leiht“, den sie in einem Pflegeheim besucht. Die beiden begeben sich auf eine Odyssee, um Thelmas Geld zurückzuholen, während sich Thelmas Familie Sorgen um ihren Verbleib macht.

Ihre Reise führt sie an ungewöhnliche Orte, insbesondere in ein Geschäft für antike Lampen, in dem ein bedrohlicher Malcolm McDowell arbeitet, und zu unerwarteten Erkenntnissen. Sie akzeptieren, dass es in Ordnung ist, um Hilfe zu bitten, dass Unabhängigkeit jedoch ein seltenes und kompliziertes Geschenk für Menschen ist, die später im Leben sind. Es ist erfrischend, einen Film zu sehen, in dem jemand in den Neunzigern neue Erkenntnisse und Lernerfahrungen hat und sich die Fähigkeit bewahrt, sich selbst und andere zu überraschen.

Richard Roundtree und June Squibb in „Thelma“.

(David Bolen / Sundance Institute)

Squibb hat eine wunderbare Erscheinung, die den Humor und den Kern der Geschichte gekonnt handhabt und dabei auch wahres Durchhaltevermögen beweist, während der verstorbene, großartige Roundtree eine warme, beruhigende Präsenz bietet. Posey und Gregg sorgen als Daniels überforderte Eltern für die komödiantischen Elemente, während Hechinger auf bezaubernde Weise gestresst ist, weil er seine Großmutter verloren hat und versucht, herauszufinden, was er mit seinem Leben anfangen soll.

Die Besetzung ist fantastisch, aber es ist der filmische Stil, der „Thelma“ zu einem echten Kinoerlebnis macht. Nick Chubas perkussive Filmmusik liefert einen jazzigen Beat, der an „Ocean’s 11“ und „Mission: Impossible“ erinnert, und David Bolens Kameraführung ist reich an Farbe und kreativer Beleuchtung. Margolins inspirierte Regie verleiht „Thelma“ eine ganz neue Dimension und verleiht jedem Moment ein durchdachtes Auge für das Handwerk.

„Älterer weiblicher Actionstar“ ist eine nette Prämisse, aber Margolin macht das Beste daraus, ohne seine Heldin zu infantilisieren oder sonst auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu greifen. Stattdessen liefert er einen Film, der suggeriert, dass es im Leben immer eine Gelegenheit gibt, etwas Neues zu erleben, von den kleinsten Beobachtungen bis zu den dramatischsten Showdowns.

Die wichtigste Lektion von allen? Eine entschlossene ältere Frau zu unterschätzen, geschieht auf eigene Gefahr.

Katie Walsh ist Filmkritikerin beim Tribune News Service.

“Thelma” – Die wunderbare Welt der Magie

Bewertung: PG-13, für starke Sprache

Laufzeit: 1 Stunde, 37 Minuten

Spielen: Ab Freitag, 21. Juni im Kino

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