Zertifizierte Fortbildung: Kopfschmerzen | DAS PTA MAGAZIN

Kopfschmerzen zählen zu den häufigsten neurologischen Beschwerden und nehmen eine prominente Stellung im Apothekenalltag ein. Beinahe jeder Mensch leidet im Laufe seines Lebens zumindest einmal daran. Kopfschmerzen werden grob in akute Kopfschmerzen, bei denen es wichtig ist, etwaige Warnzeichen nicht zu übersehen, und wiederkehrende Kopfschmerzen, die unter Umständen einer Dauermedikation bedürfen, unterteilt. Entsprechend oft sehen sich PTA mit Fragen rund um dieses Thema konfrontiert.

Meist handelt es sich um Kopfschmerzen vom Spannungstyp oder Migräne. Trigeminal-autonome Kopfschmerzen sowie medikamenteninduzierte Kopfschmerzen sind zwar wesentlich seltener, dafür umso belastender. Zu den trigeminal-autonomen Kopfschmerzen gehören Cluster-Kopfschmerzen (Bing-Horton-Syndrom), SUNCT (Short-lasting unilateral neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing), SUNA (Short -lasting unilateral neuralgiform headache attacks with cranial autonomic symptoms), Hemicrania continua und die paroxysmale Hemikranie.

Spannungskopfschmerzen

Spannungskopfschmerzen treten in der Regel beidseitig auf und strahlen vom Nacken über den Kopf bis in die Stirn aus. Obwohl sie und die Migräne ein jeweils sehr charakteristisches Erscheinungsbild haben, kann es in der Apotheke gelegentlich schwierig sein, die beiden Formen auseinanderzuhalten. Hier hilft es, im Beratungsgespräch nachzuhaken und sich nach der Schmerzform und etwaigen vegetativen Begleiterscheinungen zu erkundigen.

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Hintergrund und Charakteristika

Die internationale Kopfschmerzgesellschaft (IHS) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) definieren Spannungskopfschmerzen als dumpf-drückende den gesamten Kopf betreffende (holokranielle) Kopfschmerzen von leichter bis mäßiger Schmerzintensität. Von den etwa fünf Prozent der Bevölkerung, die nach epidemiologischen Schätzungen unter täglichen Kopfschmerzen leiden, besteht bei etwa 40 Prozent ein Spannungskopfschmerz. Betroffene beschreiben den Schmerzcharakter wie „einen zu engen Hut“ oder „ein Band um den Kopf“.

Treten die Schmerzen an weniger als 14 Tagen im Monat beziehungsweise 180 Tagen im Jahr auf (Kopfschmerztagebuch!), sprechen Ärzte von episodischen, andernfalls von chronischen Spannungskopfschmerzen. Das Ein-Jahres-Risiko zu chronifizieren, liegt bei rund zwei bis drei Prozent. Interessant dabei ist, dass zu jedem Zeitpunkt eine spontane Besserung (Remission) möglich ist und der chronische Verlauf wieder in einen episodischen übergeht.

Pathophysiologie

Warum Spannungskopfschmerzen entstehen, ist bis dato nicht geklärt. Wissenschaftler gehen von einem multifaktoriellen Geschehen mit einem Trio aus muskulärer Anspannung, psychologischem Stress und Fehlhaltung aus. Postuliert wird unter anderem eine unphysiologische Verkrampfung der Nackenmuskulatur, die über eine Erregung muskulärer Triggerpunkte Schmerzrezeptoren aktiviert, was in einer zentralen Sensibilisierung resultiert.

Betroffene nehmen Schmerzen dann leichter wahr. Der Gebrauch von Smartphones und Tablets begünstigt derartige Fehlhaltungen. Studien unterstützen ferner die These eines veränderten Blutflusses und damit in Verbindung stehende venöse Abflussstörungen. Auch fieberhafte Infekte und Stress werden als auslösende oder zumindest verstärkende Faktoren betrachtet.

Unterschiede zur Migräne

Spannungskopfschmerzen unterscheiden sich in ihrer Dauer, Art und Intensität von der Migräne. Die IHS fordert zur Diagnose von Spannungskopfschmerzen mindestens zwei dieser Kriterien:

  • beidseitig
  • drückend bis beengend
  • leichte bis mittlere Intensität
  • keine Verstärkung bei körperlicher Aktivität wie Gehen oder Treppensteigen.

Die Schmerzdauer bewegt sich von 30 Minuten bis zu sieben Tagen. Weitere Merkmale von Spannungskopfschmerzen sind fehlende Übelkeit und Erbrechen sowie leichte Licht- oder Lärmempfindlichkeit (aber nicht beides). Selten kann es vorkommen, dass Patienten dennoch von leichter Übelkeit berichten. Hier hilft die Frage nach der Intensität, da diese verglichen mit der Migräne deutlich schwächer ausgeprägt sind.

Migräne

Das Erkennen einer Migräne ist mit einiger Übung fast immer anhand einer ausführlichen Anamnese möglich. Die anfallsartigen, oftmals streng einseitigen Migräne-Kopfschmerzen unterscheiden sich von Spannungskopfschmerzen durch ihre pulsierend-pochende Art, die bei körperlicher Bewegung an Schwere gewinnt und durchweg mit den vegetativen Symptomen Übelkeit, Erbrechen, Photophobie und / oder Phonophobie einhergeht.

Hintergrund und Charakteristika

Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge sind allein in Deutschland 14,8 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer von Migräne betroffen.

Migräne kann in zwei Haupttypen unterteilt werden: Migräne ohne und mit Aura. Migräne ohne Aura ist ein klinisches Syndrom, für das ein typisches Kopfschmerzbild und die dazugehörigen Begleiterscheinungen charakteristisch sind. Beim Aura-Typ (ca. 10 – 15% der Patienten) kündigen Wahrnehmungsstörungen wie Seh- (u. a. Lichtblitze, Flimmern, Gesichtsfelddefekte), sensorische (z. B. Gefühlsstörungen) und Sprachprobleme die bevorstehende Kopfschmerzphase an oder begleiten diese. Diesem Phänomen liegt eine sich wellenförmig über die Hirnrinde ausbreitende Depolarisation von Neuronen und Gliazellen zugrunde, welche in einer Hemmung und Minderdurchblutung kortikaler Neuronen resultiert. Bei etwa einem Drittel der Mi- gränepatienten treten die Kopfschmerzen nicht nur einseitig, sondern holokraniell auf, was eine eindeutige Abgrenzung zum Spannungskopfschmerz erschwert.

Pathophysiologie

Ähnlich den Spannungskopfschmerzen ist auch die Pathogenese der Migräne bislang unzureichend verstanden. Gene, Umweltfaktoren und auslösende Reize wie psychischer Stress, Alkoholkonsum, tyraminhaltige Speisen, hormonelle Schwankungen und Schlafmangel sind an der Entstehung beteiligt und fungieren als (Mit-)Auslöser der akuten Attacken. In Studien wurde bei Patienten mit Migräne eine gesteigerte Aktivität trigeminaler Neuronen nachgewiesen, die eine Stimulation von Schmerzfasern mit darauffolgender Ausschüttung von proinflammatorisch wirkenden Prostaglandinen, Calcitonin-Gene-Related-Peptid (CGRP) und weiteren Neuropeptiden induziert.

Dieser schon länger postulierte Mechanismus wurde mittlerweile auf Basis von Immunhistochemie und funktioneller Bildgebung bestätigt. Somit ist die Entzündung, die durch die proinflammatorischen Botenstoffe unterhalten wird, das zentrale Geschehen bei Migräne. Die Entzündung betrifft besonders die Umgebung der Gefäße (perivaskulär). Die Entzündung aktiviert auch unterschiedliche Gehirnregionen, wodurch die typischen vegetativen Begleitsymptome der Migräne wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit auftreten. Serotoninrezeptoren vom Typ 5HT1 dürften amAnfang der Signalkaskade stehen, was erklärt, wieso Triptane umso besser wirken, je früher sie eingenommen werden (zu Beginn des Kopfschmerzes). In Analogie zu anderen Kopfschmerzformen wird auch bei der Migräne zwischen einem episodischen und einem chronischen Verlauf differenziert.

Unterschiede zu Spannungskopfschmerzen

Ein in der Praxis meist sehr verlässliches Unterscheidungskriterium von Migräne und Spannungskopfschmerzen ist die Schmerzintensivierung durch körperliche Routinetätigkeiten wie Gehen oder Treppensteigen bei der Migräne. Hinweise liefern zudem die Dauer der einzelnen Migräneattacken (4 –72 h) wie auch vegetative Begleitbeschwerden. Laut IHS muss für Migräne mindestens eines der folgenden, vegetativen Symptome vorliegen:

  • Übelkeit und / oder Erbrechen
  • Licht- und Lärmempfindlichkeit.

Trigeminal-autonome Kopfschmerzen

Trigeminal-autonome Kopfschmerzen sind eine Gruppe von Kopfschmerzen, die sich durch einseitige Schmerzattacken im Bereich des Trigeminusnervs auszeichnen. Sie werden durch auf derselben Körperseite gelegene (ipsilaterale), nicht beeinflussbare (autonome) Symptome im Kopfbereich wie Augentränen, laufende Nase, Lidödem, oder Schwitzen im Bereich der Stirn beziehungsweise des Gesichts begleitet.

Cluster-Kopfschmerzen

Das ist die stärkste aller Kopfschmerzformen mit im Frühling und Herbst gehäuften, streng einseitigen, heftigen Kopfschmerzattacken. Die Schmerzen sind für gewöhnlich hinter der Augenhöhle lokalisiert, treten jeden zweiten Tag bis zu achtmal täglich auf und dauern 15 bis 180 Minuten. Kennzeichnend ist das Ansprechen auf Sauerstoff sowie die Biorhythmizität: Attacken treten bevorzugt ein bis zwei Stunden nach dem Einschlafen und in den frühen Morgenstunden auf. Die Therapie umfasst schnell wirksame Triptane (subkutanes Sumatriptan, intranasales Zolmitriptan) oder Sauerstoff über eine Maske mit Reservoirbeutel.

Paroxysmale Hemikranie

Hierunter versteht man heftige, streng einseitige Attacken, die zwei bis 30 Minuten dauern und mindestens fünfmal pro Tag auftreten. Im Gegensatz zum Cluster-Kopfschmerz sind die ipsilateralen autonomen Beschwerden meist mild ausgeprägt. Für die Diagnose wird ein 100-prozentiges Ansprechen auf das nicht steroidale Antirheumatikum (NSAR) Indometacin gefordert.

Hemicrania Continua

Das ist eine einseitige Kopfschmerzform ohne Seitenwechsel, die täglich anhaltend für mindestens drei Monate ohne schmerzfreie Episoden besteht. Die Schmerzintensität ist moderat, es kann allerdings zu starken Schmerzexazerbationen kommen. In die aktuellen Leitlinien wurde nunmehr eine remittierende Form, mit schmerzfreien Phasen länger als 24 Stunden, aufgenommen. Ipsilaterale autonome Symptome sind speziell bei Exazerbationen vertreten. Wie bei der paroxysmalen Hemikranie bleiben die Schmerzen nach Gabe von Indometacin bestehen.

SUNA und SUNCT

Es handelt sich um kurz andauernde (1 – 600 Sek.), streng einseitige, einschießende Schmerzattacken von moderater bis vernichtender Intensität. Diese „Stiche“ treten entweder einzeln, in Gruppen oder als „Sägezahnmuster“ auf und werden von ipsilateralem autonomem Augentränen und / oder Hervortreten der Blutgefäße der Bindehaut begleitet. Bei SUNA tritt lediglich eines der beiden trigeminal-autonomen Symptome auf, bei SUNCT beide. Die Therapie beruht auf individuellen Heilversuchen mit Antiepileptika, Steroiden oder medikamentösen Nervenblockaden.

Akuttherapie

Für die Selbstmedikation von Kopfschmerzen empfiehlt die DMKG – unabhängig von Spannungskopfschmerzen oder Migräne – die Analgetika Paracetamol, Acetylsalicylsäure, einschließlich Kombinationen dieser Wirkstoffe ± Koffein, und Ibuprofen. Diclofenac, Naproxen und Phenazon werden als Alternativen genannt. Erst wenn auf diese Weise keine ausreichende Schmerzreduktion erreichbar ist, rücken andere Arzneistoffe in den Vordergrund. OTC- Schmerzmittel sollten ohne ärztlichen Rat nicht öfter als zehnmal im Monat und nicht länger als drei Tage hintereinander eingenommen werden.

Paracetamol und Pyranzolone sind nicht saure Antioyretika

Nicht saure Antipyretika

Zu dieser Klasse zählen neben Paracetamol die rezeptfreien Pyrazolone Phenazon und Propyphenazon (für letzteres ist in Deutschland zurzeit kein zugelassenes Präparat registriert) sowie das rezeptpflichtige Metamizol. Eine Besonderheit der Pyrazolone ist ihr spasmolytischer Effekt, welcher sich bei Migräne als vorteilhaft erweisen kann. Die übliche Einzeldosis sämtlicher nicht saurer Antipyretika bewegt sich zwischen 500 und 1.000 Milligramm, mit einer Tagesmaximaldosis von 4.000 Milligramm. Paracetamol ist in allen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit das Schmerzmittel der Wahl. Ältere Patienten über 65 Jahre und solche mit Lebererkrankungen oder bekanntem Alkoholabusus sollten wegen des Risikos schwerer Leberschäden bis hin zum tödlichen Leberversagen nicht mehr als 2.000 Milligramm Paracetamol pro Tag einnehmen.

NSAR

NSAR sind Medikamente mit analgetischen, entzündungshemmenden und fiebersenkenden Eigenschaften. Für die Selbstmedikation sind derzeit ASS, Ibuprofen, Naproxen und Diclofenac erhältlich. Sie alle hemmen die Enzyme Cyclooxygenase-1 (COX-1) und COX-2 wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, und vermindern damit die Freisetzung schmerzauslösender Prostaglan- dine. Die Häufigkeit von Magen-Darm- Beschwerden, Erosionen, Ulzera und Blutungen ist substanzspezifisch (Ibuprofen < Diclofenac < Naproxen < ASS) und korreliert mit der Dauer der Ein- nahme.

Die übliche Einzeldosisempfehlung von ASS bei akuten Spannungskopfschmerzen oder Migräne ist 500 bis 1.000 Milligramm. Jene für Ibuprofen liegt zwischen 200 bis 400 Milligramm, von Naproxen bei 250 Milligramm und von Diclofenac bei 25 Milligramm pro Einzelgabe. Entsprechende Tagesmaximaldosen sind 3.000 Milligramm (ASS), 1.200 Milligramm (Ibuprofen), 750 Milligramm (Naproxen) und 75 Milligramm (Diclofenac). NSAR sind bei gastroduodenaler Ulkuskrankheit, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, eingeschränkter Nierenfunktion, im dritten Schwangerschaftsdrittel und Herzinsuffizienz NYHA III oder IV kontraindiziert.

Triptane

Patienten mit (mittel-)schweren Migräneanfällen sprechen oft unzureichend auf eine Therapie mit NSAR an. In diesem Fall empfiehlt die DMKG die Gabe von Triptanen, Agonisten der Serotonin 5HT1-Rezeptoren. Ihr Wirkmechanismus beruht im Wesentlichen auf ihrer entzündungshemmenden Wirkung sowie auf einer Kontraktion erweiterter (dilatierter) Gefäße im zentralen Nervensystem. Damit unterbrechen Triptane die abnorme Übertragung von Schmerzsignalen und blockieren die Freisetzung proinflammatorischer Neuropeptide. Die einzelnen Substanzen gliedern sich in kurz und rasch wirkend (Sumatriptan subkutan, Zolmitriptan intranasal), mittellang (Sumatriptan und Zolmitriptan per oral, Eletriptan, Rizatriptan, Almotriptan) und lang wirkende (Naratriptan, Frovatriptan) Vertreter. Die Kombination von Triptanen mit NSAR ist wirksamer als die jeweiligen Monotherapien.

Für die Auswahl eines Triptans spielen sowohl die Dauer der einzelnen Attacken als auch die Neigung zum Wiederauftreten nach erfolgter Triptangabe (Recurrence- oder Wiederkehrkopfschmerz) eine wichtige Rolle. Zur Akuttherapie sind Tabletten mit Naratriptan (2,5 mg), Almotriptan (12,5 mg) und Sumatriptan (50 mg) in einer Packungsgröße von zwei Stück pro Blister ohne Rezept verfügbar. Zwischen der ersten und zweiten Einnahme müssen mindestens zwei (Almotriptan, Sumatriptan) beziehungsweise vier Stunden (Naratriptan) vergehen. Die Höchstdosis innerhalb von 24 Stunden ist auf zwei Tabletten limitiert. Bei regelmäßigen Wiederkehrkopfschmerzen bietet sich initial die Kombination eines Triptans mit einem langwirksamen NSAR wie Naproxen an.

Triptane sind im Allgemeinen gut verträglich. Aufgrund ihrer vasokonstriktorischen Effekte sind sie bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie der koronaren Herzkrankheit, der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, beim Morbus Raynoud, nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall jedoch kontraindiziert. Der Gebrauch bei Mi- gräne mit Aura darf aus Sicherheitsgründen erst nach Beendigung der Aurasymptomatik stattfinden.

Antiemetika

Gegen die begleitende Übelkeit und das Erbrechen bei Migräne gibt es die Möglichkeit einer antiemetischen Behandlung mit den rezeptfreien Wirkstoffen Diphenhydramin und Dimenhydrinat oder Ingwerwurzelextrakt. Die beiden Antihistaminika blockieren Histamin- und Acetylcholinrezeptoren, welche an der Entstehung von Übelkeit und Erbrechen beteiligt sind. Kunden sollten auf Nebenwirkungen wie Müdigkeit, trockenen Mund und eingeschränktes Reaktionsvermögen hingewiesen werden. Übliche Einzeldosen sind 25 bis 50 Milligramm bei Diphenhydramin und 50 bis 100 Milligramm bei Dimenhydrinat. Die respektiven Tagesmaximaldosen sind 150 Milligramm Diphenhydramin beziehungsweise 300 (teils 400) Milligramm Dimenhydrinat (abhängig vom Präparat).

Stärker antiemetisch wirksam, aber rezeptpflichtig, sind Metoclopramid und Domperidon. Sie bieten zudem den Vorteil einer beschleunigten Magen-Darm-Passage anderer Arzneistoffe, da sie die Peristaltik im oberen Verdauungstrakt anregen.

Ditane

Ditane sind eine Weiterentwicklung der Triptane und aktivieren selektiv den Serotonin-Rezeptor 5-HT1F. Weil dieser Rezeptor nur im zentralen Nervensystem exprimiert wird, wirken Ditane im Unterschied zu Triptanen außerhalb des ZNS nicht gefäßverengend. Der momentan einzige Vertreter Lasmiditan ist für die Akutbehandlung eines Migräneanfalls mit oder ohne Aura zugelassen. Die Tabletten werden bei Bedarf einmal pro Tag unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen.

Gepante

Gepante sind seit kurzem verfügbare per oral wirksame CGRP-Antagonisten. In Deutschland ist mit Stand 01.04.2023 ausschließlich Rimegepant registriert. Gepante werden abhängig vom Produkt bei Bedarf zur Behandlung akuter Mi- gräneattacken und / oder zur Prophylaxe neuer Migräneanfälle verwendet. Als Nebenwirkungen sind Übelkeit, Nasopharyngitis und Müdigkeit beschrieben.

Vorbeugung

Lange Zeit herrschte auf dem Gebiet der chronischen Kopfschmerzen Stillstand. In den vergangenen Jahren erweiterte sich das therapeutische Arsenal – zumindest für die Migräneprophylaxe – erheblich, sodass Patienten und Ärzte auf mittlerweile mehrere effektive Behandlungsoptionen zurückgreifen können. Ziel der medikamentösen Vorbeugung ist es, die monatlichen Kopfschmerztage um mindestens 50 Prozent zu reduzieren. Die Wirkung lässt sich frühestens vier bis sechs Wochen nach Erreichen der vollen Zieldosis beurteilen.

Prophylaxe der Migräne

Treten innerhalb eines Monats mehr als drei Attacken mit einer Dauer von länger als 72 Stunden auf, ist das Ansprechen auf NSAR inklusive Triptane unzureichend oder an mehr als zehn Tagen im Monat nötig, besteht die Indikation für eine medikamentöse Migräneprophylaxe.

Mittel der Wahl sind die Betablocker Metoprolol und Propranolol, der Calciumantagonist Flunarizin, das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin, das Antikonvulsivum Topiramat sowie das zu injizierende Onabotulinumtoxin A. Valproinsäure ist aufgrund ihres teratogenen Potenzials nur noch ein Ausweichpräparat. Mittel mit schwacher Evidenz sind ACE-Hemmer, Sartane, Magnesium kombiniert mit Riboflavin und Coenzym Q10, Mutterkraut und Pestwurz.

Neu hinzugekommen sind zwischenzeitlich die injizierbaren CGRP-Antagonisten (Fremanezumab, Galcanezumab) und CGRP-Rezeptorantagonisten (Erenumab) sowie ein infundierbarer CGRP-Antagonist (Eptinezumab) bei Erwachsenen mit mehr als drei Migränetagen pro Monat. Die monoklonalen Antikörper sind als spezifische Migränemedikamente für die episodische und chronische Migräne verordnungsfähig, wenn mindestens drei medikamentöse Behandlungsversuche fehlgeschlagen sind. Patienten spritzen sie sich mit einer Fertigspritze oder einem Autoinjektor subkutan selbst. Die Anwendung erfolgt einmal monatlich oder vierteljährlich (Fremanezumab). Mit Rimegepant steht ab sofort auch ein niedermolekularer CGRP-Antagonist in den Startlöchern, welcher die Vorzüge einer Bedarfstherapie mit denen einer Prophylaxe unter einem Hut vereint.

Zur Vorbeugung von Kopfschmerzen eignen sich neben bestimmten Medikamenten auch Entspannungsübungen, Yoga sowie moderater Ausdauersport.

Nicht medikamentöse Maßnahmen

Für die nicht medikamentöse Vorbeugung von Kopfschmerzen sind generell Entspannungsübungen, Yoga, moderater Ausdauersport, Stressbewältigung, Physiotherapie, manuelle Therapie und Akupunktur geeignet. Muskelaufbautraining im Nackenbereich sowie Rückentraining sind hilfreich, um die Halswirbelsäule zu entlasten. Ein beliebtes Hausmittel ist schwarzer Kaffee mit Zitronensaft. Grundsätzlich sollten Kopfschmerzpatienten darauf achten, ausreichend viel Flüssigkeit zu trinken und bekannte Auslöser wie Alkohol, Nikotin und Koffeinentzug zu meiden. Bei akuten Migräneanfällen haben sich kalte Waschlappen, Kühlkompressen (nicht direkt auf die Haut) oder Ähnliches auf der Stirn bewährt.

Die großflächige Applikation von ätherischem Pfefferminzöl (10%ig in Ethanol) auf den Nacken und die Schläfengegend war in einer direkten Vergleichsstudie Paracetamol in der Linderung von akuten Spannungskopfschmerzen ebenbürtig.

Beratungsaspekte

Analgetika und Triptane werden in Apotheken Tag für Tag an schmerzgeplagte Kunden ausgehändigt. Manche Patientengruppen erfordern dabei mehr Aufmerksamkeit als andere.

Kopfschmerzen durch Medikamenten-übergebrauch

Der Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch (MHO) ist der häufigste sekundäre Kopfschmerz und vor allem unter Frauen verbreitet. Weitere Risikofaktoren umfassen Übergewicht, niedrigen sozioökonomischen Status, körperliche Inaktivität und Rauchen. Obwohl nicht lebensbedrohlich, ist die Lebensqualität bei MOH massiv eingeschränkt. Laut WHO fällt er unter die Top 20 der am meisten beeinträchtigenden Erkrankungen. Diagnosekriterien sind Kopfschmerzen an ≥15 Tagen im Monat bei vorbestehendem Kopfschmerzsyndrom und ein Übergebrauch für mehr als drei Monate von:

  • nicht opioiden Analgetika an ≥15 Tagen im Monat
  • Kombinationsanalgetika an ≥10 Tagen im Monat
  • Opioiden an ≥10 Tagen im Monat
  • Triptanen an ≥10 Tagen im Monat
  • Ergotamin an ≥10 Tagen im Monat
  • verschiedenen (analgetischen) Substanzklassen an ≥10 Tagen im Monat.

Das therapeutische Vorgehen wird kontrovers diskutiert. Essenziell ist ein Aufklärungsgespräch über den Übergebrauch und dessen negative Folgen. Bei sehr belastenden Symptomen während des Entzugs kann das Bereithalten von Notfallmedikamenten hilfreich sein (individuell verschieden und nur nach ärztlicher Absprache). Idealerweise sollte dies ein Schmerzmittel aus einer anderen Substanzklasse sein, zum Beispiel ein NSAR bei Triptan-Entzug.

Migräne in Schwangerschaft und Stillzeit

ASS, Ibuprofen und Metamizol (Rp) sind für die Behandlung von Migräneattacken im ersten und zweiten Trimenon Mittel der ersten Wahl. Paracetamol ist nicht für schwere Attacken zugelassen, im letzten Trimenon aber die einzige Ausweichmöglichkeit. In der Stillzeit rangiert Ibuprofen an erster Stelle. Triptane sind in der Schwangerschaft nicht zugelassen. Registerdaten von schwangeren Frauen weisen allerdings darauf hin, dass Sumatriptan, Naratriptan und Rizatriptan weder teratogen sind noch zu vermehrten Schwangerschafts- oder Geburtskomplikationen führen. In der Stillzeit gilt Sumatriptan als bevorzugtes Triptan, wenn Ibuprofen plus Koffein unzureichend wirkt.

Interessenskonflikt: Der Autor erklärt, dass keinerlei Interessenskonflikte bezüglich des Themas vorliegen.

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