Bauernproteste: Die Aktionen in den Bundesländern im Überblick

Ab diesem Montag wollen Landwirtinnen und Landwirte in einer bundesweiten Aktionswoche gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung demonstrieren. Mehr Zeit einplanen sollten alle, die am Straßenverkehr teilnehmen. Eine Übersicht.

Die deutschen Bäuerinnen und Bauern sind sauer. Obwohl die Ampelregierung einige Kürzungen von Subventionen zurückgenommen hat, will der Deutsche Bauernverband an der von ihm organisierten Aktionswoche festhalten. Explizit distanzierten sich die Verbände jedoch von undemokratischen Protesten wie der Blockade einer Fähre von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstagabend. 

Bauernpräsident Joachim Rukwied rief im Vorfeld zu friedlichen und demokratischen Protesten auf und sagte der “Bild am Sonntag”: “Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben”.

Bauernproteste im ganzen Land

Die Aktionen beginnen an diesem Montag im ganzen Land und sollen in einer Großdemonstration in Berlin am Sonntag, den 15. Januar, gipfeln. Bundesweit sollten sich Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer deshalb auf Staus, Blockaden und andere Verzögerungen einstellen. Hier finden Sie eine nach Bundesländern gegliederte Übersicht sowie Links mit weiteren Informationen.

Baden-Württemberg

Ab Montag hat der Landesbauernverband zahlreiche Aktionen im ganzen Bundesland angekündigt. Dazu gehören Schlepperfahrten und Sternfahrten in Pforzheim, Ravensburg, Reutlingen oder Göppingen. Unter dem Motto “Zu viel ist zu viel. Jetzt reicht’s!” wollen die Landwirte gegen Maßnahmen der Bundesregierung demonstrieren, unter anderem gegen die gestrichene Förderung von Agrardiesel. Auch in der Landeshauptstadt Stuttgart gibt es einen Autokorso mit anschließender Kundgebung in der Innenstadt.

Bayern

Die ganze Woche finden Aktionen von Landwirtinnen und Landwirten im Freistaat statt. Los geht es am Montag mit drei großen Demonstrationen in München, Augsburg und Nürnberg ab jeweils 11 Uhr. Geplant sind Traktorfahrten und Protestkundgebungen, heißt es beim Bayerischen Bauernverband. Es folgen Kundgebungen, Mahnfeuer und Sternfahrten landesweit, mit weiteren Großveranstaltungen in Augsburg am 10. Januar sowie in Nürnberg am 12. Januar (jeweils 11 Uhr).

An den Protesten wollen sich in Bayern auch andere Branchen beteiligen. Etwa Bäcker, Metzger und Müller hätten ihre Unterstützung der Auftaktdemonstration am 8. Januar in München angekündigt, teilte der Bayerische Handwerkstag mit. Der Protest der Lebensmittelhandwerker richtet sich in erster Linie gegen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie sowie gegen den Wegfall der Strom- und Gaspreisbremsen, die Erhöhung der CO2-Abgabe und die neue Lkw-Maut.

Dazu sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: “Unser Ziel ist, einen möglichst störungsfreien Ablauf der Versammlungen zu gewährleisten und gleichzeitig die Beeinträchtigungen der Bevölkerung im Rahmen unserer Möglichkeiten zu minimieren.” Er stellte sich hinter die Proteste.

Die Polizeigewerkschaft in Bayern kritisierte derweil die Landwirtinnen und Landwirte und befürchtet eine Überlastung der Polizei: “Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar”, erklärte Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm.

Berlin

Bereits ab Sonntag, 17 Uhr, kommen bis zu 300 Traktoren zu einer Kundgebung in Berlin-Tiergarten zusammen. Die Straße zwischen dem Großen Stern und dem Brandenburger Tor wird bis Montagmorgen gesperrt, hieß es bei der Verkehrsinformationszentrale Berlin. In der Woche folgen Autobahn-Blockaden und -Behinderungen sowie weitere Aktionen bis einschließlich den 13. Januar. Für Sonntag, den 15. Januar, hat der Deutsche Bauernverband zu einer Großdemonstration in der Hauptstadt aufgerufen, es wird mit tausenden Teilnehmenden gerechnet.

Brandenburg

Die Polizei Brandenburg rechnet ab Montag mit einer “Vielzahl von Versammlungen” und “umfangreichen Verkehrsbehinderungen”. Das Dokument, in dem die Polizei die angekündigten Beeinträchtigungen sammelt und veröffentlicht, ist Stand Sonntagmittag neun Seiten lang. Auch der Landesbauernverband kündigte an, in der kommenden Woche alle Landkreise zu bestreiken und “keine Kompromisse einzugehen”. Geplant ist, im ganzen Bundesland Autobahnauffahrten zu blockieren sowie Treckerkorsos, zahlreiche Mahnwachen und teils auch Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern zu führen.

Bremen

Im Stadtstaat geht die Polizei Bremen ab dem frühen Montagmorgen von Behinderungen im Straßenverkehr aus und von bis zu 2000 Fahrzeugen im Stadtgebiet. Der Veranstalter hatte etwa 200 Teilnehmende angegeben, doch die Polizei rechnet mit einem größeren Aufkommen, da es einige Aufrufe zu “individuellen Sternfahrten” gegeben habe. Auch der Bremische Bauernverband organisiert Sternfahrten aus der Region in die Hansestadt.

Explizit weist die Polizei auf die Gewichtsbeschränkungen von Brücken hin, da landwirtschaftliche Fahrzeuge deutlich schwerer sind als Autos.

Hamburg

In der Hansestadt geht die Polizei Hamburg davon aus, dass insbesondere am Montag mehr als 2000 Landmaschinen in die Stadt fahren werden. Dazu kommen 15 Treckerkolonnen mit hunderten Fahrzeugen sowie ein großer Protest im Stadtteil Bergstedt. Nahe Bauernverbände organisierten die Kolonnen aus umliegenden Kreisen wie Pinneberg, Segeberg, Dithmarschen, Bremen-Oldenburg oder Göttingen. 

Die Polizei geht von “erheblichen” Verkehrsbehinderungen aus, auch auf Ausweichstrecken, und bittet die Bevölkerung, wenn möglich auf die Schiene auszuweichen. 

Hessen

In Hessen findet die größte Protestaktion gleich am Montag statt, mit einer Sternfahrt nach Wiesbaden. Der Landesbauernverband rechnet mit hunderten Traktoren. Nach einer Kundgebung soll eine Resolution an die Hessische Staatskanzlei übergeben werden. Auch unter der Woche finden Aktionen in Kassel, Limburg oder dem Untertaunus statt, berichtet der HR. Eine weitere große Sternfahrt soll am Donnerstag den 11. Januar in Frankfurt stattfinden, wo der Hessische Bauernverband eine Sternfahrt mit Kundgebung auf dem Opernplatz plant.

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern rechnet die Landesregierung mit massiven Beeinträchtigungen des Verkehrs durch Protestaktionen von Landwirtinnen und Landwirten. Die Regierung hatte deshalb im Vorfeld das Sonntagsfahrverbot für Lkw ausgesetzt. Ab Montag rechne das Wirtschaftsministerium mit temporären Sperrungen und Behinderungen des Verkehrs “an den meisten Autobahnauffahrten”. Der regionale Bauernverband schreibt von 62 Zufahrten, die im ganzen Land zwischen 6 und 9 Uhr morgens blockiert werden sollen. Weitere Aktionen folgen im Lauf der Woche.

Außerdem rechnet die Polizei mit Autokorsos in Schwerin, Rostock, Greifswald oder Stralsund. Gesammelt hat die Polizei die mehr als 100 Aktionen auf ihrer Homepage (Stand Sonntagnachmittag).

Niedersachsen

Das Landvolk Niedersachsen will in der ganzen Woche Aktionen durchführen, mit dem vorläufigen Höhepunkt am Montag. 18 regionale Verbände haben Veranstaltungen angekündigt, darunter eine Sternfahrt aus dem Nordwesten des Landes nach Bremen, dezentrale Demonstrationen in Diepholz, Treckerkorsos in Göttingen sowie Stern- und Schleichfahrten in der Region Hannover. Auch Autobahnauffahrten sollen vereinzelt blockiert werden.

Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen plant unter anderem der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband Aktionen, um den Verkehr zu stören und Autobahnauffahrten zu blockieren. So sind beispielsweise im Kreis Borken oder in Duisburg Korsos geplant, sowie Sternfahrten in Gütersloh, Höxter, im Kreis Lippe oder im Hochsauerland.

Mit Blick auf die geplante Großdemonstration in Berlin am 15. Januar organisieren zahlreiche Kreisverbände Busfahrten in die Hauptstadt.

Rheinland-Pfalz

Der Bauern- und Winzerverband will am Montag in allen 14 Kreisen Demonstrationen und Kundgebungen durchführen. Laut dem rheinland-pfälzischen Innenministerium sind Stand Freitag 95 Anmeldungen für Aktionen eingegangen, mit rund 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Behörde rechnet mit “erheblichen Verkehrsbehinderungen” durch Sternfahrten in der Landeshauptstadt Mainz und weiteren Städten. 

Innenminister Michael Ebling appellierte im Vorfeld an die Teilnehmenden, sich an die Anweisungen der Einsatzkräfte zu halten: “Wer allerdings Not- und Rettungswege blockiert oder andere in Gefahr bringt, wird mit der entsprechenden Reaktion der Polizeibeamtinnen und -beamten rechnen müssen.”

Saarland

Im Saarland rechnet die Polizei am Montag allein in der Landeshauptstadt Saarbrücken mit einer Sternfahrt von etwa 500 Fahrzeugen mit dem Ziel Saarbrücker Schloss. Dort findet im Anschluss eine Kundgebung statt. Auch an Autobahnanschlussstellen in Freisen, Braunshausen, Waldmohr oder Perl kann es zu längeren Verkehrsstörungen kommen. Die Bevölkerung solle sich auf längere Wartezeiten und Staus einstellen und betroffene Bereiche möglichst weiträumig umfahren, heißt es in einer Mitteilung. Bereits ab den frühen Morgenstunden sei mit teils erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen.

Sachsen

Für den Freistaat ruft der Sächsische Landesbauernverband zu zahlreichen dezentralen Aktionen im ganzen Land auf. Für den 10. Januar hat der Verband eine Großdemonstration auf dem Dresdner Theaterplatz organisiert, Verkehrsteilnehmende sollten sich am Mittwoch ab den Morgenstunden auf Störungen einstellen.

Für die Region Leipzig rechnet die Polizeistelle ab Montag mit mehreren Kundgebungen im Stadtgebieten und Aktionen an Auffahrten der Bundesautobahnen 9, 14, 38 und 72. Auch mehrere Traktor-Korsos sind beispielsweise im Raum Eilenburg/Bad Düben angemeldet, sowie in Chemnitz, Zwickau und Görlitz.

Der MDR weist zudem darauf hin, dass die Gruppe “Tag des Widerstands” Kundgebungen in Dresden plane, die der rechtsextremen Kleinstpartei “Freie Sachsen” nahestellen sollen.

Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt ruft der Landesbauernverband an mehreren Tagen zu Aktionen auf. Am Montag soll es zwei große Kundgebungen in Magdeburg und Halle geben. Am Dienstag sind dezentrale Mahnfeuer in der gesamten Region geplant und am Mittwoch sollen großflächig Autobahnauffahrten blockiert werden. Diese Aktion sei auf mehrere Stunden ausgelegt, teilt der Landesverband mit. Freigehalten werden sollen auf Bitten der Behörden allerdings die Auffahrten der von Hochwasser betroffenen Regionen.

Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister Sven Schulze unterstützt einer Mitteilung zufolge friedliche Proteste der Landwirtinnen und Landwirte. Er habe “nicht das Gefühl, dass die Bundesregierung bisher verstanden hat, wie groß der Druck in Deutschland ist”.


Video vom Bauernprotest: Wütender Mob blockiert Fähre von Vizekanzler Habeck

Schleswig-Holstein

Für das nördliche Bundesland rechnet die Polizei mit mehr als 100 Protestaktionen im ganzen Land. Beim zuständigen Innenministerium wurden zahlreiche Kolonnenfahrten, Schlepperkonvois, Sternfahrten, Mahnwachen und die Blockade von Autobahnauffahrten angekündigt. Die Polizei rechnet deshalb mit Beeinträchtigungen und einer längeren Wartezeit für Verkehrsteilnehmer.

Der Landesbauernverband führt in einer Mitteilung die Gegenden auf, in denen am Montag Kolonnenfahrten geplant sind, darunter sind beispielsweise Pinneberg, Elmshorn, Dithmarschen, Nordfriesland oder das Herzogtum Lauenburg. Am Mittwoch sind zudem Fahrten durch Flensburg, Ostholstein und Lübeck geplant.

Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack bat die Menschen in einer Mitteilung von Sonntag um Geduld: “Die bloße Zahl der für morgen angezeigten Aktionen und deren geplantes Ausmaß werden die Geduld der Bevölkerung auf eine harte Probe stellen.”

Thüringen

In Thüringen findet die größte Aktion bereits am Montag statt. In der Landeshauptstadt ruft der Bauernverband ab 8 Uhr zu einer Demonstration auf dem Erfurter Juri-Gagarin-Ring auf. Geplant ist demnach eine Sternfahrt aus allen Landesteilen, heißt es in einer Mitteilung der Polizei. Der Thüringer Bauernverband rechnet für Montag mit etwa 900 Traktoren. Auch weitere Städte könnten durch die Aktionswoche betroffen sein, heißt es vom Innenministerium. Der zuständige Minister Georg Maier sei im engen Dialog mit den Landwirten, um die Beeinträchtigungen der Bevölkerung “sofern möglich auf ein Minimum” zu reduzieren.

Die Polizei rät Verkehrsteilnehmenden insbesondere am Montag, wenn möglich im Homeoffice zu bleiben oder ausreichend Zeit für den Arbeitsweg einzuplanen.

Quellen:  Polizeistellen, Landesbauernverbände, mit Informationen der Nachrichtenagenturen

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