Deutsche Medien entfachen erneut Debatte über „unfaire“ EU-Agrarsubventionsverteilung – EURACTIV.de

Recherchen verschiedener deutscher Medien haben die Debatte um die Verteilung der EU-Agrarsubventionen neu entfacht, da die Mittel weitgehend nach landwirtschaftlichen Flächen vergeben werden, was insbesondere großen Agrarkonzernen zugute kommt.

Lesen Sie hier die deutsche Originalgeschichte.

Über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU haben landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland in der Förderperiode, die 2014 begann und in diesem Jahr endet, rund 53 Milliarden Euro erhalten.

Das sind durchschnittlich 127.000 € pro Betrieb über acht Jahre.

Der Durchschnitt zeigt jedoch nicht das ganze Bild, da die Förderzahlen stark von der Betriebsgröße abhängen, heißt es in einer gemeinsamen Recherche von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, die am Freitag (2. Dezember) veröffentlicht wurde.

Der Untersuchung zufolge erhielten die obersten 1 % der größten Empfänger in Deutschland fast ein Viertel aller EU-Agrarmittel, während die kleinsten Betriebe, die 50 % der landwirtschaftlichen Betriebe ausmachen, zusammen 8 % der Subventionen erhielten.

Dass größere Betriebe mehr EU-GAP-Gelder erhalten, verwundert nicht, denn die sogenannten Direktzahlungen, die einen großen Teil der GAP-Förderung ausmachen, werden in der Regel pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche gezahlt.

Kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe im Fokus

Allerdings geht laut Recherche die Schere zwischen Groß- und Kleinbetrieben weiter auseinander – obwohl sich sowohl die EU insgesamt als auch Deutschland zum Ziel gesetzt haben, kleine Betriebe besonders zu unterstützen.

Im derzeitigen System der Direktzahlungen, das Ende des Jahres ausläuft, gibt es in Deutschland eine sogenannte Umverteilungsprämie, von der kleine und mittlere Betriebe profitieren. Dies ist eine zusätzliche Prämie für die ersten Hektar, die auf kleinen Betrieben einen größeren Anteil an der Gesamtfläche ausmachen.

Bereits vor 2014, als die aktuelle GAP vorbereitet wurde, hatte sich die Bundesregierung für diese Option entschieden, anstatt die Beitragsbeträge ab einer Summe von 150.000 Euro zu kürzen – eine Option, die auch nach EU-Recht zulässig gewesen wäre.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Mittelverteilung unter der reformierten GAP ab Januar entwickeln wird.

Deutschlands sogenannter Nationaler Strategieplan, in dem jedes EU-Land darlegen muss, wie es die neue EU-Agrarpolitik ab 2023 auf nationaler Ebene umsetzen will, nennt die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen als „besonderen Förderschwerpunkt“. die erste Säule der GAP, die direkte Agrarsubventionen für einzelne landwirtschaftliche Betriebe umfasst.

Die Umverteilungsprämie soll künftig 30 % der Direktzahlungen ausmachen.

Historische Unterschiede

Auch in Deutschland hat die Debatte um große Konzerne und kleine landwirtschaftliche Betriebe inzwischen eine starke regionale Komponente, denn große landwirtschaftliche Betriebe, oft im Besitz ausländischer Investoren, sind vor allem in Ostdeutschland angesiedelt. In den westdeutschen Bundesländern dagegen ist die Landwirtschaft um viel kleinere Betriebe herum organisiert.

Norwich Rüße, landwirtschaftlicher Sprecher der Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag, sieht dies als historische Gründe.

Nicht nur die Kollektivierung der Landwirtschaft in Ostdeutschland unter dem kommunistischen Regime nach dem Zweiten Weltkrieg habe großflächige Ackerbaubetriebe entstehen lassen, sondern der Grundstein für die andere landwirtschaftliche Struktur sei schon vorher gelegt worden, sagte er EURACTIV vergangenes Jahr.

Während der Zeit der Bauernbefreiung in Westdeutschland kauften beispielsweise einzelne Pächter ihr Land vom Adel, während viel Land östlich der Elbe in den Händen des Adels konzentriert blieb, erklärte er.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Einzelbeträge an landwirtschaftliche Betriebe in Ostdeutschland im Durchschnitt deutlich höher ausfallen als im Westen, obwohl insgesamt zwei westdeutsche Bundesländer – Bayern und Niedersachsen – die größten Empfänger der Subventionen sind.

Gemeinwohlleistungen statt Flächenzahlungen?

Gleichzeitig spielen neben den Direktzahlungen auch andere Faktoren innerhalb der GAP eine Rolle für die wirtschaftliche Lage kleiner und mittlerer Betriebe – zum Beispiel, wie schnell und wie viel Krisenhilfe bei Schocks wie dem ausgezahlt wird aktuelle Energiekrise.

In einem kürzlich geführten Interview mit EURACTIV forderte EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski, dass sich die bevorstehende GAP-Reform stärker auf Instrumente des Krisenmanagements konzentrieren sollte.

Viele Akteure, darunter auch die Deutsche Zukunftskommission Landwirtschaft, der Vertreter aus Landwirtschaft, Umweltschutz und Wissenschaft angehören und die im vergangenen Jahr ihren Abschlussbericht zur Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft vorgelegt hat, fordern eine grundlegende Abkehr vom flächenbezogenen System Direktzahlungen.

Landwirte sollen laut Expertengremium über die GAP für konkrete Leistungen für die Allgemeinheit, etwa Klima- und Umweltschutzmaßnahmen, entlohnt werden.

Damit wären Subventionen nicht mehr direkt an die Betriebsgröße gekoppelt.

[Edited by Oliver Noyan/Zoran Radosavljevic]


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