Fußball-Transfers am Deadline-Day im Überblick: Jäger aus Kurpfalz – Sport

Auch diesmal hat wieder irgendwo ein Faxgerät gehakt oder ein Scanner seinen Dienst verweigert, ohne technische Pannen wäre der letzte Tag einer Transferperiode ja auch langweilig. Diesmal gelang es dem großen FC Liverpool nicht, den Flügelstürmer Fabio Carvalho vom FC Fulham zu verpflichten, obwohl der 19-jährige Portugiese den obligatorischen Medizincheck bereits ohne Beanstandungen absolviert hatte. Aber in den traditionellen Turbulenzen eines letzten Transfertages reichte die Zeit dann nicht mehr aus, um die relevanten Dokumente bei der Englischen Football League fristgerecht einzureichen. Jenseits von Liverpool wurde am 31. Januar aber auch im deutschen Fußball wieder hektisch hin- und verhandelt – im folgenden eine kleine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit (außer natürlich beim SV Sandhausen).

Denis Zakaria

Die Befürchtung, den wertvollen Mittelfeldmann Denis Zakaria für eine bloß einstellige Millionensumme hergeben zu müssen, hätte bei Borussia Mönchengladbach vor eineinhalb Jahren noch Angst und Schrecken ausgelöst. 2017 für zwölf Millionen Euro von Young Boys Bern verpflichtet, sollte der Schweizer Nationalspieler dem Gladbacher Geschäftsmodell entsprechend erst sein Niveau steigern und dann für ein Vielfaches weiterverkauft werden. Für den Sommer 2020 war das auch so geplant, doch eine Knieverletzung verhinderte einen Verkauf im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Und im Sommer 2021 mussten alle jene Klubs, die Zakaria gerne geholt hätten, sparen – wegen Corona.

Besser als nichts: Borussia Mönchengladbach erhält von Juventus Turin 8,5 Millionen Euro für Denis Zakaria.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Als die Gladbacher den 25-Jährigen nun an diesem Montag für etwa 8,5 Millionen Euro an Juventus Turin verkauften, waren sie froh, überhaupt noch etwas zu bekommen – im Sommer wäre der Spieler vertrags- und damit ablösefrei gewesen. Laut Vizepräsident Rainer Bonhof hatte Zakaria das Wohl der Borussia dabei durchaus noch im Sinn: “Denis wollte uns ermöglichen, für seinen Transfer noch eine Ablöse zu erzielen.” Insofern sind jetzt beide Parteien zumindest ein bisschen zufrieden. Und Juventus Turin wahrscheinlich sogar sehr.

Wout Weghorst

Die Bewohner der niederländischen Stadt Borne sind Mel­buuln, Mehlsäcke. So nennen sich die Borner selbst, sie erinnern so an ihr Arbeitsethos, aber auch an ihre Vergangenheit in Landwirtschaft und Industrie. Auch der Stürmer Wout Weghorst, prominentester Sohn des Örtchens, wäre demnach ein Mehlsack; seine massive Statur hatte daran ohnehin nie zweifeln lassen. Aus Sicht des VfL Wolfsburg war dieses Bild jedoch aus anderen Gründen passend: Weghorst, 29, hatte zuletzt einen eher statischen Eindruck hinterlassen – auf dem Rasen wie auch bei den Versuchen des Werksklubs, ihn per Eilsendung in die englische Premier League zu verschiffen.

Fußball-Transfers im Winter: Galt in Wolfsburg zuletzt als Unruhestifter: Wout Weghorst schließt sich dem FC Burnley an.

Galt in Wolfsburg zuletzt als Unruhestifter: Wout Weghorst schließt sich dem FC Burnley an.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)

Erst am letzten Tag des Wintertransferfensters erklärte sich der Niederländer bereit, sich dem Tabellenletzten FC Burnley anzuschließen. Es war eine Transaktion, die im Grunde weder Weghorst noch die Wolfsburger zufriedenstellte; der Spieler hatte auf eine attraktivere Adresse und der Klub auf mehr als die aus Nordengland überwiesenen 14,5 Millionen Euro gehofft. An diesem Geschäft zeigte sich im Übrigen auch, dass selbst 59 Tore in 118 Ligaspielen nicht unbedingt ausreichen, um einen Platz im kahlen VfL-Pantheon zu erhalten: Weghorst wird zur Last gelegt, er sei zuletzt eher als Unruhestifter in Erscheinung getreten; dem öffentlichen Ansehen schadete auch seine offenkundige Impfskepsis. Unter den Mehlsäcken bleibt ihm aber ein Sonderstatus gewiss, laut Wikipedia gibt es neben ihm nur drei weitere Berühmtheiten aus Borne: eine Schwimmerin, einen Fotografen und einen Kirchenlieddichter.

Anthony Modeste

Das hat es schon einmal gegeben, dass der 1. FC Köln und Anthony Modeste im Winter in Versuchung geführt wurden: Vor fünf Jahren kamen Emissäre aus China und boten dem Klub und dem Spieler ungeheure Mengen Geld für einen Wechsel in die “Super League”. Beide lehnten schweren Herzens ab, wobei nicht ganz klar war, wer von beiden das schwerere Herz hatte. Nun wiederholt sich die Geschichte, nachdem der 1. FC Köln und Anthony Modeste ein umwerfendes Angebot des saudi-arabischen Klubs Al-Hilal abgewiesen haben.

Der Wechsel hätte sich für beide Seiten gelohnt: Für den Klub ging es um “eine Summe, die uns glücklich gemacht hätte”, wie Sportchef Jörg Jakobs sagte. Für Modeste um ein Gehalt, das Thomas Kessler, Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, als “sehr, sehr unmoralisch” bezeichnete. Im vorigen Sommer hätten beide Seiten bis zur Zusage an die Araber kaum länger gezögert, als eine Nuss benötigt, um vom Baum zu fallen. Nun gaben sich beide Seiten Bedenkzeit, und am Ende waren sie sich einig, dass sie beisammen bleiben wollen. Das Kölner Modeste-Märchen geht weiter.

Fußball-Transfers im Winter: Widersetzt sich dem vielen Geld aus China und Saudi-Arabien: Anthony Modeste bleibt beim 1. FC Köln.

Widersetzt sich dem vielen Geld aus China und Saudi-Arabien: Anthony Modeste bleibt beim 1. FC Köln.

(Foto: Moritz Müller/Imago)

Max Meyer

Wo immer Max Meyer hierzulande einen Fuß vor den nächsten setzt: Immer wird ihm irgendjemand irgendwann das Wort “Weltklassespieler” hinterherrufen. Seit ihn sein Berater Roger Wittmann im Streit mit Schalkes damaligem Manager Christian Heidel in den Stand des “Weltklassespielers” gesetzt hat, um damit bodenlose Gehaltsforderungen zu rechtfertigen, hat Meyer an dem Etikett schwer zu tragen. Heidel nahm das Angebot zur Vertragsverlängerung zurück, der Mittelfeldspieler ging ablösefrei nach London, aber nicht zu den Weltklasseklubs Chelsea, Tottenham oder Arsenal, sondern zu Crystal Palace. Dort saß er am Ende so ausdauernd auf der Bank, dass er sich liebend gern als Abstiegskampf-Aushilfe vom 1. FC Köln engagieren ließ. In Köln hinterließ er keinen schlechten, aber halt auch keinen besonders guten Eindruck, sein Agent brachte ihn daraufhin bei Fenerbahce Istanbul unter. Er sollte an der Seite des Weltklassespielers Mesut Özil glänzen.

Fünf Monate später hat Max Meyer nun einen Vertrag beim dänischen Tabellenführer FC Midtjylland unterschrieben. An seiner Seite spielt ab sofort der Brasilianer Vagner Love, 37. Auch von ihm hieß es einst, er habe Weltklasse-Potential.

Fußball-Transfers im Winter: Wurde bei Fenerbahce Istanbul nicht glücklich: Max Meyer zieht nun weiter zum dänischen Tabellenführer FC Midtjylland.

Wurde bei Fenerbahce Istanbul nicht glücklich: Max Meyer zieht nun weiter zum dänischen Tabellenführer FC Midtjylland.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Sven Michel

Wenn man das Transferverhalten von Union Berlin mit den aktuell gültigen Transferregeln abgleicht, muss man feststellen: Das geht so nicht. Die aktuelle Regeln besagen, dass man vor allem junge Spieler verpflichten muss, Talente, die – wie es in den Pressemitteilungen immer so schön heißt – am neuen Ort “den nächsten Schritt” machen wollen. Bekanntlich haben diese jungen Spieler den Vorteil, dass sie sich “weiterentwickeln” können (so die Pressemitteilungen) und mit ein bisschen Glück irgendwann so gut werden, dass man sie teuer weiter verkaufen kann. Mit diesem Geld kann man dann die nächsten Talente holen, die dann im Idealfall ebenfalls Schritte machen und sich weiterentwickeln und …. usw.

Fußball-Transfers im Winter: Bringt Zweitliga-Erfahrung mit: Paderborns Torjäger Sven Michel, 31, wechselt zu Union Berlin.

Bringt Zweitliga-Erfahrung mit: Paderborns Torjäger Sven Michel, 31, wechselt zu Union Berlin.

(Foto: Laci Perenyi /Imago)

Union Berlin macht, so gesehen, alles falsch. Sie holen gerne ältere Spieler, deren Schritte bisher vorwiegend rückwärts gingen. Randvoll ist der Kader mit Leuten, die Luthe, Oczipka, Gießelmann, Heintz, Haraguchi, Möhwald, Behrens und Voglsammer heißen und stets als klassische Zweitligabegabungen galten. Fast alle aber haben im speziellen Milieu von Union ein neues Aroma entfaltet, sie sind Teil eines routinierten und robusten Gesamtkunstwerks geworden, das sich in dieser Saison sogar um die Champions-League-Plätze bewirbt. Und jetzt hat sich Union nochmal selbst übertroffen: Aus Paderborn holten die Berliner am letzten Transfertag noch Sven Michel, einen Zweitliga-Torjäger, der mit 31 Jahren ins routiniert-robuste Profil passt und den Kader gleichzeitig verjüngt. Er kommt als Ersatz für den 33-jährigen Max Kruse.

Tiago Tomas

Wenn man das Transferverhalten des VfB Stuttgart mit den aktuell gültigen Transferregeln abgleicht, muss man feststellen: Jawohl, exakt so geht es. In Stuttgart können sie eine ganze Mannschaftskabine mit 17- bis 19-Jährigen füllen, die beim VfB ihre nächsten Schritte machen und sich weiterentwickeln dürfen, um dann irgendwann für viel Geld … siehe oben. Die stilbildenden Buben heißen zum Beispiel Tibidi, Beyaz, Faghir, Ahamada, Mola und Millot, keiner von ihnen kommt aus Paderborn.

Im speziellen Milieu eines verletzungsanfälligen und damit sehr instabilen Kaders haben die Buben aber noch viel zu wenig Aroma entfaltet, der VfB steht auf einem Abstiegsplatz und hat seit fünf Spielen kein Tor mehr geschossen. Unter dem Druck von Tabellenplatz 17 hat der ansonsten so jugendbewegte Sportmanager Sven Mislintat seine Strategie radikal geändert und der Offensive doch noch einen Champions-League-erprobten Routinier zugeführt. Tiago Tomas, der neue Stürmer von Sporting Lissabon, wird im Juni nämlich schon 20.

Fußball-Transfers im Winter: Tiago Tomas wechselt von Sporting Lissabon zum VfB Stuttgart.

Tiago Tomas wechselt von Sporting Lissabon zum VfB Stuttgart.

(Foto: Robin Rudel/Imago)

Roman Bürki

Es ist gerade mal ein Jahr her, dass Roman Bürki bei Borussia Dortmund noch Stammtorwart war. Doch im Februar 2021 wurde er vom damaligen Trainer Edin Terzic zum Ersatzmann hinter Marwin Hitz degradiert. Als dann im Sommer auch noch der Keeper Gregor Kobel aus Stuttgart hinzukam, rutschte Bürki auf Rang drei einer rein schwyzerdütschen Hierarchie ab: der Zürcher Kobel vor dem Sankt Gallener Hitz vor Bürki aus dem Kanton Bern.

Fußball-Transfers im Winter: War vor einem Jahr noch Stammtorwart: Borussia Dortmunds Roman Bürki.

War vor einem Jahr noch Stammtorwart: Borussia Dortmunds Roman Bürki.

(Foto: Maik Hölter/Team 2/Imago)

Bürki, der beim BVB geschätzte fünf Millionen Euro pro Saison verdient, hätte deshalb schon im vergangenen Sommer aus Dortmund fortgehen sollen, das tat er aber nicht. Jetzt, im Januar, ergab sich eine neue Gelegenheit. Doch Bürki blieb schon wieder. Weder mit Galatasaray Istanbul noch mit dem französischen Erstligisten FC Lorient kam noch ein Wechsel zustande. Bürkis Vertrag gilt somit weiter bis 2023. Erst im Juli eröffnet sich nun die nächste Wechselchance. Allerdings wird Bürki dann wohl ein weiteres Halbjahr ohne Wettkampf-Praxis hinter sich haben, was große Klubs womöglich abschrecken dürfte. Und zumindest Galatasaray hat ja schon einen Torwart gefunden. Am letzten Januartag kam Inaki Pena, die Nummer drei des FC Barcelona.

Dong-geong Lee, Dongjun Lee

Es gibt genügend abstruse Geschichten über Millionen-Transfers, die in letzter Minute scheiterten, aber dass zwei Klubs am Schluss der Börse denselben Spieler verpflichten – das hat es noch nicht gegeben. Große Verwirrung herrschte also unter den Fans von Hertha BSC und Schalke 04, nachdem ihre Vereine jeweils mitgeteilt hatten, einen 24 Jahre alten südkoreanischen Nationalspieler namens Dong Lee vom Profiklub Ulsan Hyundai verpflichtet zu haben.

Überraschende Lösung: Sowohl Hertha als auch Schalke hatten korrekte Angaben gemacht, alles geht mit rechten Dingen zu. Dongjun Lee spielt demnächst in Berlin, Dong-gyeong Lee in Gelsenkirchen. Bei näherem Hinsehen sind die Unterschiede geradezu eklatant: Der Berliner Lee spielt außen rechts, der Schalker Lee in der Mitte, der Berliner Lee feierte am Dienstag seinen 25. Geburtstag, der Schalker Lee nicht. Weitere Verwechslungen sind jedoch nicht ausgeschlossen: Der Schalker Lee bekam nach seinen beiden Zauber-Toren gegen Mexiko beim Olympia-Turnier im vergangenen Jahr den Spitznamen Leeyeong Messi, hierzulande verkürzt “Korea-Messi”. Damit würde er natürlich auch wunderbar in die Hauptstadt passen.

Fußball-Transfers im Winter: Willkommen auf Schalke: Dong-gyeong Lee.

Willkommen auf Schalke: Dong-gyeong Lee.

(Foto: TEAM2sportphoto/Imago)

SV Sandhausen

Fast unbeachtet von der Öffentlichkeit ist der erste Titel dieser Saison bereits vergeben worden, und zwar an den kurpfälzischen SV Sandhausen, der, ebenfalls fast unbeachtet von der Öffentlichkeit, seit Jahren tapfer in der zweiten Liga spielt. Die ortsansässige Rhein-Neckar-Zeitung hat dem Klub am Dienstag den Titel “Wechsel-Meister” verliehen, und das mit Recht. Sieben Transfers auf einen Streich gelangen dem SV Sandhausen innerhalb von wenigen Stunden, und ein Extrapreis gebührt dabei dem Sportchef Mikayil Kabaca, der auf seinem Hochsitz niemals den Überblick verlor. Die Jäger aus Kurpfalz schnappten sich am 31. Januar vier Spieler (Trybull/Hannover, Berko/Darmstadt, Deville/Saarbrücken, Kuol/VfB Stuttgart II) und schickten drei weg, unter anderem den Ex-Bayern-Profi Gianluca Gaudino (die restlichen Namen bitte im Internet nachschlagen).

Man darf also lobend anmerken, dass der Zweitligist es geschafft hat, in dieser schnelllebigen Branche seine konstante Personalpolitik beizubehalten. Bereits im Sommer waren 15 Spieler gegangen und 16 Spieler neu gekommen (Namen bitte im Darknet nachschlagen), und auch auf der Trainerbank blieb der Klub seiner verlässlichen Linie treu. Bevor der (selbstverständlich neue) Coach Alois Schwartz im Herbst übernahm, wurde der SVS von zwei Cheftrainern gleichzeitig trainiert, von Gerhard Kleppinger und Stefan Kulovits. Wie die SZ aus sicherer Quelle erfuhr, freuen sie sich in Sandhausen schon auf die Transferperiode im Sommer.

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