Ukraine-News: Ukrainische Truppen und Zivilisten noch in Sjewjerodonezk

Selenskyj: Ukraine kein Puffer zwischen Westen und Russland +++ Rückzug der ukrainischen Truppen aus Sjewjerodonezk angeordnet +++ Ukrainische Politikerin warnt Flüchtlinge vor übereilter Rückkehr +++ Die Nachrichten zu Russlands Krieg in der Ukraine im stern-Ticker.

Tag 121 des Ukraine-Krieges: Die Ukraine kann sich als frischgebackener EU-Beitrittskandidat Hoffnungen auf eine Zukunft im gemeinsamen Europa machen. Zugleich aber wird die militärische Lage im östlichen Gebiet Luhansk für die ukrainische Armee immer brenzliger. Russische Truppen kämpfen sich vor und versuchen, die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk einzukesseln. Aus den USA kommen zusätzliche wichtige Waffen wie Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesysteme und Patrouillenboote.

Die wichtigsten Entwicklungen im stern-Ticker.

21.21 Uhr: Moskau verurteilt EU-Kandidatenstatus als “geopolitische Vereinnahmung”

Der Kreml hat die Verleihung des EU-Kandidatenstatus an die Ukraine und Moldau als geopolitisches Manöver gegen Moskau verurteilt. Die Entscheidung bestätige, dass “eine geopolitische Vereinnahmung” der ehemaligen Sowjetrepubliken “aktiv vorangetrieben” werde, “um Russland in Schach zu halten”, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.

Die EU verfolge damit das Ziel, mit den östlichen Nachbarländern Beziehungen auf der Grundlage eines Abhängigkeitsprinzips zu etablieren. Brüssel wende “politische und wirtschaftliche Erpressungsmethoden” an und zwinge die Kandidatenländer, “unrechtmäßige Sanktionen” gegen Moskau zu verhängen. Das “aggressive Vorgehen” der EU habe das Potenzial, neue Spaltungen und tiefe Krisen in Europa zu schaffen, fuhr Sacharowa fort. 

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte sich zuvor zurückhaltender geäußert und die Entscheidung als “innere Angelegenheit” Europas bezeichnet. Allerdings dürfe die Entwicklung nicht zu Problemen für Russland führen, sagte er weiter. Allerdings beschuldigte Lawrow die EU und die Nato, einen Krieg gegen Russland führen zu wollen und stellte einen historischen Vergleich an: Hitler habe einen großen Teil Europas hinter sich versammelt, “um gegen die Sowjetunion Krieg zu führen”, sagte Lawrow während einer Reise nach Aserbaidschan. Heute “bilden die EU und die Nato ein solches zeitgenössisches Bündnis”, um “Krieg gegen Russland zu führen”, fügte er hinzu.

20.24 Uhr: Teile der Großstadt Lyssytschansk nach russischen Angaben blockiert

Im Osten der Ukraine gibt es widersprüchliche Angaben zur Lage in der umkämpften Großstadt Lyssytschansk. Russische Truppen haben nach eigenen Angaben die Stadt von Süden her blockiert. Das teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die Verteidigungsstellungen ukrainischer Truppen seien durchbrochen worden, hieß es.

Zuvor hatte der Generalstab der ukrainischen Armee von Luftangriffen durch Russland auf Lyssytschansk am Westufer des Flusses Siwerskyj Donez gesprochen. “Die ukrainischen Verteidiger haben erfolgreich einen Sturm am südlichen Stadtrand Lyssytschansk abgewehrt.” Alle Angaben lassen sich nicht oder nur schwer unabhängig überprüfen. Laut russischem Verteidigungsministerium wurden in den vergangenen Tagen elf Siedlungen erobert, darunter Loskutivka südlich von Lyssytschansk und Ustyniwka nördlich von Mykolajiw.

19.15 Uhr: “Alarmzeichen” über Ukraine-Krieg waren laut SPD-Chef “alle da”

Vier Monate nach der russischen Invasion in die Ukraine hat sich SPD-Chef Lars Klingbeil im Rückblick kritisch über die Russlandpolitik Deutschlands geäußert. Der größte Vorwurf, den Deutschland sich machen müsse, sei, dass es die östlichen EU-Länder nicht genug gehört habe, sagte er der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”. “Wir haben die sicherheitspolitische Debatte in Deutschland so geführt, wie wir die Welt gerne gehabt hätten – aber nicht so, wie sie wirklich war und ist.” Aus heutiger Sicht müsse man sagen: “Der Georgienkrieg 2008, die Krim-Annexion 2014, der Giftanschlag auf Alexej Nawalnyj, der Tiergartenmord – die Alarmzeichen waren alle da, wir hätten sie aber anders interpretieren müssen.” Russlands Armee war Ende Februar in das Nachbarland einmarschiert.

19.10 Uhr: Ukrainische Truppen und Zivilisten noch in Sjewjerodonezk verschanzt

Trotz der Grundsatzentscheidung Kiews, das schwer umkämpfte Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine aufzugeben, hängen in der früheren Großstadt immer noch regierungstreue Truppen, aber auch Zivilisten fest. Das geht aus dem Lagebericht des Generalstabs und aus Aussagen der Kreisverwaltung hervor. Die russischen Truppen “haben Sturmaktivitäten in der Industriezone von Sjewjerodonezk durchgeführt”, teilte der Generalstab mit.

Laut dem Chef der Kreisverwaltung, Roman Wlassenko, wird der Abzug der ukrainischen Truppen noch einige Tage in Anspruch nehmen. Zudem sagte er im Interview mit dem US-Sender CNN, dass sich noch 568 Zivilisten in der Chemiefabrik “Azot” vor den Angriffen versteckten. Diese könnten die Anlage verlassen, sobald das Feuer eingestellt sei, allerdings dann nur noch in Richtung russisch besetzter Gebiete, sagte Wlassenko.

Heikel für die ukrainischen Truppen ist die Lage demnach auch in der benachbarten Stadt Lyssytschansk am Westufer des Flusses Siwerskyj Donez. Die Russen hätten mehrere Luftangriffe auf die Stadt geflogen, heißt es im Lagebericht. “Die ukrainischen Verteidiger haben erfolgreich einen Sturm am südlichen Stadtrand von Lyssytschansk abgewehrt”, so der Generalstab weiter. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Im Ballungsraum Sjewjerodonezk – Lyssytschansk lebten vor dem Krieg etwa 380.000 Menschen. Es ist der letzte Flecken im Gebiet Luhansk, auf dem sich noch ukrainische Truppen halten. Die Einnahme des Gebiets Luhansk war von Moskau als eins der Hauptziele des Kriegs genannt worden.

18.45 Uhr: Ukrainer boykottieren Judo-Grand-Prix

Aus Protest gegen die Teilnahme russischer Athletinnen und Athleten boykottiert das ukrainische Judo-Team das Grand-Slam-Turnier in der Mongolei. Bei der seit Freitag laufenden Veranstaltung, die zur Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zählt, sind 24 Athletinnen und Athleten aus Russland dabei. Nach der Invasion in die Ukraine ist Judo eine der wenigen olympischen Sportarten, in denen Russen noch antreten dürfen, ohne Flagge und offiziell für den Internationalen Judo-Verband (IJF).

Bisher waren Russen internationalen Judowettbewerben mit der Begründung ferngeblieben, die IJF habe “logistische und sicherheitstechnische” Bedenken.

18.15 Uhr: Professor an russischer Universität verliert Job nach Kritik an Ukraine-Konflikt

Ein Professor an einer russischen Universität ist endgültig entlassen worden, nachdem er den russischen Militäreinsatz in der Ukraine kritisiert hatte. Seine Klage auf Wiedereinstellung sei abgewiesen worden, erklärte der Rechtswissenschaftler Roman Melnitschenko auf Facebook. Er hatte sich zu Beginn der Offensive Ende Februar im Internet kritisch dazu geäußert und unter anderem ein Video vom Tod eines Mädchens in einem Krankenhaus in Mariupol verbreitet.

In den vergangenen Monaten wurden in Russland dutzende Menschen wegen Äußerungen zum russischen Militäreinsatz in der Ukraine strafrechtlich verfolgt. Die meisten erhielten Geldstrafen, einigen drohen jedoch teils lange Haftstrafen. Der Vorwurf der “Unmoral” war in den vergangenen Jahren bereits mehreren Professoren, Lehrern und Dozenten zum Verhängnis geworden. Der Entlassungsgrund macht es ihnen nahezu unmöglich, eine neue Anstellung im russischen Bildungssystem zu finden.

18.10 Uhr: G7 fordern von Moskau Ende der Blockade der Schwarzmeerhäfen

Die G7-Außenminister haben Russland aufgefordert, die ukrainischen Schwarzmeerhäfen für Lebensmittelexporte freizugeben. Durch die Blockade der Häfen, die Bombardierung von Getreidesilos und die Zerstörung der landwirtschaftlichen Infrastruktur der Ukraine verschärfe Russland die weltweite Lebensmittelkrise, hieß es in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung.

Die Darstellung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, nach der die drohende Hungersnot eine Folge westlicher Sanktionen sei, wiesen sie als “falsches Narrativ und Desinformation” zurück. Die Erklärung wurde zwei Tage vor dem am Sonntag beginnenden G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern veröffentlicht. Deutschland hat in diesem Jahr den G7-Vorsitz inne.

17.50 Uhr: Scholz glaubt nicht an russische Begründung für Gas-Drosselung

Bundeskanzler Olaf Scholz hält die russische Begründung für die Drosselung der Gaslieferungen nach Deutschland für vorgeschoben. “Niemand von uns glaubt, dass die technischen Gründe, die für die Reduktion von Gaslieferungen gegenwärtig von russischen Lieferanten angeführt werden, zutreffen”, sagte Scholz nach einem EU-Gipfel in Brüssel. Russlands staatlicher Energieriese Gazprom hatte Mitte des Monats die Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 weiter runtergefahren. Der Gaslieferant begründete den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten.

Am 11. Juli beginnt eine zehntägige Routinewartung der Pipeline. Energieversorger und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sind besorgt, dass Gazprom Nord Stream 1 danach nicht wieder anstellen könnte. Habeck hatte auf die Frage, ob er befürchte, dass Russland danach gar kein Gas mehr liefern werde, beim Sender RTL gesagt: “Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich befürchte es nicht.”

Scholz wollte dagegen nicht spekulieren: “Aber Spekulationen, was wann passiert, machen keinen Sinn”, sagte Scholz nun auf die Frage, ob er befürchte, dass die Pipeline Nord Stream 1 nach Wartungsarbeiten nicht wieder angestellt werden könnte.

17.20 Uhr: Von der Leyen ruft zum Energiesparen auf

Angesichts drohender Gas-Engpässe hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen europäische Verbraucher erneut zum Energiesparen aufgefordert. Wenn man die Heiztemperatur in der gesamten EU nur um zwei Grad senke und die von Klimaanlagen um zwei Grad erhöhe, könne man die gesamten Lieferungen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 einsparen, sagte die deutsche Politikerin nach einem EU-Gipfel in Brüssel. “Darin liegt also eine Menge Potenzial.” Zugleich bekräftigte von der Leyen, dass auch die Bezugsquellen von Energieträgern diversifiziert und in Erneuerbare investiert werden müsse.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Ende Februar gilt die Versorgung Europas mit Gas aus Russland als gefährdet. Mittlerweile habe Russland die Lieferungen an zwölf EU-Staaten gedrosselt oder komplett gestoppt, sagte von der Leyen. Auch die Lieferungen nach Deutschland wurden drastisch gekürzt. Ihre Behörde habe alle nationalen Notfallpläne überprüft, um sicherzustellen, dass alle auf weitere Liefereinschränkungen vorbereitet sind. Zugleich arbeite man mit der Industrie und den 27 EU-Staaten an einem europäischen Plan, der im Notfall die Gas-Nachfrage reduzieren soll.

17.10 Uhr: Luxemburg kündigt deutlich höhere Verteidigungsausgaben an

Luxemburg wird deutlich mehr als bisher für sein Militär ausgeben. Verteidigungsminister François Bausch teilte mit, von 573 Millionen Euro im kommenden Jahr sollten die Ausgaben auf knapp eine Milliarde Euro im Jahr 2028 steigen. Das Land werde dann etwa ein Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben. Diese deutliche Erhöhung sei wegen der “aktuellen Sicherheitslage in Europa” und wegen Verpflichtungen gegenüber der Nato notwendig geworden. Offiziell soll dies bei dem am 27. Juni in Madrid beginnenden Nato-Gipfel mitgeteilt werden. Im Vergleich zum Jahr 2014 werde der luxemburgische Aufwand für die Verteidigung damit verfünffacht, hieß es. Die Entscheidung solle dauerhaft gelten.

Die Nato-Mitglieder hatten 2014 bei einem Gipfel in Wales ein Ziel von Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vereinbart. In einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums heißt es, das 2-Prozent-Ziel berücksichtige jedoch nicht die besondere Situation von Luxemburg, dessen Bruttoinlandsprodukt deutlich über dem anderer Nato-Mitglieder liege.

Luxemburg mit insgesamt rund 1000 Soldaten will das zusätzliche Geld unter anderem für die Stärkung eines belgisch-luxemburgischen Aufklärungsbataillons sowie für seinen Anteil an der Nato-Lufttransportkapazität, an der Luftraumüberwachung und für medizinisch ausgestattete Transportflugzeuge ausgeben. Außerdem wolle man die Entwicklung von Drohnen und militärischen Satelliten fördern.

17.05 Uhr: Putin nennt Debatte um ukrainisches Getreide “aufgeblasen”

Die Diskussion um die Blockade ukrainischer Getreidelieferungen ist nach den Worten von Russlands Präsident Wladimir Putin übertrieben. “Es wird künstlich eine Hysterie aufgeblasen wegen der Einstellung der Transporte, sagen wir mal, über die Schwarzmeerhäfen”, sagt Putin nach Angaben der Agentur Interfax bei einem Video-Gipfel der sogenannten Brics-Staaten. Weder behindere Russland Getreidelieferungen noch seien diese für die Versorgung der globalen Märkte entscheidend. Das Brics-Bündnis besteht aus den Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Benannt ist es nach deren Anfangsbuchstaben.

Putin wirft der Ukraine einmal mehr vor, die Getreidelieferungen über das Schwarze Meer selbst zu hintertreiben. Russland sei bereit, den Schiffen freies Geleit zu gewährleisten. Zuvor müssten die Ukrainer jedoch die Minen in den eigenen Häfen räumen. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen das Nachbarland sind die Lebensmittelpreise weltweit in die Höhe gegangen. Kiew und der Westen werfen Russland die gezielte Blockade ukrainischer Getreidelieferungen vor.

16.02 Uhr: Ukraine bietet Export von Atomstrom nach Deutschland an

Die Ukraine hat den Export von Atomstrom nach Deutschland zur Gewährleistung der Energiesicherheit angeboten. “Im Bereich der Dekarbonisierung bewegt sich die Ukraine in einer anderen Logik als Deutschland”, schreibt der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko in einem Gastbeitrag für die “Wirtschaftswoche”. Daher würden über 50 Prozent der ukrainischen Elektronenergie in Atomkraftwerken erzeugt. “Damit kann die Ukraine, die seit dem 16. März ihr Energienetz mit dem Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber synchronisiert hat, zum Outsourcer von Strom für Deutschland werden”, erklärt Haluschtschenko.

Zuvor hatte sich die Ukraine im Februar zu Kriegsbeginn zusammen mit dem benachbarten Moldau vom ehemaligen sowjetischen Stromverbund mit Belarus (Weißrussland) und Russland getrennt. In der Ukraine werden Atomkraftwerke sowjetischer Bauart mit einer Gesamtkapazität von mehr als 14 Gigawatt betrieben. Sechs Blöcke im größten Atomkraftwerk Europas in Enerhodar bei Saporischschja befinden sich allerdings seit März unter russischer Kontrolle. Aktuell exportiert Kiew bereits Strom nach Polen und nach Moldau.

16.02 Uhr: Bundesregierung plant weitere Panzerhaubitzen für die Ukraine

Die Bundesregierung will der Ukraine weitere Panzerhaubitzen zur Abwehr des russischen Angriffs überlassen. Dazu laufen Gespräche mit den Niederlanden sowie einem weiteren europäischen Partner, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Verteidigungsministeriums in Berlin erfuhr.

Die Ukraine hat bisher sieben Stück der Panzerhaubitze 2000 aus Deutschland erhalten sowie fünf der Waffensysteme aus den Niederlanden. Aus Kiew war erklärt worden, dass man mit insgesamt 18 Haubitzen – also sechs weiteren Modellen – ein komplettes ukrainisches Artilleriebataillon ausrüsten könne. In Berlin gibt es den festen Willen, die Bitte zu erfüllen, wenn auch Partner liefern, so dass Deutschland drei oder nur zwei weitere Waffensysteme liefern würde, wurde der DPA erklärt.

15.50 Uhr: Medwedew reagiert mit Spott auf Baerbocks Hunger-als-Waffe-Vorwurf

Mit Spott hat der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew auf den Vorwurf von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reagiert, Russland setzte den Hunger als Waffe ein. Eine solche Äußerung von einer deutschen Amtsträgerin sei “natürlich erstaunlich”, erklärte Medwedew in einer auf Deutsch und Englisch verbreiteten Twitter-Botschaft. 

Dann schlug er ohne Umschweife den Bogen zu den Verbrechen Nazi-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion: Baerbock sei schließlich Vertreterin eines Landes, das “Leningrad 900 Tage lang in einer Blockade abriegelte, wo fast 700.000 Menschen an Hunger starben”.

Die Außenministerin hatte zuvor mit Blick auf die blockierten Getreideexporte in den Häfen der Ukraine erklärt, Russland setze Hunger “ganz bewusst als Kriegswaffe” ein und mache “die ganze Welt zur Geisel”. 

15.18 Uhr: G7-Außenminister – Russland verschärft weltweite Ernährungskrise

Die Außenminister der G7-Staaten haben Russland die Verantwortung für die sich verschärfende weltweite Hungerkrise gegeben und Moskau zum Einlenken aufgefordert. “Alle G7-Sanktionen sehen Ausnahmen vor, damit russische Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse auf die Weltmärkte gelangen können”, hieß es anschließend in einer Erklärung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Man weise Russlands Desinformationen mit Blick auf die verhängten Sanktionen zurück.

Der Krieg Russlands in der Ukraine verschärfe die Situation durch die Blockade des Schwarzen Meeres, die Bombardierung von Getreidesilos und Häfen sowie die Beschädigung der landwirtschaftlichen Infrastruktur der Ukraine, hieß es. Man fordere Russland auf, “seine Angriffe und Drohungen einzustellen und die ukrainischen Schwarzmeerhäfen für Lebensmittelexporte freizugeben”.

14.34 Uhr: Guterres: Keine Überwindung der Lebensmittelkrise ohne russische und ukrainische Exporte

UN-Generalsekretär António Guterres hat eindringlich eine Beilegung des Streits um die Ausfuhr ukrainischer und russischer Agrarprodukte gefordert. “Es kann keine wirksame Lösung für die weltweite Nahrungsmittelkrise geben, ohne die Nahrungsmittelproduktion der Ukraine sowie die von Russland produzierten Nahrungsmittel und Düngemittel wieder in die Weltmärkte zu integrieren”, sagte Guterres bei einer von der Bundesregierung organisierten internationalen Konferenz für Ernährungssicherheit in Berlin laut vorab verbreitetem Redetext. “Wir stehen vor einer beispiellosen globalen Hungerkrise”, warnte der Portugiese demnach. “Der Krieg in der Ukraine hat Probleme verschärft, die sich schon seit Jahren zusammenbrauen.” Ausbleibende Exporte der Ukraine und Russlands haben zuletzt zu starken Preissteigerungen für Getreide am Weltmarkt geführt.

13.38 Uhr: Kreml: EU-Beitritt der Ukraine darf nicht zulasten Russlands gehen

Der Kreml macht für einen möglichen EU-Beitritt der Ukraine und der Republik Moldau zur Bedingung, dass sich deren Beziehungen gegenüber Russland nicht weiter verschlechtern. Zwar sei die Verleihung des Kandidatenstatus an die beiden Ex-Sowjetrepubliken zunächst eine “innereuropäische Angelegenheit”, sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. “Für uns ist es sehr wichtig, dass diese Prozesse weder uns noch den Beziehungen mit den genannten Ländern noch mehr Probleme bescheren.”

Zudem müsse sichergestellt werden, dass sich im Zuge der Annäherung der Ukraine und Moldaus an die EU nicht die Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union weiter verschlechterten, sagt Peskow. “Sie sind auch so schon reichlich verdorben.”

13.36 Uhr: Selenskyj: Ukraine kein Puffer zwischen Westen und Russland

Nach dem Erhalt des EU-Kandidatenstatus hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von einem Wendepunkt für sein Land gesprochen. “Die Ukraine ist keine Brücke, kein Polster zwischen dem Westen und Russland, kein Puffer zwischen Europa und Asien, keine Einflusssphäre, keine graue Zone, kein Transitland”, sagt der 44 Jahre alte Staatschef in einer aktuell veröffentlichten Videoansprache. Die Ukraine sei ein “zukünftiger gleichrangiger Partner für mindestens 27 EU-Länder.” Die Ukraine sei kein “Drittland” mehr, sondern werde Mitglied der Europäischen Union.

Im selben Video spricht der Parlamentschef Ruslan Stefantschuk davon, dass diese Entscheidung die Geschichte ändern werde. Der 46-Jährige sagt: “Wir können die Geografie nicht ändern. Russland wird weiter unser Nachbar bleiben.” Doch habe die Geschichte in diesem Fall die Geografie besiegt.

12.51 Uhr: Russland kündigt Antwort auf “feindliche Handlungen” der USA an

Russland hat den USA “feindliche Handlungen” vorgeworfen und Gegenmaßnahmen angekündigt. Die USA betonten zwar stets ihr Interesse an der Aufrechterhaltung diplomatischer Beziehungen, sagt die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Moskau. “Auf der anderen Seite kommt man nicht umhin festzustellen, dass solche Äußerungen durch immer feindlichere Handlungen der amerikanischen Seite durchkreuzt werden.”

Sacharowa behauptet, dass die – zu Moskaus Ärger – vom EU-Land Litauen verhängten Transitbeschränkungen für Russlands Ostsee-Exklave Kaliningrad auf “offensichtliche Anregung und Vorgabe” der USA erlassen worden seien. Erneut verweist sie darauf, dass einem Flugzeug mit ausgewiesenen russischen Diplomaten in Washington die Starterlaubnis verweigert werde. Das US-Außenministerium hatte diese Darstellung bereits zurückgewiesen.

12.21 Uhr: Russische Truppen erobern ukrainische Siedlungen bei Lyssytschansk

Im ostukrainischen Gebiet Luhansk haben russische und prorussische Kämpfer nach eigenen Angaben mehrere Siedlungen erobert. In den vergangenen Tagen seien zehn Ortschaften “befreit” worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Die Luhansker Separatisten zeigten zugleich das Hissen einer sowjetischen Flagge auf dem Gebäude der Stadtverwaltung von Solote, das südlich der umkämpften Großstadt Lyssytschansk liegt. Ihren Angaben nach wurden die ukrainischen Truppen, die sich im Kessel Hirske-Solote befanden, “liquidiert”. Eine Bestätigung von ukrainischer Seite gab es zunächst nicht.

10.53 Uhr: Baerbock – Russland nutzt Hunger als Waffe und “nimmt die ganze Welt als Geisel”

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Russland vorgeworfen, den Hunger in der Welt “ganz bewusst als Kriegswaffe” einzusetzen. Russland “nimmt die ganze Welt als Geisel”, sagte Baerbock vor Beginn einer internationalen Ernährungskonferenz in Berlin. 345 Millionen Menschen weltweit seien derzeit von Nahrungsmittelknappheit bedroht, die Hungerkrise baue sich “wie eine lebensbedrohliche Welle vor uns auf”. Aber erst Russlands Krieg habe “aus dieser Welle einen Tsunami gemacht”.

Baerbock kritisierte, Russland versuche die Schuld an den explodierenden Nahrungsmittelpreisen “anderen in die Schuhe zu schieben”, doch das seien “Fake News”. Russland blockiere Häfen und beschieße Getreidespeicher; es gebe auch keine Sanktionen gegen russische Getreideexporte. Bei der Konferenz in Berlin gehe es darum, Solidarität mit der Ukraine und mit den Menschen im globalen Süden zu zeigen, die unter dem russischen Krieg leiden, sagte Baerbock weiter.

10.24 Uhr: Widerstand gegen russische Besatzung – Mann in Südukraine getötet

Im südukrainischen Gebiet Cherson ist ein Mitarbeiter der russischen Besatzungsverwaltung bei einem Anschlag getötet worden. Russischen Medienberichten zufolge detonierte eine Bombe im Auto des Mannes. Details waren zunächst nicht bekannt. In dem besetzten Gebiet kam es in den vergangenen Tagen mehrfach zu Anschlägen auf ukrainische Überläufer. Angaben des Chefs des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, zufolge war etwa am Mittwoch der Parlamentsabgeordnete Olexij Kowaljow Ziel eines Anschlags geworden. Der 33-Jährige war Ende April aus der Fraktion der ukrainischen Präsidentenpartei wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit den russischen Besatzern ausgeschlossen worden. Über seinen Verbleib wurde nichts bekannt.

10.09 Uhr: Gas-Probleme in Deutschland hätten Einfluss auf ganze EU

Belgiens Ministerpräsident Alexander de Croo hat vor EU-weiten Auswirkungen gewarnt, sollte Deutschland Schwierigkeiten mit der Gasversorgung bekommen. “Wenn Deutschland in Probleme gerät, dann hat das auch einen enormen Einfluss auf alle anderen europäischen Länder, auch auf unser Land”, sagte er am Rande eines EU-Gipfels in Brüssel. Mit Blick darauf, dass Russland sich eigentlich auch im Wirtschaftskrieg mit Europa befinde, müsse man zusammenstehen.

“Es gibt kein besseres Argument für die Tatsache, dass wir das gemeinsam machen müssen, als die Folgen zu betrachten, die Deutschland potenziell erleidet”, so der Regierungschef. Man werde vielleicht einen schwierigen Winter erleben. Mit Blick auf mögliche Schwierigkeiten bei der Gasversorgung sprach er sich für Preisobergrenzen und gemeinsame Einkäufe des Rohstoffs aus.

9.36 Uhr: London – Russische Luftwaffe dürfte Mangel an Personal haben

Die russische Luftwaffe dürfte nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten unter Personalmangel leiden. Das legten Äußerungen eines kürzlich in Gefangenschaft geratenen russischen Kampfflugzeug-Piloten nahe, der angab, im Dienst der Söldnertruppe Wagner zu stehen, hieß es in einer Mitteilung auf der Webseite des Verteidigungsministeriums in London.

“Der Einsatz von bereits ausgeschiedenem Personal bei der engen Luftunterstützung, das nun bei Wagner unter Vertrag steht, zeigt, dass die russische Luftwaffe wahrscheinlich Schwierigkeiten hat, die Invasion in die Ukraine mit ausreichender Flugzeugbesatzung zu unterstützen”, hieß es in der Mitteilung.

8.49 Uhr: Chef der Bundesnetzagentur erwartet “riesige Preissprünge” beim Gaspreis

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, erwartet “riesige Preissprünge” bei den Gaspreisen in Deutschland. “Verdoppeln bis verdreifachen kann je nach Gebäude drin sein”, sagte Müller am Freitag im ARD-“Morgenmagazin”. Derzeit würden noch die Gaspreissteigerungen des vergangenen Herbstes und damit aus der Zeit vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine weitergegeben, schon dies bedeute Preiserhöhungen für Kunden um teilweise 30, 50 oder 80 Prozent. Müller sagte, seine Behörde stelle derzeit Szenarien für die weitere Entwicklung der Lieferungen von Erdgas nach Deutschland auf. “Die meisten Szenarien sind nicht schön”, sagte Müller.

Den Sendern RTL/ntv sagte Müller, seit der Drosselung der Lieferungen von russischem Gas in der vergangenen Woche sei das Preisniveau nochmal um 50 Prozent gestiegen. “Wir wissen, dass am 11. Juli ein Wartungsfenster droht”, sagte er weiter. Dann werde die Pipeline Nord Stream 1 komplett heruntergefahren “und wir wissen nicht, was danach passiert”. 

Er werde “alles dafür tun, dass wir das Frieren in privaten Haushalten vermeiden werden”, sagte der Behördenchef weiter. Er habe jedoch “große Sorge, dass wir die Industrieproduktion so aufrechterhalten können”. Daher müsse vor allem Gas eingespart und eingespeichert werden.

7.45 Uhr: Rückzug der ukrainischen Truppen aus Sjewjerodonezk angeordnet 

Nach wochenlangem erbittertem Widerstand gegen die russischen Angreifer muss sich die ukrainische Armee aus der strategisch wichtigen Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes zurückziehen. Der Rückzug der ukrainischen Truppen sei angeordnet worden, teilte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, im Onlinedienst Telegram mit. Die russischen Einheiten hatten die Stadt zuletzt schon fast vollständig eingenommen.

Die Stadt liege praktisch “in Trümmern” wegen der Dauerbombardierungen durch die russischen Truppen, erklärte der Gouverneur weiter. “Es ist einfach sinnlos, auf Positionen zu bleiben, die seit Monaten unablässig beschossen werden.” Die gesamte strategische Infrastruktur der Industriestadt sei zerstört. “90 Prozent der Stadt sind beschädigt, 80 Prozent der Häuser werden abgerissen werden müssen.” 

Die Eroberung von Sjewjerodonezk in der Region Luhansk ist für Russland ein strategisch wichtiges Ziel. Erklärtes Ziel der russischen Streitkräfte ist es, die gesamte Donbass-Region, zu der noch die Region Donezk gehört, einzunehmen. Teile des wirtschaftlich bedeutsamen Gebietes in der Ostukraine wurden bereits ab 2014 von pro-russischen Separatisten kontrolliert.



Harald Kujat (Archivbild) war Generalinspekteur der Bundeswehr und von 2002 bis 2005 Vorsitzender des Nato-Militärausschusses

4.31 Uhr: Ukrainische Politikerin warnt Flüchtlinge vor übereilter Rückkehr

Aus der Ukraine kommen Warnungen vor einer übereilten Rückkehr der etwa fünf Millionen Kriegsflüchtlinge, die in Europa aufgenommen wurden. “Es gibt zwei wesentliche Voraussetzungen: Wir müssen Mittel und Wege finden, die zerstörte Infrastruktur zumindest teilweise wieder aufzubauen. Und es braucht da, wo sie hingehen, ein funktionierendes Raketenabwehrsystem – so wie es jetzt mehr oder weniger für Kiew existiert”, sagte Olena Sotnyk, Beraterin von Vize-Regierungschefin Olha Stefanischyna, nach Gesprächen in Berlin.

Als weitere Voraussetzung nannte Olena Haluschka, Vorstandsmitglied der ukrainischen Organisation Anticorruption Action Center, die Räumung von Minen und versteckten Sprengfallen in Gebieten, die die ukrainische Seite von der russischen Armee wieder zurückerobert hat. Bei ihren Treffen mit deutschen Politikern hätten sie vor allem auf eine rasche Lieferung weiterer Waffen gedrungen, berichteten die beiden Frauen. Dass die von Deutschland versprochenen Panzerhaubitzen nun an der Front angekommen seien, bezeichneten sie als “Wendepunkt”. Positiv äußerten sich die beiden Treffen mit Abgeordneten des Bundestags und Vertretern der Bertelsmann Stiftung über die Unterstützung aus Berlin für einen Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat.

0.31 Uhr: USA sagen Ukraine weitere Waffenlieferungen von 450 Millionen Dollar zu

Die USA haben der Ukraine weitere Waffenlieferungen im Umfang von 450 Millionen Dollar (rund 427 Millionen Euro) zugesagt. “Dieses Paket enthält Waffen und Ausrüstung”, sagte der für die nationale Sicherheit zuständige Sprecher im Weißen Haus, John Kirby, am Donnerstag. Geliefert würden unter anderem Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, zehntausende Schuss Munition und Patrouillenboote. Mit dem neuesten Paket steigen die Waffenlieferungen der USA an die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Land nach Kirbys Angaben auf 6,1 Milliarden Dollar.

dho / rw
DPA
AFP

source site-3