Corona aktuell: Großbritannien nun Virusvariantengebiet – Politik

Die Einreise aus Großbritannien wird zum Schutz vor einer schnellen Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus drastisch eingeschränkt. Großbritannien wird von Montag an als Virusvariantengebiet eingestuft. Das gab das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstagabend bekannt. Ein Virusvariantengebiet ist die höchste Corona-Risikokategorie.

Durch die blitzschnelle Ausbreitung der Omikron-Variante hatte sich die Corona-Lage in Großbritannien in den vergangenen Tagen zugespitzt. Die Einstufung Großbritanniens ist wirksam ab Montag, 0 Uhr. Sie gilt laut RKI voraussichtlich bis 3. Januar 2022. Eine Verlängerung sei möglich, hieß es.

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Fluggesellschaften dürfen im Wesentlichen nur noch deutsche Staatsbürger oder in Deutschland lebende Personen von Großbritannien nach Deutschland befördern. Es handelt sich aber nicht um ein Flugverbot. Die Regel gilt auch für den Bahn- und Schiffsverkehr. Für Einreisende gilt eine zweiwöchige Quarantänepflicht – auch für Geimpfte und Genesene. Sie kann nicht durch negative Tests verkürzt werden.

Großbritannien hatte am Freitag mit mehr als 93 000 Corona-Neuinfektionen einen neuen Höchststand gemeldet, am Samstag waren es gut 90 000 neue Fälle. Die Zahl der Krankenhauseinweisungen steigt ebenfalls wieder an. Die Zunahme von Omikron-Fällen verläuft dabei in erschreckendem Tempo: Am Samstag wurden in Großbritannien 10 059 neue Omikron-Fälle gemeldet – dreimal so viele wie am Tag zuvor. Insgesamt gibt es damit im Vereinigten Königreich rund 25 000 bestätigte Omikron-Fälle. In London, wo Omikron die Delta-Variante bereits verdrängt hat, rief Bürgermeister Sadiq Khan den Katastrophenfall aus.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: “Die Einreise sicherer zu machen, hilft, damit sich die Omikron-Variante nicht so schnell ausbreitet. Verhindern können wir die Verbreitung nicht, nur verzögern. Je länger es dauert, bis Omikron auch Deutschland im Griff hat, umso besser.” Bis zuletzt galten keine europäischen Länder als Virusvariantengebiete, laut Liste des Robert-Koch-Instituts sind dies aktuell Länder im südlichen Afrika wie Südafrika, Namibia und Simbabwe. Im südlichen Afrika war Omikron entdeckt worden.

Proteste gegen Impfpflicht

An zahlreichen Orten in Deutschland haben am Samstag Menschen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung und der Länder demonstriert. Die Proteste richteten sich insbesondere gegen die mögliche Einführung einer Impfpflicht, über die der Bundestag demnächst abstimmen soll. Vielerorts gab es Gegenkundgebungen.

In Hamburg zogen nach Einschätzung der Polizei etwa 11500 Menschen in mehreren Blöcken durch die Innenstadt. “Nein zur Impfpflicht!” hieß es auf vielen selbstgebastelten Plakaten. In Dresden nahmen nach Polizeiangaben mehrere hundert Menschen in 185 Fahrzeugen an einem Autokorso teil. In Freiburg marschierten nach Polizeiangaben am Nachmittag rund 3500 Teilnehmer durch die Innenstadt. Auch in der Düsseldorfer Innenstadt fand eine Demonstration statt, die Polizei sprach später von 4000 Teilnehmern.

Zu Protesten kam es auch in zahlreichen weiteren Städten, unter anderem in Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. In Bayern gingen in verschiedenen Städten insgesamt etwa 15 000 Menschen auf die Straße. Nach Polizeiangaben blieb es weitgehend friedlich, auch wenn es mancherorts zu Zwischenfällen kam und die Polizisten zahlreiche Verstöße gegen die Maskenpflicht registrierten. In Cottbus löste die Polizei nach eigenen Angaben zwei Demonstrationen wegen zu vieler Teilnehmer auf. Danach habe sich ein Protestzug formiert, weshalb die Polizei 15 Menschen vorläufig in Gewahrsam nahm. Sie seien der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene zuzurechnen.

Gesundheitsminister der Länder für strengere Einreiseregeln

Angesichts der besonders ansteckenden Omikron-Variante fordern die Gesundheitsminister der Länder schärfere Bestimmungen für Einreisende aus Virusvariantengebieten. “Wir haben den Bund gebeten, die Coronavirus-Einreiseverordnung anzupassen: Künftig sollen Einreisende ab sechs Jahren schon vor Abreise aus diesen Gebieten dem Beförderer einen negativen PCR-Test vorlegen, der bei Abflug im Ausland höchstens 48 Stunden zurückliegen darf”, erklärte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Samstagnachmittag nach einer Sonder-Videoschalte der Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Ein Antigen-Schnelltest soll demnach nicht mehr akzeptiert werden.

Zudem soll der PCR-Test nach Forderung der Gesundheitsminister künftig auch von jenen Reisenden aus Virusvariantengebieten vorgelegt werden, die nur an einem deutschen Flughafen umsteigen. Die Passagiere säßen teilweise stundenlang im selben Flieger, und das Virus unterscheide nicht zwischen Passagieren, die aus- oder umsteigen. “Daher bitten wir den Bund, diese mögliche Infektionsquelle gerade bei Langstreckenflügen einzudämmen, indem alle Passagiere einen PCR-Test vorlegen müssen – alles andere wäre absurd”, sagte Holetschek.

Die Gesundheitsminister der Länder hätten zudem den Bund gebeten, sich kurzfristig für eine Einstufung von Großbritannien als Virusvariantengebiet einzusetzen. Holetschek sagte: “Die Ausbreitung von Omikron in Großbritannien ist sehr deutlich. Wir appellieren zudem an die Bevölkerung: Reisen Sie nicht in die Virusvariantengebiete, wenn es sich vermeiden lässt!” Es müsse das Ziel sein, die Ausbreitung von Omikron so lange wie möglich zu verhindern und maximal zu verlangsamen, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen können.

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der ebenfalls an der Schalte teilnahm, betonte: “Die Einreise sicherer zu machen, hilft, damit sich die Omikron-Variante nicht so schnell ausbreitet.” Verhindern könne man die Verbreitung nicht, nur verzögern.

Lauterbach erwartet wegen der Omikron-Variante eine massive fünfte Corona-Welle. Diese werde eine “massive Herausforderung für unsere Krankenhäuser, für unsere Intensivstationen, aber auch für die Gesellschaft in der Gänze”, sagte der Minister am Freitag in Hannover. Er habe mit britischen Expertinnen und Experten gesprochen. Auch Deutschland müsse sich auf eine Lage einstellen, “die wir in dieser Form noch nicht gehabt haben.” (18.12.2021)

Kubicki sieht bei Impfpflicht-Befürwortern “Rache” im Spiel

Der FDP-Politiker Wolfang Kubicki ist nach eigenen Worten “entsetzt über das jakobinerhafte Verhalten vieler in diesem Land, deren Freude an 2G und Impfpflicht ja nicht mehr rational ist”. Weiter sagte der Bundestagsvizepräsident Zeit Online, “vielen Impfpflichtbefürwortern scheint es um Rache und Vergeltung zu gehen”. Auf die Nachfrage “Rache an wem?” erwiderte Kubicki: “An den Ungeimpften, weil man glaubt, in ihnen die Verantwortlichen für unsere derzeitige Misere ausgemacht zu haben, was natürlich völliger Unsinn ist.”

Über eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona soll der Bundestag voraussichtlich im kommenden Jahr in freier Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin entscheiden. Unter anderen hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz für eine solche Pflicht ausgesprochen, auch FDP-Parteichef Christian Lindner geht nach eigener Aussage in diese Richtung. Kubicki und weitere FDP-Abgeordnete hatten sich zuletzt in einem Antragsentwurf klar dagegen ausgesprochen. Da “auch Geimpfte ansteckend sind”, halte er eine Testpflicht für alle, etwa beim Betreten von Krankenhäusern oder Pflegeheimen, für besser, so Kubicki. Die Positionierung Lindners schmerze ihn dennoch nicht, da es sich um eine individuelle Entscheidung handle.

Bereits beschlossen hat das Parlament, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit besonders schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis Mitte März 2022 nachweisen müssen, dass sie geimpft oder genesen sind. Kubicki hatte zugestimmt – dies sei ihm so schwergefallen wie noch nie im Bundestag, sagte er nun. Er habe aber deutlich gemacht: “Damit ist für mich die Grenze des Zumutbaren, was die Impfpflicht angeht, erreicht.” (18.12.2021)

Weniger Neuinfektionen, Inzidenz sinkt auf 321,8

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist im Vergleich zum Vortag erneut gesunken. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche mit 321,8 an. Am Freitag hatte der Wert bei 331,8 gelegen, vor einer Woche bei 402,9.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 42 813 Corona-Neuinfektionen. Vor genau einer Woche waren es 53 697 Ansteckungen. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 414 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 510 Todesfälle.

Die Zahl gemeldeter Infektionen geht seit knapp drei Wochen zurück. Experten befürchten wegen der ansteckenderen Omikron-Variante aber eine baldige Trendumkehr. In Hinblick auf die hohe Belastung der Intensivstationen und die bevorstehende Omikron-Welle sinke die Zahl der Neuinfektionen nicht stark und nicht schnell genug, hatte das RKI am Donnerstag in seinem Wochenbericht gewarnt. Die Belastung der Krankenhäuser und Intensivstationen bleibe hoch. Die meisten Klinikeinweisungen gebe es in den Altersgruppen über 60 Jahre. Berechnungen deuten laut RKI darauf hin, dass sich die Hospitalisierungsrate auf hohem Niveau stabilisiere. (18.12.2021)

Kliniken: Verschärfte Lage, falls sich Omikron-Prognosen bestätigen

Die Lage an den Kliniken in Deutschland könnte sich nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) deutlich verschärfen, sollten sich die Prognosen zur Omikron-Variante des Coronavirus bestätigen. Wenn diese sehr viel ansteckender als Delta und die Schwere der Verläufe vergleichbar seien, werde man es im schlimmsten Fall mit einer großen Zahl gleichzeitig schwer erkrankter Patienten zu tun haben, sagte DKG-Chef Gerald Gaß. “Für die Krankenhäuser wäre dies eine weiter verschärfte Lage, die über all das hinausgeht, was wir bisher erlebt haben.”

Gaß forderte die Politik auf, die Erkenntnisse zu Omikron aus anderen Ländern “sehr sorgfältig” zu analysieren und, falls sich die Befürchtungen bestätigten, “sehr frühzeitig” mit Kontaktbeschränkungen gegenzusteuern. “Wir dürfen dann keine Zeit verlieren, dann muss sofort gehandelt werden, noch bevor die Zahlen auch in Deutschland nach oben gehen und eine Überlastung der Krankenhäuser nicht mehr zu verhindern ist.” (18.12.2021)

Bas für Impfregister – Kühnert dagegen

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) fordert ein nationales Impfregister. Sie kritisierte in der Welt am Sonntag, dass noch immer zu wenige Daten über die Corona-Pandemie zur Verfügung stünden. Die Gesundheitsämter wüssten nicht konkret, “wie viele Infektionen es genau gibt. Oder wie der exakte Stand bei den Impfungen ist. Bei den Pflegekräften gehen wir von bis zu 90 Prozent Geimpften aus, aber das sind Schätzungen”, sagte Bas. “Wir brauchen exakte Zahlen”, drängte sie.

Es gibt in Deutschland kein solches Impfregister. Für die Covid-19-Impfungen werden die Daten von den Impfzentren und impfenden Praxen erhoben und vom Robert-Koch-Institut aufbereitet, sodass die Impfquoten bundesweit und regional bekannt sind.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert lehnt eine Erfassung von Impfdaten ab. “Auch wenn es auf die Daten der Corona-Impfung beschränkt ist, sehe ich die grundlegende Gefahr, dass mit einem solchem Schritt die Tür für den Zugriff auf weitere Daten geöffnet ist”, sagte Kühnert den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. “Auch sehe ich nicht, wie die vollkommen überlasteten Gesundheitsämter das auch noch administrieren sollen.”

Von Mitte März 2022 an soll eine Impfpflicht für das Personal im Gesundheitswesen und in Pflegeeinrichtungen gelten. Der Bundestag will sich zudem mit der Frage beschäftigen, ob eine allgemeine Corona-Impfpflicht eingeführt werden soll, um die Impfquoten zu erhöhen.

Dazu sagten Bas und Kühnert, zuvor müssten eine Reihe von Fragen geklärt werden. Insbesondere müssten die Ziele einer Impfpflicht klar sein und sie müsse sehr gut vorbereitet sein. “Was nützt sie, wenn dann nicht genügend Impfstoff da ist”, fragte die Bundestagspräsidentin, “oder der Impfstoff bei einer bestimmten Virusvariante wirkungslos bleibt?” Kühnert sagte: “Ich sehe es noch nicht als sicher an, dass die Impfpflicht am Ende tatsächlich kommt.”

Für den designierten CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz stellt sich die Frage, wie eine Impfpflicht durchgesetzt werden soll: “Die Frage des Vollzuges eines solchen Gesetzes ist aus meiner Sicht mindestens genau so wichtig wie die Diskussion über die Pflicht als solches.” (18.12.2021)

Habeck bringt staatliche Abnahmegarantien für Impfstoff ins Spiel

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Impfstoffproduktion für den nächsten Winter ankurbeln. Staatliche Abnahmegarantien könnten auf längere Sicht helfen, die Produktion zu verstetigen, sagte der Grünen-Politiker im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. “Da geht es darum, die nächste Impfstoffgeneration rechzeitig für den nächsten Winter einzulagern.” Kurzfristig helfe das aber nicht. (18.12.2021)

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