Bundestagswahl: Zeitplan für Sondierungsgespräche steht – Politik

Drei Tage nach der Bundestagswahl steht der Zeitplan für die ersten Gespräche über eine neue Regierung fest: Am Freitag treffen sich FDP und Grüne zu einer Sondierungsrunde; deren Spitzen waren in kleiner Runde bereits am Dienstagabend zusammengesessen. Am Samstag spricht die FDP mit der Union, die Grünen halten währenddessen einen kleinen Parteitag ab. Am Sonntag treffen sich erst SPD und FDP am Nachmittag, im Anschluss dann SPD und Grüne. Das gaben die Parteien am Nachmittag bekannt.

Man gehe in die Treffen mit dem “festen Willen von unserer Seite”, eine Ampelkoalition zu bilden, also eine Regierung von SPD, FDP und Grünen, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil – und da sei er auch optimistisch. Nun habe man untereinander einen Zeitplan verabredet. “Entscheidend ist, wer am Ende den Koalitionsvertrag unterschreibt”, nicht wer zuerst miteinander spreche.

Auch Grünen-Kanzlerkanzlerkandidatin Annalena Baerbock ließ erneut ihre Präferenz für eine Ampel erkennen. “Wir leiten aus dem Wahlergebnis einen klaren Auftrag zur Bildung einer progressiven Regierung ab”, sagte sie.

Allerdings hat, wie am Nachmittag bekannt wurde, nun auch die Union FDP und Grüne offiziell zu Gesprächen eingeladen – mit zwei gleichlautenden Schreiben an die jeweiligen Parteivorsitzenden. Darin gratulieren CDU-Chef Armin Laschet und Markus Söder (CSU) zum Stimmenzuwachs und danken für einen fairen und sachlichen Wahlkampf, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Die Gremien der Union hätten beide beschlossen, für Gespräche über die Bildung einer Bundesregierung bereitzustehen. Eine Koalition aus Grünen, FDP und CDU/CSU könne ein “zukunftsweisendes politisches Projekt” sein, das Deutschland “modernisiere und nachhaltiger mache”, aber auch “die ganze gesellschaftliche Breite” des Landes abbilde.

Auf die Frage nach Gesprächen mit CDU und CSU antwortete die Grünen-Vorsitzende Baerbock lediglich: “Auch mit der Union stehen wir in Kontakt.” Wie auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing berichtete sie nichts über die Viererrunde, an der sie beide am Dienstagabend teilnahmen – zusammen mit dem Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck und FDP-Chef Christian Lindner. Alle vier hatten in der Nacht lediglich dasselbe Selfie veröffentlicht.

Man habe Vertraulichkeit vereinbart, sagte Baerbock. Und Wissing betonte am Mittwoch mehrmals, dass ein “vertrauensvoller und vertraulicher Rahmen” für die Gespräche wichtig sei. Deshalb habe man sich auch entschieden, nichts über das erste Gespräch mit den Grünen am Dienstagabend zu kommunizieren, sondern lediglich ein Bild sprechen zu lassen. (29.09.21)

Berliner Landeswahlleiterin stellt ihr Amt zur Verfügung

Petra Michaelis, die Beriner Landeswahlleiterin zieht die Konsequenzen aus dem Chaos am Wahltag und stellt ihr Amt zur Verfügung. “Ich übernehme die Verantwortung (…) für die Umstände der Wahldurchführung am 26.09.2021 und bitte den Senat von Berlin, mich nach den Sitzungen des Landeswahlausschusses am 11. und 14. Oktober 2021 unverzüglich abzuberufen und einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu bestimmen”, schrieb Michaelis in einer Mitteilung.

Am 26. September, als in Berlin gleichzeitig die Bundestagswahl und die Wahl zum Abgeordnetenhaus stattgefunden hat, war es zu Problemen bei den Abstimmungen gekommen. Vor den Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen, zum Teil wurden in einigen Bezirken an Wahllokale falsche Wahlzettel geliefert. (29.09.2021)

JU-Chef unzufrieden mit Wahl des CDU-Fraktionsvorsitzenden

Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, zeigt sich unzufrieden mit der Wahl des CDU-Vorsitzenden Ralph Brinkhaus bis zum 30. April. Die Fraktion habe Brinkhaus für eine begrenzte Zeit gewählt, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. “Nach der Bildung einer Regierung werden wir neu entscheiden.” Zugleich fordert der Chef der Nachwuchsorganisation der Unionsparteien einen grundlegenden Umbau der CDU. Dort dürfe kein Stein auf dem anderen bleiben, sagte Kuban. “Wer sich nach einem solchen Ergebnis nicht erneuert, wird nicht mehr auf die Beine kommen.” (29.09.2021)

Mützenich als SPD-Fraktionschef bestätigt

Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihren Vorsitzenden Rolf Mützenich mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Der 62-Jährige erhielt am Mittwoch 198 Stimmen und somit 97 Prozent. Vier Abgeordnete stimmten gegen den Kölner, zwei enthielten sich. Gewählt ist Mützenich damit für zwei Jahre, wie ein Fraktionssprecher mitteilte.

Er freue sich für das große Vertrauen und sei “sehr berührt über die Wertschätzung”, sagte Mützenich. Man sei sich einig, so schnell wie möglich Olaf Scholz zum Kanzler zu wählen. Dabei verwies er darauf, dass die SPD die größte Fraktion im Bundestag sei.

Sein Wunsch sei es, dass bis Ende der Woche die Gespräche mit FDP und Grünen über eine Kooperation starten würden. “Wir stehen bereit und wir stehen verlässlich bereit”, sagte der SPD-Fraktionschef. Die Grünen und die FDP müssten Misstrauen abbauen, da die Jamaika-Gespräche vor vier Jahren gescheitert seien, sagte er über das erste Treffen der Parteispitzen. Er wünsche FDP und Grünen viel Glück bei diesem Annäherungsprozess, so Mützenich weiter. Er sei sich sicher, dass man anschließend in Ruhe miteinander sprechen könne. Das Selfie der vier Gesprächsteilnehmer FDP-Chef Lindner, FDP-Generalsekretär Volker Wissing und den Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Harbeck, das im Anschluss an das Treffen von allen vier auf Instagram veröffentlicht wurde, kommentierte Mützenich mit: “Deutschland braucht keine Fotos, sondern Deutschland braucht eine Regierung, die tatkräftig auch die Herausforderungen annimmt.”

Mützenich sitzt seit 2002 für die SPD im Bundestag und war lange ihr außenpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender für Außen und Sicherheit. Die Fraktion führt er seit mehr als zwei Jahren. Nach dem überraschenden Rücktritt von Andrea Nahles als Fraktions- und Parteichefin hatter den Vorsitz als dienstältester Stellvertreter zunächst kommissarisch übernommen, im September 2019 wurde er mit 97,7 Prozent gewählt.

Am Dienstagabend hatte Mützenich bei einer SPD-Veranstaltung deutlich gemacht, dass die Fraktion geschlossen hinter Kanzlerkandidat Olaf Scholz steht. Die 206 Abgeordneten würden ihn nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen zum Bundeskanzler wählen, kündigte Mützenich an. “Das ist unser Versprechen.”

Die neue SPD-Fraktion umfasst 206 Mitglieder – die SPD hat 53 Mandate mehr errungen als bei der Bundestagswahl vor vier Jahren. 104 der Abgeordneten sind neu gewählt. Scholz selbst hatte am Montag deutlich gemacht, dass Mützenich Fraktionschef bleiben solle. Dieser sei ein “guter Mann”, sagte Scholz. “Den brauchen wir dann.” Auch er gab als neu in den Bundestag und damit in die SPD-Fraktion zurückgekehrter Abgeordneter seine Stimme ab. (29.09.21)

“Spannende Zeiten” und ein Selfie

Die Spitzen von Grünen und FDP haben überraschend schon bereits am Dienstag erste Vorgespräche über eine gemeinsame Regierungsbeteiligung geführt. Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck trafen sich mit FDP-Chef Christian Lindner und Generalsekretär Volker Wissing. Alle vier posteten auf Instagram ein Foto des Quartetts und schrieben dazu: “Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten.”

Grüne und Liberale könnten nach der Bundestagswahl sowohl eine Ampelkoalition mit der SPD als auch ein Bündnis mit der Union eingehen. Allerdings hat die SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz die Wahl am Sonntag gewonnen. Erklärtes Ziel von Grünen und FDP ist die Einigung auf Grundlinien einer politischen Zusammenarbeit, die als Voraussetzung für einen “Neustart” der Regierungspolitik in Deutschland dienen soll. Erst später wollen beide mit der Partei eines möglichen Kanzlers sprechen.

Scholz warb am Dienstagabend noch einmal eindringlich für eine Ampel. “Da passt was zusammen, wenn man das zusammenbringen will”, sagte der bisherige Vizekanzler bei einer Veranstaltung der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion in Berlin. “Es kann eine Regierung sein, wo drei Parteien zusammenkommen, die unterschiedliche, aber mit Überschneidungen versehene Fortschrittsideen haben.” SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte: “Das Land gehört nicht einer CDU/CSU.” Das Land gehöre den Bürgerinnen und Bürgern, die Scholz gewählt hätten. (29.09.2021)

SPD-Vorsitzender Walter-Borjans will kurzen Koalitionsvertrag und lässt Bereitschaft für Kompromisse erkennen

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans wünscht sich einen kompakten Koalitionsvertrag mit FDP und Grünen. “Ich würde für einen Koalitionsvertrag die Devise ausgeben: Weniger ist mehr”, sagt Walter-Borjans der Zeitung Rheinische Post (Mittwochausgabe). Nicht alle Details müssten durchdekliniert werden. In den jetzt beginnenden Ampel-Sondierungen sei ein klarer Fokus wichtig. “Wir sollten nicht ellenlang sondieren. Wir haben das Ziel, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die kommende Neujahrsansprache im Fernsehen hält.” Eine erneute Große Koalition ist für ihn nicht denkbar. “Ich sehe dafür keine Grundlage. CDU und CSU gehören in die Opposition.”

Walter-Borjans signalisiert Richtung FDP außerdem Kompromissbereitschaft in Sachen Schuldenbremse. Der SPD-Chef nimmt in der Rheinischen Post Abstand von einer Reform: “Jeder weiß doch, dass dafür eine Zweidrittelmehrheit in Parlament und Bundesrat nötig wäre.” Ohne Mitwirkung von CDU und CSU würde es nicht gehen. “Warum sollen wir uns da zusammen mit den Grünen in Gesprächen mit der FDP verkämpfen, wenn ein notwendiger vierter Partner – nämlich CDU und CSU – für sowas nicht zur Verfügung stehen?” Wichtig sei, dass die geltende Schuldenregel nicht zu einer Investitionsbremse werde.

Aufgrund der Corona-Pandemie sind die im Grundgesetz verankerten Vorgaben zur Haushaltsdisziplin von Bund und Ländern derzeit ausgesetzt. Vor der Wahl hatte Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gesagt, dass die Schuldenbremse ab 2023 wieder greifen solle. Auch die FDP will, die Schuldenbremse so schnell wie möglich wieder einhalten. Die Grünen hatten im Wahlkampf angekündigt die Schuldenbremse reformieren zu wollen, um öffentliche Investitionen 50 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr zu ermöglichen. Deshalb wollen sie die Schuldenbremse um eine Investitionsvorgabe erweitern. (29.09.21)

Umfrage: 68 Prozent für Laschet-Rücktritt von allen Ämtern

Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland würde einen Rücktritt von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet von allen seinen politischen Ämtern begrüßen. Demnach sprechen sich 68 Prozent dafür aus, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten YouGov-Umfrage hervorgeht. 13 Prozent lehnen das ab.

Brinkhaus: Laschet wird “bestimmt nicht” Oppositionsführer

Der wiedergewählte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus geht davon aus, dass der CDU-Vorsitzende ihn nicht ablösen wird, sollte die Union in der Opposition landen. “Armin Laschet wird bestimmt nicht als Fraktionsvorsitzender kandidieren, wenn wir in die Opposition gehen”, sagte Brinkhaus am Dienstagabend in den ARD-“Tagesthemen”. Insofern sei er “kein Platzhalter und fühle mich auch nicht so”.

Brinkhaus war am Abend mit 85 Prozent der Stimmen in der Unionsfraktion wiedergewählt worden – allerdings nur bis Ende April und nicht wie üblich für ein Jahr. Stattdessen werde sich Laschet um die Partei kümmern, sollte die Union nicht regieren, erklärte Brinkhaus. “Als Parteivorsitzender ist man dann ganz gut beschäftigt.”

Sollte die Union nach ihrer Wahlniederlage tatsächlich in die Opposition müssen, wäre der Fraktionsvorsitz der wichtigste Posten, der übrig bliebe. Brinkhaus sagte in den “Tagesthemen”, CDU und CSU seien sich einig, dass man Grünen und FDP nun Gespräche über eine Jamaika-Koalition anbieten wolle. Klar sei, dass die Union nach der Niederlage gegen die SPD keine Ansprüche erheben könne. Aber eine Jamaika-Koalition sei neben der Ampel aus SPD, Grünen und FDP weiter eine mögliche Option. (29.09.2021)

Grüne Jugend würde Jamaika-Koalition “nicht mitmachen”

Die Grüne Jugend hat die Parteispitze zu einer klaren Absage an eine Koalition mit der Union aufgefordert. “Eine Jamaika-Koalition mit der Union würde die Grüne Jugend nicht mitmachen”, sagte der Bundessprecher der Jugendorganisation, Georg Kurz, der Neuen Osnabrücker Zeitung. “Wir können auf keinen Fall die Partei, die explizit abgewählt wurde, zurück ins Kanzleramt hieven.” Die Union habe 16 Jahre lang bewiesen, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, etwas zum Besseren zu wenden, sagte der 27-Jährige.

Am Ende sei allen Grünen klar, welche Parteien bei der Bundestagswahl dazugewonnen hätten und mit wem es die meisten Schnittmengen gebe, “nämlich mit der SPD und nicht mit der Union”. Auch für eine Ampelkoalition mit SPD und FDP stellte Kurz Bedingungen: “Wir wurden für konsequenten Klimaschutz und die gerechte Verteilung von Reichtum gewählt, für eine Verbesserung der Lebensrealität für eine Mehrheit der Bevölkerung und nicht für wenige Reiche. Das müssen wir durchsetzen, sonst können wir nicht dabei sein.” (29.09.2021)

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