Corona aktuell: Intensivmediziner gegen Lockerungen – Politik

Intensivmediziner befürchten bei vorschnellen Lockerungen der Corona-Maßnahmen eine “Achterbahnfahrt mit erneut steigenden Infektionszahlen”. Die von einigen Bundesländern angekündigten Lockerungen kämen zu früh, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die aktuellen Maßnahmen hätten dazu geführt, dass sich die Omikron-Welle in Deutschland langsamer und nicht so steil entwickle wie in anderen Ländern, dieser Erfolg dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden, sagte Marx. Er nannte es zwar vernünftig, vorausschauend über die Aufweichung oder Rücknahme von Maßnahmen zu diskutieren. “Konkrete Lockerungen dürfen aber erst beschlossen werden, wenn der Höhepunkt der Omikron-Welle hinter uns liegt”, forderte der Intensivmediziner-Präsident. Bund und Länder sollten damit warten, bis die Infektionszahlen stabil über mehrere Tage zurückgehen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, fordert einen politischen Plan zur Lockerung der Beschränkungen. “Was wir jetzt brauchen, ist ein Freedom-Plan – ein Plan, wie wir schrittweise und an Parametern orientiert lockern”, sagte er der Rheinischen Post. Das sei die “wichtigste Aufgabe der Politik”. Deutschland müsse lernen, mit Corona zu leben, sagte der Mediziner.

So könnten beim Profi-Fußball bald wieder vollere Stadien zugelassen werden. Im Handel hält der KBV-Chef ebenfalls rasche Lockerungen für möglich: “2G im Handel brauchen wir bald auch nicht mehr.” Es sei ein Irrtum, zu glauben, die Pandemie sei erst vorbei, wenn niemand mehr an Corona stirbt. “Corona wird wohl dauerhaft Teil des Krankheitsgeschehens bleiben”, betonte Gassen. Auch bei der Influenza gebe es stets neue Varianten und in manchen Jahren Zehntausende Tote.

Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich für ein Auslaufen der Corona-Beschränkungen im Infektionsschutzgesetz aus. “Wir werden uns in den nächsten Wochen in aller Ruhe anschauen, ob eine Verlängerung der Corona-Schutzmaßnahmen über den 19. März hinaus überhaupt notwendig ist”, sagte Johannes Fechner, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, der Welt einem Vorabbericht zufolge.

Wenn Mitte Februar tatsächlich ein Rückgang der Infektionen mit der Omikron-Variante festgestellt werde, stelle sich die Frage, ob es die Einschränkungen in den Frühjahrs- und Sommermonaten überhaupt noch brauche. Fechner hält es für wahrscheinlicher, dass man “erst mit Blick auf den nächsten Herbst noch einmal über solche Schutzmaßnahmen” reden müsse. (04.02.2022)

Erneut Höchstwerte bei Inzidenz und Neuinfenktionen

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat erneut Höchstwerte in der Corona-Pandemie bekannt gegeben. Binnen 24 Stunden haben die Gesundheitsämter 248 838 Neuinfektionen gemeldet. Damit sind in Deutschland seit Beginn der Pandemie fast 10,7 Millionen Infektionen registriert worden. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 1349,5. Am Vortag lag sie bei 1283,2.

Diese Zahlen dürften jedoch deutlich zu niedrig sein: Experten gehen von einer hohen und weiter steigenden Zahl von Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst werden, unter anderem, weil Testkapazitäten und Gesundheitsämter vielerorts am Limit sind. Zudem melden einige Städte und Kreise seit Tagen Probleme bei der Übermittlung der Corona-Fallzahlen.

170 weitere Menschen starben innerhalb eines Tages im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 118 504. (04.02.2022)

RKI schätzt die Zahl der coronabedingten Arztbesuche auf 320 000 in einer Woche

Das Robert-Koch-Institut schätzt die Zahl der Arztbesuche in Deutschland wegen Corona in der vergangenen Woche auf etwa 320 000. Die Werte der vierten Welle würden in fast allen Altersgruppen bereits deutlich überschritten, schreibt das RKI in seinem Wochenbericht. Seit dem Jahreswechsel stieg die Zahl der Arztbesuche, im Vergleich zur Vorwoche stagnierte sie, wobei Nachmeldungen noch möglich sind.

Nach RKI-Berechnungen waren in der Vorwoche 0,9 bis 1,8 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren an Covid-19 mit Symptomen einer akuten Atemwegserkrankung erkrankt. Bei den Kindern bis 15 Jahre spricht das Institut von einem Betroffenenanteil von etwa 1,6 bis 3,2 Prozent. Solche Berechnungen legt das RKI seit rund zwei Wochen vor – auch weil Labore und Gesundheitsämter bei der Erfassung von Infizierten am Limit sind und eine zunehmende Unvollständigkeit der Meldedaten angenommen wird.

Auch geschätzte Werte zu Krankenhausaufnahmen von mit Sars-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten bewegten sich laut RKI “weiterhin auf hohem Niveau” und zeigten einen weiterhin leicht ansteigenden Trend (sogenannte adjustierte Hospitalisierungsinzidenz). Auf Intensivstationen zeige sich ein Anstieg durch die Omikron-Welle gegenwärtig nicht.

“Die 7-Tage-Inzidenz ist in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen im Alter von 5 bis 19 Jahren weiterhin am höchsten”, sie sei aber auch in den älteren Altersgruppen teilweise wieder deutlich angestiegen, hält das RKI fest. “Die Omikron-Welle kommt langsam bei der älteren Bevölkerung an”, kommentierte die Behörde auf Twitter. Ein Anstieg auch bei den Älteren wird im Hinblick auf eine mögliche stärkere Belastung des Gesundheitssystems seit einiger Zeit befürchtet. (04.02.2022)

Omikron-Subtyp BA.2 in Deutschland wächst auf niedrigem Niveau

Auf niedrigem Niveau legt die offenbar noch besser übertragbare Omikron-Untervariante BA.2 in Deutschland weiter zu. Für die Woche bis zum 23. Januar weist das Robert-Koch-Institut in seinem Wochenbericht einen Anteil von 5,1 Prozent aus – gerundet eine Verdopplung im Vergleich zur Vorwoche. Die Daten ergeben sich aus einer Stichprobe von Fällen, in denen vollständige Erbgutanalysen vorgenommen wurden. Demnach dominiert bisher in Deutschland der Omikron-Subtyp BA.1.

BA.2 hatte sich unter anderem in Dänemark stark ausgebreitet. Deutsche Experten erwarten dies auch hierzulande und befürchten, dass dies die Omikron-Welle verlängern könnte. Der Charité-Virologe Christian Drosten hatte in seinem Podcast gesagt, dass die geltenden Infektionsschutzmaßnahmen die Ausbreitung im Vergleich zu anderen Ländern jedoch verlangsamen dürften.

Die beiden Omikron-Subtypen hatte Drosten mit einer Auto-Metapher erklärt und über BA.2 gesagt: “Der Motor, der hat schon ein paar PS mehr.” Er bezog sich auf Daten zu Ansteckungen in Haushalten in Dänemark. Über diese Studie schreibt das RKI im Wochenbericht, sie deute darauf hin, “dass die Sublinie BA.2 leichter übertragbar ist als BA.1 und immunevasive Eigenschaften aufweist, die diese höhere Übertragbarkeit begründen könnten”. (03.02.2022)

WHO sieht Europa vor möglichem Corona-“Endspiel”

Europa steht nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einer einzigartigen Chance, die Ausbreitung des Coronavirus unter Kontrolle zu bekommen und in der Pandemie ein “Endspiel” einzuläuten. Drei zusammentreffende Faktoren gäben Europa die Hoffnung im Kampf gegen das Virus, erklärte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge: Die große Zahl verabreichter Impfungen und natürlicher Immunisierungen durch Omikron, das nahende Winterende sowie die geringere Krankheitsschwere der Omikron-Variante.

“Diese Periode des höheren Schutzes sollten wir als ‘Feuerpause’ begreifen, die uns anhaltenden Frieden bringen könnte.” Kluge mahnte in Bezug auf die mögliche Entspannung: “Wir sollten diese Chance nicht verschwenden.” Jede Atempause müsse umgehend genutzt werden, um das Gesundheitspersonal zu befähigen, zu anderen wichtigen Gesundheitsfunktionen zurückzukehren.

Um sich für künftige Wellen zu rüsten, müsse während der erhofften Atempause die Bevölkerung weiter geimpft und neu aufkommende Varianten genau beobachtet werden, so Kluge weiter. Er appellierte, die verfügbaren Impfstoffe in alle Länder zu verteilen: “Lasst 2022 das Jahr der Impfstoff-Gerechtigkeit werden.”

Derzeit rollt die Welle der hoch ansteckenden Omikron-Variante in Europa noch rasant von West nach Ost. Allein in einer Woche habe es zwölf Millionen neue Corona-Fälle gegeben, die maßgeblich Omikron zuzuschreiben seien, sagte Kluge. Fast ein Drittel aller Covid-19-Fälle wurde demnach seit Beginn der Pandemie allein in diesem Jahr registriert.

Stiko empfiehlt zweite Auffrischungsimpfung für Risikogruppen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) spricht sich für eine zweite Booster-Impfung für gesundheitlich besonders gefährdete und exponierte Gruppen aus. Zudem empfiehlt sie den Einsatz des Corona-Impfstoffs von Novavax für Menschen ab 18 Jahren.

Für über 70-Jährige, Menschen mit Immunschwäche und Bewohner von Pflegeeinrichtungen soll die erneute Immunisierung der Stiko zufolge frühestens drei Monate nach der ersten Auffrischungsimpfung erfolgen. Personal in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen solle den zweiten Booster frühestens nach sechs Monaten erhalten. Ein Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, Änderungen seien noch möglich.

Zur Begründung teilte die Impfkommission mit, dass aktuelle Daten einen schwindenden Infektionsschutz nach der ersten Auffrischungsimpfung gegen die Omikron-Variante binnen weniger Monate zeigten. Für Menschen, die nach der ersten Auffrischungsimpfung eine Corona-Infektion durchgemacht hätten, werde aber kein weiterer Booster empfohlen, hieß es. Die Stiko geht beim zweiten Booster von einer ähnlichen Verträglichkeit aus wie beim ersten. Das Gremium erklärte aber auch, “dass die Datenlage zur Effektivität und zur Sicherheit einer zweiten Auffrischimpfung noch limitiert ist”.

Der Protein-Impfstoff von Novavax solle zur Grundimmunisierung mit zwei Dosen im Abstand von mindestens drei Wochen eingesetzt werden, teilte das Expertengremium mit. Für Schwangere und Stillende werde der Impfstoff aktuell jedoch nicht empfohlen. Ein entsprechender Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, daher seien Änderungen noch möglich.

“In den Zulassungsstudien zeigte der Impfstoff eine mit den mRNA-Impfstoffen vergleichbare Wirksamkeit”, erklärte die Stiko. Zur klinischen Wirksamkeit gegen die Omikron-Variante könnten aber noch keine Aussagen getroffen werden. Das Novavax-Vakzin, das in Deutschland vom 21. Februar an verfügbar sein soll, könne zu ähnlich ausgeprägten Impfreaktionen führen wie die anderen zugelassenen Vakzine gegen das Coronavirus. “Die Zulassungsstudien ergaben keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich schwerer unerwünschter Wirkungen nach Impfung”, schrieb die Stiko. Allerdings sei die Datenlage zu Nuvaxovid noch begrenzt. (03.02.2022)

Lindner bringt Steuererleichterungen auf den Weg

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat mehrere Steuererleichterungen auf den Weg gebracht, die Bürger und Unternehmen in der Corona-Krise entlasten sollen. Ein Gesetzentwurf, aus dem mehrere Nachrichtenagenturen zitieren, sieht unter anderem vor, die Home-Office-Pauschale für Arbeitnehmer zu verlängern, sowie erweiterte Möglichkeiten der Verlustverrechnung für Unternehmen.

Außerdem soll demnach die Frist zur Abgabe der Steuererklärung für 2020 in den Fällen, in denen sie noch nicht ausgelaufen ist, erneut verlängert werden. Vom Arbeitgeber in bestimmten Berufen gewährte Corona-Prämien sollen bis zu einem Wert von 3000 Euro steuerfrei gestellt werden. Steuerliche Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld dürften um drei Monate bis Ende März 2022 verlängert werden. Außerdem sollen frühere Gewinne besser mit aktuellen Verlusten verrechnet werden können. Dies soll bis Ende 2023 verlängert werden.

Auf einen Zeitraum von zwölf Monaten gerechnet entgehen dem Staat durch die geplanten Maßnahmen 2,6 Milliarden Euro. Für den Zeitraum 2022 bis 2026 kalkulieren die Experten des Finanzministeriums Reuters zufolge mit zusammen knapp elf Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen. Die größten Batzen werden dabei auf die Jahre 2023 und 2024 entfallen. Im Jahr 2026 werden erstmals positive Effekte der Maßnahmen auf die Einnahmen erwartet.

Der Großteil der Maßnahmen ist Teil des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP. Die Zustimmung von Kabinett, Bundestag und Bundesrat steht noch aus. Die Konjunktur wurde seit Ausbruch der Pandemie mit solchen Steuerentlastungen gestützt. (03.02.2022)

Schweden hebt trotz Rekordwerten nächste Woche Beschränkungen auf

Trotz Rekordwerten bei den Neuinfektionen hebt Schweden kommende Woche die Beschränkungen des öffentlichen Lebens auf. “Es wird Zeit, Schweden wieder zu öffnen”, sagt Ministerpräsidentin Magdalena Andersson.

Ende Januar erst hatte Schweden die Beschränkungen unter anderem für Bars und Restaurants um zwei Wochen bis zum 9. Februar verlängert. Wenn diese Frist abläuft, sollen die Maßnahmen aufgehoben werden. Die Infektionszahlen blieben noch für eine ganze Weile hoch, sagt Andersson. “Aber die schlimmsten Folgen der Ansteckung liegen jetzt hinter uns, soweit wir das beurteilen können.” (03.02.2022)

Scholz hält Forderungen nach Lockerungen für zu früh

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht die Voraussetzungen für Lockerungen in der Corona-Krise noch nicht erfüllt. “Die Lage ist nicht danach”, sagte der SPD-Politiker im ZDF-“Heute Journal”. Auf die Frage, ob die Regierung in Dänemark mit dem jüngsten Verzicht auf praktisch alle Einschränkungen mehr Mut habe, sagte Scholz: “Ich glaube, wir machen das, was für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande richtig ist.” Die Maßnahmen seien von einem “sehr großen Konsens” getragen.

Erst wenn der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten sei, werde die Bundesregierung über Lockerungsschritte beraten. “Aber da sind wir leider noch nicht angekommen”, sagte der Kanzler.

Für den 16. Februar sind die nächsten Krisengespräche zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und Scholz geplant. Dort könnten bundesweite Lockerungen vereinbart werden. Bei ihren letzten Beratungen am 24. Januar hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, “Öffnungsperspektiven” zu entwickeln, sobald eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann. (02.02.2022)

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