Pyridoxin (Vitamin B6): Funktion, Tagesbedarf und Mangel

Das B-Vitamin Pyridoxin ist unter anderem an unserem Stoffwechsel beteiligt, wichtig für unser Immunsystem und unsere psychische Gesundheit. Erfahren Sie hier, in welchen Lebensmitteln das Vitamin enthalten ist, wie viel wir täglich zu uns nehmen sollten und wie sich ein Mangel äußert.

Der Mikronährstoff Pyridoxin (Vitamin B6) gehört zur Gruppe des B-Vitamin-Komplexes. Als essentieller Nährstoff muss Pyridoxin regelmäßig über die Nahrung aufgenommen werden. Sind wir unterversorgt, können neurologische Störungen auftreten. FITBOOK präsentiert Ihnen die wichtigsten Funktionen des „Anti-Stress-Vitamins“ aus ernährungswissenschaftlicher Sicht – von A wie Abwehrkräfte bis Z wie Zyklusregulation.

Die Funktion von Pyridoxin im Körper

Vitamin B6 ist ein elementarer Bestandteil zahlreicher Enzyme. Der Mikronährstoff beeinflusst bestimmte Hormonaktivitäten und unterstützt die Bildung Signal-übertragender Botenstoffe. Zudem reguliert Pyridoxin unsere Nervenfunktion. Darüber hinaus ist Vitamin B6 u.a. an der Synthese von Neurotransmittern wie den “Glückshormonen” Dopamin und Serotonin beteiligt und wichtig für die Blutbildung – insbesondere der rote Blutfarbstoff Hämoglobin. Da Vitamin B6 zudem unverzichtbar für ein intaktes Immunsystem ist, profitieren unsere natürlichen Abwehrkräfte von ausreichend Pyridoxin.

Auch interessant: Von Endorphin bis Somatropin – wie Hormone unseren Körper beeinflussen

Vitamin B6 regelt zentrale Stoffwechselprozesse

Pyridoxin ist zusammen mit weiteren Vitaminen der B-Gruppe in komplexe Stoffwechselprozesse involviert. In Interaktion mit Riboflavin, Folsäure und Vitamin B12 reguliert Vitamin B6 laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) beispielsweise den Homocystein-Stoffwechsel. Auch beim Aminosäurestoffwechsel spielt Vitamin B6 als Coenzym eine tragende Rolle und unterstützt die Umwandlung und den Einbau von Proteinen. Nicht zuletzt unterliegt auch der Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel der Wirkung von Pyridoxin.

Das B-Vitamin in den Wechseljahren

Neben Sportlern wird insbesondere Frauen in der Menopause empfohlen, Vitamin B6 in ihrer Ernährung zu ergänzen. Allerdings ist Vorsicht geboten. Denn eine norwegischen Studie hat herausgefunden, dass eine über dem Bedarf liegende Einnahme des Duos Vitamin B6 und Vitamin B12 das Risiko erhöhen kann, nach der Menopause eine Hüftfraktur zu erleiden.1

Pyridoxin als „Glücksvitamin” für das Gehirn

Genau wie andere B-Vitamine wird Vitamin B6 im großen Stil als „Anti-Stress-Vitamin“ angepriesen, welches zudem die Stimmung verbessern soll. Außerdem soll der Mikronährstoff vor Nervenerkrankungen wie beispielsweise Demenz schützen können. Laut der „Verbraucherzentrale“ ist dies allerdings nicht wissenschaftlich belegt.

Vitamin B6 für das Herz

Da Pyridoxin in Interaktion mit Folsäure und Vitamin B12 den Homocysteinstoffwechsel reguliert, werden Nahrungsmittel mit Vitamin B6 zur Prävention von Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Thrombose beworben. Inwiefern die gezielte Einnahme von Pyridoxin das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert, ist wissenschaftlich hingegen noch ungeklärt. Eine Metaanalyse, in der 19 randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt 47.921 Teilnehmern analysiert wurden, ergab, dass sich die Einnahme eines Vitamin-B6-Supplementes weder positiv noch negativ auf das Risiko kardiovaskularer Erkrankungen wie Herzinfarkt oder koronare Herzkrankheit auswirkt. Dagegen zeigte sich ein positiver Effekt auf das Schlaganfall-Risiko.2

Erlaubte gesundheitliche Wirkaussagen über Pyridoxin

In Anlehnung an die „Health Claims“-Verordnung für den Mikronährstoff Vitamin B6 sind nur folgende Wirkaussagen zulässig:

  • Pyridoxin trägt zur normalen psychischen Funktion bei
  • Es trägt zu einem normalen Stoffwechsel bei
  • Das Vitamin ist wichtig für den Eiweiß- und Glykogenstoffwechsel
  • Es trägt zu einer gesunden Funktion des Nervensystems bei
  • Es ist wichtig für den normalen Homocystein-Stoffwechsel
  • Vitamin B6 ist an einem gesunden Immunsystem beteiligt
  • Es trägt zu einer normalen psychischen Funktion bei
  • Das B-Vitamin hilft, Müdigkeit und Ermüdung zu verringern
  • Es ist wichtig für die Regulierung der Hormontätigkeit
  • Pyridoxin ist an einer normalen Bildung roter Blutkörperchen beteiligt
  • Und trägt zur normalen Cystein-Synthese bei

Wie hoch ist der Tagesbedarf?

Die Zufuhrempfehlungen für Pyridoxin variieren in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht. Den höchsten Bedarf haben laut DGE erwachsene Männer sowie schwangere und stillende Frauen.

Referenzwerte für eine angemessene Zufuhr

Altermg/Tag
mw
0 bis unter 4 Monate0,10,1
4 bis unter 12 Monate0,30,3
1 bis unter 4 Jahre0,60,6
4 bis unter 7 Jahre0,70,7
7 bis unter 10 Jahre1,01,0
10 bis unter 13 Jahre1,21,2
13 bis unter 15 Jahre1,51,4
15 bis unter 19 Jahre1,61,4
19 bis unter 25 Jahre1,61,4
25 bis unter 51 Jahre1,61,4
51 bis unter 65 Jahre1,61,4
65 Jahre und älter1,61,4
1. Trimester Schwangerschaft1,5
2. und 3. Trimester Schwangerschaft1,8
Stillende1,6

In Anlehnung an die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) liegen die Referenzwerte für die empfohlene Zufuhr von Vitamin B6 bei erwachsenen Frauen bei 1,6 mg, bei erwachsenen Männern und bei stillenden Frauen bei 1,7 mg und während der Schwangerschaft bei 1,8 mg Vitamin B6.

Auch interessant: Thiamin (Vitamin B1) – Funktion im Körper, Tagesbedarf und Mangel-Symptome

Was sind die Symptome eines Pyridoxin-Mangels?

Bei einer ausgewogenen Mischkost sind Vitamin B6-Mangelsymptome unwahrscheinlich. Nur im Rahmen einer Unterernährung ist mit folgenden Symptomen eines Pyridoxin-Mangels zu rechnen:

  • Anämie (Blutarmut)
  • Müdigkeit und Infektanfälligkeit
  • Akne und schuppende Haustausschläge
  • Durchfall und Erbrechen
  • Zyklusstörungen
  • gestörte Resorption von Kalzium
  • gestörte Resorption von Eisen und Magnesium
  • Wachstumsstörungen
  • Lichtempfindlichkeit
  • Taubheitsgefühl in Armen und Beinen
  • Mundwinkelrhagaden (Einrisse in den Mundwinkeln)
  • entzündete Lippen
  • neurologische Störungen*

* bei einem ausgeprägten Vitamin-B6-Mangel können schwerwiegende Nervenstörungen mit Begleiterscheinungen wie Verwirrtheit, Leberfunktionsstörungen und Krämpfen auftreten. Letzteres ist in Kombination mit Zittern und Mobilitätsstörungen vor allem für Säuglinge und Kleinkinder charakteristisch.

Faktoren, die einen Mangel begünstigen

Das Risiko für einen Mangel an Vitamin B6 steigt bei zunehmendem Untergewicht und einer sehr einseitigen Ernährung. Allerdings tritt eine unzureichende Versorgung durch ein falsches Essverhalten in Deutschland und anderen Industrieländern selten auf. Allenfalls bei ausgeprägter Anorexia nervosa (Magersucht) kann es zu einer Unterversorgung mit Pyridoxin kommen.

Neben einer extrem restriktiven Ernährungsweise gibt es weitere Faktoren wie spezielle Medikationen, die eine Mangelsituation verursachen. Dazu zählen Antidepressiva, krampflösende Medikamente oder Östrogenpräparate wie die Antibabypille. Zusätzlich können Medikamente gegen Asthma und Epilepsie das Risiko einer unzureichenden Versorgung mit Pyridoxin fördern.

Auch interessant: Schlafmangel kann Epilepsie-Anfall auslösen

Nicht zuletzt wird ein Vitamin-B6-Mangel bei Alkoholikern und bei Personen mit Lebererkrankungen oder chronischen Verdauungsstörungen beobachtet. Übrigens geht mit einem Pyridoxinmangel häufig auch die Unterversorgung mit weiteren B-Vitaminen einher.

Lebensmittel, in denen besonders viel Pyridoxin enthalten ist

Zahlreiche pflanzliche und tierische Lebensmittel kommen als natürliche Vitamin-B6-Quellen in Frage. Während Vollkorngetreide, Nüsse und rote Paprika laut DGE zu den Pyridoxin-reichen pflanzlichen Nahrungsmitteln zählen, kann der Vitaminbedarf auf Wunsch zusätzlich durch Fisch wie Makrele und Fleisch ergänzt werden. Denn die Bioverfügbarkeit an Vitamin B6 ist bei tierischen Lebensmitteln höher. Mit steigendem Ballaststoffgehalt pflanzlicher Quellen sinkt die Resorptionsfähigkeit des Körpers.

Pyridoxin-reiche Lebensmittel:

  • Vollkornprodukte (z.B. Haferflocken)
  • Hasel- und Walnüsse
  • Hülsenfrüchte
  • Brokkoli und Rosenkohl
  • rote Paprika und Tomaten
  • Feldsalat und Spinat
  • Kartoffeln und Möhren
  • Avocado und Bananen
  • Obstsaft und Trockenfrüchte
  • Sardinen und Makrele
  • Schweine- und Rindfleisch
  • Geflügel und Lebern

Ernährungsphysiologische Faktoren

Sie können Ihre Versorgung mit Vitamin B6 sinnvoll unterstützen, wenn Sie bei der Zubereitung Pyridoxin-haltiger Lebensmittel ein paar Tipps beherzigen. Da Vitamin B6 zu den hitze- und lichtempfindlichen sowie wasserlöslichen Mikronährstoffen zählt, achten Sie bei der Lagerung, beim Waschen und beim Garen auf folgende Hinweise:

  • Gemüse, Obst und Kartoffeln lichtgeschützt lagern
  • auf kurze Lagerungszeiten achten
  • Gemüse und Obst unter fließendem Wasser abspülen, anstatt sie zu entwässern
  • Pyridoxin-haltige Lebensmittel in wenig Wasser garen*
  • nährstoffschonende Garmethoden (Dünsten und Dämpfen) bevorzugen*

*Beim Kochen geht mehr als ein Drittel des Vitamin B6-Gehaltes in das Kochwasser über.

Kulinarische Tipps: Während sich für ein Frühstück ein Porridge oder ein Müsli mit Nüssen und Banane anbietet, ist ein Mittagessen à la Brokkoli-Kartoffel-Gratin mit Möhrenrohkost ebenfalls reich an Vitamin B6. Als Abendessen könnte Ihre Wahl auf ein Vollkornbrot mit Guacamole und einen Feldsalat mit Tomaten fallen.

Auch interessant: Selen – Funktion im Körper, Tagesbedarf, Mangel-Symptome

Wann kann eine Nahrungsergänzung mit Vitamin B6 sinnvoll sein?

Laut DGE ist ein Nahrungsergänzungsmittel in der Regel nicht nötig, da der Bedarf an Pyridoxin über Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Nüsse – gegebenenfalls im Mix mit kleinen Mengen an Fisch und Fleisch – unkompliziert gedeckt werden kann.

Achtung: Anders sieht die Situation bei Senioren in Pflegeheimen aus, die laut Verbraucherzentrale zur Risikogruppe für eine Unterversorgung zählen.

Symptome und Folgen einer Überdosierung

Genau wie ein Vitamin-B6-Mangel zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt, bleibt auch eine Überdosierung nicht ohne unerwünschte Folgen. Während eine zu hohe Zufuhr durch natürliche Quellen nicht zu befürchten ist – da ein Überschuss des wasserlöslichen B-Vitamins über die Nieren ausgeschieden wird –, können Supplemente die tolerierbare Menge übersteigen.

Laut „Verbraucherzentrale“ sind vor allem hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel für Sportler aus dem Internet als problematisch einzustufen, wenn sie langfristig supplementiert werden. Gleiches gilt für die regelmäßige Einnahme angereicherter Lebensmittel und Pyridoxin-haltiger Medikamente. Während regelmäßige Dosen von über 100 Milligramm pro Tag laut DGE bereits zu leichten neurologischen Beeinträchtigungen führen können, drohen ab 500 Milligramm Muskelschwäche, Hautveränderungen und neurologische Funktionsstörungen. Zu den weiteren Überdosierungsreaktionen zählen eine erhöhte Lichtempfindlichkeit und Mobilitätsstörungen durch Muskelschwäche.

Auch interessant: Mehr als die Hälfte der Nahrungsergänzungsmittel überdosiert

Bei stillenden Frauen können hohe Dosen an Vitamin B6 die Milchproduktion hemmen. Ein weiteres Problem: Sehr hohe Dosierungen von Pyridoxin können die Wirkung bestimmter Medikamente wie von Levodopa (Arzneimittel bei Parkinson) herabsetzen.

Eine US-amerikanische, prospektive Studie aus dem Jahr 2017 mit 77.000 männlichen Probanden kam zu dem Ergebnis, dass die Einnahme von hochdosiertem Vitamin B6 (mehr als 20 mg pro Tag) im Mix mit Vitamin B12 (mehr als 55 µg pro Tag) über mehrere Jahre das Risiko für Lungenkrebs deutlich erhöht.3 Das BfR (Bundesinstitut fur Risikobewertung) empfiehlt eine Höchstmenge von 3,5 Milligramm Pyridoxin pro Tag für Nahrungsergänzungsmittel.

Auch interessant: 5 Lebensmittel, die gut für die Lunge sein sollen

Fazit: Vitamin B6 aus ernährungswissenschaftlicher Sicht

Als essentielles B-Vitamin für Herz, Nerven und unser Immunsystem muss Pyridoxin regelmäßig über Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gemüse, Nüsse und Co. aufgenommen werden. Eine Sicherung des Bedarfs über ein Nahrungsergänzungsmittel ist bei einer ausgewogenen, gesunden und vollwertigen Ernährung nicht nötig. Im Gegenteil: Wie im Text präsentiert, kann die regelmäßige Einnahme eines hochdosierten Supplementes Ihrer Gesundheit mehr schaden als nützen. Allenfalls bei einem nachgewiesenen Mangel an Vitamin B6 kann eine vorübergehende Supplementierung in Absprache mit einem Arzt sinnvoll sein. Sobald die Werte wieder im Normalbereich liegen, ist eine Bedarfssicherung von Pyridoxin über natürliche Quellen ausreichend.

Hintergrund: Die Autorin
Beke Enderstein ist Diplom-Ökotrophologin. Auf ihrem Foodblog und auf LinkedIn veröffentlicht die Ernährungswissenschaftlerin regelmäßig selbst kreierte Rezepte, die gesund und nachhaltig sind.

Haben Sie eine Frage aus dem Bereich Fitness oder Ernährung? Schicken Sie uns diese gerne zu – per Mail an [email protected]. Wir wählen die interessantesten Fragen aus und beantworten sie mit Unterstützung unseres Experten-Teams und der aktuellen Studienlage. Wir sind gespannt!

Quellen

Sonstige Quellen

source site