Cherien Dabis, die palästinensisch-amerikanische Filmemacherin, erzählt in „All That’s Left of You“ die Geschichte einer palästinensischen Familie über drei Generationen, die unter israelischer Besatzung leidet. Der Film thematisiert das generationsübergreifende Trauma und die Herausforderungen des Lebens in einem Flüchtlingslager. Dabis kombiniert emotionale Tiefe mit kultureller Feierlichkeit, beleuchtet jedoch auch moralische Dilemmata, während sie die Heiligkeit menschlichen Lebens betont und das historische Gedächtnis ihres Volkes festhalten möchte.
Die Erzählkunst von Cherien Dabis
Die palästinensisch-amerikanische Filmemacherin Cherien Dabis hat mit ihren Spielfilmen, beginnend mit „Amreeka“ (2009), eine besondere Fähigkeit entwickelt, intime Familiengeschichten zu erzählen. Ihr Debütwerk, das die Reise einer palästinensischen Mutter und ihres Sohnes von einem besetzten Westjordanland nach Chicago nach dem Gewinn einer Green-Card-Lotterie nachzeichnet, ist sowohl elegant als auch beeindruckend. Obwohl Dabis in ihrem nächsten Film, „May in the Summer“ (2013), nicht ganz die gleiche narrative Stärke erreichen konnte, zeigt ihr neuer Film „All That’s Left of You“ Momente, die an ihre bemerkenswerte Erzählkunst erinnern. Diese weitreichende Geschichte über eine Familie, die unter generationsübergreifendem Trauma leidet, kann jedoch manchmal unnötig aufgebläht wirken.
Ein Blick auf die palästinensische Erfahrung
Dabis’ neuestes Werk beleuchtet die Geschichte einer palästinensischen Familie, die über drei Generationen hinweg unter der israelischen Besatzung leidet. Trotz der anhaltenden Zerstörung in der Region wird das Thema der Besatzung oft nicht angemessen im Mainstream-Kino behandelt. „All That’s Left of You“ verfolgt das Ziel, eine bedeutende Chronik dieser komplexen Zeit zu schaffen, die schwierig in einem Film zu erfassen ist. Dabis versucht mit Anmut und Mut, ihre fast 150-minütige Erzählung zu spinnen, die sowohl tief bewegend als auch manchmal unbeholfen wirkt, wobei die Kameraführung von Christopher Aoun gelegentlich die emotionale Wirkung mindert.
Durch die Figur Hanan, die von Dabis selbst gespielt wird, wird die Geschichte eröffnet. Hanan spricht zu einem unsichtbaren Zuhörer und kündigt an, dass sie die Geschichte ihres Sohnes erzählen wird. Der Rückblick beginnt jedoch nicht bei Noor, sondern bei seinem Großvater Sharif, der im Jaffa von 1948 lebt. Die Familie, die von Bombardierungen bedroht wird, wird letztendlich vertrieben und findet sich in einem Flüchtlingslager wieder. Die Erzählung springt dann ins Jahr 1978, wo palästinensische Familien unter schwierigen Bedingungen leben.
In diesem Abschnitt zeigt Dabis sowohl die Stärken als auch die Schwächen des Films. Während einige Dialoge unorganisch und erklärend wirken, feiert Dabis die Traditionen der Palästinenser. Eine Hochzeit, die auf den Straßen gefeiert wird, und die Würde des Alltagslebens werden eindrucksvoll eingefangen. Besonders bewegend ist die Szene, in der Salim und sein Sohn Noor von israelischen Soldaten angehalten werden, was die herzzerreißenden Züge eines neorealistischen Films annimmt und die Dynamik zwischen Vater und Sohn eindrucksvoll offenbart.
Der Sprung ins Jahr 1988, wo Noor während eines Protests erschossen wird, stellt eine der fragwürdigsten Episoden dar. Hier wirkt die Dramaturgie hastig und lässt wenig Raum für die Entwicklung des Charakters Noor, bevor er aus der Erzählung verschwindet. Dabis schafft es dennoch, Noors Beerdigung mit viel Feingefühl zu inszenieren, was den kollektiven Schmerz seiner Gemeinschaft symbolisiert. Ein zentrales Dilemma des Films dreht sich um die moralische Frage, ob Hanan und Salim Noors Organe spenden sollten, was die Komplexität ihrer Situation unterstreicht.
Insgesamt vermittelt Dabis eine kraftvolle Botschaft über die Heiligkeit allen menschlichen Lebens und gedenkt zugleich dem anhaltenden Schmerz ihres Volkes. „All That’s Left of You“ versucht, das historische Gedächtnis der palästinensischen Nation in filmischer Form festzuhalten, ähnlich wie Walter Salles’ „I’m Still Here“. Auch wenn das Finale des Films in der modernen Jaffa manchmal überladen wirkt, bleibt die bedeutende Botschaft der Erzählung unübersehbar.