Brand von Frachter mit E‑Autos: Warum das Löschen so schwierig ist

Auf Nordsee in Brand geraten
Brennender Frachter mit hunderten E‑Autos an Bord: Warum das Löschen so schwierig ist

Eine Luftaufnahme zeigt den einen Notschlepper (l.), der den Brand auf dem Frachter in der Nordsee bekämpft

© dpa/FLYING FOCUS aerial photography | Herman IJsseling / Picture Alliance

Seit mehr als zwei Tagen brennt ein Autofrachter vor der niederländischen Küste in der Nordsee. Die Löschmaßnahmen stellen die Einsatzkräfte vor eine große Herausforderung. Warum ist die Brandbekämpfung so schwierig?

Der in Brand geratene Autofrachter “Fremantle Highway” nördlich der niederländischen Inseln Terschelling und Ameland brennt schon seit der Nacht zu Mittwoch. Zwar haben Löschboote die Seiten des 200 Meter langen Schiffes zwischenzeitlich mit Wasser gekühlt, doch löschen lässt sich das Feuer an Bord nicht ohne Weiteres.

Das Autodeck war in Brand geraten – vermutlich wegen eines Elektroautos. Fängt die Antriebsbatterie eines E-Autos Feuer, erfordert dies eine spezielle Herangehensweise. “Diesen Prozess zu löschen, ist schwierig, weil es keine Verbrennung im konventionellen Sinne ist. Und diese chemische Reaktion ist so lange da, bis die Substanzen aufgebraucht sind”, erklärt Dirk Sedlacek vom Institut für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit gegenüber dem stern.

Um einen Brand unter Deck zu löschen, wird CO2 verwendet. Es soll dem Feuer den Sauerstoff möglichst entziehen und dadurch eine Löschung herbeiführen. Ein brennendes Elektroauto produziert jedoch selbst Sauerstoff, sodass das CO2 bei einem solchen Brand “vollkommen wirkungslos” sei, sagte der Sicherheitsexperte des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Kapitän Uwe-Peter Schieder der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Laut Sedlacek könne eine CO2-Hinzugabe den Brand sogar beschleunigen.

Auch ein Fluten der Brandstelle mit Wasser ist dem Experten zufolge nicht einfach möglich. Schließlich könne das Schiff dadurch umkippen oder kentern. Außerdem komme man aufgrund der eng nebeneinander abgestellten Autos sowie der hohen Rauchentwicklung unter Deck schlecht an die Brandstelle heran. Löschboote kühlten die Seiten des Schiffes deshalb mit Wasser. Nach Angaben der Küstenwache war jedoch zu viel Wasser ins Schiffsinnere gelangt, weshalb die Kühlung vorerst am Donnerstag unterbrochen wurde. 

Experten: Elektroautos brennen nicht häufiger als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor

Tatsächlich ist die derzeit brennende “Fremantle Highway” vor der niederländischen Küste nicht der erste Vorfall seiner Art. Im vergangenen Jahr war ein Brand auf einem Frachter mit knapp 4000 Autos der VW-Gruppe bei den Azoren ausgebrochen. Bei dem Versuch, die “Felicity Ace” abzuschleppen, sank das Schiff im Atlantik. Spekulationen zufolge könnten defekte E-Auto-Akkus für den Brand verantwortlich gewesen sein.

Zwar lässt sich ein brennendes Elektroauto nicht wie ein klassisches Fahrzeug mit Verbrennungsmotor löschen, dennoch brennen E-Autos laut Experten nicht häufiger. Dies sagte etwa der Sicherheitsexperte des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Kapitän Uwe-Peter Schieder gegenüber der dpa. Auch der ADAC sowie Sedlacek teilt diese Ansicht. Der Experte vom Institut für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit sagte dem stern: “Wenn die Batterie in Ordnung ist und das Auto steht, kann eigentlich gar nichts passieren.”

Batteriebetriebene Systeme erfordern neue Maßnahmen zur Brand-Prävention

Allerdings sollten nach Meinung von Experten die Sicherheitsvorkehrungen auf Transportschiffen an den Anstieg von Elektroautos auf dem Markt angepasst werden. Zumal neben batteriebetriebenen Fahrzeugen auch zunehmend Pedelecs, Laptops oder Haushaltsgeräte verschifft werden, in denen ebenfalls Akkus verbaut sind. “Die Schiffe sind in den vergangenen Jahrzehnten immer größer geworden, mit entsprechenden Veränderungen bei den Brandlasten. Die Löschsysteme haben mit dieser Entwicklung aber nicht Schritt gehalten und sind häufig veraltet”, so der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen, gegenüber der dpa. 

Um das Brandrisiko von Elektroautos zu reduzieren, habe Sedlacek und sein Team die Idee gehabt, bereits verbaute Systeme, welche die Batterie beim Stromladen überwachen, auch im Parkmodus anzuwenden. Stelle das System dann fest, dass die Batterie zu warm werde, würde es ein Warnsignal abgeben, “sodass man dann schon Maßnahmen durchführen kann”. Darüber hinaus sei der Einsatz eines Kühlsystems über einen Schlauch oder eine Düse, die man unter das Auto schiebe, denkbar. Derartige Düsen hat etwa die Reederei Norden-Frisia aus Norderney entwickelt. Eine weitere Möglichkeit sei eine Löschdecke. Zwar lösche sie das Feuer nicht, verhindere aber eine Ausbreitung auf benachbarte Bereiche wie danebenstehende Fahrzeuge. 

“Fremantle Highway”: Gefahr einer Umweltkatastrophe nicht gebannt

Bei der momentan brennenden “Fremantle Highway” ist es am dritten Tag des Feuers für solche Löschmaßnahmen schon zu spät. Der Brand auf der “Fremantle Highway”, die 3783 Autos geladen hat, von denen der niederländischen Nachrichtenagentur ANP zufolge 500 statt wie bisher mitgeteilt 25 Elektroautos an Bord sind, kann nicht so leicht gelöscht werden. Er habe aber nachgelassen und die Temperatur sei gesunken, sagte eine Sprecherin der Küstenwache der dpa am Freitag.

Bergungsspezialisten könnten indes noch immer nicht an Bord. Auch die Gefahr einer Umweltkatastrophe sei nicht gebannt. Das Schiff ist an einen Schlepper gekoppelt. Niederländische Bergungsspezialisten wollten am heutigen Freitag einen Bergungsplan erstellen. Möglicherweise lässt sich das Schiff abschleppen und an einen sicheren Ort bringen. 

Mit Material der dpa

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