Führender parlamentarischer Ausschuss fordert Regulierung von süchtig machendem Design im Internet – EURACTIV.com

In einem Bericht, der im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments mit großer Mehrheit angenommen wurde, argumentieren die Gesetzgeber, dass digitale Plattformen weniger abhängig machen sollten und sich dabei auf den Schutz von Kindern und die Schäden sozialer Medien konzentrieren sollten.

Das Thema süchtig machendes Design, bei dem es darum geht, die Aufmerksamkeit der Benutzer zu fesseln, damit sie so viel Zeit wie möglich auf Plattformen verbringen, steht seit letztem Jahr auf der Tagesordnung, als der Binnenmarktausschuss (IMCO) seine Resolution zum Thema „süchtig machendes Design von“ vorlegte online Dienste”.

Eine Begründung für die Notwendigkeit der Gesetzgebung ist, dass es zwar Regelungen für Süchte wie Drogen, Alkohol, Tabak oder Glücksspiel gibt, für die Abhängigkeit von digitalen Plattformen oder sozialen Medien jedoch keine.

„Der IMCO-Ausschuss ist sich einig: Keine Selbstdisziplin kann die süchtig machenden Designtricks überwinden, mit denen wir heute alle online konfrontiert sind“, sagte Berichterstatter Kim Van Sparrentak gegenüber Euractiv.

„Dies kann enorme Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und sogar die Gehirnentwicklung haben. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird dies Auswirkungen auf kommende Generationen haben. „Die EU muss eine Vorreiterrolle übernehmen und gegen die süchtig machende Gestaltung von Online-Diensten vorgehen“, erklärte sie.

Überprüfung der Gesetzgebung mit Schwerpunkt auf Minderjährigen

In dem Text vom 18. Oktober forderte das Parlament die Kommission auf, zu prüfen, welche aktuellen Gesetze oder politischen Initiativen gegen suchterzeugendes Design erforderlich sind, beispielsweise eine Überarbeitung der Richtlinie über Geschäftspraktiken, der Richtlinie über Verbraucherrechte und der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln.

Dabei sollten gefährdete Gruppen, beispielsweise Kinder, berücksichtigt werden. Der Text schlägt außerdem vor, die Definitionen von „Verbraucher“, „gefährdeter Verbraucher“ und „Händler“ zu überprüfen.

Weitere Forschungsarbeiten zum Suchtdesign sollten von der Kommission finanziert werden, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, um „grundlegende Probleme“ und mögliche Lösungen zu verstehen.

Das Dokument fordert die Kommission außerdem auf, Praktiken und Suchttechniken zu verbieten, die in anderen Gesetzen noch nicht verboten sind.

In dem Bericht heißt es, dass politische Initiativen zu „sicheren digitalen Diensten und Produkten für Kinder, die die Einhaltung der Kinderrechte fördern können“ umgesetzt werden sollen.

Sozialen Medien

In Bezug auf Social-Media-Plattformen sollten Benutzer auf Apps von Drittanbietern zugreifen können, heißt es in dem Bericht.

Verbraucher sollen zudem die Möglichkeit haben, „Aufmerksamkeit erregende Funktionen“ („Recht auf Unruhe“) auszuschalten, sie aber auch einzuschalten, wenn sie möchten, „ggf. mit einem beigefügten verpflichtenden Warnhinweis“.

Dem Text zufolge würde dies den Verbrauchern „echte Wahlmöglichkeiten und Autonomie“ statt einer „Informationsüberflutung“ bieten.

Darüber hinaus sollten Plattformen nicht über Funktionen verfügen, die die Aufmerksamkeit der Nutzer monopolisieren oder sie unbewusst beeinflussen.

Insbesondere für Minderjährige sollten automatische Sperren „nach einer voreingestellten Nutzungsdauer“, eine Einschränkung der Nutzung zwischen bestimmten Zeiten oder eine wöchentliche Zusammenfassung der Bildschirmzeit vorgesehen sein. Zusammenfassungen der Bildschirmzeit sollten mit Sensibilisierungskampagnen innerhalb der Anwendung einhergehen, die sich auf problematisches Online-Verhalten sowie potenzielle Risiken konzentrieren.

Im Text heißt es, dass Selbstkontrollstrategien in Bildungsrichtlinien, Präventionsplänen und Sensibilisierungskampagnen enthalten sein sollten.

Designs werden erstellt, um „Aktivität, Engagement, Inhaltsproduktion, Netzwerkentwicklung und Datenaustausch“ zu maximieren. Dies gelte für die Datenmonetarisierung, heißt es im Text. Das bedeutet, dass Daten für einen messbaren wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen genutzt werden.

Andere Dienste funktionieren jedoch möglicherweise mit abonnementbasierten Modellen, die auch süchtig machende Designs enthalten können.

Der Text stellt fest, dass Kinder „sich selten von sozialen Medien trennen“ und sich ohne ihr Telefon unsicher fühlen. Der Druck durch soziale Medien kann zu psychischen Problemen führen, wodurch die jüngere Generation dafür empfindlicher wird. Spielsucht wird auch „von der Weltgesundheitsorganisation als psychische Störung anerkannt“.

Auch zu diesem Thema sind weitere Untersuchungen erforderlich, da einige Merkmale zwar möglicherweise keine Auswirkungen auf Erwachsene haben, Kindern jedoch schaden können. Kontinuierliche Forschung ist insbesondere angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich Social-Media-Plattformen entwickeln, erforderlich.

Der Gesetzgeber sagte, dass Funktionen in sozialen Medien wie endloses Scrollen, Autoplay oder das Setzen von Zielen wie „Streaks“ entfernt werden sollten.

Digitale Asymmetrie, dunkle Muster und Empfehlungssysteme

Der Text bezieht sich auf die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, die darauf abzielt, unlautere Geschäftspraktiken beim Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern zu regulieren.

Die Änderungen legen nahe, dass die Richtlinie die digitale Asymmetrie bei Verbrauchern und Durchsetzungsbehörden berücksichtigen sollte, die oft „aufgrund mangelnder Kenntnisse und Einblicke im Dunkeln darüber tappen, was hinter den Schnittstellen von Online-Diensten passiert“.

Nationale Behörden bzw. die Kommission sollten außerdem dafür sorgen, dass die Dienste ohne dunkle Muster bereitgestellt werden, die sich auf Praktiken beziehen, die Benutzer zu etwas verleiten, was sie nicht tun wollten, beispielsweise zum Abschluss einer überteuerten Versicherung.

Teil des neuen Textes ist auch die Sicherstellung, dass Dienste nicht „by design“ irreführend oder süchtig machend gestaltet sind, ebenso wie der Vorschlag, die Experimentier-Dashboards der Online-Dienstanbieter zu teilen, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Anstatt interaktionsbasierte Empfehlungssysteme zu verbieten, schlagen die Änderungen nun eine Bewertung der Sucht- und psychischen Auswirkungen durch die Kommission vor. Solche Systeme können Benutzern basierend auf ihren vorherigen Interaktionen Produkte empfehlen.

Sobald der Bericht des Parlaments im Plenum angenommen ist, wird er in die laufende Eignungsprüfung des aktuellen Verbraucherrechts durch die EU-Exekutive einfließen. Zwar gibt es noch keinen genauen Termin für die Abstimmung im Plenum, sie wird jedoch höchstwahrscheinlich im Dezember oder Januar stattfinden.

[Edited by Luca Bertuzzi/Nathalie Weatherald]

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