Corona aktuell: Impfpflicht für bestimmte Berufe? – Politik

Die FDP schließt eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen nicht grundsätzlich aus. Parteichef Christian Lindner sagt beim “SZ-Wirtschaftsgipfel” in Berlin, es gebe sehr wohl Argumente, die für eine Impfpflicht etwa in Pflegeberufen sprächen. “Da sind wir offen in dieser Frage”, sagt Lindner.

Sein Statement kommt überraschend, nachdem Anfang der Woche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt zunächst öffentlich gesagt hatte, man habe sich auf eine solche Impfpflicht bereits geeinigt, ihr Statement aber kurz danach wieder zurückzog und sagte, sie sei falsch verstanden worden. (17.11.2021)

Wust droht mit Blockade im Bundesrat

Die unionsgeführten Bundesländer fordern von den Ampel-Parteien Nachbesserungen am Infektionsschutzgesetz und halten den jetzigen Entwurf im Bundesrat für “nicht zustimmungsfähig”. Der von SPD, Grünen und FDP vorgelegte Gesetzentwurf sei “nicht ausreichend”, um für die nächsten Wochen den nötigen Schutz vor einer weiteren dynamischen Ausweitung des Coronavirus zu bieten, heißt es in einem Brief des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Er ist gerichtet an den geschäftsführenden Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller als Koordinator der SPD-geführten Länder.

Angesichts des “sprunghaften und dynamischen Infektionsgeschehens mit absoluten Höchstzahlen an Neuinfektionen” sei das von den Ampel-Partnern geplante Auslaufen des Sonderstatus der epidemischen Lage “unverantwortlich”, schreibt Wüst, der derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist.

Die geplante Ampel-Koalition will mit der Änderung des Gesetzes die epidemische Lage als Rechtsbasis für Corona-Maßnahmen ersetzen – mit einem verkleinerten Katalog möglicher Länder-Maßnahmen. Eine Aussetzung von Schulunterricht, Ausgangssperren und Schließungen von Läden und Gaststätten soll es dann nicht mehr geben können. In dem Brief sprechen sich die unionsgeführten Länder nun für eine weitgehende Beibehaltung der bisherigen Gesetzeslage aus. Lediglich Ausgangsbeschränkungen sowie die Schließung von Kitas, Schulen und Hochschulen solle es nicht mehr geben dürfen.

Das Gesetz ist zustimmungspflichtig und braucht im Bundestag und Bundesrat eine Mehrheit. Die Union ist derzeit an acht von 16 Landesregierungen beteiligt und könnte mit ihren Stimmen im Bundesrat eine Zustimmung verhindern. Der Bundestag will am Donnerstag über das Gesetz abstimmen, der Bundesrat soll am Freitag entscheiden. (17.11.2021)

Merkel: Die Lage ist dramatisch

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die gegenwärtige Lage in der Corona-Pandemie als dramatisch bezeichnet. Auch wenn es politisch keine Mehrheit für die Verlängerung der sogenannten epidemischen Notlage von nationaler Tragweite gebe, “kann es für mich keinen Zweifel daran geben, dass wir uns mitten in einer solchen Notlage befinden”, sagte Merkel auf dem Deutschen Städtetag. Die Zahl der Corona-Fälle, -Intensivpatienten und -Toten steige.

Die Spitzen von Bund und Ländern müssten am Donnerstag ein klares Signal aussenden, dass alles getan werden müsse, um die Pandemie zu bremsen. Nötig sei etwa ein Beschluss, ab welcher Hospitalisierungs-Inzidenz weitere Corona-Einschränkungen kommen müssten, forderte Merkel. Diese Inzidenz gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche auf 100 000 Einwohner in Krankenhäuser eingeliefert werden müssen.

Zudem sei eine “nationale Kraftanstrengung” nötig, um sehr schnell Auffrischungsimpfungen vorzunehmen. Dem Virus sei es völlig egal, wer in Deutschland gerade regiere oder wer den weitesten Weg von früheren Positionen zu nun nötigen Maßnahmen zurückzulegen habe, sagte Merkel in Anspielung auf die Ampel-Parteien SPD, Grünen und FDP und die von ihnen geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. Einziges Kriterium der Beratung der Spitzen von Bund und Ländern müsse sein, was jetzt mitten in der vierten Pandemie-Welle gegen die aktuelle dramatische Lage getan werden könne. Merkel hatte sich für eine Verlängerung der epidemischen Lage ausgesprochen, die Ampel-Parteien lehnen dies ab. (17.11.2021)

Novavax beantragt Zulassung von Corona-Impfstoff in der EU

Der US-Hersteller Novavax hat für seinen Corona-Impfstoff eine Marktzulassung in der EU beantragt. Wie die europäische Arzneimittelbehörde EMA mitteilte, werde ein Expertenteam nun die Daten des Herstellers prüfen und Risiken gegen Nutzen abwägen. Eine Entscheidung wird in einigen Wochen erwartet. Sollte die EMA eine bedingte Marktzulassung empfehlen, muss die EU-Kommission noch endgültig zustimmen. Das aber gilt als Formsache.

Das Novavax-Produkt namens Nuvaxovid (NVX-CoV2373) ist im Gegensatz zu den bisher zugelassenen Impfstoffen weder ein mRNA-Impfstoff – wie die Präparate von Biontech und Moderna – noch ein Vektor-Impfstoff wie die von Astrazeneca und Johnson & Johnson: Das Vakzin enthält winzige Partikel, die aus einer im Labor hergestellten Version des Spike-Proteins von Sars-CoV-2 bestehen. (17.11.2021)

Spahn: Deutschland hat genug Dosen für Booster-Impfungen

Deutschland hat nach Angaben des geschäftsführenden Gesundheitsministers genug Corona-Impfdosen für Auffrischungsimpfungen. “Wir haben alles in allem aus heutiger Sicht bis Ende des Jahres genug Impfstoff, um das zu machen”, sagt der CDU-Politiker beim SZ-Wirtschaftsgipfel. “Wir haben sogar einen Teil unserer Covax-Spenden, also internationalen Spenden mit Biontech, jetzt aus Dezember in den Januar und Februar geschoben, um in Deutschland für diese Dinge genug Impfstoff zu haben.”

Zudem hält Spahn eine 2-G-plus-Regelung für eine Möglichkeit, die Corona-Pandemie einzudämmen. Es gebe Modelle, dass ein Zugang nur für Geimpfte und Genesene mit einem zusätzlichen Test den sogenannten R-Wert um 0,5 senken könne, sagt Spahn auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel. Der R-Wert gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter oder eine Infizierte im Schnitt ansteckt. Liegt er wie derzeit über eins, steigt die Zahl der Corona-Fälle weiter an.

Der Gesundheitsminister kritisierte, dass die im Sommer beschlossenen 3-G-Maßnahmen nicht entschlossen genug kontrolliert würden. Er lobte, dass die Ampel-Parteien den Maßnahmenkatalog im Infektionsschutzgesetz nach Kritik nachgebessert hätten. “Maßnahmen, die erst in drei oder vier Wochen wirken, helfen uns derzeit nicht”, mahnt der CDU-Politiker. (17.11.2021)

Österreich verschärft Corona-Regeln für die Einreise

Von Montag an reicht ein negativer Schnelltest nicht mehr, um nach Österreich einzureisen. Ungeimpfte Reisende müssen dann an der österreichischen Grenze einen PCR-Test vorweisen. Ausnahmen gelten für geimpfte Grenzpendler, wie aus der Covid-19-Einreiseverordnung hervorgeht. Ungeimpfte Pendler müssen ein negatives PCR-Testergebnis vorweisen, das nur noch für 72 Stunden gelten soll (bisher eine Woche). Schnelltests sind für Pendler nur noch 24 statt 48 Stunden lang gültig.

Derweil hat die Zahl der Corona-Neuinfektionen am Mittwoch in Österreich einen Rekordwert erreicht. Binnen 24 Stunden wurden laut Behörden 14 416 Neuansteckungen verzeichnet. Das ist – unter Berücksichtigung der Zahl der Einwohner – in etwa das Zweieinhalbfache des deutschen Wertes. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 953 Fälle pro 100 000 Einwohner. Den stärksten Anstieg gab es erneut im Bundesland Oberösterreich, das eine besonders niedrige Impfquote hat.

Seit Sonntag stuft die deutsche Bundesregierung fast ganz Österreich wieder als Corona-Risikogebiet ein. Wer aus einem Hochrisikogebiet nach Deutschland zurückkehrt und nicht vollständig geimpft oder genesen ist, muss für zehn Tage in Quarantäne und kann sich frühestens nach fünf Tagen mit einem negativen Test davon befreien. (17.11.2021)

RKI meldet mit 52 826 Neuinfektionen und einer Inzidenz von 319,5 zwei neue Höchstwerte

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet mit 52 826 neuen Positiv-Tests einen neuen höchsten Tageswert in der Pandemie. Das sind 13 150 Fälle mehr als am Mittwoch vor einer Woche, als 39 676 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt erneut auf einen Rekordwert von 319,5 von 312,4 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100 000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. 294 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 98 274. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 5,1 Millionen Corona-Tests positiv aus. (17.11.2021)

Stiko will Booster-Impfung für alle ab 18 Jahren empfehlen

Stiko-Chef Thomas Mertens kündigt an, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) zeitnah die Booster-Impfung für alle ab 18 Jahren empfehlen will. Das sagte Mertens in der ZDF-Sendung “Markus Lanz”.

Bisher empfiehlt die Stiko eine Auffrischungsimpfung nur für ältere Personen ab 70 Jahren, Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen sowie medizinisches und pflegerisches Personal. Rechtlich bindend ist jedoch nicht die Empfehlung der Ständigen Impfkommission, sondern die Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Darin heißt es: Jeder, der zu einer Grundimpfung berechtigt ist, kann auch eine Booster-Impfung bekommen.

Die Stiko empfiehlt eine Booster-Impfung in der Regel sechs Monate nach der letzten Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. Menschen, die mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson geimpft wurden, empfiehlt die Stiko eine Booster-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ab vier Wochen nach Grundimmunisierung.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) empfiehlt den Ärzten in Deutschland nun aber, allen Erwachsenen schon vor Ablauf der Sechsmonatsfrist eine Covid-Auffrischungsimpfung zu geben. “Der gemäß Zulassung vorgesehene Abstand von sechs Monaten zur vollständigen Immunisierung bei Personen ab 18 Jahren ist als zeitliche Richtschnur zu verstehen, der natürlich nicht tagesgenau einzuhalten ist”, heißt es in einem Schreiben des geschäftsführenden Ministers und des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, an alle Vertragsärzte in Deutschland, das dem Berliner Tagesspiegel (Mittwoch) vorliegt.

“Sie können daher jede Patientin und jeden Patienten ab 18 Jahren, auch wenn sie nicht zu den Risikogruppen gemäß der aktuellen Stiko-Empfehlung wie ältere Personen, Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen sowie medizinisches und pflegerisches Personal gehören, zeitnah und auch vor Ablauf der sechs Monate im eigenen Ermessen impfen”, betonen Spahn und Gassen. (17.11.2021)

Debatte um Impfpflicht geht weiter

Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, spricht sich nach anfänglicher Skepsis nun doch für eine mögliche Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitssektor aus. Er forderte eine zentrale Erfassung der entsprechenden Impfzahlen. “Ich kenne Aussagen von Einrichtungen, in denen nahezu 90 Prozent geimpft sind. Und es lassen sich derzeit noch viele impfen”, sagte Westerfellhaus der Düsseldorfer Rheinischen Post.

Er schließe sich aber der Empfehlung des Deutschen Ethikrates an und begrüße, dass die Regierungsfraktionen das Thema jetzt offen diskutierten: “Jede Impfung zählt und wenn wir über eine Impfpflicht für die Beschäftigten des Gesundheitswesens nachdenken, muss die vom Arzt bis hin zum Koch gelten”, sagte Westerfellhaus. “Sehr lange haben wir auf Überzeugung gesetzt. Leider reichen die derzeitigen Impfquoten trotz aller Appelle und ausreichend Impfstoff dennoch nicht aus”, so der Arzt. “Erneut sterben jeden Tag Hunderte Menschen, die sich mit Corona infiziert haben. Da müssen wir sehr genau abwägen, ob das individuelle Interesse an einer freien Entscheidung über eine Impfung weiterhin Vorrang haben kann.”

Zuvor hatten die Wissenschaftsakademie Leopoldina, die Hausärzte sowie der Deutsche Ethikrat eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen gefordert.

Auch die geschäftsführende Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Schmidtke (CDU), spricht sich für eine berufsbezogene Impfpflicht aus. Der Stuttgarter Zeitung sagte sie, sie habe sich gewünscht, dass eine solche Pflicht nicht notwendig werde. Aufklärung, Anreize und niedrigschwellige Impfangebote hätten aber nicht gereicht, dass alle in den Pflege- und Gesundheitseinrichtungen ihrer Verantwortung gegenüber Schutzbedürftigen nachkämen, sagte Schmidtke.

Dagegen sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, der Rheinischen Post: “Wir brauchen statt einer Impfpflicht für das Pflegepersonal ein echtes Signal der Anerkennung, beispielsweise mit Brutto-wie-Netto-Gehältern bis zum Ende der Pandemie.” Im Gesundheitssektor seien die meisten Mitarbeitenden ohnehin geimpft. “Die Debatte erweckt nur den Eindruck von Misstrauen seitens der Politik”, sagte der Verbandschef. (17.11.2021)

Ifo-Chef Fuest: Vierte Welle gefährdet Konjunktur

Die steigenden Corona-Infektionszahlen gefährden nach Einschätzung des Wirtschaftsforschungsinstitutes Ifo die Konjunkturerholung in Deutschland. “Die Ausbreitung der Infektionen sorgt dafür, dass die wirtschaftliche Aktivität in den Sektoren des sozialen Konsums – also Gastronomie, Reise, Kultur und Veranstaltungen – zurückgeht, weil Menschen Ansteckungsrisiken meiden”, sagte Ifo-Chef Clemens Fuest der Passauer Neuen Presse. Die ohnehin fragile Erholung werde so gefährdet.

Fuest sagte, zu einem großen Teil seien es nicht Lockdown-Maßnahmen, die ökonomische Kosten verursachten, sondern die Pandemie selbst. “Bei hoher Infektionsgefahr gehen die meisten Menschen nicht ins Restaurant oder zu Veranstaltungen, egal ob die durch staatliche Vorgaben geschlossen sind oder nicht.” Der Unterschied zum vergangenen Winter bestehe darin, dass jetzt viele Menschen geimpft seien, auch wenn die Impfungen nicht perfekt schützten.

Mit Blick auf die Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag sprach sich Fuest dafür aus, die Infektionen einzudämmen und mit Regelungen für Geimpfte und Genesene (2 G) zu erreichen, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht mehr beeinträchtigt würden als unvermeidlich sei. Auch brauche man Maßnahmen, um die Ansteckungsgefahren in Schulen zu senken.

Zudem forderte der Ökonom die Politik zu mutigen Entscheidungen auf. “Wenn man die Pandemie erfolgreich überwinden will, wird man es nicht jedem recht machen können.” Wer sich ohne gute gesundheitliche Gründe nicht impfen lasse, gefährde auch andere. “Die Politik muss hier den Druck erhöhen, auch wenn es Streit gibt.”

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