Afghanistan: USA – Afghanen müssen kämpfen wollen – Politik


Mit dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan rücken die islamistischen Taliban immer weiter vor und erobern zahlreiche Gebiete. Die Meldungen im Überblick:

Die US-Regierung hat der afghanischen Führung und den Sicherheitskräften angesichts des Vormarsches der Taliban mangelnde Kampfbereitschaft vorgeworfen. Es sei “beunruhigend” zu sehen, dass die politische und militärische Führung nicht den “Willen” gehabt habe, sich dem Vormarsch der militanten Islamisten zu widersetzen, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, dem Sender CNN. Die USA hätten den “fehlenden Widerstand” durch die afghanischen Streitkräfte nicht vorhersehen können.

Die afghanischen Sicherheitskräfte seien den Taliban in Bezug auf Ausrüstung, Training und Truppenstärke überlegen und verfügten über eine eigene Luftwaffe, sagte Kirby. Mit Blick auf die finanzielle Unterstützung der US-Regierung für die Sicherheitskräfte fügte er hinzu: “Geld kann keinen Willen kaufen.” Dafür sei die politische und militärische Führung der Afghanen zuständig. Die Kampfbereitschaft sei nötig, um zu verhindern, dass die Taliban das ganze Land unter ihre Kontrolle bringen, warnte Kirby.

Das US-Militär hatte am Donnerstag angekündigt, etwa 3000 Soldaten als Verstärkung zum Flughafen Kabul zu verlegen, um die Reduzierung des Personals der US-Botschaft zu unterstützen. Rund 5000 weitere Soldaten werden zudem im Nahen Osten stationiert, um als mögliche Verstärkung bereitzustehen.

Kanada will mehr als 20 000 gefährdete Afghanen aufnehmen

Kanada will mehr als 20 000 gefährdete Afghanen aufnehmen, um sie vor den Taliban zu schützen. Dazu zählten unter anderen Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen, Journalisten und weibliche Führungskräfte, teilt Marco Mendicino, Minister für Einwanderung, Flüchtlinge und Staatsbürgerschaft, mit. Diese Personen würden zusätzlich aufgenommen. Die Regierung in Ottawa hat bereits Dolmetschern, die für Kanada gearbeitet haben und Botschaftsmitarbeitern in Afghanistan zugesagt, sie vor der Rache der Taliban zu schützen und ins Land zu lassen. (13.08.2021)

Habeck fordert Luftbrücke für Ortskräfte

Robert Habeck fordert mehr Einsatz der Bundesregierung, wenn es darum geht, Menschen, die als Ortkräfte die Bundeswehr oder deutsche Ministerien in Afghanistan unterstützt haben, vor dem Vormarsch der Taliban in Sicherheit zu bringen. “Die Lage in Afghanistan ist dramatisch. Deutschland trägt hier Verantwortung, und das ganz besonders für die Afghaninnen und Afghanen, die als Ortskräfte das deutsche Engagement unterstützt haben”, sagte Habeck der Süddeutschen Zeitung. Der Co-Vorsitzende der Grünen ergänzte: “Es braucht jetzt eine Luftbrücke, um diese Menschen aus Lebensgefahr zu bringen.”

Habeck verwies darauf, dass die USA gerade dabei seien, mit Soldatinnen und Soldaten US-Bürger zurückzuholen. Die Amerikaner hätten angeboten, auch Ortskräfte der Deutschen mitzunehmen. Deutschland habe dieses Angebot jedoch abgelehnt. “Das ist mehr als unverständlich. Kein Platz in den Flugzeugen darf jetzt leer bleiben”, sagte Habeck. Er schob nach: “Es ist unsere Pflicht, die Menschen vor den Taliban zu retten, die ihr Leben riskiert haben, um unseren Soldatinnen und Soldaten zu helfen. Das ist eine Frage von Treue. Wir dürfen sie nicht im Stich lassen, die Zeit läuft.”

Habeck forderte bei den Ortskräften auch solche Menschen mit einzubeziehen, die über Firmen, also nicht direkt für die Bundeswehr oder andere deutsche Institutionen gearbeitet haben. Die Taliban würden sich für solche Vertragsverhältnisse “herzlich wenig” interessieren. Die Visa sollten Habecks Meinung nach bei der Ankunft erteilt und die Verfahren vereinfacht werden. “Wenn jemand einen Vertrag mit einem deutschen Ministerium oder einem seiner Vertragspartner vorlegt, ist die Gefährdungslage anzunehmen und muss nicht nochmal gesondert dargelegt werden.” (13.08.2021)

Deutsche Botschaft reduziert ihr Personal in Kabul auf das “absolute Minimum”

Als Konsequenz aus dem Vormarsch der radikal-islamistischen Taliban in Afghanistan hat die Bundesregierung beschlossen, das Personal der deutschen Botschaft in Kabul auf das “absolute Minimum” zu reduzieren, wie Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte.

Es werde dazu sofort ein Unterstützungsteam in die afghanische Hauptstadt geschickt. Die Botschaftsmitarbeiter würden mit Chartermaschinen ausgeflogen, so Maas, genauso wie die afghanischen Ortskräfte, die früher für die Bundeswehr oder Bundesministerien gearbeitet haben oder heute noch für sie arbeiten. Zwei Charterflüge sind dafür bis Ende des Monats geplant. Diese würden nun vorgezogen, sagte Maas.

Maas rief alle Deutschen, die sich derzeit in Afghanistan aufhalten, auf, das Land sofort zu verlassen. Eine hohe zweistellige Zahl an deutschen Staatsbürgern soll noch in Afghanistan sein. “Alle weiteren Maßnahmen werden wir mit unseren internationalen Partnern in den nächsten Tagen abstimmen, so der Außenminister. (13.08.2021)

Seehofer unterstützt schnelle Ausreise der Ortskräfte

Angesichts des rasanten Vormarsches der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan spricht sich Bundesinnenminister Horst Seehofer für eine rasche Ausreise sogenannter Ortskräfte aus. “Die Situation in Afghanistan wird immer bedrohlicher”, erklärte der CSU-Politiker. “Ob Charterflüge oder Visaerteilung nach Ankunft in Deutschland: Ich unterstütze alle Maßnahmen”, sagte Seehofer. Am Innenministerium werde die zügige Ausreise der Ortskräfte und ihrer Familien nicht scheitern. “Für Bürokratie ist keine Zeit, wir müssen handeln”, sagte Seehofer.

Nach dem Abzug der internationalen Truppen bringen die Taliban immer weitere Teile des Landes unter ihre Kontrolle. Drei Großstädte, darunter die Hauptstadt Kabul, waren am Freitagmorgen noch in der Hand der Regierung.

Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Donnerstag bereits angekündigt, dass der Krisenstab der Bundesregierung das Ausfliegen der Ortskräfte vorbereite, die für die Bundeswehr, das Auswärtige Amt oder andere Bundesministerien in Afghanistan tätig waren.

Seit Wochen gibt es Kritik daran, dass dieses Ausfliegen zu langsam erfolgt. Deswegen hat die Bundesregierung entschieden, die Visaerteilung auch erst nach Ankunft in Deutschland zu ermöglichen. Nach Angaben von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist derzeit das Haupthindernis, dass die Ortskräfte für die Ausreise afghanische Reisepässe benötigen, die angeblich nur schleppend von den afghanischen Behörden ausgestellt werden. (13.08.2021)

Milizen-Anführer Khan an Taliban übergeben

Die Taliban haben einem Lokalpolitiker zufolge nach der Einnahme der Stadt Herat einen wichtigen Milizen-Kommandeur in ihre Gewalt gebracht. Mohammed Ismail Khan sei zusammen mit dem Provinzgouverneur und Sicherheitsbeamten den Taliban übergeben worden, sagt Provinzratsmitglied Ghulam Habib Haschimi. Die Taliban hätten zugesagt, den Beamten keinen Schaden zuzufügen. Khan ist einer der prominentesten Milizenführer Afghanistans. Er hatte zuletzt Kämpfer gegen die Taliban angeführt. In den 1980er Jahren kämpfte er gegen die sowjetischen Besatzungstruppen im Land und war ein wichtiges Mitglied der Nordallianz, die mit Unterstützung der USA die Taliban 2001 gestürzt hatten. (13.08.2021)

UN: In Afghanistan droht humanitäre Katastrophe

Die Lage der Menschen in Afghanistan wird nach Einschätzung der Vereinten Nationen immer verzweifelter. “Wir stehen kurz vor einer humanitären Katastrophe”, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Genf. Vor allem Frauen und Kinder würden vor den vorrückenden Taliban flüchten.

Inzwischen sei die Lebensmittelversorgung von etwa einem Drittel der Bevölkerung nicht mehr sichergestellt, erklärte ein Sprecher des UN-Welternährungsprogramms (WFP). Allein zwei Millionen Kinder seien auf Hilfe angewiesen. “Wir fürchten, dass das Schlimmste noch bevorsteht.” Die Lage werde immer unübersichtlicher. Jedenfalls stehe angesichts der Eskalation viel zu wenig Geld zur Verfügung, um wirklich helfen zu können. Bis Jahresende würden 200 Millionen Dollar gebraucht.

Nach der US-Ankündigung zum Abzug aus Afghanistan hatten auch die übrigen Alliierten wie Deutschland entschieden, den Einsatz zu beenden. Seitdem haben die militant-islamistischen Taliban in raschem Tempo weite Teile des Landes erobert. (13.08.2021)

Kandahar und 14 weitere Provinzhauptstätze in der Hand der Taliban

Die militant-islamistischen Taliban setzen ihre dramatischen Gebietsgewinne weiter fort. In der Nacht zum Freitag eroberten sie mit Kandahar im Süden des Landes die zweitgrößte Stadt Afghanistans. Das bestätigten zwei Parlamentarier und ein Provinzrat der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem haben sie die wichtige Stadt Laschkar Gah in der Provinz Helmand im Süden Afghanistans eingenommen und auch Firozkoh (auch Tschaghtscharan) in der Provinz Ghor im Westen des Landes ist von den Islamisten übernommen worden. Das bestätigten ein Provinzrat und eine Parlamentarierin der Deutschen Presse-Agentur am Freitag.

Damit fiel die 15. Provinzhauptstadt innerhalb einer Woche an die Taliban. Von den wichtigen Städten hält die Regierung nur noch die Hauptstadt Kabul, Masar-i-Scharif im Norden und Dschalalabad im Osten.

Die Stadt Firozkoh mit geschätzt 130 000 Einwohnern sei ohne jeglichen Widerstand von den Islamisten übernommen worden, sagte der Provinzrat Fasel-ul Hak Ehsan. Die Sicherheitskräfte und mehrere Regierungsvertreter hätten sich in eine Militärbasis in der Stadt zurückgezogen.

Die Abgeordnete Fatima Kohistani, die die Provinz im Parlament vertritt, machte dem Gouverneur von Ghor Vorwürfe. Dieser habe fliehen wollen, aber als ihm das nicht gelungen sei, habe er die Stadt an die Islamisten praktisch übergeben. Die Sicherheitskräfte und Offiziellen in der Militärbasis würden nun darauf warten, dass die Taliban ihnen Autos geben würden, damit sie die Stadt verlassen könnten. Es seien praktisch keine Menschen geflohen, sagte die Parlamentarierin weiter. Viele hätten die gleichen Einstellungen wie die Taliban. (13.08.2021)

Britischer Verteidigungsminister schließt Rückkehr nach Afghanistan nicht aus

Großbritannien schließt nicht aus, seine Soldaten erneut nach Afghanistan zu schicken. Das könne der Fall sein, wenn sich dort die Extremisten der al-Qaida in einer Weise aufstellten, dass sie den Westen bedrohten, sagte Verteidigungsminister Ben Wallace dem Sender LBC. “Ich lasse mir da jede Option offen.” Der Verteidigungsminister bestätigte, dass Großbritannien 600 Soldaten nach Afghanistan entsenden werde, um 3000 Briten außer Landes zu bringen.

Die einseitig verkündete Entscheidung der Trump-Regierung, Afghanistan zu verlassen, bezeichnete Wallace als Fehler, der den Taliban ein Momentum verschafft habe. “Die internationale Gemeinschaft wird dafür wahrscheinlich die Konsequenzen tragen”, so Wallace. Sein Land habe jedoch keine andere Wahl gehabt, als ebenfalls abzuziehen. “So wie wir zu jener Zeit aufgestellt waren”, habe es keine Möglichkeit gegeben, ohne die Führungsnation den Einsatz fortzusetzen. (13.08.2021)

USA verlegen Tausende Soldaten nach Afghanistan

Angesichts der dramatischen Gebietsgewinne der Taliban verlegen die US-Streitkräfte sofort rund 3000 zusätzliche Soldaten an den Flughafen in Kabul. Es gehe darum, eine geordnete Reduzierung des US-Botschaftspersonals zu unterstützen, erklärte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby. Zudem verlegen die USA demnach bis zu 4000 weitere Soldatinnen und Soldaten nach Kuwait und 1000 nach Katar – falls Verstärkung gebraucht würde. Der Abzug der US-Soldaten aus Afghanistan solle aber weiter bis 31. August abgeschlossen werden, so Kirby am Donnerstag (Ortszeit).

Die militant-islamistischen Taliban übernahmen unterdessen in drei weiteren Provinzhauptstädten die Kontrolle, davon zwei mit großer Bedeutung. Zunächst eroberten sie das nur 150 Kilometer von der Hauptstadt Kabul entfernte Gasni im Südosten. Gasni hat etwa 180 000 Einwohner und liegt an der wichtigen Ringstraße, die die größten Städte des Landes verbindet. Dann übernahmen die Taliban im Westen des Landes mit Herat die drittgrößte Stadt, von der es nur rund 130 Kilometer bis zur iranischen Grenze sind. Dort leben geschätzt 600 000 Menschen. Letztlich übernahmen die Islamisten noch die kleine Provinzhauptstadt Kala-e Nau in der Provinz Badghis im Nordwesten.

Die Kämpfer der Taliban brachten damit in weniger als einer Woche 12 der 34 Provinzhauptstädte unter ihre Kontrolle. Auch aus den südlichen Städten Kandahar und Laschkargah im Süden wurden weitere Taliban-Angriffe gemeldet. In Kandahar sollen sie bereits das Gefängnis erobert haben, in Laschkargah die Zentrale der Polizei. Nach zunächst unbestätigten Berichten soll Kandahar bereits weitgehend unter Taliban-Kontrolle stehen.

Angesichts der dramatischen Ereignisse entschied die US-Regierung, das Personal der Botschaft in Kabul auf das Nötigste zu reduzieren. Die rund 3000 Soldaten, die aus dem Nahen Osten innerhalb von ein bis zwei Tagen nach Kabul verlegt werden sollen, sollen die Abreise des Personals sichern. Dies könne auch die Sicherung von Konvois von und zum Flughafen umfassen, hieß es. Zudem sollen die Soldaten beim Ausfliegen früherer afghanischer Mitarbeiter der US-Behörden und des Militärs helfen, die sich vor den Taliban in Sicherheit bringen wollen. Sie sollen in die USA gebracht werden, wo ihnen nach der Erteilung eines Visums ein Neustart ermöglich werden soll.

“Das ist eine zeitlich begrenzte Mission mit eng begrenztem Auftrag”, sagte Pentagon-Sprecher Kirby. Die Verstärkung sei angesichts des jüngsten Vormarsches der Taliban eine Vorsichtsmaßnahme, sagte Kirby. Gleiches gelte auch für die Positionierung der übrigen Soldaten in der Region. Die bis zu 4000 Soldaten, die in der kommenden Woche in Kuwait ankommen sollen, gehören demnach einem Kampfverband einer Luftlandedivision aus dem US-Bundesstaat North Carolina an. (13.08.2021)

Herat fällt an die Taliban

Die drittgrößte Stadt Afghanistans ist an die militant-islamistischen Taliban gefallen. Die wichtigsten Regierungseinrichtungen von Herat im Westen des Landes seien in den Händen der Islamisten, bestätigten drei lokale Behördenvertreter der Deutschen Presse-Agentur. Erst am Donnerstagmorgen (Ortszeit) war die strategische Stadt Gasni im Südosten gefallen. Auch die zweitgrößte Stadt Kandahar ist schwer umkämpft.

Dem Fall der historischen Stadt Herat mit geschätzt 600 000 Einwohnern waren wochenlange Angriffe vorausgegangen. Die Taliban konnten zunächst von den Sicherheitskräften und Milizen des dort heimischen Politikers und ehemaligen Kriegsfürsten Ismail Chan in Schach gehalten und teils auch wieder zurückgedrängt werden.

Provinzräte berichteten seit Donnerstagnachmittag von zunehmenden Gefechten in Herat. Die Taliban seien aus dem Osten in die Stadt vorgedrungen und bis zu 200 Meter an den Gouverneurssitz gelangt. Die Milizen von Ismail Chan seien im Westen der Stadt damit beschäftigt gewesen, einen anderen Angriff der Islamisten abzuwehren. Auch vom Norden seien sie vorgerückt, sagte ein weiterer Provinzrat.

Am Donnerstagabend seien schließlich der Gouverneurspalast, das Polizeihauptquartier und das Gefängnis unter Kontrolle der Taliban gewesen. Die Islamisten hätten, wie schon in anderen von ihnen eroberten Städten, die Gefangenen freigelassen. Die Sicherheitskräfte hätten nicht gekämpft, erklärte der Provinzrat Ghulam Habib Haschimi.

Nur die kürzlich von Ismail Chan zusammengesammelten Kräfte des Volksaufstandes hätten sich gegen die Übernahme der Stadt gewehrt. Der Gouverneur und andere Offizielle hätten sich in eine Militärbasis in der Nähe des Flughafens zurückgezogen. Es war unmittelbar nicht klar, wo sich Ismail Chan befand, der als einer der Führer der Nordallianz 2001 den USA geholfen hatte, die Taliban zu vertreiben.

In den vergangenen Wochen waren die Taliban laut lokalen Behördenvertretern immer wieder für Kurzangriffe in die Stadt eingedrungen und hätten sich dann sofort wieder zurückgezogen. Damit und mit in sozialen Medien verbreiteten Selfies von sich in der Stadt hätten sie Schrecken unter den Bürgern verbreitet, sagte der Sprecher des Gouverneurs der Provinz von Herat.

Auch eine weitere Provinzhauptstadt haben die Taliban eingenommen. Kala-e Nau in der Provinz Badghis im Nordwesten des Landes sei von den Islamisten übernommen worden, bestätigten ein Provinzrat und eine Parlamentarierin der Deutschen Presse-Agentur. Damit fiel die zwölfte Provinzhauptstadt innerhalb weniger als einer Woche an die Taliban.

Einem Bericht der New York Times zufolge geht die US-Regierung mittlerweile von einem Fall der Hauptstadt Kabul und damit der afghanischen Regierung binnen der nächsten 30 Tage aus. Das Pentagon setze Tausende Soldaten in Alarmbereitschaft, um eine Evakuierung der US-Botschaft zu ermöglichen und amerikanische Staatsangehörige in Sicherheit zu bringen. Zudem versuchen die USA dem Bericht nach die Taliban dazu zu bringen, die US-Botschaft im Falle einer Einnahme Kabuls nicht zu stürmen. Kabul könne gehalten werden, wenn die afghanischen Sicherheitskräfte mehr Widerstand leisten würden, zitiert die Zeitung US-Militär- und Regierungsquellen. Im Weißen Haus herrsche eine Mischung aus Sorge und Resignation.

Die USA werden nach Angaben des Außenministeriums zudem zusätzliche 3000 Soldaten an den Flughafen Kabul verlegen, um den geordneten Abzug von Teilen des Botschaftspersonals zu unterstützen. Zunächst soll das zivile Personal wie geplant weiter reduziert werden. Das US-Militär will das Land eigentlich bis Ende August verlassen. Dies sei auch weiter der Plan, betonte ein Sprecher. Auch Großbritannien will mehrere Hundert weitere Streitkräfte nach Afghanistan schicken, die bei der Rückführung von Briten aus dem Land helfen sollen. Die 600 zusätzlichen militärischen Kräfte würden in den kommenden Tagen in Kabul ankommen, teilte das britische Verteidigungsministerium mit.

Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, die internationale Gemeinschaft werde keine neue afghanische Regierung anerkennen, falls diese die Macht mit Gewalt an sich gerissen haben sollte. Diese “Botschaft an die Taliban” werde später auch in einer gemeinsamen Stellungnahme mit mehreren internationalen Partnern, darunter auch Deutschland, ausgedrückt werden. (12.08.2021)

Erdoğan erwägt Treffen mit Taliban-Führung

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat ein Treffen mit der Führung der Taliban ins Spiel gebracht, um über die sich verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan zu sprechen. Erdoğan sagte in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN Türk, er habe am Mittwoch mit Regierungsverantwortlichen aus Katar darüber beraten, wie der Vormarsch der Taliban gestoppt werden und ein Schritt in Richtung “Frieden” gelingen könnte.

“Unsere zuständigen Institutionen arbeiten daran, auch in Gesprächen mit den Taliban”, sagte Erdoğan – allerdings ohne nähere Erläuterung. Er schlug vor, jemanden von der Taliban-Führung in der Türkei zu empfangen. Unklar blieb, auf wen er sich dabei genau bezog und wann ein solches Treffen stattfinden könnte.

Taliban-Kämpfer haben in den vergangenen Tagen die Kontrolle über eine Reihe von Provinzhauptstädten übernommen, während die USA ihren Plan zum Abzug der verbleibenden Truppen bis Ende des Monats vorantreiben. Er soll noch vor dem Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 abgeschlossen sein. (12.08.2021)

Deutschland fordert Bürger zu schneller Ausreise aus Afghanistan auf

Angesichts des rasanten Eroberungszugs der islamistischen Talibankämpfer in Afghanistan fordert Deutschland seine Bürger dringend zur zügigen Ausreise aus dem Krisenland auf. Vor dem Hintergrund der deutlich verschlechterten Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet, inklusive der Hauptstadt Kabul, rate die Botschaft allen deutschen Staatsangehörigen dringend zur schnellstmöglichen Ausreise per Linienflug, heißt es in einer vom Auswärtigen Amt versandten Nachricht.

Sollte sich die Lage noch weiter zuspitzen, könnte das möglicherweise auch die Einstellung des kommerziellen Flugverkehrs nach sich ziehen. Die deutsche Botschaft in Kabul wies ausdrücklich darauf hin, dass sie aufgrund ihrer eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten und begrenzten Kapazitäten keine Garantie auf eine konsularische Betreuung gewährleisten könne, wenn sich Sicherheitslage weiter verschärft.

Eine Reisewarnung für Afghanistan besteht schon seit langem. Ende März wurde bereits eine Ausreiseaufforderung ausgesprochen, die mit der nun versandten Aufforderung noch einmal unterstrichen wird, wie es in der Nachricht heißt. Auch die USA, Großbritannien und andere Länder haben ihre Bürger in den vergangenen Wochen zur schnellstmöglichen Ausreise aufgerufen. Frankreich oder Indien haben bereits Repatriierungsflüge eingesetzt.

Wegen der Lage in Afghanistan erwartet der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen, eine steigende Zahl an Flüchtlingen aus der Region auch in Deutschland. “Es ist naiv zu glauben, dass der Vormarsch der Taliban und die Gewalt in der Kriegsregion keine migrationspolitischen Folgen hat. Menschen aus Afghanistan werden noch stärker fliehen müssen als in den vergangenen Jahren”, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Die Auswirkungen werden wir auch in Deutschland spüren, wenn auch noch nicht in den kommenden Wochen.” Deutschland sei für Afghanen “ein attraktives Zielland”, hob der Staatsminister hervor. (12.08.2021)

.



Source link