Tag der Arbeit in Berlin
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14.000 Menschen ziehen bei “Revolutionärer 1. Mai”-Demo durch Neukölln
Höhere Löhne, mehr Mitbestimmung, gerechtere Verteilung von Reichtung: Der 1. Mai ist in Berlin gewohnt politisch. Die Regierende Bürgermeisterin musste allerdings eine Rede abbrechen. Am Abend ist die “Revolutionäre 1.Mai”-Demo gestartet.
Die sogenannte “Revolutionäre 1. Mai”-Demonstration ist mit etwas Verspätung in Berlin-Neukölln gestartet. Der Zug mit mehreren Tausend Teilnehmenden will am Sonntagabend des Mai-Feiertages vom Hertzbergplatz nach Kreuzberg zum Oranienplatz laufen. Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte dem rbb, dass etwa 14.000 Menschen an dem Demonstrationszug teilnehmen.
Verschiedene Blöcke, darunter viele schwarz gekleidete Teilnehmende, formierten sich. In der riesigen Menge schwenkten Teilnehmende Fahnen, Transparente waren zu sehen. Darunter auch pro-palästinensische und anti-israelische. Eine entsprechende Demonstration, die für Freitag geplant gewesen war, hatte keine Genehmigung erhalten.
Die Straßen sind zum Teil abgesperrt, viele Mannschaftswagen der Polizei sind postiert. Linke und linksradikale Gruppen hatten zu dem Protest aufgerufen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot an der Route präsent.
Künftige Polizeiwache am Kottbusser Tor abgesichert
Vor dem Start wurden am Kottbusser Tor die Fenster der künftigen Polizeiwache in dem Hochhaus über der Adalbertstraße mit Spanholzplatten und Gittern geschützt. Anwohner begrüßen, dass eine Wache entstehen soll, an dem Ort mit viel Kriminalität und Partyleben. Von linken Gruppen wird das Vorhaben jedoch abgelehnt.
Die Polizei befürchtet bei dem Protestzug Ausschreitungen. Bereits am Samstag hatten dort nach Polizeiangaben etwa 200 Menschen gegen die für 2023 geplante Wache demonstriert. Dabei war es weitgehend friedlich geblieben. Zu der Demonstration bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet. Die Demonstration steht unter dem Motto “Yallah Klassenkampf – No war but classwar!”.
Zuvor hatten sich bereits Tausende Menschen an mehreren Stellen in Berlin an Demonstrationen und Protesten beteiligt. Allein an einem Demonstrationszug des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Brandenburger Tor in Berlin nahmen am Vormittag mehrere Tausend Menschen teil, wie ein Polizeisprecher dem rbb sagte. Etwa 200 weitere Personen fuhren bei einem Fahrradkorso mit.
Am Brandenburger Tor fand am Mittag die Abschlusskundgebung statt. Dort sprachen unter anderem der DGB-Bundesvorsitzende Reiner Hoffmann und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey. Allerdings brach die SPD-Politikerin ihre Rede ab, nachdem sie aus der Menge mit Eiern beworfen worden war. Zuvor gab es aus der Menge heraus Buhrufe.
DGB-Chef Hoffmann: Keine Rüstung auf Kosten des sozialen Friedens
Hoffmann warnte in seiner Rede, dass der Krieg in der Ukraine genutzt werden könne, um den Rüstungshaushalt dauerhaft aufzustocken. Das Geld werde viel mehr für Zukunftsinvestitionen und für die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats gebraucht, sagte er. Militärische Friedenssicherung dürfe nicht zulasten des sozialen Friedens erkauft werden.
Die Demonstrationen der Arbeitnehmerorganisationen sind die ersten größeren Kundgebungen nach rund zwei Jahren Pause infolge der Corona-Pandemie. Insgesamt waren für Sonntag rund 20 Demonstrationen in der Stadt angekündigt. Bis zum frühen Nachmittag verliefen alle Veranstaltungen laut Polizei friedlich.
Fahrradsternfahrt Richtung Grunewald – erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen
Fast parallel zum Demonstrationszug der Gewerkschaften startete am Morgen auch aus verschiedenen Richtungen eine Fahrradsternfahrt in Berlin. Aus fünf Richtungen (Wedding, Friedrichshain, Neukölln und zwei Gruppen aus Mitte) sind die Teilnehmer in Richtung Grunewald gefahren, um dort gegen die aus ihrer Sicht unfaire Verteilung von Kapital zu demonstrieren. Etwa 4.000 Menschen haben sich an dem Radkorso beteiligt.
Als Motto wurde “Die Grunewalder:innen abholen. Die Umverteilung auf die Kette kriegen” ausgegeben. Während der Sternfahrt wird es zu umfangreichen Beeinträchtigungen im gesamten Stadtgebiet kommen, unter anderem in Mitte rund um den Rosenthaler- und den Alexanderplatz.
Einschränkungen wird es auch in Kreuzberg und Friedrichshain rund um den Kottbusser Damm, den Moritzplatz und die Heinrich-Heine-Straße sowie in Charlottenburg und Tiergarten rund um den Potsdamer Platz, den Wittenbergplatz, den Ku’Damm und Hohenzollerndamm geben. Zwischenzeitlich war die A100 zwischen Hohenzollerndamm und Dreieck Neukölln in beiden Richtung vollgesperrt.
So feiert Berlin den 1. Mai 2022
Mehrere Straßenfeste in Neukölln
In Neukölln finden über den Tag hinweg darüber hinaus mehrere Straßenfeste statt. Im Zentrum steht dabei der Hermannplatz. Ab 13 Uhr beginnt dort ein großer Flohmarkt mit Street Food, zwischen 15 und 21 Uhr findet dort Livemusik mit der Fujiama Nightclub Roadshow statt.
Ebenfalls ab 15 Uhr ist bis 19 Uhr rund um das Rathaus Neukölln ein großes Kinder- und Familienfest geplant. Ab 19 Uhr wird zudem im Bereich Sonnenallee/Pannierstraße zum Ende des Ramadan ein gemeinsames Fastenbrechen begangen. Gesperrt werden unter anderem die Karl-Marx-Straße im Bereich Rathaus Neukölln, der Hermannplatz inklusive des Kreuzungsbereiches Urbanstraße/Sonnenallee/Kottbusser Damm sowie die Sonnenallee zwischen Reuterstraße und Pannierstraße.
Die in Neukölln geplanten Feste hatten in dieser Woche dazu geführt, dass die Route der sogenannten “Revolutionären 1. Mai-Demo” geändert wurde. Die Feste waren vom Bezirk kurzfristig angemeldet worden. Die Polizei hatte die Route der Demo daraufhin verlegt, sodass der Hermannplatz nun nicht mehr zum offiziellen Verlauf gehört.
Auch in Brandenburg viele Kundgebungen
In Brandenburg sind die Kundgebungen von Parteien und Gewerkschaften zum Tag der Arbeit ohne Störungen geblieben.
Es seien keine größeren Vorkommnisse gemeldet worden, berichtete der Sprecher des Lagedienstes der Polizei am Sonntagnachmittag. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte in elf Städten zu Kundgebungen aufgerufen. Zudem hatte die AfD in Potsdam und Cottbus Kundgebungen veranstaltet. Zur Zahl der Teilnehmer machte die Polizei keine Angaben.
Der Landesverband der Volkssolidarität wies zum Tag der Arbeit auf den zunehmenden Bedarf an Fachkräften in der Pflege hin. Eine sehr hohe Arbeitsbelastung, atypische Arbeitszeiten und eine nicht entsprechende Bezahlung wirkten sich nachteilig auf die Entscheidung für einen sozialen Beruf aus, hieß es. Es müssten jetzt Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den künftigen Bedarf an Fachkräften im sozialen Bereich zu sichern.
Sendung: rbb24 Inforadio, 1. Mai 2022, 6:30 Uhr