Deutsche Landwirte und Industrie prangern Vernachlässigung von Biogas bei Gasknappheit an – EURACTIV.de

Bioenergie und deutsche Bauernverbände haben die am Donnerstag (7. Juli) im Bundestag beschlossene Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit der Begründung kritisiert, dass sie Biogas nicht ausreichend fördere.

„Es ist völlig unverständlich, dass mitten in dieser weitreichenden Energiekrise ein nachhaltiger heimischer Energieträger wie Biogas bei der Strom-, Wärme- und Biomethanerzeugung gedrosselt wird“, erklärt Bernhard Krüsken, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Bauern “, teilte der Bundesverband (DBV) am Mittwoch mit.

Damit werde Deutschland „in dieser Krise noch abhängiger von Kohle und Erdgas“, fügte er hinzu.

Bereits im April hatte Energie- und Klimaminister Robert Habeck seine Entwürfe für das sogenannte „Osterpaket“ vorgestellt, das den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland massiv beschleunigen soll.

Kernstück des Pakets ist eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die der Bundestag am Donnerstag in seiner letzten Lesung beschlossen hat, nachdem sich der Klimaschutz- und Energieausschuss am Dienstag darauf geeinigt hatte.

Allerdings lasse die Novelle das Potenzial der Bioenergie „fast vollständig außer Acht“, so der Verband Hauptstadtbüro Bioenergiedie verschiedene Verbände der Bioenergiebranche vertritt, in einer Stellungnahme.

Biogas als Ersatz für russische Importe?

Eine Sorge der Verbände ist, dass die Finanzierung von Biogasanlagen nicht langfristig gesichert ist. Dazu fordern sie eine wirtschaftlich rentable Nachfolgelösung für bereits bestehende, geförderte Anlagen nach Ablauf der laufenden Vergütungsperiode.

„Aktuell können Biogasanlagen aufgrund der hohen Energiepreise profitabel betrieben werden, benötigen aber eine Absicherung auf der Einnahmenseite, da laufend Investitionen getätigt werden müssen“, erklärt der Leiter des Hauptstadtbüro BioenergieSandra Röstek.

Angesichts drohender Gasknappheit im kommenden Winter forderte Rostek zudem, rechtliche Hürden bei der Genehmigung zu beseitigen, damit bestehende Biomasseanlagen kurzfristig ihre Stromproduktion erhöhen könnten.

Dies könne dazu dienen, „Deutschlands Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu verringern und Deutschland so zu einem widerstandsfähigeren Industriestandort zu verhelfen“, sagte Rostek. Angesichts der schwierigen Lage auf dem Gasmarkt brauche Deutschland Bioenergie „mehr denn je“, fügte sie hinzu.

In diesem Zusammenhang wies Rostek auch darauf hin, dass die Europäische Kommission bereits in ihrem REPowerEU-Paket die Idee befürwortet habe, dass „Biogas ein wesentlicher Baustein gegen die Abhängigkeit von russischem Gas ist“.

Die EU-Exekutive hatte das Paket Anfang März vorgestellt, um angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine schnellstmöglich die Unabhängigkeit der europäischen Energieversorgung zu stärken.

Der Plan sieht unter anderem vor, das EU-weite Ziel für die Biomethanproduktion bis 2030 auf 35 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zu verdoppeln.

Lebensmittelproduktion verdrängen?

Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten außerdem auf, ihre nationalen Strategiepläne für die Umsetzung der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik zu nutzen, um zusätzliche Mittel für die Förderung von Biomethan aus nachhaltigen Biomassequellen wie Ernterückständen zu mobilisieren.

Um den Agrarsektor nachhaltiger und krisenfester zu machen, heißt es in ihrem Feedback-Schreiben zum deutschen Planentwurf, müsse „die nachhaltige Erzeugung und Nutzung von Biogas gesteigert werden“.

Allerdings ist die Produktion von Biogas nicht ganz unumstritten.

Während Biogasanlagen für lokale Landwirte oft eine wichtige zusätzliche Einnahmequelle darstellen und zur lokalen Strom- und Wärmeerzeugung beitragen können, argumentieren Kritiker, dass durch die Produktion wichtige Nebenprodukte der Landwirtschaft, wie Gülle oder Ernterückstände, vom „Kerngeschäft“ abgezogen werden “ der Nahrungsmittelproduktion.

Zudem wird Biogas nicht aus ohnehin anfallenden Nebenprodukten produziert, sondern aus speziell angebauten Energiepflanzen wie Mais oder Weizen, kommt ein weiteres Argument ins Spiel: die Konkurrenz um Ackerland.

Dieser Aspekt hat nach dem Krieg in der Ukraine und dem daraus resultierenden Druck auf die globale Nahrungsmittelversorgung besondere Bedeutung gewonnen.

„Biogas ist keine Alternative zu Erdgas. Denn der Anbau von Energiepflanzen verdrängt die Nahrungsmittelproduktion und jeder weitere Druck auf natürliche Ökosysteme gefährdet die Biodiversität“, heißt es in einer Stellungnahme von Greenpeace.

Deutschland nutzt umstrittene Biomasse inmitten der Energiekrise

Zur Deckung des besonders hohen Energiebedarfs soll Biomasse eingesetzt werden, so das sogenannte „Osterpaket“ der Bundesregierung, das als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine die Nutzung landwirtschaftlicher Rohstoffe zur Energiegewinnung zum Ziel hat.

Solaranlagen auf Ackerland

Neben der Förderung von Biogas stößt unterdessen ein weiterer Aspekt der EEG-Novelle auf die Kritik der Landwirte: Um den Ausbau der Solarenergie voranzutreiben, sieht die Novelle auch den Ausbau sogenannter autarker Photovoltaikanlagen vor Agrarland.

Der Deutsche Bauernverband hatte sich wiederholt dafür ausgesprochen, Solaranlagen zunächst auf Hausdächern statt auf offenem Ackerland auszubauen, um den Verlust von Ackerland zu vermeiden.

Besonders kritisch sieht der Verband, dass laut der am Donnerstag beschlossenen Novelle Inselanlagen auf größeren Streifen als bisher errichtet werden sollen – bis zu 500 Meter neben Autobahnen und Bahngleisen.

„Dies wird zu einer agrarstrukturell nachteiligen Flächenzerschneidung führen und den Verlust hochproduktiver landwirtschaftlicher Flächen fördern“, sagte Krüsken. Stattdessen plädiert der Verband dafür, die Anlagen vorrangig auf ertragsschwachen Flächen zu errichten.

[Edited by Nathalie Weatherald]


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