Berlins versprochene Glyphosat-Verbotspläne könnten auf EU-Ebene auf Hürden stoßen – EURACTIV.com

Die Bundesregierung hält an ihrem Wahlversprechen fest, das umstrittene Herbizid Glyphosat bis Ende des Jahres vom Markt zu nehmen. Aber wenn Brüssel die Zulassung des Stoffes erneuert, könnte es schwierig werden, ein nationales deutsches Verbot aufrechtzuerhalten.

Lesen Sie hier die deutsche Originalgeschichte.

„Bis Ende 2023 nehmen wir Glyphosat vom Markt“, heißt es im Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien.

Die fortgesetzte Zulassung des weit verbreiteten Herbizids Glyphosat sorgt sowohl in Deutschland als auch in der EU für Kontroversen. Während Kritiker vor erheblichen Risiken für Umwelt und Gesundheit warnen, sehen Befürworter dafür keine wissenschaftliche Grundlage.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat im Einklang mit seinem Koalitionsvertrag bereits seit dem Amtsantritt der Koalitionsregierung Schritte zum Verbot von Glyphosat unternommen, einschließlich der Verankerung des Ausstiegsdatums in der entsprechenden Verordnung.

„Es ist richtig, dass sich die Koalition darauf geeinigt hat, dass Glyphosat in Deutschland ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr verwendet werden soll“, sagte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums gegenüber EURACTIV.

Aber das ist vielleicht nicht so einfach zu erreichen.

In den kommenden Monaten soll die EU entscheiden, ob sie ihre eigene Zulassung von Glyphosat als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln, die derzeit bis zum 15. Dezember 2023 gilt, verlängern wird.

Sollte die Zulassung nach diesem Datum verlängert werden, könnte die Verabschiedung eines nationalen Verbots für die Bundesregierung sehr schwierig werden.

EU-Hürden

Grundsätzlich ist die EU für die Zulassung von Wirkstoffen zuständig, während es den Mitgliedsstaaten obliegt, die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf der Basis des Wirkstoffs nachträglich zu genehmigen.

Wenn ein Pflanzenschutzmittel auf einem in der EU zugelassenen Wirkstoff basiert, können einzelne Mitgliedstaaten „das Inverkehrbringen nur aufgrund der spezifischen landwirtschaftlichen und ökologischen Umstände in ihrem Hoheitsgebiet verweigern oder einschränken“, sagten Kommissionsquellen gegenüber EURACTIV.

In der Praxis bedeutet dies: Bleibt Glyphosat nach Jahresende in der EU zugelassen, kann die Bundesregierung den Einsatz nur aus begründeten Gründen in bestimmten Fällen oder Bereichen einschränken – statt eines generellen Verbots.

„Solange der Wirkstoff in der EU zugelassen ist, ist ein vollständiges Verbot von Glyphosat auf Basis der aktuellen EU-Rechtslage rechtswidrig und würde nicht Bestand haben“, bestätigte das Bundeslandwirtschaftsministerium.

Stattdessen wäre eine „begründete Beschränkung/Einschränkung der Verwendung zur Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen in einem Mitgliedsstaat“ möglich, sagte ein Sprecher gegenüber EURACTIV.

Sollte die Glyphosat-Zulassung der EU tatsächlich verlängert werden, werde die Bundesregierung „weitere Schritte für ein nationales Verwendungsverbot prüfen“, erklärte sie.

Doch solche Maßnahmen rechtssicher zu machen, solange die EU-Zulassung noch besteht, kann schwierig sein, wie die jüngsten Ereignisse in Luxemburg gezeigt haben.

EU-Recht in Deutschland: Ignoriert oder vergessen?

Die deutsche Ampelkoalition ist vor mehr als einem Jahr mit großen Ambitionen angetreten. Aber Versprechungen wie die Legalisierung von Cannabis und das Verbot von Glyphosat laufen Gefahr, an der Unkenntnis der Parteien über das EU-Recht zu scheitern, kommentiert Julia Dahm.

Der Fall Luxemburg

Während Luxemburg den Einsatz von Glyphosat ab Januar 2021 untersagte, hob erst vor wenigen Wochen ein Verwaltungsgericht in einem Verfahren des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer das Verbot auf, weil es gegen EU-Recht verstoße.

Das Gericht wies unter anderem darauf hin, dass die luxemburgische Regierung nicht hinreichend dargelegt habe, warum die besonderen Umstände im Land trotz der EU-weiten Zulassung ein Verbot rechtfertigten.

Das Urteil lässt sich Experten zufolge aufgrund der Besonderheiten des luxemburgischen Rechts nicht eins zu eins auf die Situation in Deutschland übertragen. Doch der Fall zeigt die hohen gesetzlichen Anforderungen an ein bundesweites Verbot.

Auf Nachfrage von EURACTIV wollte ein Bayer-Sprecher nicht bestätigen, ob das Unternehmen auch rechtliche Schritte einleiten würde, falls Deutschland den Einsatz von Glyphosat trotz fortgesetzter EU-Zulassung verbietet.

„Nur in eng umrissenen Ausnahmefällen und unter strengen Auflagen, die vom jeweiligen Mitgliedstaat zu begründen sind“, könnten Mitgliedstaaten die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auf Basis eines EU-weit zugelassenen Wirkstoffs verweigern, betonte er.

„Genau auf diesen Zusammenhang haben sich die Gerichte in Luxemburg in der Entscheidung zu glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln bezogen“, fügte der Sprecher hinzu.

[Edited by Gerardo Fortuna/Nathalie Weatherald]

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