Kosmische Strahlung wirft neues Licht auf 7.000 Jahre alte antike griechische Siedlung

Forschenden der Universität Bern ist es gelungen, eine prähistorische Bauernsiedlung in Nordgriechenland auf die Zeit zwischen 5328 und 5140 v. Chr. zu datieren. Dafür verwendeten sie dendrochronologische Daten und einen signifikanten Anstieg der Radiokarbonkonzentrationen im Jahr 5259 v. Chr. aufgrund eines kosmischen Ereignisses, das als Miyake-Ereignis bekannt ist. Dieser Durchbruch liefert eine präzise chronologische Referenz für andere archäologische Stätten in Südosteuropa und markiert einen Paradigmenwechsel in der Bestimmung prähistorischer Daten, insbesondere in Gebieten ohne konsistente Baumringchronologien.

Mithilfe der Dendrochronologie und einer Radiokarbonanalyse aus dem Jahr 5259 v. Chr. datierten Forscher eine prähistorische griechische Siedlung auf über 7.000 Jahre. Diese neue Methode ermöglicht eine präzise Datierung weiterer archäologischer Stätten in Südosteuropa.

Forschende der Universität Bern haben erstmals eine prähistorische Siedlung früher Bauern in Nordgriechenland auf über 7000 Jahre datiert. Dies gelang ihnen, indem sie Jahresringmessungen an hölzernen Bauelementen mit einem signifikanten Anstieg der kosmogenen Radiokarbondatierung auf das Jahr 5259 v. Chr. kombinierten. Diese Methode liefert einen zuverlässigen chronologischen Referenzpunkt für zahlreiche weitere archäologische Stätten in Südosteuropa.

Die Datierung von Funden spielt in der Archäologie eine zentrale Rolle. Immer ist es wichtig, herauszufinden, wie alt ein Grab, eine Siedlung oder ein einzelnes Objekt ist. Die Altersbestimmung von Funden aus prähistorischer Zeit ist erst seit wenigen Jahrzehnten möglich. Dabei kommen zwei Methoden zum Einsatz: die Dendrochronologie, die eine Datierung anhand von Jahresringfolgen an Bäumen ermöglicht, und die Radiokarbondatierung, die das ungefähre Alter der Funde anhand der Zerfallsrate des radioaktiven Kohlenstoffisotops berechnen kann. 14C in den Baumringen enthalten.

Ein Team unter der Leitung des Instituts für Archäologische Wissenschaften am Universität Bern ist es nun gelungen, Holz aus der archäologischen Stätte Dispilio in Nordgriechenland, bei dem eine Datierung auf das Jahr bisher nicht möglich war, genau auf verschiedene Bauaktivitäten zwischen 5328 und 5140 v. Chr. zu datieren. Die Forscher nutzten hochenergetische Teilchen aus dem Weltraum, die sich zuverlässig auf 5259 v. Chr. datieren lassen. Ihre Forschung wurde am 20. Mai in der Zeitschrift Naturkommunikation.

Baumringchronologien und die 14C-Methoden haben ihre Grenzen

Die Dendrochronologie nutzt charakteristische Muster breiter und schmaler Jahresringe im Holz, die von klimatischen Bedingungen beeinflusst werden. Daher kann ein Holzobjekt durch Vergleich der Jahresringbreiten mit bereits vorhandenen Standard- oder Regionalchronologien datiert werden.

„In Mitteleuropa gibt es eine Baumringchronologie, die fast 12.500 Jahre in die Vergangenheit zurückreicht – bis ins Jahr 10.375 v. Chr. Diese Chronologie gilt allerdings nur für gewisse Regionen. Für den Mittelmeerraum gibt es keine einheitliche Chronologie“, sagt der Erstautor der Studie, Andrej Maczkowski vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern.

Daher muss die dendrochronologische Datierung aus dieser Region mit Hilfe der Radiokarbondatierung als „schwebend“ eingestuft werden. Solange ein Baum lebt, absorbiert er das radioaktive Isotop 14C (Radiokohlenstoff) in der Erdatmosphäre durch PhotosyntheseWenn es stirbt, absorbiert es nicht mehr 14C; das Isotop zerfällt mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren. Mithilfe einer Labormessmethode kann dann bestimmt werden, wie viel 14C noch in einem bestimmten Baumring enthalten ist, und so den ungefähren Todeszeitpunkt des Baumes über die bekannte Halbwertszeit berechnen. „Die Genauigkeit solcher Einteilungen liegt im besten Fall im Bereich von Jahrzehnten“, sagt Maczkowski.

Das Pfahlfeld am Standort Dispilio

Das Pfahlfeld am Standort Dispilio. Knapp 800 Pfähle, überwiegend aus Wacholder- und Eichenholz, wurden beprobt und dendrochronologisch vermessen. Diese Daten bilden die Grundlage für die hochpräzise Datierung dieser Stätte. Dispilio ist die erste archäologische Stätte, die mithilfe des Miyake-Ereignisses 5259 v. Chr. auf ein genaues Jahr datiert werden konnte. Bildnachweis: Dispilio Excavation Archive

«Bis vor kurzem glaubte man deshalb, eine dendrochronologische Datierung auf das Jahr genau sei nur möglich, wenn eine kontinuierliche regionale Baumringchronologie vorliegt, was für prähistorische Zeiträume weltweit nur in drei Regionen der Fall ist: im Südwesten der USA, in den nördlichen Alpenvorländern sowie in England/Irland», erklärt Albert Hafner, Professor für Prähistorische Archäologie an der Universität Bern und Erstautor der Studie.

Paradigmenwechsel dank japanischem Physiker

Im Jahr 2012 tauchte eine Lösung für das Problem auf: Der japanische Physiker Fusa Miyake entdeckte, dass ein massiver Zustrom kosmischer Strahlung, vermutlich aufgrund von Sonneneruptionen, zu einem Anstieg der atmosphärischen 14C-Gehalt, der in den jeweiligen Jahresringen der Bäume abgelagert ist. Diese Spitzen lassen sich anhand langer Jahresringchronologien genau datieren und sind, da es sich um globale Ereignisse handelt, wichtige Ankerpunkte, insbesondere in Regionen ohne konsistente Jahresringchronologien.

„Miyake erkannte die ersten Ankerpunkte dieser Art und führte damit zu einem Paradigmenwechsel in der prähistorischen Archäologie“, sagt Albert Hafner. Heute sind ein Dutzend dieser Miyake-Ereignisse sind bis 12.350 v. Chr. bekannt, und die beiden wichtigen Ereignisse von 5259 und 7176 v. Chr. wurden erst 2022 von Forschern der ETH Zürich entdeckt. In den letzten Jahrhunderten wurden keine Ereignisse dieser Größenordnung mehr registriert. Sollte sich heute ein Ereignis dieser Größenordnung wie 5259 v. Chr. ereignen, hätte dies wahrscheinlich verheerende Auswirkungen auf Telekommunikation und Elektronik.

Miyake-Event ermöglicht Dating in Dispilio

Dem Forschungsteam des von der Universität Bern geleiteten Projekts EXPLO ist es gelungen, anhand von 787 Holzstücken aus der archäologischen Stätte Dispilio am Orestida-See in Nordgriechenland eine 303 Jahre umfassende Jahresringchronologie zu erstellen, die im Jahr 5140 v. Chr. endet. Die identifizierten Siedlungsphasen zeigen verschiedene Hausbauaktivitäten über 188 Jahre zwischen 5328 und 5140 v. Chr. Diese genaue Datierung ist möglich, weil in dieser Zeit im Jahr 5259 v. Chr. ein Miyake-Ereignis bekannt ist.

Forscher der ETH Zürich konnten durch die Radiokohlenstoffdatierung mehrerer individuell definierter Jahresringe einen Peak im Radiokohlenstoffgehalt in dieser Zeit nachweisen. Es galt also, diesen Peak, der sich global in den Jahresringchronologien von sibirischer Lärche, amerikanischer Kiefer und europäischer Eiche widerspiegelt, auf der Jahresringchronologie von Dispilio in Griechenland zu reproduzieren und mit dem Ankerpunkt 5259 v. Chr. zu verbinden. „Der Balkan ist damit die erste Region weltweit, die von diesem Paradigmenwechsel profitiert und unabhängig von einem einheitlichen Kalender absolute Datierungen erfolgreich bestimmen kann“, sagt Albert Hafner.

Andrej Maczkowski ergänzt: „Wir erwarten, dass sich nun in rascher Folge weitere Chronologien für die Region aus dieser Zeit mit der ‚Dispilio-Chronologie‘ verbinden lassen. Damit ist der Weg frei für die Entwicklung einer regionalen Dendrochronologie für den südlichen Balkan.“ „Auf dem Balkan befinden sich die ältesten Seeufersiedlungen Europas, deren Fundstätten auf kurz nach 6000 v. Chr. datiert werden. Die Region spielte eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung der Landwirtschaft in Europa.“

Referenz: „Absolute dating of the European Neolithic using the 5259 BC rapid 14C excursion“ von Andrej Maczkowski, Charlotte Pearson, John Francuz, Tryfon Giagkoulis, Sönke Szidat, Lukas Wacker, Matthias Bolliger, Kostas Kotsakis und Albert Hafner, 20. Mai 2024, Naturkommunikation.
DOI: 10.1038/s41467-024-48402-1


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