Darf man ein Einfamilienhaus mit Tiefgarage für 31 Autos bauen? – Bayern

Es ist eine der feinsten Adressen in der Umgebung von Augsburg, nahe dem Naturpark Westliche Wälder. Mit viel Verkehr ist im Villenviertel in Leitershofen nicht zu rechnen, nach Willen der Nachbarn soll es auch so bleiben. Sie haben da bloß ihre Zweifel, wenn sie die Dimensionen des Neubaus betrachten, der hier auf einem Grundstück direkt am Waldrand entstehen soll. Ein Bauunternehmer aus dem Großraum Augsburg plant ein Einfamilienhaus und eine Tiefgarage mit 31 Stellplätzen für Sportwagen seiner Autosammlung. Der örtliche Bund Naturschutz nennt das Vorhaben “einen Prunkbau”. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg hat der Bauherr, vertreten durch Alfred Sauter und eine Partnerin der Kanzlei Gauweiler & Sauter, dennoch Recht bekommen. Die Klage einer Nachbarin wurde abgewiesen.

Es sei ihr unangenehm, wegen eines Nachbarschaftsproblems vor Gericht zu gehen, sagte die Klägerin während der Verhandlung. Aber bei diesem Bauvorhaben sei vieles ungewöhnlich gelaufen und für sie schwer zu verstehen. Sie bekomme vor ihre Südterrasse eine mehr als 30 Meter lange Mauer gesetzt. 90 Prozent der Gesamtfläche des Nachbargrundstücks werde versiegelt. Und, vor allem: Solch eine riesige Garage fügt sich ihrer Ansicht nicht im geringsten in die vorhandene Wohnbebauung ein.

Damit ist die Klägerin nicht allein. Anwohner sind entsetzt vom ihrer Ansicht nach “rücksichtslosen Vorgehen” des Bauherrn. “Er hat sich Null geschert um uns.” Was ihnen aufstößt: Wer kleine bauliche Veränderungen an seinem Haus beantrage, wird oft zurückgewiesen. Und solch ein riesenhafter Bau werde anstandslos durchgewunken. Die Klägerin und ein weiterer Anwohner waren allerdings bereits im vergangenen Jahr mit einer Petition vor dem Landtag gegen das Bauvorhaben gescheitert, in der sie sich unter anderem darüber beschwerten, dass der Unternehmer auf dem Grundstück, auf dem bislang Bungalows standen, zahlreiche mächtige Eichen habe beseitigen lassen.

Man habe, kritisiert auch der Bund Naturschutz, in Leitershofen bislang auf eine maßvolle Bebauung geachtet. Ein “massiver Bauklotz” mit “überdimensionierter Tiefgarage” am Waldrand stelle keine naturverträgliche Ortsabrundung dar. “Eine Tiefgarage für 31 Fahrzeuge gehört nicht in eine Wohngegend”, heißt es in einer Stellungnahme.

“Nur irgendwo muss ich ja hin mit meinen Autos”

Das sieht der Bauherr anders. Offenbar ist geplant, dass er einmal vom Erdgeschoss des Wohnhauses aus in die Garage und eine zugehörige Lounge hinunter gehen kann. Solche Autos wollen ja auch angemessen bewundert werden. Dort, so der Unternehmer, würden dann “lauter Neuwagen” in hoher Preiskategorie stehen – alle in seinem Privatbesitz, alle angemeldet. “Das ist ein Hobby und eine Wertanlage von mir”, sagte der Unternehmer. Er räumte jedoch mit der Sorge der Nachbarn auf, dass dort jeden Tag fünf Autos aus der Garage raus- und wieder reinfahren werden. Wie er es darstellt, werden 90 Prozent der Sportwagen nur einmal im Jahr bewegt, wenn sie zum Kundendienst müssen. Manche der Autos hätten nach fünf Jahren erst 800 bis 1000 Kilometer auf dem Tacho. Es werde keine Verkehrs- und Lärmbelästigung geben, sollte das heißen. “Nur irgendwo muss ich ja hin mit meinen Autos.”

“Da kann man ja auch woanders hin”, antwortete die Vorsitzende Richterin und lächelte. “Aber das ist nicht unser Thema.” Juristisch ging es einerseits darum, ob die Tiefgarage den Gebietserhaltungsanspruch stört. Man stelle sich vor, argumentierte der Anwalt der Klägerin, dass noch mehr Nachbarn 30 Stellplätze in dem Gebiet auswiesen. Der Freistaat als Beklagte sieht jedoch die Typik des Wohngebiets nicht beeinträchtigt, da die Stellplätze rein den privaten Bedarf des Nutzers befriedigten. Er habe auch die Zufahrt extra in Richtung Süden ausgerichtet, also weg vom Grundstück der Klägerin. Es gebe zudem höchstens einzelne Ausfahrten von den Alltagsautos der künftigen Bewohner. Man dürfe seinem Hobby nachgehen, und wenn es das Abstellen von Autos sei, so sah es auch die Vorsitzende Richterin. Problematisch wäre es nur, wenn der Bauherr in seiner Tiefgarage Stellplätze für Autos vorhalte, die ihm nicht gehörten.

Auch den zweiten Einspruch der Klägerin wies das Gericht ab: Das Gebot der Rücksichtnahme greife nicht, selbst wenn die Klägerin künftig nach Süden hin auf eine laut Richterin 34 Meter lange Mauer blickt, die ihr Erdgeschossfenster überragt. Die Abstandsflächen seien eingehalten, die Baukörper lägen weit auseinander. Das Bauvorhaben sei aus Sicht der Klägerin unschön, weil es ihr die Sicht nach Süden versperre. Juristisch aber sei das Wohnhaus mit der Tiefgarage, die sonst höchstens Mehrfamilienhäuser haben, nicht anzugreifen.

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