Chefredakteur Gregor Peter Schmitz über den aktuellen stern

stern-Chefredakteur
Was eine zufällige Begegnung mit Karl Lauterbach mit dem aktuellen stern-Titel zu tun hat

Der aktuelle stern-Titel zur Hitzewelle am Mittelmeer

© stern

Chefredakteur Gregor Peter Schmitz blickt in den aktuellen stern. Diese Woche als Titel: ein großer Report aus Mallorca und die Frage, wie sich unser Urlaub am Mittelmeer wegen Hitze und Überfüllung ändern muss.

Vor einigen Wochen verbrachte ich einige Tage in Florenz. Es war unfassbar schön, wie immer, allerdings auch unfassbar heiß. Als ich auf einer schattigen Dachterrasse nach Luft schnappte, wegen der Hitze und eines höchst fettigen Mittagsmahls, fiel mein Blick auf einen Mann in der Nähe, der offenbar weit mehr Energie hatte als ich: jedenfalls genug, um fieberhaft auf seinem Handy zu tippen. Der Mann war Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister. Er ernährt sich salzlos, weshalb sein Mittagessen gewiss gesünder ausgefallen war. Dennoch machte Lauterbach sich Sorgen, wie ich kurz darauf erfuhr. Da machte nämlich ein Lauterbach-Tweet Furore, in dem dieser von einer weiteren Station seines Urlaubs im Süden schrieb: “Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben. Der Klimawandel zerstört den Süden Europas. Eine Ära geht zu Ende.”

Zweierlei ist daran bemerkenswert: Lauterbach gelingt es auch im Urlaub und fernab aller Talkshow-Studios, maximal zu irritieren (sogar der Lebenspartner der italienischen Ministerpräsidentin reagierte auf seinen Tweet). Zugleich wirkt Lauterbachs Warnung zwar überzogen, hat aber einen wahren Kern. Denn die Frage, ob das Traumziel Mittelmeer nicht bald schon ein Albtraumziel wird, stellen sich spätestens seit diesem Sommer viele. Unser Reporter Fabian Huber hat vor Ort nachgeschaut. Am Beispiel von Mallorca skizziert er, warum die Deutschen bald anders Urlaub machen werden und wie sich der Tourismus im Süden Europas retten ließe, selbst für Karl Lauterbach.

Was wusste die Polizei?

Als Philipp F., 35, am 9. März bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg sieben Menschen, unter ihnen ein ungeborenes Kind, und schließlich sich selbst tötete, war das Entsetzen groß. Mit der Trauer kamen aber auch Fragen: Hätte die Tat des Sportschützen verhindert werden können? Immerhin hätten die Behörden gewarnt sein müssen. Der Vater des Amokschützen hatte bereits 2021 wegen psychischer Probleme seines Sohnes den Sozialpsychologischen Dienst angerufen und gesagt, dass Philipp F. Stimmen höre und sich umbringen wolle. Zudem gab es einen anonymen Hinweisgeber, der unter anderem mit einem von F. verfassten Buch dessen psychische Störung belegen wollte und die Polizei dringend vor ihm warnte.

Meine Kollegen Kerstin Herrnkind und Johannes Röhrig haben diesen Fall von Anfang an eng begleitet, sie haben um das Recht auf Auskunft gar vor Gericht gestritten. Gemeinsam mit Lars Winkelsdorf zeichnen sie in dieser Ausgabe anhand interner Behördenakten nicht nur die Genese eines Amokläufers nach – sondern stellen auch die Frage, ob die Behörden den Waffenbesitz von Menschen mit psychischer Erkrankung genug überprüfen. Dies sind Fragen, die weit über Hamburg hinausreichen: Rund eine Million Menschen in Deutschland besitzen eine Waffe, vor allem Sportschützen, Jäger oder Förster. Legal sind rund fünf Millionen Waffen im Umlauf.

Wolfgang Ischinger im Gespräch

Wolfgang Ischinger war deutscher Botschafter in den USA, als die Terroranschläge vom 11. September 2001 das Land erschütterten. Er leitete danach viele Jahre die Münchner Sicherheitskonferenz, das wohl wichtigste diplomatische Forum der Welt, wo einst auch Wladimir Putin eine bemerkenswerte Rede hielt. Ein Mann wie Ischinger weiß also, wann Diplomatie möglich ist.

Meinem Kollegen Moritz Gathmann gab er diese Woche für stern Plus ein Interview, das alle ernüchtern wird, die auf ein rasches Ende des Ukrainekriegs hoffen. Ischinger argumentiert, der Stichtag, auf den Putin schiele, sei der 5. November 2024: der Tag der US-Präsidentschaftswahl. Denn kehre Donald Trump zurück, habe dieser versprochen, den Ukraine-Konflikt binnen 24 Stunden zu beenden – was wohl das abrupte Ende der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine bedeutete. Und auch wenn es bizarr erscheint: Ein Comeback Trumps ist alles andere als ausgeschlossen.

Erschienen in stern 32/2023

source site-3