Ameland: Frachter brennt in der Nordsee – Sorge vor Umweltkatastrophe – Panorama

Gegen Mitternacht soll das verheerende Feuer auf dem Frachter ausgebrochen sein. Seitdem versuchen Rettungskräfte mit aller Macht, ein Sinken des Schiffes und damit eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Deutsche und niederländische Rettungskräfte sind im Einsatz und in großer Sorge, denn brennende Lithium-Ionen-Batterien von Elektroautos sind auf einem Frachter auf und unter Deck nur sehr schwer zu löschen. Dicke Rauchwolken hängen seit dem Morgen über dem Unesco-Welterbe Wattenmeer, Flammen lodern aus dem Inneren des Frachters und hochgiftige Gase erschweren die Arbeiten zusätzlich.

Sollte der mit fast 3000 Autos beladene Frachter sinken, droht Treibstoff ins Meer zu gelangen – was sowohl die deutsche als auch die niederländische Nordseeküste schwer treffen könnte. Zudem können die beim Kontakt der Batterien mit Wasser entstehenden Säuren sowie austretende Schwermetalle das Ökosystem schädigen.

Die Besatzung musste das Schiff in der Nacht Hals über Kopf verlassen, als der Großbrand gut 27 Kilometer nördlich der niederländischen Wattenmeerinsel Ameland ausbrach. Das Feuer breitete sich im rasenden Tempo aus, sodass Besatzungsmitglieder von Bord springen mussten – 30 Meter in die Tiefe. “Einer nach dem anderen sprang”, sagte Kapitän Willard Molenaar vom Amelander Rettungsboot, das als erstes an der Unglücksstelle war, dem Radiosender NOS. “Die waren echt in Not, sonst springt man nicht einfach so tief.”

(Foto: SZ-Grafik)

Sieben Menschen retteten Molenaar und seine Crew aus der See. Die übrigen wurden mit Hubschraubern von Bord geholt und in mehrere Krankenhäuser gebracht. Einige hätten Knochenbrüche und durch den Rauch Probleme beim Atmen. Ein Mensch starb. Über die Umstände des Todes wurde bisher nichts mitgeteilt. Insgesamt 22 Mitglieder der Besatzung konnten gerettet werden. Nach Angaben der niederländischen Küstenwache befindet sich niemand mehr in Lebensgefahr.

Das Schiff, die Fremantle Highway, die unter der Flagge von Panama fährt, war unterwegs von Bremerhaven nach Port Said in Ägypten. Der Brandherd war nach ersten Informationen der Küstenwache möglicherweise die Batterie eines elektrischen Autos. Die genaue Ursache steht aber noch nicht fest. Die Besatzung habe zunächst versucht, das Feuer selbst zu löschen, sei aber gescheitert. Der Großbrand könnte nun eine Umweltkatastrophe auslösen.

Die Angst vor einer Umweltkatastrophe in der Nordsee wächst

“Wir tun alles, um das zu verhindern”, sagte ein Sprecher der Wasserbehörde dem Radiosender NOS. Aber die Rettungskräfte bereiteten sich “auf alle Szenarien” vor. Die Bergung sei sehr schwierig, bestätigte auch der Sprecher der Küstenwache, Edwin Granneman. Das Feuer war am Mittwochnachmittag noch immer nicht unter Kontrolle. “Auf dem Schiff selbst wird nicht gelöscht und auch nicht von oben herab auf das Schiff”, sagte der Sprecher. Denn bei zu viel Wasser auf dem Frachter, könne dieser instabil werden und kentern. Daher kühlen Löschboote, darunter auch eins aus Deutschland, nun die Seitenkanten des Schiffes.

Inzwischen sei es gelungen, den Frachter an einem Schlepper festzumachen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass er abtreibt und die wichtige Seeroute zu den deutschen Nordseehäfen blockiert.

Niederlande: Das Feuer auf der "Fremantle Highway" soll in der Nacht in einem E-Auto entstanden sein.

Das Feuer auf der “Fremantle Highway” soll in der Nacht in einem E-Auto entstanden sein.

(Foto: Niederländische Küstenwache/Reuters)

Auch die deutschen Behörden sind alarmiert. “Wir beobachten die Situation”, sagte ein Sprecher des deutschen Havariekommandos in Cuxhaven am Mittwochmorgen. Man habe der niederländischen Küstenwache Unterstützung angeboten, Schiffe und Einsatzkräfte stünden bereit. Gegen 3 Uhr am Mittwochmorgen sei bereits der Schlepper Nordic von Helgoland aus zur Einsatzstelle beordert worden. Das Havariekommando in Cuxhaven ist in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig.

“Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und Schadstoffe in das Meer gespült werden”

Umweltorganisationen sind angesichts des brennenden Frachtschiffs alarmiert. “Das könnte eine Umweltkatastrophe für die Nordsee und das Wattenmeer bedeuten”, sagte ein Sprecher der Stiftung De Noordzee der niederländischen Nachrichtenagentur ANP. Die Sorge ist, dass Treibstoff und Fahrzeugwracks auf den Meeresboden gelangen könnten. Auch der Bürgermeister der deutschen Nordseeinsel Borkum befürchtet schwere Umweltschäden. “Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und Schadstoffe in das Meer gespült werden”, sagte Jürgen Akkermann (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur.

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer hat sich angesichts der Lage vor der niederländischen Insel Ameland besorgt gezeigt. “Aus den Erfahrungen mit bisherigen Schiffshavarien wird deutlich, welch enorme Gefahr für Meeres-Ökosysteme von einem solchen Unfall ausgehen kann”, sagte der Grünen-Politiker.

Gerd-Christian Wagner, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), warnt indes konkret vor einer Ölkatastrophe, insbesondere dann, wenn der Bunker betroffen ist und das Schweröl ausläuft.” Durch die derzeit vorherrschenden Westwinde könne ausgetretenes Öl im Katastrophenfall womöglich auch die Deutsche Bucht erreichen. Behörden in Deutschland sollten sich grundsätzlich auf ein solches Szenario einstellen.

Transport von Elektroautos als Risikofaktor für die Schifffahrt

In den vergangenen Jahren gab es mehrfach Brände an Bord von Autofrachtern. Insbesondere in Feuer geratene Lithium-Ionen-Batterien von Elektroautos entflammen sich bei einem Brand oft erneut.

Erst Anfang des Monats waren zwei Feuerwehrleute aus dem US-amerikanischen New Jersey getötet und fünf verletzt worden, als sie gegen einen heftigen Brand auf einem Frachtschiff kämpften, das Hunderte Fahrzeuge transportierte. Im Februar 2022 hatte ein mit Luxuswagen des Volkswagen-Konzerns beladenes Schiff vor den Azoren Feuer gefangen. Nach rund zwei Wochen war die Felicity Ace schließlich mit Tausenden Autos an Bord bei einem Abschleppversuch im Atlantik gesunken.

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