Weihnachtswünsche: Von Dampferfahrt bis Zoo-Besuch – Landkreis München

In den vergangenen beiden Jahren mussten viele Menschen wegen der Corona-Pandemie auf vieles verzichten, was das Leben lebenswert macht. Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine sind weitere Sorgen hinzugekommen. Zu Weihnachten möchte der SZ-Adventskalender, das Hilfswerk der Süddeutschen Zeitung, daher einigen Menschen aus dem Landkreis einen Herzenswunsch erfüllen.

Eine Dampferfahrt für die Erinnerung

“Wann hört das endlich auf?” Diese Frage hat Renate Bauer während des Lockdowns in der Corona-Pandemie so oft gehört. Sie leitet die beiden Wohnheime für Menschen mit geistiger Behinderung der Lebenshilfe in Putzbrunn. Die Kontaktbeschränkungen, die die Pandemie mit sich brachte, hat die Bewohner besonders getroffen. Sie durften nicht mehr ihrer Beschäftigung in ihren Förderstätten oder in der Behindertenwerkstatt nachgehen, mussten innerhalb des Wohnheims in ihrer Wohngruppe bleiben und durften vor allem ihre Angehörigen nicht mehr sehen. Diese Einschränkungen galten für sie viel länger als für den ganzen Rest der Bevölkerung.

“Das war total schwer für alle”, erinnert sich Renate Bauer. “Es gab viele Emotionen – Wut, Hilflosigkeit, Ängste und auch Diskussionen um die Regelungen.” Die Angehörigen kamen in den Garten und haben ihre Familienmitglieder nur am Fenster mit Abstand besuchen können. “Wie erklärt man den Menschen das?”, fragt Bauer. Die Wohnheimbewohner haben zum Teil große kognitive Einschränkungen, sie haben vieles nicht verstanden. Besonders schwer war es für die älteren, die in der Behindertenwerkstatt gearbeitet haben. Bei einigen fiel der Renteneintritt in die Lockdown-Phase. Da gab es keinen Abschied von den Kollegen, keine Würdigung, erzählt Bauer. Das musste mit Verspätung nachgeholt werden. Dasselbe war es nicht.

Andi Bürger, Renate Bauer und Heiko Schwager (von links) von der Wohngruppe der Lebenshilfe in Putzbrunn würden gern einen gemeinsamen Ausflug machen.

(Foto: Florian Peljak)

Es gibt viel nachzuholen: Rauskommen aus dem gewohnten Umfeld, sich mit anderen treffen, unterhalten, neue Eindrücke sammeln – das ist wichtig und der Bedarf ist groß. Eine Dampferfahrt im Frühjahr auf dem Starnberger See wäre ein Erlebnis, das lange nachwirkt, der SZ-Adventskalender möchte dies ermöglichen. Es wäre der erste große Auslug seit der Pandemie für die Bewohner beider Wohnheime. “Die Menschen brauchen Erinnerungen, von denen sie erzählen können. Da ist Leben drin”, sagt Bauer.

Sorgen in der Therme Erding vergessen

Am weißen Stockbett hängt ein Adventskalender mit Päckchen, eine Leuchte in Hirschform verbreitet etwas vorweihnachtliche Stimmung. Yulia S. und ihre Kinder Tanja, 11, und Artem, 8, die Ende Februar in einer dreiwöchigen Odyssee vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind und seit Mitte März in einer kleinen Einzimmer-Wohnung in Neubiberg leben, haben es sich soweit möglich schön gemacht. Eine Familie aus dem Ort hat sie bei vielem unterstützt. Doch die heimelige Atmosphäre kann nicht darüber hinwegtäuschen, was für ein schweres Jahr die drei hatten.

SZ-Adventskalender: Yulia (links) ist mit ihren Kindern Tanja und Artem aus der Ukraine geflohen.

Yulia (links) ist mit ihren Kindern Tanja und Artem aus der Ukraine geflohen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

“Sie vermissen ihren Vater sehr und er vermisst sie”, sagt die Mutter. Ihre Freundin Olga K., die schon länger in Neubiberg lebt, übersetzt ins Deutsche. Der Vater ist zurückgeblieben, um das Land zu verteidigen, mittlerweile ist er auch in der Armee. Die drei versuchen ihn zwar jeden Tag anzurufen, aber das Mobilfunknetz fällt oft aus. “Wir machen uns große Sorgen”, sagt die Mutter. Außerdem mussten sich die Kinder, die bisher kein Deutsch sprachen, in neuen Schulen und in einem ganz neuen Umfeld zurechtfinden. Tanja besucht nun das Gymnasium Ottobrunn.

“Am Anfang war es sehr schwer für mich, ich besuche ja zwei Schulen”, sagt sie. Denn zusätzlich zum deutschen Unterricht lernt sie online an ihrer ukrainischen Schule. “Es ist eine sehr gute Schule, wir wollen den Anschluss nicht verlieren”, sagt die Mutter. Auch die Sprachbarriere empfand Tanja anfangs als Herausforderung. “Es war sehr schwer, weil dich draußen keiner verstanden hat”, sagt sie. Mittlerweile sprechen alle drei ein wenig Deutsch, Yulia besucht seit zwei Monaten einen Integrationskurs. Tanja vermisst auch ihr Zimmer in der Ukraine, dort habe sie so viel Platz wie hier alle zusammen. Auch Artem fand es am Anfang nicht leicht. Doch jetzt ist er froh über seine “nette Lehrerin” an der Grundschule Neubiberg und dass er sich schon mit zwei Jungen angefreundet hat. Die Kinder und ihre Mutter würden sich über etwas Leichtigkeit freuen. Bei einem Besuch in der Therme Erding mit ihren langen Rutschen könnten sie die Gedanken voller Sorgen und Ungewissheit vielleicht einmal vergessen.

Eine Ausfahrt mit dem ersten Auto

Colin Vaupel hat den Wagen noch genau vor Augen: Ein backsteinroter VW-Käfer war es, den sein Vater damals Mitte der Sechzigerjahre besaß und den der Sohn nach bestandener Führerscheinprüfung ausfahren durfte. Sein erstes Auto. In so einem Wagen würde er gern noch einmal fahren. Der Klassiker wäre dann “das erste und das letzte Modell, das ich fahre”, sagt Vaupel. Dazwischen liegen die unterschiedlichsten Autos, die er durch Deutschland und Europa steuerte, und ein bewegtes Leben, das den gebürtigen Herleshauser über München, Hessen, Baden-Württemberg und das Allgäu nach Ismaning gebracht hat. Seit zwölf Jahren lebt Vaupel im Hillebrandhof in Ismaning in einer eigenen Wohnung. Die hat sogar ein kleines Tonstudio, denn der 76-Jährige war und ist als Sprecher für Hörbücher oder Sendungen aktiv.

SZ-Adventskalender: Colin Vaupel hat Krebs und wünscht sich eine letzte Fahrt mit einem VW Käfer.

Colin Vaupel hat Krebs und wünscht sich eine letzte Fahrt mit einem VW Käfer.

(Foto: Catherina Hess)

Beim Hessischen Rundfunk startete er einst eine Hörfunkkarriere, eine Produzentin erkannte sein Talent und setzte ihn eines Morgens ohne große Vorbereitung vor das Mikrofon. “Ich habe gar nicht überlegt, einfach angefangen”, erinnert sich Vaupel. Das Moderieren lag ihm, er bekam eine eigene Sendung, wechselte später nach Aschaffenburg, Stuttgart und zu weiteren Sendestationen, schließlich zu Antenne Bayern, die heute aus dem Funkhaus im Ismaninger Agrob Medienpark senden. Dem Standort blieb er auch nach seinem Ausscheiden aus dem Job treu. Eigentlich, sagt Vaupel, habe er alles, was er braucht. Aber eine Fahrt mit dem VW-Käfer, dem backsteinroten, das wäre noch so ein Herzenswunsch. Der 76-Jährige spielt mit dem Gedanken, den Führerschein abzugeben. Eine Krebserkrankung macht seinem Körper zu schaffen.

Mit dem Ferienpass zum Seepferdchen

Wenn die Kinder den Hampelmann können, sind sie bereit für den Seepferdchen-Schwimmkurs, denn dann gelingt ihnen die nötige Arm-Bein-Koordination. Elisabeth Oehlen organisiert als Ehrenamtliche beim Helferkreis Asyl Höhenkirchen-Siegertsbrunn seit etwa zehn Jahren Schwimmkurse für die Flüchtlingskinder in den beiden Ortschaften in den Sommerferien und stellt jedes Jahr ihre Schwimmtruppe zusammen. Die Kinder kommen aus dem Kongo, aus Nigeria, Sierre Leone, Syrien und Afghanistan und die meisten können nicht schwimmen, hat sie irgendwann festgestellt. Dabei sei Schwimmen doch lebensnotwendig. “Sie sind heile über den großen Teich zu uns gekommen, dann können sie hier doch jetzt nicht ertrinken.”

SZ-Adventskalender: Elisabeth Oehlen möchte mit den Kindern aus der Flüchtlingsunterkunft in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zum Schwimmkurs fahren können.

Elisabeth Oehlen möchte mit den Kindern aus der Flüchtlingsunterkunft in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zum Schwimmkurs fahren können.

(Foto: Leonhard Simon)

Die Schwimmkurse, die eine Schwimmlehrerin in einem kleinen Schwimmbad einer physiotherapeutischen Praxis in Ottobrunn erteilt, sind ein großer Spaß für die Kinder. Manchmal nimmt Oehlen auch die Mütter mit, denn die können auch nicht schwimmen. Viele Kinder schaffen es in zehn Stunden, das Seepferdchen-Abzeichen zu bestehen. Wer mehr Übung braucht, darf Elisabeth Oehlen noch zu Extra-Schwimmstunden begleiten oder im nächsten Jahr nochmal mitkommen.

Während der Corona-Pandemie musste der Schwimmkurs im Jahr 2020 ganz ausfallen, im vergangenen Jahr durfte sie nur eine kleinere Gruppe mitnehmen, deshalb gibt es jetzt einen richtigen “Stau” bei den Schwimmlehrlingen, sagt sie. Manche sind schon zehn oder elf Jahre alt und können immer noch nicht schwimmen. Die Kurse werden über Spenden finanziert, aber die drei Stationen S-Bahn-Fahrt nach Ottobrunn zahlt Elisabeth Oehlen meistens für die Kinder aus eigener Tasche.

Helfen würden die Ferienpässe der Stadt München, die der SZ-Adventskalender für 48 Kinder in den beiden Flüchtlingsunterkünften in Höhenkirchen-Siegertsbrunn spenden möchte. Dann können die Kinder in den Sommerferien Freifahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln nutzen und in allen Schulferien die Münchner Schwimmbäder besuchen und viele andere Attraktionen vergünstigt wahrnehmen, etwa einen Tierparkbesuch machen. Der sei nämlich für eine Familie mit drei Kindern ganz schön teuer, sagt Oehlen. Solche Ausflüge können sich die Bewohner in den Unterkünften nicht leisten.

Ein Stück Selbstständigkeit

Die kleinen Wege sind es, die so wichtig sind für den Erhalt der Mobilität der alten Menschen. Mit dem Rollator zum gemeinsamen Mittagessen gehen, dabei einen Blick ins Wohnzimmer werfen, mit den anderen Bewohnern dabei in Kontakt kommen und ein paar Worte wechseln, sagt Mirjam Dirscherl, Leiterin des Caritas-Pflegeheims St. Gisela in Gräfelfing. Genauso wichtig und ersehnt sind die Besuche der Angehörigen, mit ihnen eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen im hausinternen Café, das auch für externe Besucher geöffnet ist, zu bestellen und dabei ein wenig Abwechslung genießen. Denn oft kommen die Bewohner im Pflegeheim nicht mehr raus, die meisten sind zu einem hohen Grad pflegebedürftig, das Leben spielt sich viel im Haus ab.

Mit der Corona-Pandemie wurden die Wände noch ein wenig enger. Die Angehörigen durften nicht mehr zu Besuch kommen, das beliebte Café war geschlossen, “das hat extrem gefehlt”, sagt Dirscherl. Solche freiheitsrechtlichen Einschränkungen wolle sie nicht mehr erleben. Die Menschen im Heim gehörten zur Kriegsgeneration, “die haben das mit Geduld ertragen”. Jetzt ist die Freiheit wieder da, aber das Geld noch knapper als zuvor, denn die Heimkosten haben sich mit den gestiegenen Energie- und Personalkosten deutlich verteuert.

SZ-Adventskalender: Ein Besuch bei Friseurmeisterin Sabine Höger oder im Café ist für viele Heimbewohner zu teuer geworden.

Ein Besuch bei Friseurmeisterin Sabine Höger oder im Café ist für viele Heimbewohner zu teuer geworden.

(Foto: Florian Peljak)

Etwa 20 Personen erhalten im Heim “Hilfe zur Pflege” vom Bezirk Oberbayern und die Zahl werde weiter steigen, nimmt Dirscherl an. Was den Menschen dann bleibt, ist ein Taschengeld von 126,90 Euro im Monat. Das reicht oftmals nicht aus, um den Enkeln kleine Geschenke zu machen, die Angehörigen ins Café einzuladen oder sich einen Friseurbesuch im hausinternen Salon von Sabine Höger zu gönnen.

Gerade die Cafébesuche haben im Heim einen großen Stellenwert, sagt Dirscherl. Es ist der große Treffpunkt im Heim. Außerdem erleben die Senioren hier noch ein Stück Selbstständigkeit: selbst einen Kuchen auswählen, selbst bezahlen, die Angehörigen auch mal einladen zu können, so etwas kommt sonst im Heimalltag nicht mehr vor. Der Adventskalender möchte den Bewohnern, die sich solche Besuche nicht leisten können, Gutscheine für Cafébesuche und einen Friseurbesuch finanzieren.

So können Sie spenden

Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V.

Stadtsparkasse München

IBAN: DE86 7015 0000 0000 6007 00

BIC: SSKMDEMMXXX

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