Bundestagswahl: Habeck sieht erhebliche Differenzen – Politik

Bei den Sondierungen mit SPD und FDP über eine Ampel-Koalition gibt es nach Angaben des Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck noch einige Differenzen. “Wir haben inhaltlich jede Menge Konflikte, deswegen darf die vertrauensvolle Atmosphäre und das Bemühen, der Form nach, auch einen anderen Stil zu prägen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch lange nicht durch ist und dass die Differenzen zwischen den Parteien teilweise erheblich sind.” Diese müssten noch gelöst werden. Es habe jede Menge Punkte gegeben, über die gerungen, gestritten und die teilweise nicht gelöst wurden, sagte Habeck. Auf die Frage, welches das schwierigste Thema der nächsten Wochen werde, antwortet er: “Also, es gibt erkennbare Differenzen zwischen uns und vielleicht auch der SPD und der FDP beim Thema Finanzen.” (09.10.2021)

Grüne Jugend warnt vor zu vielen Kompromissen bei Regierungsbildung

Der Bundessprecher der Grünen Jugend, Georg Kurz, hat angesichts der Sondierungen über eine Koalition mit SPD und FDP vor zu viel Kompromissbereitschaft gewarnt. “Das 1,5-Grad-Ziel muss die Grundlage sein für alles, was die Regierung beschließt”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Damit meint er das im Pariser Klimaschutzabkommen verankerte Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad zu begrenzen. “Das muss verbunden sein mit sozialer Gerechtigkeit. Wir brauchen beides zu 100 Prozent.”

Kurz erklärte, das bedeute konkret etwa, dass die Höhe der Mieten für Wohnungen nicht mehr dem Markt überlassen werde dürfe. Er betonte: “Unser Anspruch ist, dass sich Dinge grundlegend ändern. Für ein paar kleine Korrekturen braucht es uns nicht.”

Die Grüne Jugend kommt am Samstag im thüringischen Erfurt zu einem Bundeskongress unter dem Motto “Keine Zeit für kleine Schritte – Zukunft erkämpfen!” zusammen. Die Nachwuchsorganisation der Grünen will klarmachen, “welche Anforderungen und Bedingungen” sie an eine neue Bundesregierung stellt. In einem Dringlichkeitsantrag positioniert sich der Bundesvorstand gegen ein Bündnis mit CDU/CSU und FDP: “Es gibt nicht einen Grund für Jamaika – aber viele Gründe dagegen. Für uns kommt eine Jamaika-Koalition nicht in Frage”, heißt es dort. Die Grüne Jugend wählt zudem einen neuen Bundesvorstand. (09.10.2021)

Klingbeil: “Haben heute nicht mit Höflichkeitsfloskeln angefangen”

Nach ersten Gesprächen über ein mögliches Dreierbündis haben sich SPD, FDP und Grüne in einem gemeinsamen Statement geäußert. Die Gespräche seien gut und “vertrauensvoll” gelaufen, betonen die drei Parteivertreter.

“Ich darf Ihnen sagen, das war ein Gespräch, das intensiv war”, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Von Anfang an sei es um Themen gegangen: “Wir haben heute nicht mit Höflichkeitsfloskeln angefangen.” Es gehe darum, dass man die großen Zukunftsherausforderungen dieses Landes anpacke. “Ich habe gespürt in dem Gespräch, dass wir was Gemeinsames schaffen können”.

Auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing befand, das Gespräch sei “sehr gut verlaufen”. Man habe herausfinden wollen, ob es die Bereitschaft gebe, auch größere Hürden gemeinsam zu nehmen – und das habe man heute gesehen, so Wissing. Klar sei aber auch: “Es gibt Themen, bei denen wird es nicht einfach.” Wichtig sei: “Wir wollen nicht um die Dinge herumreden, sondern wir wollen sie konkret ansprechen.”

Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/die Grünen, zeigte sich überzeugt: “Lösungen lassen sich finden, für die Probleme unseres Landes, gemeinsam.” Er sprach von einem “starken Zeichen”, dass so unterschiedliche Parteien vertrauensvoll miteinander reden könnten.

Weitergehen mit den Gesprächen wird es am kommenden Montag, das kündigten alle drei Parteivertreter an. Dann werde man mit “vertieften Sondierungen” starten, sagte Kellner. Klingbeil betonte, man wolle die nächste Woche nutzen, um “intensiv weiterzuberaten”, um “dann auch zu einer Einigung zu kommen”. (07.10.2021)

Währenddessen im Berliner Abgeordnetenhaus: SPD will in zwei Dreierformaten sondieren

Nicht nur auf Bundesebene wird eine neue Regierung gesucht. In Berlin gibt es ein frisch gewähltes Landesparlament – die Sozialdemokraten landeten dort bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus knapp vor den Grünen. Nun will die SPD in Berlin in zwei Dreierformaten über eine Regierungsbildung sprechen. Zum einen seien Sondierungen mit Grünen und FDP geplant, zum anderen mit Grünen und Linken, teilte die SPD-Spitzenkandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl und designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey am Freitag mit. Die Präferenz für die SPD sei ein Ampelbündnis mit Grünen und FDP. (08.10.2021)

Laschet will personelle Neuaufstellung der CDU

CDU-Chef Armin Laschet hat am Donnerstagnachmittag in einer Videoschalte der Unionsfraktion erklärt, er wolle eine personelle Neuaufstellung der CDU. Es solle dazu einen Parteitag geben, ein Datum dafür nannte er zunächst nicht. Laschet sagte, jetzt müsse gelten: Erst das Land, dann die Partei, dann die Personen. Eine Jamaika-Koalition wäre für das Land besser als eine Ampel-Koalition. Laschet deutete die Bereitschaft an, eigene Ambitionen für mögliche Jamaika-Verhandlungen mit Grünen und FDP zurückzustellen. “Wenn es mit anderen Personen besser geht, dann gerne”, sagte der CDU-Chef Teilnehmerangaben zufolge.

Wie es in der Partei jetzt weitergehe, werde in Präsidium und Vorstand besprochen. Er wolle in jedem Fall eine “Personalschlacht” vermeiden. Die CDU brauche stattdessen einen gemeinsamen Konsensvorschlag. Dabei verwies Laschet auf Nordrhein-Westfalen, wo die CDU gerade im Einvernehmen entschieden habe, dass Hendrik Wüst ihm als Ministerpräsident nachfolgen solle. Viele Menschen würden noch auf eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP warten. Deshalb müsse gelten, dass die CDU “bis zur letzten Sekunde” für eine Jamaika-koalition bereit sein müsse. Denn er könne sich nicht vorstellen, wie SPD, Grüne und FDP ihre Themen in einer Ampel zusammenbringen wollten. (07.10.2021)

SPD, Grüne und FDP beginnen Sondierungsgespräche

Eineinhalb Wochen nach der Bundestagswahl sind SPD, FDP und Grüne zu einem ersten Dreiergespräch zur Bildung einer neuen Bundesregierung zusammengekommen. Nach der Delegation der Sozialdemokraten trafen am Donnerstag nach und nach die Verhandler von Grünen und FDP am Verhandlungsort, dem City Cube in Berlin, ein.

Als erstes Mitglied einer Delegation war am Morgen um 7.50 Uhr SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz für Vorberatungen der SPD-Seite vor der Veranstaltungshalle vorgefahren. Scholz ging mit einer Aktentasche zum Eingang und begrüßte wartende Journalisten mit einem knappen “Morgen”. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans kam kurz darauf und sagte: “Ich gehe mit großer Zuversicht in die Gespräche.” Das Treffen war nach SPD-Angaben auf sechs Stunden angesetzt.

Walter-Borjans betonte, die SPD wolle das Land nach vorne bringen. “Jetzt müssen wir aber erstmal gucken, dass wir jetzt wirklich die Punkte einzeln abklopfen, und dann sehen wir mal zu.”

Als die Politikerinnen von Grünen und FDP nacheinander eintrafen, hatten sich Aktivisten eines Vereins für “Mehr Demokratie” und von Greenpeace vor der Halle aufgebaut. Grüne-Chef Robert Habeck versprach im kurzen Gespräch mit einem Greenpeace-Aktivisten, Klima solle bei dem Gespräch mit SPD und FDP Thema werden. “Sonst hat das keinen Sinn”, sagte Habeck. Die Grünen-Co-Vorsitzende Annalena Baerbock sagte den Umweltschützern kurz darauf: “Das wird heute auf jeden Fall Thema sein.” FDP-Chef Christian Lindner kam als letzter der Verhandlerinnen und Verhandler um 10.47 Uhr in die Halle.

Die SPD erhofft sich eine Entscheidung zum Ende des Treffens für weitere Gespräche. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte im ZDF-Morgenmagazin: “Wenn das die Entscheidung ist, dass es weitergeht, dann muss es jetzt sehr zügig zu wirklichen Sondierungen kommen.”

Die Unionsfraktion im Bundestag kommt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Nachmittag zu einer Schaltkonferenz zusammen, um über die aktuelle Lage zu beraten. Mit Spannung wird erwartet, wie sich die Situation für CDU-Chef Armin Laschet bis zu den regulären Beratungen der CDU-Spitzengremien am Montag entwickelt. Laschet steht seit dem Wahldesaster der CDU/CSU massiv unter Druck. In der Union wird davon ausgegangen, dass bei der Schaltkonferenz der Fraktion auch über die Frage diskutiert wird, ob man sich weiter für Verhandlungen mit Grünen und FDP bereithalten sollte. (07.10.2021)

Scholz optimistisch, FDP: Jamaika noch nicht vom Tisch

“Morgen geht’s dann los”, sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Grüne und FDP hatten am Mittwoch angekündigt, Sondierungen mit der SPD über eine Ampelkoalition aufnehmen zu wollen. Er begrüßte, dass es nun Sondierungsgespräche gebe; dazu hatte seine Partei die Grünen und die FDP bereits vergangene Woche eingeladen. Zugleich lobte Scholz die “professionelle Art und Weise”, mit der die beiden möglichen Partner diese Gespräche bisher führten.

Die Liberalen träten nur in eine Regierung der Mitte ein, “die den Wert der Freiheit stärkt und die einen echten Impuls zur Erneuerung unseres Landes setzt”, sagte FDP-Chef Christian Lindner. “Wir orientieren uns daran, wo wir am meisten liberale Politik umsetzen können.” Eine Jamaika-Koalition mit der Union und den Grünen sei aber noch nicht vom Tisch, sagte Lindner. “Mit der Union haben wir die größten inhaltlichen Überschneidungen.” Eine Jamaika-Koalition bleibe deshalb eine “inhaltlich tragfähige Option”, sagte Lindner. “Allerdings werden in der Öffentlichkeit Regierungswille und Geschlossenheit der Unionsparteien diskutiert.” Zu den Ampel-Sondierungen mit SPD und Grünen gebe es keine Parallelgespräche.

Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck hatten der FDP kurz zuvor öffentlich vorgeschlagen, in Dreiergespräche mit der SPD einzusteigen. Das Land stehe vor großen Herausforderungen und könne sich keine lange Hängepartie leisten. Die bisherigen Sondierungen hätten gezeigt, dass mit FDP und SPD die größten inhaltlichen Schnittmengen denkbar seien, vor allem im Bereich der Gesellschaftspolitik, sagte Habeck. “Denkbar heißt aber ausdrücklich, dass der Keks noch lange nicht gegessen ist.” Es gebe noch erhebliche Differenzen, sowohl mit der FDP als auch der SPD. Viele Dinge seien noch nicht durchdiskutiert.

Die Absicht, mit FDP und SPD zu verhandeln, sei noch keine “Komplettabsage” an eine Jamaika-Koalition mit der Union, sagte auch Habeck. Die Union habe sich wirklich bemüht und sei den Grünen weit entgegengekommen, etwa beim Klimaschutz. Unterschiede habe es in der Gesellschaftspolitik und bei der europäischen Integration gegeben.

Einen konkreten Zeitrahmen für Sondierungen nannten SPD, Grüne und FDP nicht. Sondierungen müssten aber keine ausgeklüngelten Koalitionsverhandlungen sein, sagte Habeck. Am Ende müsse eine politische Entscheidung der Parteien stehen, ob es weitergehen solle. Bisherige Bündnisse auf Landesebene hätten gezeigt, dass Sondierungen mit einer einstelligen Anzahl von Sitzungen gelingen könnten. (06.10.2021)

Söder: Die Ampel ist jetzt die klare Nummer eins

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder sagt, er erkenne “die de facto Absage an Jamaika von Seiten der Grünen und der FDP” an. Nun habe man endlich Klarheit. “Wir bedauern diese Entscheidung ausdrücklich,” sagte der bayerische Ministerpräsident. Jamaika wäre eine gute Chance gewesen für eine Modernisierung des Landes.

Auch wenn die CSU die Entscheidung von Liberalen und Grünen akzeptiere, bleibe man weiter gesprächsbereit. Die Union werde aber nicht in einer Dauerlauerstellung verharren und nicht als Druckmittel für FDP und Grüne dienen. Die beiden Parteien könnten nicht auf Gespräche mit der Union verweisen, um von der SPD zu bekommen, was sie wollten. Das verbiete die “Selbstachtung und Würde der Union”. Fair wäre es nach Auffassung Söders gewesen, wenn FDP und Grüne jeweils einmal gemeinsam sowohl mit der SPD als auch mit der Union verhandelt hätten.

Man müsse die “Realitäten anerkennen” und sich eingestehen, dass in den kommenden Jahren andere Wege möglich seien, als Teil der Regierung zu sein. Wahrscheinlich werde es für die Union keine Regierungsbeteiligung geben, so Söder weiter. Er sei gespannt, ob eine Ampelkoalition funktionieren kann und auch, ob sich die Hoffnungen, die es in der Bevölkerung in die Ampel gibt, erfüllten.

CDU-Chef Armin Laschet wiederum gab nur ein kurzes Statement ab. “Wir respektieren, dass es jetzt gemeinsame Gespräche gibt zwischen FDP, den Grünen und der SPD”, sagte der Kanzlerkandidat der Union. “Wir haben signalisiert: Wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit. Aber die Entscheidung, mit wem man in welcher Reihenfolge spricht, liegt bei FDP und Grünen.”

Dass es demnach weiter die Möglichkeit einer Jamaika-Koalition gebe – davon wollten führende CDU-Politiker am Mittwoch aber nichts wissen. “Soeben hat der Ampel-Zug den Bahnhof verlassen”, twitterte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Zum ersten Mal seit 41 Jahren sprächen FDP und SPD (und die Grünen) ernsthaft über eine Koalition. “CDU/CSU sind Beobachter. Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen und zeigen, dass wir die Lektion vom 26.9. verstanden haben.”

Nach Ansicht der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner steht ihre Partei nun vor einem weitreichenden Umbruch. “Nach 16 Jahren Regierungsführung stehen wir vor einer Zäsur. So hart das ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen”, sagte sie der Rheinischen Post. Bei den Sondierungen über eine mögliche Ampelkoalition komme die größte Herausforderung auf die FDP zu, sich zwischen zwei nach links gerückten Fraktionen von SPD und Grünen zu positionieren. (06.10.2021)

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